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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 53. Köln, 23. Juli 1848. Beilage.

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Beilage zu Nr. 53 der Neuen Rheinisch. Zeitung.
Sonntag 23. Juli.
Französische Republik.
Paris.

Schluß des in vorgestriger Beilage abgebrochenen Entwurfs einer Strafprozeßordnung.

§ 4. Von der Bildung des Geschworenengerichts.

Art. 71. Alle Franzosen, die der Civil- und politischen Rechte genießen, werden auf die Geschwornenliste gebracht, außer in den Fällen der Unfähigkeit oder Dispensation, welche in den beiden folgenden Artikeln vorgesehen sind.

Art. 72. Auf die Geschwornenliste werden nicht gebracht: 1. Die Bürger, welche gemäß Art. 383 der Strafprozeßordnung Funktionen bekleiden, die mit der Stellung des Geschwornen unverträglich sind, ferner die Militärpersonen im aktiven Dienste. 2. Diejenigen, die noch nicht volle 30 Jahre alt sind. 3. Diejenigen, welche durch körperliche Gebrechen unfähig sind, die Funktionen des Geschwornen zu erfüllen. 4. Diejenigen, die nicht französisch lesen und schreiben können. 5. Dienstboten, die um Lohn dienen. 6. Nicht in ihre Rechte wiedereingesetzte Fallite. 7. Individuen, die zu Leibes- oder entehrenden Strafen oder zu Korrektionnelstrafen verurtheilt sind, wegen Handlungen, die das Gesetz als Verbrechen qualifizirt oder wegen der Vergehen des Diebstahls, der Prellerei, des Vertrauensmißbrauchs, des Angriffs auf die Sitten, der Landstreicherei oder des Bettelns.

Art. 73. Auf die Liste werden nicht gebracht auf ihr Verlangen, 1. Siebzigjährige. 2. Beamte oder Vorgesetzte, die einen öffentlichen Dienst bekleiden. 3. Bürger, die vom Tagelohn leben und die Kosten nicht tragen können, die mit der Stellung des Geschwornen verbunden sind.

Art. 74. Die Geschwornenliste wird in jeder Kommune durch den Maire festgestellt. Er hat dieselbe an die Kirchthüren und das Gemeindehaus anheften zu lassen. Während der acht Tage, die auf diese Veröffentlichung folgen, kann jeder Bürger entweder gegen die Einschreibung oder gegen die Auslassung reklamiren, indem er ein kostenfreies Gesuch an den Maire der Gemeinde richtet, der gehalten ist binnen drei Tagen zu entscheiden. Der Recours gegen diese Entscheidung geschieht beim Friedensrichter, der binnen fünf Tagen und ohne Appel entscheidet. Die Zusätze, die durch die Entscheidungen des Friedensrichters oder des Maire, wenn kein Recours stattfindet, hinzukommen, werden angeschlagen und dem Präfekten übergeben, wie im Art. 75 bestimmt ist.

Art. 75. Am 1. Dezember jedes Jahres stellt der Maire dem Präfekten die Geschwornenliste der Gemeinde zu Der Präfekt fertigt ohne Verzug nach den Gemeindelisten die allgemeine Departementsliste an. Diese letztere wird sodann dem Schreiber des Tribunals übergeben. Hieraus wird eine Liste von Geschwornen jedes Arrondissements ausgezogen und dem Gerichtschreiber des Arrondissementsrichters zum Gebrauch für die Korrektionnell-Assisen mitgetheilt.

Art. 76. Zehn Tage wenigstens vor Eröffnung der Departements-Assisen zieht der Präsident des Tribunals durch das Loos in öffentlicher Sitzung aus der allgemeinen Liste die Namen der 42 Geschwornen, welche die Listen der Session bilden. Er zieht überdem sechs Supplementargeschworne aus den Geschwornen, welche in der Stadt wo die Assisen gehalten werden, wohnen. Wenn an dem für die Verhandlungen einer jeden Sache anberaumten Tage weniger als 36 Geschworne anwesend sind, so wird diese Zahl durch die Supplementargeschwornen ergänzt und reicht das nicht zu, durch Geschworne, die aus den Bewohnern der Stadt in öffentlicher Sitzung durchs Loos gezogen sind.

Art. 77. Alle Bestimmungen der Kriminalprozeßordnung, welche durch die vorstehenden nicht abgeändert werden, bleiben in Anwendung.

Art. 78. Die Bestimmungen des Art. 41 des gegenwärtigen Gesetzes sind anwendbar auf die Urtheils-Geschwornen in Zuchtpolizei- und Kriminalsachen.

Art. 79. Gleich nach der Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes wird zur Anfertigung und Uebersendung der Geschwornenliste geschritten, wie vorstehend gesagt ist. Vom Tage ihrer Ankunft auf der Gerichtschreiberei an verrichten allein die Geschwornen, die aus dieser Liste ausgezogen sind, den Dienst bei den Assisen.

Titel V.

Von der Ernennung der Gerichtsbeamten.

Art. 80. Die Ernennung der Gerichtsbeamten geschieht durch die vollziehende Gewalt, unter den Bedingungen und mit den Unterschieden, die nachstehend angegeben sind.

Art. 81. Niemand kann zum Friedensrichter ernannt werden, wenn er nicht Licentiat in der Jurisprudenz ist, oder wenn er nicht wenigstens fünf Jahre lang das Amt eines Anwalts, Notars oder Gerichtschreibers geführt hat. Diese Bestimmung wird indessen erst mit dem 1. Januar 1850 in Kraft treten.

Art. 82. Niemand kann zum ordentlichen oder Ergänzungs-Richter eines Departementsgerichtes oder eines Appeltribunals ernannt noch zum Amte des öffentlichen Ministeriums befördert werden, wenn er nicht schon Richter gewesen ist, oder zum Advokaten ernannt worden, und wenn er nicht bei einem Appeltribunal oder einem Gerichte erster Instanz seine Stage gemacht hat.

Art. 83. Die Richter werden aus einer Kandidatentabelle genommen, die in folgender Weise angefertigt ist.

Art. 84. Beim Beginn jedes Gerichtsjahres werden die Licentiaten der Jurisprudenz, welche sich zur Stage melden und erklärt haben in die Magistratur eintreten zu wollen, bei jedem Gerichtshof nach der Reihenfolge der Nummern verzeichnet, die sie bei ihrem Austritt aus der juristischen Fakultät erhalten haben. Die Laureaten erhalten die erste Stelle, die Doktoren des Rechtes werden vor den Licentiaten eingetragen.

Art. 85. Beim zweiten und dritten Jahre werden um dieselbe Zeit die stagirenden Advokaten nach dem Fleiße und Talent geordnet, wovon sie im Laufe des verfloßenen Jahres Probe abgelegt haben. Diese Ordnung geschieht gemeinschaftlich durch die Mitglieder des Gerichtshofes, des Parquets und des Rathes der Advokaten.

Art. 86. Die jungen Advokaten ersten Ranges können während ihrer Stage dem Parquet beigegeben und als solche den Instruktionsrichtern und Substituten zugeordnet werden, um ihnen Aushülfe zu leisten.

Art. 87. Bei gleichen Ansprüchen ernennt die Regierung zu diesen Stelen vorzugsweise diejenigen, welche ihre Rechtsstudien mit Hülfe von Stipendien des Staates oder der Departements gemacht haben.

Art. 88. Der Advokat, welcher am Ende seiner Stage, auf der Tabelle des Departementgerichtes die erste Stelle einnimmt, wird auf die definitive Tabelle gebracht, welche von dem Appeltribunal festgesetzt wird.

Art. 89. Das Appeltribunal designirt in derselben Weise jedes Jahr eine Zahl von Kandidaten, welche der Zahl des Departements in seinem Bezirk gleich sein muß.

Art. 90. Diese Designationen nebst denen, welche aus den Klassifizirungstabellen der Tribunale erster Instanz hervorgegangen sind, bilden die definitive Tabelle, welche durch das Appeltribunal in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets und des Rathes des Barreau, unter den eingesandten Bemerkungen der Präsidenten, der Prokuratoren der Republik und der Batonniers der Advokaten der Tribunale erster Instanz, festgestellt wird.

Art. 91. Diese, von den Tribunalen festgesetzten Kandidatur-Tabellen dienen als Vorlagelisten für alle Stellen von Richtern erster Instanz und Staatsprokuratoren der Republik, welche im Laufe des Jahrs bei den Departement-Tribunalen erledigt.

[Spaltenumbruch]

Art. 92. Bei Gleichheit des Verdienstes und Ranges berücksichtigt die Regierung vorzüglich diejenigen, welche ihre Studien mit Unterstützung der Staats- und Departementsstipendien gemacht haben.

Art. 93. Jedesmal, wenn die Stelle eines Richters erster Instanz erledigt ist, werden zwei Kandidaten vorgeschlagen; der eine wird von dem Tribunal in welchem der Ausfall stattgefunden, in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets bezeichnet, den anderen erwählen die Mitglieder des Rathes des Barreau und der Disziplinar-Kammer der Anwälte bei demselben Tribunal, in einer gleichen General-Versammlung.

Art. 94. Wenn die Ernennung eines Appel-Richters stattfindet, stellt jedes Tribunal erster Instanz in dem Bezirk einen Kandidaten, der durch das Tribunal in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets, des Rathes des Barreau und der Disziplinarkammer der Anwälte erwählt wird.

Diese Kandidaturen werden dem Appel-Tribunal in seiner General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets, des Rathes des Barreau und der Kammer der Anwälte vorgelegt.

Diese Versammlung hat das Recht, entweder ihrerseits einen Kandidaten anzuzeichnen oder ihre Bemerkungen über die von den Tribunalen ihr vorgeschlagenen Kandidaten zu machen, und die Regierung hat unter den dergestalt bezeichneten Kandidaten die Wahl.

Art. 95. Diese Designationen verpflichten keineswegs unbedingt zur Ernennung gerade für das Gericht, in welchem die Stelle erledigt ist. Die Regierung kann auch den Beamten eines anderen Gerichts hierherberufen. Die Ernennung eines Titularen sagt das Tribunal an, welchem er beigeordnet wird. Die Regierung kann indeß die Gerichtsbeamten mit ihrer Einwilligung versetzen.

Art. 96. Die Präsidenten und Vice-Präsidenten der Tribunale erster Instanz, die Kammer-Präsidenten und Vice-Präsidenten der Appeltribunale werden von ihren Kollegen durch absolute Stimmenmehrheit erwählt.

Art. 97. Die Richter des Kassations-Tribunals werden, nach Vorschlag von drei Kandidaten durch die Regierung, von der National-Versammlung ernannt.

Art. 98. Sie wählen und ernennen nach absoluter Stimmenmehrheit die Kammer-Präsidenten.

Art. 99. Der erste Präsident wird von der Regierung im Ministerrathe ernannt; wenn derselbe jedoch nicht aus dem Schoos des Kassationstribunals genommen wird, ist seine Ernennung der National-Versammlung vorzulegen, ohne deren Genehmigung die Ernennung nicht definitiv stattfinden kann.

Art. 100. Die Regierung hat das Recht, die Beamten des öffentlichen Ministeriums zu ernennen und abzusetzen.

Sie wählt dieselben ohne Unterschied aus den Mitgliedern des Kollegiums oder aus den Mitgliedern des Barreau, und kann daher jedesmal, wenn sie es im Interesse des Dienstes für nützlich hält, von den Vorschriften der Kandidatur für den Eintritt in das Kollegium abgehen.

Art. 101. Die Beamten des öffentlichen Ministeriums, welche aus ihren Stellen scheiden und vor ihrem Eintritt in das Parket andere richterliche Stellen bekleidet, können mit gleichem Recht auf die Kandidaten-Tabellen gesetzt und erwählt werden, nämlich:

Die Prokuratoren der Republik und die Staatsprokuratoren zu Richtern bei einem Departements-Tribunal.

Die General-Prokuratoren und General-Advokaten zu Richtern bei einem Appel-Tribunal.

Doch kann dies Recht denjenigen Beamten abgesprochen werden, deren Ausscheiden mit Verlust aller richterlichen Funktionen verbunden ist.

Art. 102. Die Richter aller Tribunale können im Alter von 70 Jahren durch eine einfache Verfügung der Regierung in Ruhestand versetzt werden.

Vor diesem Alter können dieselben nur durch ein Urtheil, auf die nachher bestimmten Gründe und Formen hin abgesetzt werden.

Art. 103. Jeder Richter, dessen Name sich in einem Arrest-, Verwahrungs- oder Verhaftsbefehl oder einer zuchtpolizeilichen Verurtheilung findet, wird vorläufig von seinem Amt suspendirt.

Diese Suspension wird vom Justizminister erlassen.

