Leipzig und Amſterdam. Der Buchhaͤndler
Pierre Mortier hat in Median-Quart praͤchtig
drucken laſſen: Memoires concernant Chriſtine
Reine de Suede, pour ſervir d’eclairciſſement
à l`hiſtoire de ſon Regne & principalement de
ſa vie privée, & aux evenemens de l’Hiſtoire
de ſon tems civile & literaire: Suivis de deux
ouvrages de cette ſavante Princeſſe, qui n’ont
jamais été imprimés. Le tout fondé ſur ſes
Lettres, & recueilli des Hiſtoriens & des Mo-
numens les plus Authentiques, tant manuſcrits
qu’ imprimés, accompagné de Remarques Hi-
ſtoriques, Politiques, Critiques & Litéraires;
avec des Médailles & un Appendice de Piéces
juſtificatives ou inſtructives. Dieſes vortreff-
liche Buch, wovon in der abgewichenen Oſter-
Meſſe der 1ſte Theil ans Licht getreten iſt, und
dem in der gegenwaͤrtigen Michaelis-Meſſe der
zweyte folget, hat die Aufmerkſamkeit der wah-
ren Kenner hiſtoriſcher Wiſſenſchaften rege ge-
macht, und die gelehrten Tage-Buͤcher in und auſ-
ſer Deutſchland haben ſich um die Wette bemuͤ-
het es dem Publico anzupreiſen. Keine Schrift
von dieſer Art hat auch wohl mit mehrerm Rechte
die vielen Lobſpruͤche verdienet. Man findet dar-
innen einen Schatz von geheimen Nachrichten,
welche den Gelehrten beſonders nuͤtzen, und den
Ungelehrten ſehr angenehm zu leſen ſind. Mehr
als der umſtaͤndliche Titel verſpricht, iſt in der
Ausfuͤhrung geliefert worden. Man denke nicht,
daß die Geſchichte der groſſen Chriſtina bereits
von unſern Tagen zu weit entfernet ſey. Ihre
weiſe Regierung, ihr erhabener Geiſt, ihre Liebe
zu den Wiſſenſchaften, ihr unvermutheter und
freywilliger Abtritt vom Throne, da ſie denſel-
ben von ihrem 18ten Jahre bis in ihr 28ſtes ſo
ruͤhmlich verwaltet hatte, und ihre darauf erfol-
gete Religions-Veraͤnderung, und Reiſen durch
Deutſchland, Holland, Frankreich und Italien,
haben ganz Europa in Verwunderung geſetzt.
Ihr ganzes Leben iſt daher ein Zuſammenhang von
Merkwuͤrdigkeiten, wovon wir in der Geſchichte
faſt kein Exempel haben, und es iſt noch niemals
ſo zuverlaͤßig, ſo unpartheyiſch und mit ſo vieler
Muͤhe beſchrieben worden, als gegenwaͤrtig von
dem Rath und Bibliothecario zu Caſſel, Herrn
Arckenholz. Alles, was man bisher davon hat,
ſind zuſammengerafte Nachrichten, welche
aus unwahren Erzaͤhlungen leichtglaͤubige oder
auch partheyiſche Schriftſteller auf die Nachwelt
gebracht haben. Der Hr. Arckenholz, deſſen Ab-
ſicht geweſen keinen Roman, ſondern eine wahr-
hafte Geſchichte der bewundernswuͤrdigen Koͤ-
niginn Chriſtina zu ſchreiben, hat aus weit ſichern
Quellen geſchoͤpfet, und keinen Umſtand beyge-
bracht, wovon er nicht unwiderſprechliche Beweiſe
gehabt hat. Briefe, Handſchriften und Urkunden
muͤſſen alles beſtaͤtigen. In Schweden ſtunden ihm
die Archive, ſo wie die Cabinette der Großen und der
Gelehrten offen. In Rom, in Italien, Frankreich,
Engeland, Holland und Deutſchland, durchſuchte
er die beruͤhmteſten Buͤcherſaͤle aufs fleißigſte. Er
folgte Chriſtinen ſo zu reden auf dem Fuße nach,
und gab ſich an denjenigen Orten, an welchen ſie ſich
eine Zeitlang aufgehalten, alle moͤgliche Muͤhe, um
die Denkmaale zu rathe zu ziehen und guͤltige Be-
weisthuͤmer außutreiben. Mehr denn 800 groͤßere
und kleinere gedruckte Werke von veſchiedenen
Sprachen, deren Verzeichniß beygefuͤget wird, und
faſt eben ſo viel Handſchriften. die theils ganz ein-
geruͤcket, theils angezogen werden, bewaͤhren die Er-
zaͤhlung der Begebenheiten, und der Verfaſſer hat
weder Fleiß und Muͤhe, noch Unkoſten geſcheuet, um
den Leſer von alle dem zu benachrichtigen, was die
beſondern Lebensumſtaͤnde dieſer Koͤniginn merk-
wuͤrdig machet. Doch laͤßt er es hieben nicht bloß
bewenden, ſondern eroͤrtert auch die merkwuͤrdigſten
Begebenheiten aufs umſtaͤndlichſte, und entwickelt
deren Urſachen. Bey Beruͤhrung der Staatshaͤn-
del, die ganz Europa bewegten, und in welche Schwe-
den unter der Regierung dieſer Koͤniginn mit gera-
then war, iſt der Verfaſſer bemuͤhet, theils dasjenige
aufzuklaͤren, was von einigen Schriftſtellern nicht
gruͤndlich genug eroͤrtert, theils von andern gleich-
ſam mit Fleiß verdunkelt worden. Und in Anſehung
der Geſchichte der Kuͤnſte, der Wiſſenſchaften und
der Gelehrten von allerley Gattung, von denen Chri-
ſtina, wie bekannt iſt, eine oͤffentliche Beſchuͤtzerinn
war, vergnuͤget der Herr Verfaſſer diejenigen Leſer
ins beſondere, welche geheime Nachrichten von Ge-
lehrten lieben, bey deren reichem Vorrath er ſich ſo
lange aufhaͤlt, als es ihm die Natur ſeines Werkes
geſtattet. Ueber 200 Briefe der Koͤniginn, wovon
der fuͤnfte Theil bishero noch niemals gedruckt wor-
den, machen den eigentlichen Grund aus, auf wel-
chem dieſes Werk beruhet; und dieſe haben auch
diejenige Geſtalt veranlaſſet, die der Verfaſſer dem-
ſelben gegeben. Mit der Ordnung und der Folge
dieſer Briefe, geht auch das Werk ſelbſt beſtaͤndig
fort, und Chriſtinens Feder leitet des Verfaſſers
ſeine dergeſtalt, daß ſeine Erzaͤhlungen und Betrach-
tungen einer immerwaͤhrende Erklaͤrung ihrer Briefe
worden, die dadurch mit einander verbunden und in
eins gebracht werden.