Art. 104. Jeder Richter, der wegen eines Vergehens, das seiner Natur nach Gefängnißstrafe nach sich zieht, verurtheilt worden, und jeder Richter, der die Pflichten seines Standes vernachlässigt oder durch seine Aufführung, seine Nachlässigkeit oder Unfähigkeit, die Ehre und Würde seines Standes verletzt, wird durch den Justizminister vor den "Kassationshof" gezogen.

Art. 105. Die Kammer, in welcher der erste Präsident sich befindet, verordnet, wenn es nöthig ist, daß der inkulpirte Beamte vor die Barre des Tribunals gefordert werde. In diesem Fall kann das Tribunal, nachdem es in vereinigten Kammern diesen Beamten mit seiner Erklärung und Vertheidigung gehört hat, auf folgende Strafen erkennen: auf einfachen Tadel; auf Tadel mit Verweis; auf Amts-Suspension für eine bestimmte Zeit, die indeß drei Jahre nicht überschreiten darf; auf Entsetzung.

Art. 106. Der Tadel mit Verweis zieht den Verlust des Gehalts für einen Monat nach sich; die Suspension ist mit Verlust des Gehalts während ihrer Dauer verbunden.

Art. 107. Der beschuldigte Beamte kann sich stets einen Vertheidiger nehmen. Die Verhandlungen finden in ordentlicher Sitzung statt, wenn der Beamte es verlangt.

Transitorische Bestimmungen.

Art. 108. Binnen drei Monaten nach Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes schreitet die Regierung zu einer neuen Besetzung des Kollegiums; sie sendet ihre Ernennung allen Richtern zu, welche in die neue Organisation der Tribunale eingeschlossen sind.

Die Namen der neu eingesetzten Richter werden nach der Reihe im Moniteur veröffentlicht.

Art. 109. Die aktiven Beamten, welche nach Ablauf der drei Monate keine neue Ernennung erhalten, treten aus ihren Aemtern, und können ihre Ansprüche auf Pension geltend machen.

Art. 110. Alle zur Vervollständigung der neuen Tribunale nöthigen Ernennungen müssen von der Regierung in der durch Art. 108. festgesetzten Frist geschehen.

Art. 111. Nach Ablauf dieser Frist geschehen alle richterlichen Ernennungen nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes.

Art. 112. Die Anwälte der aufgehobenen Arrondissements-Tribunale werden den Departements-Tribunalen erster Instanz zugeordnet.

Die Anwälte bei den aufgehobenen Appeltribunalen haben die Wahl, entweder einem der Appeltribunale im Bezirk ihrer früheren Departements, oder dem Tribunal erster Instanz in ihrem Wohnsitz zugeordnet zu werden.

Sie sind gehalten, sich über diese Wahl binnen drei Monaten nach Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes zu erklären.

Wenn diese Erklärung nicht geschieht, werden sie dem neuen Appeltribunal zugeordnet, zu dessen Bezirk ihr Wohnort gehört.

Art. 113. Alles was die Gerichtschreiber betrifft, wird durch ein besonderes Gesetz geordnet werden.

Erwiderung des Abgeordneten Krakrügge.

Eine kleine Partei in Erfurt, von welcher einige hochgestellte Personen offen erklärt haben, daß sie noch immer der früheren absoluten Herrschaft und dem Systeme Metternich ergeben seien und in dieser Richtung für den Rückschritt wirksam sind, verfolgt und verdächtigt unaufhörlich wegen meiner politischen Meinungen mich, und diejenige Partei, welcher ich in der National-Versammlung anzugehören die Ehre habe; es sind dieselben Männer, welche fernerhin auf die Entschließungen des Ministeriums, ja Sr. Maj. des Königs selbst direkt und indirekt Einfluß übten, und welche namentlich auch berichtet haben in der bekannten v. Ehrenberg'schen Angelegenheit. Von dieser kleinen aber noch immer einflußreichen Partei, deren Treiben die Staatsregierung ungestört gewähren läßt, ist auch die Verläumdung hervorgegangen, welche in der 2. Beilage zu 157 der Vossischen Zeitung gegen mich abgedruckt steht. Indem ich es unter meiner Würde halte, auf die darin enthaltenen Beschuldigungen rechtfertigend einzugehen, bemerke ich hier nur, daß die mir beigemessenen Aeußerungen durchaus entstellt und unwahr dargestellt sind, indem sie in der Wirklichkeit weiter nichts waren, als der harmlose Ausdruck einer Meinungsverschiedenheit bei einem gesellschaftlichen Disput über politische Tagesfragen. Noch unbekannt mit dem Urheber der Verläumdung, behalte ich mir vor, auf anderem Wege meine Genugthuung auszuführen, sobald ich meinen Gegner kenne. Inzwischen habe ich bei der verehrlichen Redaktion der Vossischen Zeitung angefragt: ob sie den Verfasser vertreten wolle. Zugleich habe ich den Herrn Herausgeber auf den Grund des Gesetzes vom 17. März veranlaßt, diese meine Entgegnung in das nächste Stück der Vossischen Zeitung kostenfrei aufzunehmen.

Berlin, den 15. Juli 1848.

Krackrügge, Abgeordneter für Erfurt.

Protest
des Demokratischen Studentenvereins.

Heidelberg, den 17. Juli. Unter den Heidelberger Studenten hat sich vor nicht langer Zeit ein Demokratischer Studenten-Verein gegründet, welcher sich zum Zwecke gestellt hat, zur Verwirklichung der Demokratischen Republik in unserm Vaterlande nach Kräften beizutragen. Der Verein sah recht wohl ein, daß die republikanische Staatsform noch nicht die Mehrheit des deutschen Volkes für sich gewonnen hat, aber gerade dies hat ihn zu seiner Konstituirung bewogen, denn wäre die Mehrheit des deutschen Volkes schon jetzt für die Republik, so würden die Mitglieder des Vereins sich wahrlich nicht mit der Konstituirung eines Vereines begnügt haben, sie würden vielmehr alles aufgeboten haben, daß eine dem Willen der Majorität mit Gewalt widerstrebende Minderheit, mit den Waffen in der Hand gezwungen würde, sich jenem Willen zu unterwerfen; da aber die republikanisch Gesinnten wie gesagt, noch in der Minderheit wenn auch in einer kleinen sich befinden, so wollte der Verein, dem die Volksfreiheit zur Religion geworden ist, eben dahin wirken, so weit es ihm möglich, diese Minderheit in die Mehrheit umwandeln zu helfen, er wollte auf dem Wege der Ueberzeugung die republikanischen Grundsätze im Volke so viel als möglich verbreiten und befestigen, davon zeugen die Mittel, welche er zur Erreichung seines Zweckes sich selbst in den Statuten vorgeschrieben hat, und die in nichts anderem bestehen, als in der Presse, in der möglichst ausgebreiteten Gründung demokratischer Vereine, davon zeigt die entschiedene Offenheit, mit welcher er - im Bewußtsein seines guten Rechts - von Anfang an aufgetreten ist, seine Statuten sind gedruckt und liegen jedem zur Einsicht offen, seine Verhandlungen sind durchaus öffentlich, er erließ endlich eine offene Aufforderung an die gleichgesinnten Studenten Heidelbergs, dem Vereine beizutreten. Dieser Verein ist nun durch Befehl des badenschen Ministeriums des Innern vom 11. Juli für aufgelöst erklärt worden. Unter Bezugnahme auf ein Gesetz vom 26. Okt. 1833 (!) wonach sogenannte staatsgefährliche Vereine unterdrückt werden können. Dieser Erlaß wurde vom Prorektor, der übrigens auch behauptete, "wir lebten Gott sei Dank noch in einem Polizeistaate und würden hoffentlich immer darin leben," und Amtmann der Universität den Vereinsmitgliedern mitgetheilt. Auf die Behauptung derselben, daß das Gesetz vom 26. Okt. 1833 durch die neueren Gesetze vom März, wonach durchaus das Associationsrecht dem Volke zugesichert wurde, aufgehoben sei, erklärte der Prorektor, es gebe keine Gesetze des März, die Associationsfreiheit betreffend, es wären nur Meinungsäußerungen der Minister gewesen!! Siehe nun, du deutsches Volk, was du dir im März errungen hast, was du an vielen Orten mit theurem Blut erkauft hast; Rechte? Freiheiten? Nein, Worte, nur Aeußerungen von Ministern! Dafür also sind so viele Männer und Jünglinge gefallen? Ihre Ahanen schreien um Rache! Diese Minister wagen es, frech die ganzen Ereignisse der Revolution des März zu ignoriren und seine Rechte dem Volke verkümmern zu wollen. Höre du deutsches Volk, wie diese Minister, welche deine Diener sind, nun deine mit Blut erkämpften Rechte sichern, deine Minister, welche eben dadurch, daß du die früher bestehende Regierung, den Absolutismus gestürzt hast, ans Ruder gelangt sind, wie diese Minister deine Freiheit verstehen, wie sie ihren Eid auf die Gesetze schmählich brechen! Sagt ihr Badenschen Minister, habt ihr nicht im März geschworen, das Associationsrecht des Volkes wahren und schützen zu wollen? Oder ist das Associationsrecht, wenn eben nur solche Vereine geduldet werden, welche gerade nur recht gefällig sind? "Aber ihr wollt ja den Staat umstoßen!" O, ihr Heuchler, ja wenn der Staat eben nur in dem Großherzoge, in Euch und in der Regierung bestände! Wißt ihr nicht, daß das Volk der Staat ist. "Aber ihr seid Anarchisten!" Wer ist Anarchist? Der, welcher auf dem Wege des Gesetzes durch das einzige Mittel der geistigen Ueberzeugung Andre für seine Meinung zu gewinnen sucht, oder der, welcher die Gesetze des Staates, die er beschworen, verletzt und nach Willkür handelt? O, über diese Freiheit der konstitutionellen Monarchie, diese Freiheit, bei der die heiligsten unveräußerlichsten Menschenrechte verletzt werden - das Recht, seine Meinung frei zu äußern, das Recht, daß Gesinnungsgenossen sich vereinigen, um die Andern für ihre Ueberzeugung zu gewinnen! O, über diese Volkssouverainetät der konstitutionellen Monarchie, in welcher der Souverain von seinen eigenen Dienern so väterlich bevormundet wird, damit er ja keine falsche Meinungen bekäme, diese Volkssouverainetät, welche gerade so weit gehen darf, als es ein Paar Ministern gefällt! - Ja, ihr, ihr badenschen Minister, ihr seid die wahren Anarchisten, denn ihr haltet euch an keine Gesetze, ihr seid die Revolutionäre, denn, indem ihr die Reform abschneidet, auf dem Wege der geistigen Ueberzeugung, indem ihr die Minderheit knechtet und ihre unveräußerlichen Menschenrechte mit Füßen tretet, zwingt ihr sie, diese ihre Rechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen; über Euch kommt das Blut des Bürgerkrieges, welchen ihr hervorruft, über euch der Fluch der Wittwen und Waisen, deren Väter und Männer ihr mordet, über euch die Verachtung der richtenden Nachwelt! Um euch aber zu zeigen, daß ihr mit keinen feigen Knechten zu thun habt, protestiren wir, die Mitglieder des demokratischen Studentenvereins Angesichts des deutschen Volks gegen die willkürliche Verletzung des feierlich zugesicherten Associationsrechtes, erklären wir, daß wir unsern Verein durch den ungesetzlich widerrechtlichen Erlaß des badenschen Ministers keineswegs als aufgelöst betrachten, und daß wir nur der rohen Gewalt weichen werden.

Im Namen sämmtlicher Mitglieder des demokratischen Studenten-Vereins

Der Vorstand:

Hirsch. Tilemann.

Nachschrift. Alle Heidelberger Studenten haben die Sache des demokratischen Studentenvereins zu der ihrigen gemacht und haben beschlossen auszuziehen - und nicht eher zurückzukehren, als bis ihr volles Recht ihnen gewahrt ist!

Beilage zu Nr. 53 der Neuen Rheinisch. Zeitung.
Sonntag 23. Juli.
Französische Republik.
Paris.

Schluß des in vorgestriger Beilage abgebrochenen Entwurfs einer Strafprozeßordnung.

§ 4. Von der Bildung des Geschworenengerichts.

Art. 71. Alle Franzosen, die der Civil- und politischen Rechte genießen, werden auf die Geschwornenliste gebracht, außer in den Fällen der Unfähigkeit oder Dispensation, welche in den beiden folgenden Artikeln vorgesehen sind.

Art. 72. Auf die Geschwornenliste werden nicht gebracht: 1. Die Bürger, welche gemäß Art. 383 der Strafprozeßordnung Funktionen bekleiden, die mit der Stellung des Geschwornen unverträglich sind, ferner die Militärpersonen im aktiven Dienste. 2. Diejenigen, die noch nicht volle 30 Jahre alt sind. 3. Diejenigen, welche durch körperliche Gebrechen unfähig sind, die Funktionen des Geschwornen zu erfüllen. 4. Diejenigen, die nicht französisch lesen und schreiben können. 5. Dienstboten, die um Lohn dienen. 6. Nicht in ihre Rechte wiedereingesetzte Fallite. 7. Individuen, die zu Leibes- oder entehrenden Strafen oder zu Korrektionnelstrafen verurtheilt sind, wegen Handlungen, die das Gesetz als Verbrechen qualifizirt oder wegen der Vergehen des Diebstahls, der Prellerei, des Vertrauensmißbrauchs, des Angriffs auf die Sitten, der Landstreicherei oder des Bettelns.

Art. 73. Auf die Liste werden nicht gebracht auf ihr Verlangen, 1. Siebzigjährige. 2. Beamte oder Vorgesetzte, die einen öffentlichen Dienst bekleiden. 3. Bürger, die vom Tagelohn leben und die Kosten nicht tragen können, die mit der Stellung des Geschwornen verbunden sind.

Art. 74. Die Geschwornenliste wird in jeder Kommune durch den Maire festgestellt. Er hat dieselbe an die Kirchthüren und das Gemeindehaus anheften zu lassen. Während der acht Tage, die auf diese Veröffentlichung folgen, kann jeder Bürger entweder gegen die Einschreibung oder gegen die Auslassung reklamiren, indem er ein kostenfreies Gesuch an den Maire der Gemeinde richtet, der gehalten ist binnen drei Tagen zu entscheiden. Der Recours gegen diese Entscheidung geschieht beim Friedensrichter, der binnen fünf Tagen und ohne Appel entscheidet. Die Zusätze, die durch die Entscheidungen des Friedensrichters oder des Maire, wenn kein Recours stattfindet, hinzukommen, werden angeschlagen und dem Präfekten übergeben, wie im Art. 75 bestimmt ist.

Art. 75. Am 1. Dezember jedes Jahres stellt der Maire dem Präfekten die Geschwornenliste der Gemeinde zu Der Präfekt fertigt ohne Verzug nach den Gemeindelisten die allgemeine Departementsliste an. Diese letztere wird sodann dem Schreiber des Tribunals übergeben. Hieraus wird eine Liste von Geschwornen jedes Arrondissements ausgezogen und dem Gerichtschreiber des Arrondissementsrichters zum Gebrauch für die Korrektionnell-Assisen mitgetheilt.

Art. 76. Zehn Tage wenigstens vor Eröffnung der Departements-Assisen zieht der Präsident des Tribunals durch das Loos in öffentlicher Sitzung aus der allgemeinen Liste die Namen der 42 Geschwornen, welche die Listen der Session bilden. Er zieht überdem sechs Supplementargeschworne aus den Geschwornen, welche in der Stadt wo die Assisen gehalten werden, wohnen. Wenn an dem für die Verhandlungen einer jeden Sache anberaumten Tage weniger als 36 Geschworne anwesend sind, so wird diese Zahl durch die Supplementargeschwornen ergänzt und reicht das nicht zu, durch Geschworne, die aus den Bewohnern der Stadt in öffentlicher Sitzung durchs Loos gezogen sind.

Art. 77. Alle Bestimmungen der Kriminalprozeßordnung, welche durch die vorstehenden nicht abgeändert werden, bleiben in Anwendung.

Art. 78. Die Bestimmungen des Art. 41 des gegenwärtigen Gesetzes sind anwendbar auf die Urtheils-Geschwornen in Zuchtpolizei- und Kriminalsachen.

Art. 79. Gleich nach der Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes wird zur Anfertigung und Uebersendung der Geschwornenliste geschritten, wie vorstehend gesagt ist. Vom Tage ihrer Ankunft auf der Gerichtschreiberei an verrichten allein die Geschwornen, die aus dieser Liste ausgezogen sind, den Dienst bei den Assisen.

Titel V.

Von der Ernennung der Gerichtsbeamten.

Art. 80. Die Ernennung der Gerichtsbeamten geschieht durch die vollziehende Gewalt, unter den Bedingungen und mit den Unterschieden, die nachstehend angegeben sind.

Art. 81. Niemand kann zum Friedensrichter ernannt werden, wenn er nicht Licentiat in der Jurisprudenz ist, oder wenn er nicht wenigstens fünf Jahre lang das Amt eines Anwalts, Notars oder Gerichtschreibers geführt hat. Diese Bestimmung wird indessen erst mit dem 1. Januar 1850 in Kraft treten.

Art. 82. Niemand kann zum ordentlichen oder Ergänzungs-Richter eines Departementsgerichtes oder eines Appeltribunals ernannt noch zum Amte des öffentlichen Ministeriums befördert werden, wenn er nicht schon Richter gewesen ist, oder zum Advokaten ernannt worden, und wenn er nicht bei einem Appeltribunal oder einem Gerichte erster Instanz seine Stage gemacht hat.

Art. 83. Die Richter werden aus einer Kandidatentabelle genommen, die in folgender Weise angefertigt ist.

Art. 84. Beim Beginn jedes Gerichtsjahres werden die Licentiaten der Jurisprudenz, welche sich zur Stage melden und erklärt haben in die Magistratur eintreten zu wollen, bei jedem Gerichtshof nach der Reihenfolge der Nummern verzeichnet, die sie bei ihrem Austritt aus der juristischen Fakultät erhalten haben. Die Laureaten erhalten die erste Stelle, die Doktoren des Rechtes werden vor den Licentiaten eingetragen.

Art. 85. Beim zweiten und dritten Jahre werden um dieselbe Zeit die stagirenden Advokaten nach dem Fleiße und Talent geordnet, wovon sie im Laufe des verfloßenen Jahres Probe abgelegt haben. Diese Ordnung geschieht gemeinschaftlich durch die Mitglieder des Gerichtshofes, des Parquets und des Rathes der Advokaten.

Art. 86. Die jungen Advokaten ersten Ranges können während ihrer Stage dem Parquet beigegeben und als solche den Instruktionsrichtern und Substituten zugeordnet werden, um ihnen Aushülfe zu leisten.

Art. 87. Bei gleichen Ansprüchen ernennt die Regierung zu diesen Stelen vorzugsweise diejenigen, welche ihre Rechtsstudien mit Hülfe von Stipendien des Staates oder der Departements gemacht haben.

Art. 88. Der Advokat, welcher am Ende seiner Stage, auf der Tabelle des Departementgerichtes die erste Stelle einnimmt, wird auf die definitive Tabelle gebracht, welche von dem Appeltribunal festgesetzt wird.

Art. 89. Das Appeltribunal designirt in derselben Weise jedes Jahr eine Zahl von Kandidaten, welche der Zahl des Departements in seinem Bezirk gleich sein muß.

Art. 90. Diese Designationen nebst denen, welche aus den Klassifizirungstabellen der Tribunale erster Instanz hervorgegangen sind, bilden die definitive Tabelle, welche durch das Appeltribunal in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets und des Rathes des Barreau, unter den eingesandten Bemerkungen der Präsidenten, der Prokuratoren der Republik und der Batonniers der Advokaten der Tribunale erster Instanz, festgestellt wird.

Art. 91. Diese, von den Tribunalen festgesetzten Kandidatur-Tabellen dienen als Vorlagelisten für alle Stellen von Richtern erster Instanz und Staatsprokuratoren der Republik, welche im Laufe des Jahrs bei den Departement-Tribunalen erledigt.

[Spaltenumbruch]

Art. 92. Bei Gleichheit des Verdienstes und Ranges berücksichtigt die Regierung vorzüglich diejenigen, welche ihre Studien mit Unterstützung der Staats- und Departementsstipendien gemacht haben.

Art. 93. Jedesmal, wenn die Stelle eines Richters erster Instanz erledigt ist, werden zwei Kandidaten vorgeschlagen; der eine wird von dem Tribunal in welchem der Ausfall stattgefunden, in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets bezeichnet, den anderen erwählen die Mitglieder des Rathes des Barreau und der Disziplinar-Kammer der Anwälte bei demselben Tribunal, in einer gleichen General-Versammlung.

Art. 94. Wenn die Ernennung eines Appel-Richters stattfindet, stellt jedes Tribunal erster Instanz in dem Bezirk einen Kandidaten, der durch das Tribunal in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets, des Rathes des Barreau und der Disziplinarkammer der Anwälte erwählt wird.

Diese Kandidaturen werden dem Appel-Tribunal in seiner General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets, des Rathes des Barreau und der Kammer der Anwälte vorgelegt.

Diese Versammlung hat das Recht, entweder ihrerseits einen Kandidaten anzuzeichnen oder ihre Bemerkungen über die von den Tribunalen ihr vorgeschlagenen Kandidaten zu machen, und die Regierung hat unter den dergestalt bezeichneten Kandidaten die Wahl.

Art. 95. Diese Designationen verpflichten keineswegs unbedingt zur Ernennung gerade für das Gericht, in welchem die Stelle erledigt ist. Die Regierung kann auch den Beamten eines anderen Gerichts hierherberufen. Die Ernennung eines Titularen sagt das Tribunal an, welchem er beigeordnet wird. Die Regierung kann indeß die Gerichtsbeamten mit ihrer Einwilligung versetzen.

Art. 96. Die Präsidenten und Vice-Präsidenten der Tribunale erster Instanz, die Kammer-Präsidenten und Vice-Präsidenten der Appeltribunale werden von ihren Kollegen durch absolute Stimmenmehrheit erwählt.

Art. 97. Die Richter des Kassations-Tribunals werden, nach Vorschlag von drei Kandidaten durch die Regierung, von der National-Versammlung ernannt.

Art. 98. Sie wählen und ernennen nach absoluter Stimmenmehrheit die Kammer-Präsidenten.

Art. 99. Der erste Präsident wird von der Regierung im Ministerrathe ernannt; wenn derselbe jedoch nicht aus dem Schoos des Kassationstribunals genommen wird, ist seine Ernennung der National-Versammlung vorzulegen, ohne deren Genehmigung die Ernennung nicht definitiv stattfinden kann.

Art. 100. Die Regierung hat das Recht, die Beamten des öffentlichen Ministeriums zu ernennen und abzusetzen.

Sie wählt dieselben ohne Unterschied aus den Mitgliedern des Kollegiums oder aus den Mitgliedern des Barreau, und kann daher jedesmal, wenn sie es im Interesse des Dienstes für nützlich hält, von den Vorschriften der Kandidatur für den Eintritt in das Kollegium abgehen.

Art. 101. Die Beamten des öffentlichen Ministeriums, welche aus ihren Stellen scheiden und vor ihrem Eintritt in das Parket andere richterliche Stellen bekleidet, können mit gleichem Recht auf die Kandidaten-Tabellen gesetzt und erwählt werden, nämlich:

Die Prokuratoren der Republik und die Staatsprokuratoren zu Richtern bei einem Departements-Tribunal.

Die General-Prokuratoren und General-Advokaten zu Richtern bei einem Appel-Tribunal.

Doch kann dies Recht denjenigen Beamten abgesprochen werden, deren Ausscheiden mit Verlust aller richterlichen Funktionen verbunden ist.

Art. 102. Die Richter aller Tribunale können im Alter von 70 Jahren durch eine einfache Verfügung der Regierung in Ruhestand versetzt werden.

Vor diesem Alter können dieselben nur durch ein Urtheil, auf die nachher bestimmten Gründe und Formen hin abgesetzt werden.

Art. 103. Jeder Richter, dessen Name sich in einem Arrest-, Verwahrungs- oder Verhaftsbefehl oder einer zuchtpolizeilichen Verurtheilung findet, wird vorläufig von seinem Amt suspendirt.

Diese Suspension wird vom Justizminister erlassen.

Art. 104. Jeder Richter, der wegen eines Vergehens, das seiner Natur nach Gefängnißstrafe nach sich zieht, verurtheilt worden, und jeder Richter, der die Pflichten seines Standes vernachlässigt oder durch seine Aufführung, seine Nachlässigkeit oder Unfähigkeit, die Ehre und Würde seines Standes verletzt, wird durch den Justizminister vor den “Kassationshof” gezogen.

Art. 105. Die Kammer, in welcher der erste Präsident sich befindet, verordnet, wenn es nöthig ist, daß der inkulpirte Beamte vor die Barre des Tribunals gefordert werde. In diesem Fall kann das Tribunal, nachdem es in vereinigten Kammern diesen Beamten mit seiner Erklärung und Vertheidigung gehört hat, auf folgende Strafen erkennen: auf einfachen Tadel; auf Tadel mit Verweis; auf Amts-Suspension für eine bestimmte Zeit, die indeß drei Jahre nicht überschreiten darf; auf Entsetzung.

Art. 106. Der Tadel mit Verweis zieht den Verlust des Gehalts für einen Monat nach sich; die Suspension ist mit Verlust des Gehalts während ihrer Dauer verbunden.

Art. 107. Der beschuldigte Beamte kann sich stets einen Vertheidiger nehmen. Die Verhandlungen finden in ordentlicher Sitzung statt, wenn der Beamte es verlangt.

Transitorische Bestimmungen.

Art. 108. Binnen drei Monaten nach Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes schreitet die Regierung zu einer neuen Besetzung des Kollegiums; sie sendet ihre Ernennung allen Richtern zu, welche in die neue Organisation der Tribunale eingeschlossen sind.

Die Namen der neu eingesetzten Richter werden nach der Reihe im Moniteur veröffentlicht.

Art. 109. Die aktiven Beamten, welche nach Ablauf der drei Monate keine neue Ernennung erhalten, treten aus ihren Aemtern, und können ihre Ansprüche auf Pension geltend machen.

Art. 110. Alle zur Vervollständigung der neuen Tribunale nöthigen Ernennungen müssen von der Regierung in der durch Art. 108. festgesetzten Frist geschehen.

Art. 111. Nach Ablauf dieser Frist geschehen alle richterlichen Ernennungen nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes.

Art. 112. Die Anwälte der aufgehobenen Arrondissements-Tribunale werden den Departements-Tribunalen erster Instanz zugeordnet.

Die Anwälte bei den aufgehobenen Appeltribunalen haben die Wahl, entweder einem der Appeltribunale im Bezirk ihrer früheren Departements, oder dem Tribunal erster Instanz in ihrem Wohnsitz zugeordnet zu werden.

Sie sind gehalten, sich über diese Wahl binnen drei Monaten nach Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes zu erklären.

Wenn diese Erklärung nicht geschieht, werden sie dem neuen Appeltribunal zugeordnet, zu dessen Bezirk ihr Wohnort gehört.

Art. 113. Alles was die Gerichtschreiber betrifft, wird durch ein besonderes Gesetz geordnet werden.

Erwiderung des Abgeordneten Krakrügge.

Eine kleine Partei in Erfurt, von welcher einige hochgestellte Personen offen erklärt haben, daß sie noch immer der früheren absoluten Herrschaft und dem Systeme Metternich ergeben seien und in dieser Richtung für den Rückschritt wirksam sind, verfolgt und verdächtigt unaufhörlich wegen meiner politischen Meinungen mich, und diejenige Partei, welcher ich in der National-Versammlung anzugehören die Ehre habe; es sind dieselben Männer, welche fernerhin auf die Entschließungen des Ministeriums, ja Sr. Maj. des Königs selbst direkt und indirekt Einfluß übten, und welche namentlich auch berichtet haben in der bekannten v. Ehrenberg'schen Angelegenheit. Von dieser kleinen aber noch immer einflußreichen Partei, deren Treiben die Staatsregierung ungestört gewähren läßt, ist auch die Verläumdung hervorgegangen, welche in der 2. Beilage zu 157 der Vossischen Zeitung gegen mich abgedruckt steht. Indem ich es unter meiner Würde halte, auf die darin enthaltenen Beschuldigungen rechtfertigend einzugehen, bemerke ich hier nur, daß die mir beigemessenen Aeußerungen durchaus entstellt und unwahr dargestellt sind, indem sie in der Wirklichkeit weiter nichts waren, als der harmlose Ausdruck einer Meinungsverschiedenheit bei einem gesellschaftlichen Disput über politische Tagesfragen. Noch unbekannt mit dem Urheber der Verläumdung, behalte ich mir vor, auf anderem Wege meine Genugthuung auszuführen, sobald ich meinen Gegner kenne. Inzwischen habe ich bei der verehrlichen Redaktion der Vossischen Zeitung angefragt: ob sie den Verfasser vertreten wolle. Zugleich habe ich den Herrn Herausgeber auf den Grund des Gesetzes vom 17. März veranlaßt, diese meine Entgegnung in das nächste Stück der Vossischen Zeitung kostenfrei aufzunehmen.

Berlin, den 15. Juli 1848.

Krackrügge, Abgeordneter für Erfurt.

Protest
des Demokratischen Studentenvereins.

Heidelberg, den 17. Juli. Unter den Heidelberger Studenten hat sich vor nicht langer Zeit ein Demokratischer Studenten-Verein gegründet, welcher sich zum Zwecke gestellt hat, zur Verwirklichung der Demokratischen Republik in unserm Vaterlande nach Kräften beizutragen. Der Verein sah recht wohl ein, daß die republikanische Staatsform noch nicht die Mehrheit des deutschen Volkes für sich gewonnen hat, aber gerade dies hat ihn zu seiner Konstituirung bewogen, denn wäre die Mehrheit des deutschen Volkes schon jetzt für die Republik, so würden die Mitglieder des Vereins sich wahrlich nicht mit der Konstituirung eines Vereines begnügt haben, sie würden vielmehr alles aufgeboten haben, daß eine dem Willen der Majorität mit Gewalt widerstrebende Minderheit, mit den Waffen in der Hand gezwungen würde, sich jenem Willen zu unterwerfen; da aber die republikanisch Gesinnten wie gesagt, noch in der Minderheit wenn auch in einer kleinen sich befinden, so wollte der Verein, dem die Volksfreiheit zur Religion geworden ist, eben dahin wirken, so weit es ihm möglich, diese Minderheit in die Mehrheit umwandeln zu helfen, er wollte auf dem Wege der Ueberzeugung die republikanischen Grundsätze im Volke so viel als möglich verbreiten und befestigen, davon zeugen die Mittel, welche er zur Erreichung seines Zweckes sich selbst in den Statuten vorgeschrieben hat, und die in nichts anderem bestehen, als in der Presse, in der möglichst ausgebreiteten Gründung demokratischer Vereine, davon zeigt die entschiedene Offenheit, mit welcher er ‒ im Bewußtsein seines guten Rechts ‒ von Anfang an aufgetreten ist, seine Statuten sind gedruckt und liegen jedem zur Einsicht offen, seine Verhandlungen sind durchaus öffentlich, er erließ endlich eine offene Aufforderung an die gleichgesinnten Studenten Heidelbergs, dem Vereine beizutreten. Dieser Verein ist nun durch Befehl des badenschen Ministeriums des Innern vom 11. Juli für aufgelöst erklärt worden. Unter Bezugnahme auf ein Gesetz vom 26. Okt. 1833 (!) wonach sogenannte staatsgefährliche Vereine unterdrückt werden können. Dieser Erlaß wurde vom Prorektor, der übrigens auch behauptete, „wir lebten Gott sei Dank noch in einem Polizeistaate und würden hoffentlich immer darin leben,“ und Amtmann der Universität den Vereinsmitgliedern mitgetheilt. Auf die Behauptung derselben, daß das Gesetz vom 26. Okt. 1833 durch die neueren Gesetze vom März, wonach durchaus das Associationsrecht dem Volke zugesichert wurde, aufgehoben sei, erklärte der Prorektor, es gebe keine Gesetze des März, die Associationsfreiheit betreffend, es wären nur Meinungsäußerungen der Minister gewesen!! Siehe nun, du deutsches Volk, was du dir im März errungen hast, was du an vielen Orten mit theurem Blut erkauft hast; Rechte? Freiheiten? Nein, Worte, nur Aeußerungen von Ministern! Dafür also sind so viele Männer und Jünglinge gefallen? Ihre Ahanen schreien um Rache! Diese Minister wagen es, frech die ganzen Ereignisse der Revolution des März zu ignoriren und seine Rechte dem Volke verkümmern zu wollen. Höre du deutsches Volk, wie diese Minister, welche deine Diener sind, nun deine mit Blut erkämpften Rechte sichern, deine Minister, welche eben dadurch, daß du die früher bestehende Regierung, den Absolutismus gestürzt hast, ans Ruder gelangt sind, wie diese Minister deine Freiheit verstehen, wie sie ihren Eid auf die Gesetze schmählich brechen! Sagt ihr Badenschen Minister, habt ihr nicht im März geschworen, das Associationsrecht des Volkes wahren und schützen zu wollen? Oder ist das Associationsrecht, wenn eben nur solche Vereine geduldet werden, welche gerade nur recht gefällig sind? „Aber ihr wollt ja den Staat umstoßen!“ O, ihr Heuchler, ja wenn der Staat eben nur in dem Großherzoge, in Euch und in der Regierung bestände! Wißt ihr nicht, daß das Volk der Staat ist. “Aber ihr seid Anarchisten!“ Wer ist Anarchist? Der, welcher auf dem Wege des Gesetzes durch das einzige Mittel der geistigen Ueberzeugung Andre für seine Meinung zu gewinnen sucht, oder der, welcher die Gesetze des Staates, die er beschworen, verletzt und nach Willkür handelt? O, über diese Freiheit der konstitutionellen Monarchie, diese Freiheit, bei der die heiligsten unveräußerlichsten Menschenrechte verletzt werden ‒ das Recht, seine Meinung frei zu äußern, das Recht, daß Gesinnungsgenossen sich vereinigen, um die Andern für ihre Ueberzeugung zu gewinnen! O, über diese Volkssouverainetät der konstitutionellen Monarchie, in welcher der Souverain von seinen eigenen Dienern so väterlich bevormundet wird, damit er ja keine falsche Meinungen bekäme, diese Volkssouverainetät, welche gerade so weit gehen darf, als es ein Paar Ministern gefällt! ‒ Ja, ihr, ihr badenschen Minister, ihr seid die wahren Anarchisten, denn ihr haltet euch an keine Gesetze, ihr seid die Revolutionäre, denn, indem ihr die Reform abschneidet, auf dem Wege der geistigen Ueberzeugung, indem ihr die Minderheit knechtet und ihre unveräußerlichen Menschenrechte mit Füßen tretet, zwingt ihr sie, diese ihre Rechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen; über Euch kommt das Blut des Bürgerkrieges, welchen ihr hervorruft, über euch der Fluch der Wittwen und Waisen, deren Väter und Männer ihr mordet, über euch die Verachtung der richtenden Nachwelt! Um euch aber zu zeigen, daß ihr mit keinen feigen Knechten zu thun habt, protestiren wir, die Mitglieder des demokratischen Studentenvereins Angesichts des deutschen Volks gegen die willkürliche Verletzung des feierlich zugesicherten Associationsrechtes, erklären wir, daß wir unsern Verein durch den ungesetzlich widerrechtlichen Erlaß des badenschen Ministers keineswegs als aufgelöst betrachten, und daß wir nur der rohen Gewalt weichen werden.

Im Namen sämmtlicher Mitglieder des demokratischen Studenten-Vereins

Der Vorstand:

Hirsch. Tilemann.

Nachschrift. Alle Heidelberger Studenten haben die Sache des demokratischen Studentenvereins zu der ihrigen gemacht und haben beschlossen auszuziehen ‒ und nicht eher zurückzukehren, als bis ihr volles Recht ihnen gewahrt ist!

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        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 53 der Neuen Rheinisch. Zeitung. </titlePart>
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          <docDate>Sonntag 23. Juli.</docDate>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head>Paris.</head>
          <p>Schluß des in vorgestriger Beilage abgebrochenen Entwurfs einer                         Strafprozeßordnung.</p>
          <p>§ 4. Von der Bildung des Geschworenengerichts.</p>
          <p>Art. 71. Alle Franzosen, die der Civil- und politischen Rechte genießen,                         werden auf die Geschwornenliste gebracht, außer in den Fällen der                         Unfähigkeit oder Dispensation, welche in den beiden folgenden Artikeln                         vorgesehen sind.</p>
          <p>Art. 72. Auf die Geschwornenliste werden nicht gebracht: 1. Die Bürger,                         welche gemäß Art. 383 der Strafprozeßordnung Funktionen bekleiden, die mit                         der Stellung des Geschwornen unverträglich sind, ferner die Militärpersonen                         im aktiven Dienste. 2. Diejenigen, die noch nicht volle 30 Jahre alt sind.                         3. Diejenigen, welche durch körperliche Gebrechen unfähig sind, die                         Funktionen des Geschwornen zu erfüllen. 4. Diejenigen, die nicht französisch                         lesen und schreiben können. 5. Dienstboten, die um Lohn dienen. 6. Nicht in                         ihre Rechte wiedereingesetzte Fallite. 7. Individuen, die zu Leibes- oder                         entehrenden Strafen oder zu Korrektionnelstrafen verurtheilt sind, wegen                         Handlungen, die das Gesetz als Verbrechen qualifizirt oder wegen der                         Vergehen des Diebstahls, der Prellerei, des Vertrauensmißbrauchs, des                         Angriffs auf die Sitten, der Landstreicherei oder des Bettelns.</p>
          <p>Art. 73. Auf die Liste werden nicht gebracht auf ihr Verlangen, 1.                         Siebzigjährige. 2. Beamte oder Vorgesetzte, die einen öffentlichen Dienst                         bekleiden. 3. Bürger, die vom Tagelohn leben und die Kosten nicht tragen                         können, die mit der Stellung des Geschwornen verbunden sind.</p>
          <p>Art. 74. Die Geschwornenliste wird in jeder Kommune durch den Maire                         festgestellt. Er hat dieselbe an die Kirchthüren und das Gemeindehaus                         anheften zu lassen. Während der acht Tage, die auf diese Veröffentlichung                         folgen, kann jeder Bürger entweder gegen die Einschreibung oder gegen die                         Auslassung reklamiren, indem er ein kostenfreies Gesuch an den Maire der                         Gemeinde richtet, der gehalten ist binnen drei Tagen zu entscheiden. Der                         Recours gegen diese Entscheidung geschieht beim Friedensrichter, der binnen                         fünf Tagen und ohne Appel entscheidet. Die Zusätze, die durch die                         Entscheidungen des Friedensrichters oder des Maire, wenn kein Recours                         stattfindet, hinzukommen, werden angeschlagen und dem Präfekten übergeben,                         wie im Art. 75 bestimmt ist.</p>
          <p>Art. 75. Am 1. Dezember jedes Jahres stellt der Maire dem Präfekten die                         Geschwornenliste der Gemeinde zu Der Präfekt fertigt ohne Verzug nach den                         Gemeindelisten die allgemeine Departementsliste an. Diese letztere wird                         sodann dem Schreiber des Tribunals übergeben. Hieraus wird eine Liste von                         Geschwornen jedes Arrondissements ausgezogen und dem Gerichtschreiber des                         Arrondissementsrichters zum Gebrauch für die Korrektionnell-Assisen                         mitgetheilt.</p>
          <p>Art. 76. Zehn Tage wenigstens vor Eröffnung der Departements-Assisen zieht                         der Präsident des Tribunals durch das Loos in öffentlicher Sitzung aus der                         allgemeinen Liste die Namen der 42 Geschwornen, welche die Listen der                         Session bilden. Er zieht überdem sechs Supplementargeschworne aus den                         Geschwornen, welche in der Stadt wo die Assisen gehalten werden, wohnen.                         Wenn an dem für die Verhandlungen einer jeden Sache anberaumten Tage weniger                         als 36 Geschworne anwesend sind, so wird diese Zahl durch die                         Supplementargeschwornen ergänzt und reicht das nicht zu, durch Geschworne,                         die aus den Bewohnern der Stadt in öffentlicher Sitzung durchs Loos gezogen                         sind.</p>
          <p>Art. 77. Alle Bestimmungen der Kriminalprozeßordnung, welche durch die                         vorstehenden nicht abgeändert werden, bleiben in Anwendung.</p>
          <p>Art. 78. Die Bestimmungen des Art. 41 des gegenwärtigen Gesetzes sind                         anwendbar auf die Urtheils-Geschwornen in Zuchtpolizei- und                         Kriminalsachen.</p>
          <p>Art. 79. Gleich nach der Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes wird zur                         Anfertigung und Uebersendung der Geschwornenliste geschritten, wie                         vorstehend gesagt ist. Vom Tage ihrer Ankunft auf der Gerichtschreiberei an                         verrichten allein die Geschwornen, die aus dieser Liste ausgezogen sind, den                         Dienst bei den Assisen.</p>
          <p> <hi rendition="#b">Titel V.</hi> </p>
          <p>Von der Ernennung der Gerichtsbeamten.</p>
          <p>Art. 80. Die Ernennung der Gerichtsbeamten geschieht durch die vollziehende                         Gewalt, unter den Bedingungen und mit den Unterschieden, die nachstehend                         angegeben sind.</p>
          <p>Art. 81. Niemand kann zum Friedensrichter ernannt werden, wenn er nicht                         Licentiat in der Jurisprudenz ist, oder wenn er nicht wenigstens fünf Jahre                         lang das Amt eines Anwalts, Notars oder Gerichtschreibers geführt hat. Diese                         Bestimmung wird indessen erst mit dem 1. Januar 1850 in Kraft treten.</p>
          <p>Art. 82. Niemand kann zum ordentlichen oder Ergänzungs-Richter eines                         Departementsgerichtes oder eines Appeltribunals ernannt noch zum Amte des                         öffentlichen Ministeriums befördert werden, wenn er nicht schon Richter                         gewesen ist, oder zum Advokaten ernannt worden, und wenn er nicht bei einem                         Appeltribunal oder einem Gerichte erster Instanz seine Stage gemacht                         hat.</p>
          <p>Art. 83. Die Richter werden aus einer Kandidatentabelle genommen, die in                         folgender Weise angefertigt ist.</p>
          <p>Art. 84. Beim Beginn jedes Gerichtsjahres werden die Licentiaten der                         Jurisprudenz, welche sich zur Stage melden und erklärt haben in die                         Magistratur eintreten zu wollen, bei jedem Gerichtshof nach der Reihenfolge                         der Nummern verzeichnet, die sie bei ihrem Austritt aus der juristischen                         Fakultät erhalten haben. Die Laureaten erhalten die erste Stelle, die                         Doktoren des Rechtes werden vor den Licentiaten eingetragen.</p>
          <p>Art. 85. Beim zweiten und dritten Jahre werden um dieselbe Zeit die                         stagirenden Advokaten nach dem Fleiße und Talent geordnet, wovon sie im                         Laufe des verfloßenen Jahres Probe abgelegt haben. Diese Ordnung geschieht                         gemeinschaftlich durch die Mitglieder des Gerichtshofes, des Parquets und                         des Rathes der Advokaten.</p>
          <p>Art. 86. Die jungen Advokaten ersten Ranges können während ihrer Stage dem                         Parquet beigegeben und als solche den Instruktionsrichtern und Substituten                         zugeordnet werden, um ihnen Aushülfe zu leisten.</p>
          <p>Art. 87. Bei gleichen Ansprüchen ernennt die Regierung zu diesen Stelen                         vorzugsweise diejenigen, welche ihre Rechtsstudien mit Hülfe von Stipendien                         des Staates oder der Departements gemacht haben.</p>
          <p>Art. 88. Der Advokat, welcher am Ende seiner Stage, auf der Tabelle des                         Departementgerichtes die erste Stelle einnimmt, wird auf die definitive                         Tabelle gebracht, welche von dem Appeltribunal festgesetzt wird.</p>
          <p>Art. 89. Das Appeltribunal designirt in derselben Weise jedes Jahr eine Zahl                         von Kandidaten, welche der Zahl des Departements in seinem Bezirk gleich                         sein muß.</p>
          <p>Art. 90. Diese Designationen nebst denen, welche aus den                         Klassifizirungstabellen der Tribunale erster Instanz hervorgegangen sind,                         bilden die definitive Tabelle, welche durch das Appeltribunal in einer                         General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets und des Rathes des                         Barreau, unter den eingesandten Bemerkungen der Präsidenten, der                         Prokuratoren der Republik und der Batonniers der Advokaten der Tribunale                         erster Instanz, festgestellt wird.</p>
          <p>Art. 91. Diese, von den Tribunalen festgesetzten Kandidatur-Tabellen dienen                         als Vorlagelisten für alle Stellen von Richtern erster Instanz und                         Staatsprokuratoren der Republik, welche im Laufe des Jahrs bei den                         Departement-Tribunalen erledigt.</p>
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          <p>Art. 92. Bei Gleichheit des Verdienstes und Ranges berücksichtigt die                         Regierung vorzüglich diejenigen, welche ihre Studien mit Unterstützung der                         Staats- und Departementsstipendien gemacht haben.</p>
          <p>Art. 93. Jedesmal, wenn die Stelle eines Richters erster Instanz erledigt                         ist, werden zwei Kandidaten vorgeschlagen; der eine wird von dem Tribunal in                         welchem der Ausfall stattgefunden, in einer General-Versammlung mit den                         Mitgliedern des Parkets bezeichnet, den anderen erwählen die Mitglieder des                         Rathes des Barreau und der Disziplinar-Kammer der Anwälte bei demselben                         Tribunal, in einer gleichen General-Versammlung.</p>
          <p>Art. 94. Wenn die Ernennung eines Appel-Richters stattfindet, stellt jedes                         Tribunal erster Instanz in dem Bezirk einen Kandidaten, der durch das                         Tribunal in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets, des                         Rathes des Barreau und der Disziplinarkammer der Anwälte erwählt wird.</p>
          <p>Diese Kandidaturen werden dem Appel-Tribunal in seiner General-Versammlung                         mit den Mitgliedern des Parkets, des Rathes des Barreau und der Kammer der                         Anwälte vorgelegt. </p>
          <p>Diese Versammlung hat das Recht, entweder ihrerseits einen Kandidaten                         anzuzeichnen oder ihre Bemerkungen über die von den Tribunalen ihr                         vorgeschlagenen Kandidaten zu machen, und die Regierung hat unter den                         dergestalt bezeichneten Kandidaten die Wahl.</p>
          <p>Art. 95. Diese Designationen verpflichten keineswegs unbedingt zur Ernennung                         gerade für das Gericht, in welchem die Stelle erledigt ist. Die Regierung                         kann auch den Beamten eines anderen Gerichts hierherberufen. Die Ernennung                         eines Titularen sagt das Tribunal an, welchem er beigeordnet wird. Die                         Regierung kann indeß die Gerichtsbeamten mit ihrer Einwilligung                         versetzen.</p>
          <p>Art. 96. Die Präsidenten und Vice-Präsidenten der Tribunale erster Instanz,                         die Kammer-Präsidenten und Vice-Präsidenten der Appeltribunale werden von                         ihren Kollegen durch absolute Stimmenmehrheit erwählt.</p>
          <p>Art. 97. Die Richter des Kassations-Tribunals werden, nach Vorschlag von drei                         Kandidaten durch die Regierung, von der National-Versammlung ernannt. </p>
          <p>Art. 98. Sie wählen und ernennen nach absoluter Stimmenmehrheit die                         Kammer-Präsidenten.</p>
          <p>Art. 99. Der erste Präsident wird von der Regierung im Ministerrathe ernannt;                         wenn derselbe jedoch nicht aus dem Schoos des Kassationstribunals genommen                         wird, ist seine Ernennung der National-Versammlung vorzulegen, ohne deren                         Genehmigung die Ernennung nicht definitiv stattfinden kann.</p>
          <p>Art. 100. Die Regierung hat das Recht, die Beamten des öffentlichen                         Ministeriums zu ernennen und abzusetzen.</p>
          <p>Sie wählt dieselben ohne Unterschied aus den Mitgliedern des Kollegiums oder                         aus den Mitgliedern des Barreau, und kann daher jedesmal, wenn sie es im                         Interesse des Dienstes für nützlich hält, von den Vorschriften der                         Kandidatur für den Eintritt in das Kollegium abgehen.</p>
          <p>Art. 101. Die Beamten des öffentlichen Ministeriums, welche aus ihren Stellen                         scheiden und vor ihrem Eintritt in das Parket andere richterliche Stellen                         bekleidet, können mit gleichem Recht auf die Kandidaten-Tabellen gesetzt und                         erwählt werden, nämlich: </p>
          <p>Die Prokuratoren der Republik und die Staatsprokuratoren zu Richtern bei                         einem Departements-Tribunal. </p>
          <p>Die General-Prokuratoren und General-Advokaten zu Richtern bei einem                         Appel-Tribunal. </p>
          <p>Doch kann dies Recht denjenigen Beamten abgesprochen werden, deren                         Ausscheiden mit Verlust aller richterlichen Funktionen verbunden ist.</p>
          <p>Art. 102. Die Richter aller Tribunale können im Alter von 70 Jahren durch                         eine einfache Verfügung der Regierung in Ruhestand versetzt werden.</p>
          <p>Vor diesem Alter können dieselben nur durch ein Urtheil, auf die nachher                         bestimmten Gründe und Formen hin abgesetzt werden.</p>
          <p>Art. 103. Jeder Richter, dessen Name sich in einem Arrest-, Verwahrungs- oder                         Verhaftsbefehl oder einer zuchtpolizeilichen Verurtheilung findet, wird                         vorläufig von seinem Amt suspendirt.</p>
          <p>Diese Suspension wird vom Justizminister erlassen.</p>
          <p>Art. 104. Jeder Richter, der wegen eines Vergehens, das seiner Natur nach                         Gefängnißstrafe nach sich zieht, verurtheilt worden, und jeder Richter, der                         die Pflichten seines Standes vernachlässigt oder durch seine Aufführung,                         seine Nachlässigkeit oder Unfähigkeit, die Ehre und Würde seines Standes                         verletzt, wird durch den Justizminister vor den &#x201C;Kassationshof&#x201D; gezogen.</p>
          <p>Art. 105. Die Kammer, in welcher der erste Präsident sich befindet,                         verordnet, wenn es nöthig ist, daß der inkulpirte Beamte vor die Barre des                         Tribunals gefordert werde. In diesem Fall kann das Tribunal, nachdem es in                         vereinigten Kammern diesen Beamten mit seiner Erklärung und Vertheidigung                         gehört hat, auf folgende Strafen erkennen: auf einfachen Tadel; auf Tadel                         mit Verweis; auf Amts-Suspension für eine bestimmte Zeit, die indeß drei                         Jahre nicht überschreiten darf; auf Entsetzung.</p>
          <p>Art. 106. Der Tadel mit Verweis zieht den Verlust des Gehalts für einen Monat                         nach sich; die Suspension ist mit Verlust des Gehalts während ihrer Dauer                         verbunden.</p>
          <p>Art. 107. Der beschuldigte Beamte kann sich stets einen Vertheidiger nehmen.                         Die Verhandlungen finden in ordentlicher Sitzung statt, wenn der Beamte es                         verlangt.</p>
          <p>Transitorische Bestimmungen.</p>
          <p>Art. 108. Binnen drei Monaten nach Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes                         schreitet die Regierung zu einer neuen Besetzung des Kollegiums; sie sendet                         ihre Ernennung allen Richtern zu, welche in die neue Organisation der                         Tribunale eingeschlossen sind.</p>
          <p>Die Namen der neu eingesetzten Richter werden nach der Reihe im Moniteur                         veröffentlicht.</p>
          <p>Art. 109. Die aktiven Beamten, welche nach Ablauf der drei Monate keine neue                         Ernennung erhalten, treten aus ihren Aemtern, und können ihre Ansprüche auf                         Pension geltend machen.</p>
          <p>Art. 110. Alle zur Vervollständigung der neuen Tribunale nöthigen Ernennungen                         müssen von der Regierung in der durch Art. 108. festgesetzten Frist                         geschehen.</p>
          <p>Art. 111. Nach Ablauf dieser Frist geschehen alle richterlichen Ernennungen                         nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes.</p>
          <p>Art. 112. Die Anwälte der aufgehobenen Arrondissements-Tribunale werden den                         Departements-Tribunalen erster Instanz zugeordnet.</p>
          <p>Die Anwälte bei den aufgehobenen Appeltribunalen haben die Wahl, entweder                         einem der Appeltribunale im Bezirk ihrer früheren Departements, oder dem                         Tribunal erster Instanz in ihrem Wohnsitz zugeordnet zu werden.</p>
          <p>Sie sind gehalten, sich über diese Wahl binnen drei Monaten nach Verkündung                         des gegenwärtigen Gesetzes zu erklären.</p>
          <p>Wenn diese Erklärung nicht geschieht, werden sie dem neuen Appeltribunal                         zugeordnet, zu dessen Bezirk ihr Wohnort gehört.</p>
          <p>Art. 113. Alles was die Gerichtschreiber betrifft, wird durch ein besonderes                         Gesetz geordnet werden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Erwiderung des Abgeordneten Krakrügge.</head>
        <div xml:id="ar053b_002" type="jArticle">
          <p>Eine kleine Partei in Erfurt, von welcher einige hochgestellte Personen offen                         erklärt haben, daß sie noch immer der früheren absoluten Herrschaft und dem                         Systeme Metternich ergeben seien und in dieser Richtung für den Rückschritt                         wirksam sind, verfolgt und verdächtigt unaufhörlich wegen meiner politischen                         Meinungen mich, und diejenige Partei, welcher ich in der                         National-Versammlung anzugehören die Ehre habe; es sind dieselben Männer,                         welche fernerhin auf die Entschließungen des Ministeriums, ja Sr. Maj. des                         Königs selbst direkt und indirekt Einfluß übten, und welche namentlich auch                         berichtet haben in der bekannten v. Ehrenberg'schen Angelegenheit. Von                         dieser kleinen aber noch immer einflußreichen Partei, deren Treiben die                         Staatsregierung ungestört gewähren läßt, ist auch die Verläumdung                         hervorgegangen, welche in der 2. Beilage zu 157 der Vossischen Zeitung gegen                         mich abgedruckt steht. Indem ich es unter meiner Würde halte, auf die darin                         enthaltenen Beschuldigungen rechtfertigend einzugehen, bemerke ich hier nur,                         daß die mir beigemessenen Aeußerungen durchaus entstellt und unwahr                         dargestellt sind, indem sie in der Wirklichkeit weiter nichts waren, als der                         harmlose Ausdruck einer Meinungsverschiedenheit bei einem gesellschaftlichen                         Disput über politische Tagesfragen. Noch unbekannt mit dem Urheber der                         Verläumdung, behalte ich mir vor, auf anderem Wege meine Genugthuung                         auszuführen, sobald ich meinen Gegner kenne. Inzwischen habe ich bei der                         verehrlichen Redaktion der Vossischen Zeitung angefragt: ob sie den                         Verfasser vertreten wolle. Zugleich habe ich den Herrn Herausgeber auf den                         Grund des Gesetzes vom 17. März veranlaßt, diese meine Entgegnung in das                         nächste Stück der Vossischen Zeitung kostenfrei aufzunehmen. </p>
          <p>Berlin, den 15. Juli 1848.</p>
          <p><hi rendition="#g">Krackrügge,</hi> Abgeordneter für Erfurt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar053b_003" type="jArticle">
          <head>Protest<lb/>
des Demokratischen Studentenvereins.</head>
          <p><hi rendition="#g">Heidelberg,</hi> den 17. Juli. Unter den Heidelberger                         Studenten hat sich vor nicht langer Zeit ein Demokratischer Studenten-Verein                         gegründet, welcher sich zum Zwecke gestellt hat, zur Verwirklichung der                         Demokratischen Republik in unserm Vaterlande nach Kräften beizutragen. Der                         Verein sah recht wohl ein, daß die republikanische Staatsform noch nicht die                         Mehrheit des deutschen Volkes für sich gewonnen hat, aber gerade dies hat                         ihn zu seiner Konstituirung bewogen, denn wäre die Mehrheit des deutschen                         Volkes schon jetzt für die Republik, so würden die Mitglieder des Vereins                         sich wahrlich nicht mit der Konstituirung eines Vereines begnügt haben, sie                         würden vielmehr alles aufgeboten haben, daß eine dem Willen der Majorität                         mit Gewalt widerstrebende Minderheit, mit den Waffen in der Hand gezwungen                         würde, sich jenem Willen zu unterwerfen; da aber die republikanisch                         Gesinnten wie gesagt, noch in der Minderheit wenn auch in einer kleinen sich                         befinden, so wollte der Verein, dem die Volksfreiheit zur Religion geworden                         ist, eben dahin wirken, so weit es ihm möglich, diese Minderheit in die                         Mehrheit umwandeln zu helfen, er wollte auf dem <hi rendition="#g">Wege der                             Ueberzeugung</hi> die republikanischen Grundsätze im Volke so viel als                         möglich verbreiten und befestigen, davon zeugen die Mittel, welche er zur                         Erreichung seines Zweckes sich selbst in den Statuten vorgeschrieben hat,                         und die in nichts anderem bestehen, als in der Presse, in der möglichst                         ausgebreiteten Gründung demokratischer Vereine, davon zeigt die entschiedene                         Offenheit, mit welcher er &#x2012; im Bewußtsein seines guten Rechts &#x2012; von Anfang                         an aufgetreten ist, seine Statuten sind gedruckt und liegen jedem zur                         Einsicht offen, seine Verhandlungen sind durchaus öffentlich, er erließ                         endlich eine offene Aufforderung an die gleichgesinnten Studenten                         Heidelbergs, dem Vereine beizutreten. Dieser Verein ist nun durch Befehl des                         badenschen Ministeriums des Innern vom 11. Juli für aufgelöst erklärt                         worden. Unter Bezugnahme auf ein Gesetz vom 26. Okt. 1833 (!) wonach                         sogenannte staatsgefährliche Vereine unterdrückt werden können. Dieser Erlaß                         wurde vom Prorektor, der übrigens auch behauptete, &#x201E;wir lebten Gott sei Dank                         noch in einem Polizeistaate und würden hoffentlich immer darin leben,&#x201C; und                         Amtmann der Universität den Vereinsmitgliedern mitgetheilt. Auf die                         Behauptung derselben, daß das Gesetz vom 26. Okt. 1833 durch die neueren                         Gesetze vom März, wonach durchaus das Associationsrecht dem Volke                         zugesichert wurde, aufgehoben sei, erklärte der Prorektor, es gebe keine                         Gesetze des März, die Associationsfreiheit betreffend, es wären nur                         Meinungsäußerungen der Minister gewesen!! Siehe nun, du deutsches Volk, was                         du dir im März errungen hast, was du an vielen Orten mit theurem Blut                         erkauft hast; Rechte? Freiheiten? Nein, Worte, nur Aeußerungen von                         Ministern! Dafür also sind so viele Männer und Jünglinge gefallen? Ihre                         Ahanen schreien um Rache! Diese Minister wagen es, frech die ganzen                         Ereignisse der Revolution des März zu ignoriren und seine Rechte dem Volke                         verkümmern zu wollen. Höre du deutsches Volk, wie diese Minister, welche                         deine Diener sind, nun deine mit Blut erkämpften Rechte sichern, deine                         Minister, welche eben dadurch, daß du die früher bestehende Regierung, den                         Absolutismus gestürzt hast, ans Ruder gelangt sind, wie diese Minister deine                         Freiheit verstehen, wie sie ihren Eid auf die Gesetze schmählich brechen!                         Sagt ihr Badenschen Minister, habt ihr nicht im März geschworen, das                         Associationsrecht des Volkes wahren und schützen zu wollen? Oder ist das                         Associationsrecht, wenn eben nur solche Vereine geduldet werden, welche                         gerade nur recht gefällig sind? &#x201E;Aber ihr wollt ja den Staat umstoßen!&#x201C; O,                         ihr Heuchler, ja wenn der Staat eben nur in dem Großherzoge, in Euch und in                         der Regierung bestände! Wißt ihr nicht, daß das Volk der Staat ist. &#x201C;Aber                         ihr seid Anarchisten!&#x201C; Wer ist Anarchist? Der, welcher auf dem Wege des                         Gesetzes durch das einzige Mittel der geistigen Ueberzeugung Andre für seine                         Meinung zu gewinnen sucht, oder der, welcher die Gesetze des Staates, die er                         beschworen, verletzt und nach Willkür handelt? O, über diese Freiheit der                         konstitutionellen Monarchie, diese Freiheit, bei der die heiligsten                         unveräußerlichsten Menschenrechte verletzt werden &#x2012; das Recht, seine Meinung                         frei zu äußern, das Recht, daß Gesinnungsgenossen sich vereinigen, um die                         Andern für ihre Ueberzeugung zu gewinnen! O, über diese Volkssouverainetät                         der konstitutionellen Monarchie, in welcher der Souverain von seinen eigenen                         Dienern so väterlich bevormundet wird, damit er ja keine falsche Meinungen                         bekäme, diese Volkssouverainetät, welche gerade so weit gehen darf, als es                         ein Paar Ministern gefällt! &#x2012; Ja, ihr, ihr badenschen Minister, ihr seid die                         wahren Anarchisten, denn ihr haltet euch an keine Gesetze, ihr seid die                         Revolutionäre, denn, indem ihr die Reform abschneidet, auf dem Wege der                         geistigen Ueberzeugung, indem ihr die Minderheit knechtet und ihre                         unveräußerlichen Menschenrechte mit Füßen tretet, zwingt ihr sie, diese ihre                         Rechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen; über Euch kommt das Blut                         des Bürgerkrieges, welchen ihr hervorruft, über euch der Fluch der Wittwen                         und Waisen, deren Väter und Männer ihr mordet, über euch die Verachtung der                         richtenden Nachwelt! Um euch aber zu zeigen, daß ihr mit keinen feigen                         Knechten zu thun habt, protestiren wir, die Mitglieder des demokratischen                         Studentenvereins Angesichts des deutschen Volks gegen die willkürliche                         Verletzung des feierlich zugesicherten Associationsrechtes, erklären wir,                         daß wir unsern Verein durch den ungesetzlich widerrechtlichen Erlaß des                         badenschen Ministers keineswegs als aufgelöst betrachten, und daß wir nur                         der rohen Gewalt weichen werden.</p>
          <p>Im Namen sämmtlicher Mitglieder des demokratischen Studenten-Vereins</p>
          <p>Der Vorstand:</p>
          <p> <hi rendition="#g">Hirsch. Tilemann.</hi> </p>
          <p><hi rendition="#g">Nachschrift.</hi> Alle Heidelberger Studenten haben die                         Sache des demokratischen Studentenvereins zu der ihrigen gemacht und haben                         beschlossen auszuziehen &#x2012; und nicht eher zurückzukehren, als bis ihr volles                         Recht ihnen gewahrt ist!</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0265/0001] Beilage zu Nr. 53 der Neuen Rheinisch. Zeitung. Sonntag 23. Juli. Französische Republik. Paris. Schluß des in vorgestriger Beilage abgebrochenen Entwurfs einer Strafprozeßordnung. § 4. Von der Bildung des Geschworenengerichts. Art. 71. Alle Franzosen, die der Civil- und politischen Rechte genießen, werden auf die Geschwornenliste gebracht, außer in den Fällen der Unfähigkeit oder Dispensation, welche in den beiden folgenden Artikeln vorgesehen sind. Art. 72. Auf die Geschwornenliste werden nicht gebracht: 1. Die Bürger, welche gemäß Art. 383 der Strafprozeßordnung Funktionen bekleiden, die mit der Stellung des Geschwornen unverträglich sind, ferner die Militärpersonen im aktiven Dienste. 2. Diejenigen, die noch nicht volle 30 Jahre alt sind. 3. Diejenigen, welche durch körperliche Gebrechen unfähig sind, die Funktionen des Geschwornen zu erfüllen. 4. Diejenigen, die nicht französisch lesen und schreiben können. 5. Dienstboten, die um Lohn dienen. 6. Nicht in ihre Rechte wiedereingesetzte Fallite. 7. Individuen, die zu Leibes- oder entehrenden Strafen oder zu Korrektionnelstrafen verurtheilt sind, wegen Handlungen, die das Gesetz als Verbrechen qualifizirt oder wegen der Vergehen des Diebstahls, der Prellerei, des Vertrauensmißbrauchs, des Angriffs auf die Sitten, der Landstreicherei oder des Bettelns. Art. 73. Auf die Liste werden nicht gebracht auf ihr Verlangen, 1. Siebzigjährige. 2. Beamte oder Vorgesetzte, die einen öffentlichen Dienst bekleiden. 3. Bürger, die vom Tagelohn leben und die Kosten nicht tragen können, die mit der Stellung des Geschwornen verbunden sind. Art. 74. Die Geschwornenliste wird in jeder Kommune durch den Maire festgestellt. Er hat dieselbe an die Kirchthüren und das Gemeindehaus anheften zu lassen. Während der acht Tage, die auf diese Veröffentlichung folgen, kann jeder Bürger entweder gegen die Einschreibung oder gegen die Auslassung reklamiren, indem er ein kostenfreies Gesuch an den Maire der Gemeinde richtet, der gehalten ist binnen drei Tagen zu entscheiden. Der Recours gegen diese Entscheidung geschieht beim Friedensrichter, der binnen fünf Tagen und ohne Appel entscheidet. Die Zusätze, die durch die Entscheidungen des Friedensrichters oder des Maire, wenn kein Recours stattfindet, hinzukommen, werden angeschlagen und dem Präfekten übergeben, wie im Art. 75 bestimmt ist. Art. 75. Am 1. Dezember jedes Jahres stellt der Maire dem Präfekten die Geschwornenliste der Gemeinde zu Der Präfekt fertigt ohne Verzug nach den Gemeindelisten die allgemeine Departementsliste an. Diese letztere wird sodann dem Schreiber des Tribunals übergeben. Hieraus wird eine Liste von Geschwornen jedes Arrondissements ausgezogen und dem Gerichtschreiber des Arrondissementsrichters zum Gebrauch für die Korrektionnell-Assisen mitgetheilt. Art. 76. Zehn Tage wenigstens vor Eröffnung der Departements-Assisen zieht der Präsident des Tribunals durch das Loos in öffentlicher Sitzung aus der allgemeinen Liste die Namen der 42 Geschwornen, welche die Listen der Session bilden. Er zieht überdem sechs Supplementargeschworne aus den Geschwornen, welche in der Stadt wo die Assisen gehalten werden, wohnen. Wenn an dem für die Verhandlungen einer jeden Sache anberaumten Tage weniger als 36 Geschworne anwesend sind, so wird diese Zahl durch die Supplementargeschwornen ergänzt und reicht das nicht zu, durch Geschworne, die aus den Bewohnern der Stadt in öffentlicher Sitzung durchs Loos gezogen sind. Art. 77. Alle Bestimmungen der Kriminalprozeßordnung, welche durch die vorstehenden nicht abgeändert werden, bleiben in Anwendung. Art. 78. Die Bestimmungen des Art. 41 des gegenwärtigen Gesetzes sind anwendbar auf die Urtheils-Geschwornen in Zuchtpolizei- und Kriminalsachen. Art. 79. Gleich nach der Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes wird zur Anfertigung und Uebersendung der Geschwornenliste geschritten, wie vorstehend gesagt ist. Vom Tage ihrer Ankunft auf der Gerichtschreiberei an verrichten allein die Geschwornen, die aus dieser Liste ausgezogen sind, den Dienst bei den Assisen. Titel V. Von der Ernennung der Gerichtsbeamten. Art. 80. Die Ernennung der Gerichtsbeamten geschieht durch die vollziehende Gewalt, unter den Bedingungen und mit den Unterschieden, die nachstehend angegeben sind. Art. 81. Niemand kann zum Friedensrichter ernannt werden, wenn er nicht Licentiat in der Jurisprudenz ist, oder wenn er nicht wenigstens fünf Jahre lang das Amt eines Anwalts, Notars oder Gerichtschreibers geführt hat. Diese Bestimmung wird indessen erst mit dem 1. Januar 1850 in Kraft treten. Art. 82. Niemand kann zum ordentlichen oder Ergänzungs-Richter eines Departementsgerichtes oder eines Appeltribunals ernannt noch zum Amte des öffentlichen Ministeriums befördert werden, wenn er nicht schon Richter gewesen ist, oder zum Advokaten ernannt worden, und wenn er nicht bei einem Appeltribunal oder einem Gerichte erster Instanz seine Stage gemacht hat. Art. 83. Die Richter werden aus einer Kandidatentabelle genommen, die in folgender Weise angefertigt ist. Art. 84. Beim Beginn jedes Gerichtsjahres werden die Licentiaten der Jurisprudenz, welche sich zur Stage melden und erklärt haben in die Magistratur eintreten zu wollen, bei jedem Gerichtshof nach der Reihenfolge der Nummern verzeichnet, die sie bei ihrem Austritt aus der juristischen Fakultät erhalten haben. Die Laureaten erhalten die erste Stelle, die Doktoren des Rechtes werden vor den Licentiaten eingetragen. Art. 85. Beim zweiten und dritten Jahre werden um dieselbe Zeit die stagirenden Advokaten nach dem Fleiße und Talent geordnet, wovon sie im Laufe des verfloßenen Jahres Probe abgelegt haben. Diese Ordnung geschieht gemeinschaftlich durch die Mitglieder des Gerichtshofes, des Parquets und des Rathes der Advokaten. Art. 86. Die jungen Advokaten ersten Ranges können während ihrer Stage dem Parquet beigegeben und als solche den Instruktionsrichtern und Substituten zugeordnet werden, um ihnen Aushülfe zu leisten. Art. 87. Bei gleichen Ansprüchen ernennt die Regierung zu diesen Stelen vorzugsweise diejenigen, welche ihre Rechtsstudien mit Hülfe von Stipendien des Staates oder der Departements gemacht haben. Art. 88. Der Advokat, welcher am Ende seiner Stage, auf der Tabelle des Departementgerichtes die erste Stelle einnimmt, wird auf die definitive Tabelle gebracht, welche von dem Appeltribunal festgesetzt wird. Art. 89. Das Appeltribunal designirt in derselben Weise jedes Jahr eine Zahl von Kandidaten, welche der Zahl des Departements in seinem Bezirk gleich sein muß. Art. 90. Diese Designationen nebst denen, welche aus den Klassifizirungstabellen der Tribunale erster Instanz hervorgegangen sind, bilden die definitive Tabelle, welche durch das Appeltribunal in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets und des Rathes des Barreau, unter den eingesandten Bemerkungen der Präsidenten, der Prokuratoren der Republik und der Batonniers der Advokaten der Tribunale erster Instanz, festgestellt wird. Art. 91. Diese, von den Tribunalen festgesetzten Kandidatur-Tabellen dienen als Vorlagelisten für alle Stellen von Richtern erster Instanz und Staatsprokuratoren der Republik, welche im Laufe des Jahrs bei den Departement-Tribunalen erledigt. Art. 92. Bei Gleichheit des Verdienstes und Ranges berücksichtigt die Regierung vorzüglich diejenigen, welche ihre Studien mit Unterstützung der Staats- und Departementsstipendien gemacht haben. Art. 93. Jedesmal, wenn die Stelle eines Richters erster Instanz erledigt ist, werden zwei Kandidaten vorgeschlagen; der eine wird von dem Tribunal in welchem der Ausfall stattgefunden, in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets bezeichnet, den anderen erwählen die Mitglieder des Rathes des Barreau und der Disziplinar-Kammer der Anwälte bei demselben Tribunal, in einer gleichen General-Versammlung. Art. 94. Wenn die Ernennung eines Appel-Richters stattfindet, stellt jedes Tribunal erster Instanz in dem Bezirk einen Kandidaten, der durch das Tribunal in einer General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets, des Rathes des Barreau und der Disziplinarkammer der Anwälte erwählt wird. Diese Kandidaturen werden dem Appel-Tribunal in seiner General-Versammlung mit den Mitgliedern des Parkets, des Rathes des Barreau und der Kammer der Anwälte vorgelegt. Diese Versammlung hat das Recht, entweder ihrerseits einen Kandidaten anzuzeichnen oder ihre Bemerkungen über die von den Tribunalen ihr vorgeschlagenen Kandidaten zu machen, und die Regierung hat unter den dergestalt bezeichneten Kandidaten die Wahl. Art. 95. Diese Designationen verpflichten keineswegs unbedingt zur Ernennung gerade für das Gericht, in welchem die Stelle erledigt ist. Die Regierung kann auch den Beamten eines anderen Gerichts hierherberufen. Die Ernennung eines Titularen sagt das Tribunal an, welchem er beigeordnet wird. Die Regierung kann indeß die Gerichtsbeamten mit ihrer Einwilligung versetzen. Art. 96. Die Präsidenten und Vice-Präsidenten der Tribunale erster Instanz, die Kammer-Präsidenten und Vice-Präsidenten der Appeltribunale werden von ihren Kollegen durch absolute Stimmenmehrheit erwählt. Art. 97. Die Richter des Kassations-Tribunals werden, nach Vorschlag von drei Kandidaten durch die Regierung, von der National-Versammlung ernannt. Art. 98. Sie wählen und ernennen nach absoluter Stimmenmehrheit die Kammer-Präsidenten. Art. 99. Der erste Präsident wird von der Regierung im Ministerrathe ernannt; wenn derselbe jedoch nicht aus dem Schoos des Kassationstribunals genommen wird, ist seine Ernennung der National-Versammlung vorzulegen, ohne deren Genehmigung die Ernennung nicht definitiv stattfinden kann. Art. 100. Die Regierung hat das Recht, die Beamten des öffentlichen Ministeriums zu ernennen und abzusetzen. Sie wählt dieselben ohne Unterschied aus den Mitgliedern des Kollegiums oder aus den Mitgliedern des Barreau, und kann daher jedesmal, wenn sie es im Interesse des Dienstes für nützlich hält, von den Vorschriften der Kandidatur für den Eintritt in das Kollegium abgehen. Art. 101. Die Beamten des öffentlichen Ministeriums, welche aus ihren Stellen scheiden und vor ihrem Eintritt in das Parket andere richterliche Stellen bekleidet, können mit gleichem Recht auf die Kandidaten-Tabellen gesetzt und erwählt werden, nämlich: Die Prokuratoren der Republik und die Staatsprokuratoren zu Richtern bei einem Departements-Tribunal. Die General-Prokuratoren und General-Advokaten zu Richtern bei einem Appel-Tribunal. Doch kann dies Recht denjenigen Beamten abgesprochen werden, deren Ausscheiden mit Verlust aller richterlichen Funktionen verbunden ist. Art. 102. Die Richter aller Tribunale können im Alter von 70 Jahren durch eine einfache Verfügung der Regierung in Ruhestand versetzt werden. Vor diesem Alter können dieselben nur durch ein Urtheil, auf die nachher bestimmten Gründe und Formen hin abgesetzt werden. Art. 103. Jeder Richter, dessen Name sich in einem Arrest-, Verwahrungs- oder Verhaftsbefehl oder einer zuchtpolizeilichen Verurtheilung findet, wird vorläufig von seinem Amt suspendirt. Diese Suspension wird vom Justizminister erlassen. Art. 104. Jeder Richter, der wegen eines Vergehens, das seiner Natur nach Gefängnißstrafe nach sich zieht, verurtheilt worden, und jeder Richter, der die Pflichten seines Standes vernachlässigt oder durch seine Aufführung, seine Nachlässigkeit oder Unfähigkeit, die Ehre und Würde seines Standes verletzt, wird durch den Justizminister vor den “Kassationshof” gezogen. Art. 105. Die Kammer, in welcher der erste Präsident sich befindet, verordnet, wenn es nöthig ist, daß der inkulpirte Beamte vor die Barre des Tribunals gefordert werde. In diesem Fall kann das Tribunal, nachdem es in vereinigten Kammern diesen Beamten mit seiner Erklärung und Vertheidigung gehört hat, auf folgende Strafen erkennen: auf einfachen Tadel; auf Tadel mit Verweis; auf Amts-Suspension für eine bestimmte Zeit, die indeß drei Jahre nicht überschreiten darf; auf Entsetzung. Art. 106. Der Tadel mit Verweis zieht den Verlust des Gehalts für einen Monat nach sich; die Suspension ist mit Verlust des Gehalts während ihrer Dauer verbunden. Art. 107. Der beschuldigte Beamte kann sich stets einen Vertheidiger nehmen. Die Verhandlungen finden in ordentlicher Sitzung statt, wenn der Beamte es verlangt. Transitorische Bestimmungen. Art. 108. Binnen drei Monaten nach Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes schreitet die Regierung zu einer neuen Besetzung des Kollegiums; sie sendet ihre Ernennung allen Richtern zu, welche in die neue Organisation der Tribunale eingeschlossen sind. Die Namen der neu eingesetzten Richter werden nach der Reihe im Moniteur veröffentlicht. Art. 109. Die aktiven Beamten, welche nach Ablauf der drei Monate keine neue Ernennung erhalten, treten aus ihren Aemtern, und können ihre Ansprüche auf Pension geltend machen. Art. 110. Alle zur Vervollständigung der neuen Tribunale nöthigen Ernennungen müssen von der Regierung in der durch Art. 108. festgesetzten Frist geschehen. Art. 111. Nach Ablauf dieser Frist geschehen alle richterlichen Ernennungen nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes. Art. 112. Die Anwälte der aufgehobenen Arrondissements-Tribunale werden den Departements-Tribunalen erster Instanz zugeordnet. Die Anwälte bei den aufgehobenen Appeltribunalen haben die Wahl, entweder einem der Appeltribunale im Bezirk ihrer früheren Departements, oder dem Tribunal erster Instanz in ihrem Wohnsitz zugeordnet zu werden. Sie sind gehalten, sich über diese Wahl binnen drei Monaten nach Verkündung des gegenwärtigen Gesetzes zu erklären. Wenn diese Erklärung nicht geschieht, werden sie dem neuen Appeltribunal zugeordnet, zu dessen Bezirk ihr Wohnort gehört. Art. 113. Alles was die Gerichtschreiber betrifft, wird durch ein besonderes Gesetz geordnet werden. Erwiderung des Abgeordneten Krakrügge. Eine kleine Partei in Erfurt, von welcher einige hochgestellte Personen offen erklärt haben, daß sie noch immer der früheren absoluten Herrschaft und dem Systeme Metternich ergeben seien und in dieser Richtung für den Rückschritt wirksam sind, verfolgt und verdächtigt unaufhörlich wegen meiner politischen Meinungen mich, und diejenige Partei, welcher ich in der National-Versammlung anzugehören die Ehre habe; es sind dieselben Männer, welche fernerhin auf die Entschließungen des Ministeriums, ja Sr. Maj. des Königs selbst direkt und indirekt Einfluß übten, und welche namentlich auch berichtet haben in der bekannten v. Ehrenberg'schen Angelegenheit. Von dieser kleinen aber noch immer einflußreichen Partei, deren Treiben die Staatsregierung ungestört gewähren läßt, ist auch die Verläumdung hervorgegangen, welche in der 2. Beilage zu 157 der Vossischen Zeitung gegen mich abgedruckt steht. Indem ich es unter meiner Würde halte, auf die darin enthaltenen Beschuldigungen rechtfertigend einzugehen, bemerke ich hier nur, daß die mir beigemessenen Aeußerungen durchaus entstellt und unwahr dargestellt sind, indem sie in der Wirklichkeit weiter nichts waren, als der harmlose Ausdruck einer Meinungsverschiedenheit bei einem gesellschaftlichen Disput über politische Tagesfragen. Noch unbekannt mit dem Urheber der Verläumdung, behalte ich mir vor, auf anderem Wege meine Genugthuung auszuführen, sobald ich meinen Gegner kenne. Inzwischen habe ich bei der verehrlichen Redaktion der Vossischen Zeitung angefragt: ob sie den Verfasser vertreten wolle. Zugleich habe ich den Herrn Herausgeber auf den Grund des Gesetzes vom 17. März veranlaßt, diese meine Entgegnung in das nächste Stück der Vossischen Zeitung kostenfrei aufzunehmen. Berlin, den 15. Juli 1848. Krackrügge, Abgeordneter für Erfurt. Protest des Demokratischen Studentenvereins. Heidelberg, den 17. Juli. Unter den Heidelberger Studenten hat sich vor nicht langer Zeit ein Demokratischer Studenten-Verein gegründet, welcher sich zum Zwecke gestellt hat, zur Verwirklichung der Demokratischen Republik in unserm Vaterlande nach Kräften beizutragen. Der Verein sah recht wohl ein, daß die republikanische Staatsform noch nicht die Mehrheit des deutschen Volkes für sich gewonnen hat, aber gerade dies hat ihn zu seiner Konstituirung bewogen, denn wäre die Mehrheit des deutschen Volkes schon jetzt für die Republik, so würden die Mitglieder des Vereins sich wahrlich nicht mit der Konstituirung eines Vereines begnügt haben, sie würden vielmehr alles aufgeboten haben, daß eine dem Willen der Majorität mit Gewalt widerstrebende Minderheit, mit den Waffen in der Hand gezwungen würde, sich jenem Willen zu unterwerfen; da aber die republikanisch Gesinnten wie gesagt, noch in der Minderheit wenn auch in einer kleinen sich befinden, so wollte der Verein, dem die Volksfreiheit zur Religion geworden ist, eben dahin wirken, so weit es ihm möglich, diese Minderheit in die Mehrheit umwandeln zu helfen, er wollte auf dem Wege der Ueberzeugung die republikanischen Grundsätze im Volke so viel als möglich verbreiten und befestigen, davon zeugen die Mittel, welche er zur Erreichung seines Zweckes sich selbst in den Statuten vorgeschrieben hat, und die in nichts anderem bestehen, als in der Presse, in der möglichst ausgebreiteten Gründung demokratischer Vereine, davon zeigt die entschiedene Offenheit, mit welcher er ‒ im Bewußtsein seines guten Rechts ‒ von Anfang an aufgetreten ist, seine Statuten sind gedruckt und liegen jedem zur Einsicht offen, seine Verhandlungen sind durchaus öffentlich, er erließ endlich eine offene Aufforderung an die gleichgesinnten Studenten Heidelbergs, dem Vereine beizutreten. Dieser Verein ist nun durch Befehl des badenschen Ministeriums des Innern vom 11. Juli für aufgelöst erklärt worden. Unter Bezugnahme auf ein Gesetz vom 26. Okt. 1833 (!) wonach sogenannte staatsgefährliche Vereine unterdrückt werden können. Dieser Erlaß wurde vom Prorektor, der übrigens auch behauptete, „wir lebten Gott sei Dank noch in einem Polizeistaate und würden hoffentlich immer darin leben,“ und Amtmann der Universität den Vereinsmitgliedern mitgetheilt. Auf die Behauptung derselben, daß das Gesetz vom 26. Okt. 1833 durch die neueren Gesetze vom März, wonach durchaus das Associationsrecht dem Volke zugesichert wurde, aufgehoben sei, erklärte der Prorektor, es gebe keine Gesetze des März, die Associationsfreiheit betreffend, es wären nur Meinungsäußerungen der Minister gewesen!! Siehe nun, du deutsches Volk, was du dir im März errungen hast, was du an vielen Orten mit theurem Blut erkauft hast; Rechte? Freiheiten? Nein, Worte, nur Aeußerungen von Ministern! Dafür also sind so viele Männer und Jünglinge gefallen? Ihre Ahanen schreien um Rache! Diese Minister wagen es, frech die ganzen Ereignisse der Revolution des März zu ignoriren und seine Rechte dem Volke verkümmern zu wollen. Höre du deutsches Volk, wie diese Minister, welche deine Diener sind, nun deine mit Blut erkämpften Rechte sichern, deine Minister, welche eben dadurch, daß du die früher bestehende Regierung, den Absolutismus gestürzt hast, ans Ruder gelangt sind, wie diese Minister deine Freiheit verstehen, wie sie ihren Eid auf die Gesetze schmählich brechen! Sagt ihr Badenschen Minister, habt ihr nicht im März geschworen, das Associationsrecht des Volkes wahren und schützen zu wollen? Oder ist das Associationsrecht, wenn eben nur solche Vereine geduldet werden, welche gerade nur recht gefällig sind? „Aber ihr wollt ja den Staat umstoßen!“ O, ihr Heuchler, ja wenn der Staat eben nur in dem Großherzoge, in Euch und in der Regierung bestände! Wißt ihr nicht, daß das Volk der Staat ist. “Aber ihr seid Anarchisten!“ Wer ist Anarchist? Der, welcher auf dem Wege des Gesetzes durch das einzige Mittel der geistigen Ueberzeugung Andre für seine Meinung zu gewinnen sucht, oder der, welcher die Gesetze des Staates, die er beschworen, verletzt und nach Willkür handelt? O, über diese Freiheit der konstitutionellen Monarchie, diese Freiheit, bei der die heiligsten unveräußerlichsten Menschenrechte verletzt werden ‒ das Recht, seine Meinung frei zu äußern, das Recht, daß Gesinnungsgenossen sich vereinigen, um die Andern für ihre Ueberzeugung zu gewinnen! O, über diese Volkssouverainetät der konstitutionellen Monarchie, in welcher der Souverain von seinen eigenen Dienern so väterlich bevormundet wird, damit er ja keine falsche Meinungen bekäme, diese Volkssouverainetät, welche gerade so weit gehen darf, als es ein Paar Ministern gefällt! ‒ Ja, ihr, ihr badenschen Minister, ihr seid die wahren Anarchisten, denn ihr haltet euch an keine Gesetze, ihr seid die Revolutionäre, denn, indem ihr die Reform abschneidet, auf dem Wege der geistigen Ueberzeugung, indem ihr die Minderheit knechtet und ihre unveräußerlichen Menschenrechte mit Füßen tretet, zwingt ihr sie, diese ihre Rechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen; über Euch kommt das Blut des Bürgerkrieges, welchen ihr hervorruft, über euch der Fluch der Wittwen und Waisen, deren Väter und Männer ihr mordet, über euch die Verachtung der richtenden Nachwelt! Um euch aber zu zeigen, daß ihr mit keinen feigen Knechten zu thun habt, protestiren wir, die Mitglieder des demokratischen Studentenvereins Angesichts des deutschen Volks gegen die willkürliche Verletzung des feierlich zugesicherten Associationsrechtes, erklären wir, daß wir unsern Verein durch den ungesetzlich widerrechtlichen Erlaß des badenschen Ministers keineswegs als aufgelöst betrachten, und daß wir nur der rohen Gewalt weichen werden. Im Namen sämmtlicher Mitglieder des demokratischen Studenten-Vereins Der Vorstand: Hirsch. Tilemann. Nachschrift. Alle Heidelberger Studenten haben die Sache des demokratischen Studentenvereins zu der ihrigen gemacht und haben beschlossen auszuziehen ‒ und nicht eher zurückzukehren, als bis ihr volles Recht ihnen gewahrt ist!

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 53. Köln, 23. Juli 1848. Beilage, S. 0265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz053b_1848/1>, abgerufen am 29.03.2024.