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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 230. Köln, 24. Februar 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 230. Köln, Samstag den 24. Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Berlin. (Der hiesige Gewerbestand. - Programm der Nationalzeitung). Posen. (Miroslawski in Palermo). Wien. (Welden und die Wiener Bourgeoisie - Das 23. Armeebülletin. - Die Uebergabe der Festung Essegg. - Finanzabschluß für den Monat Dezember. - Die österreichische Note. - Windisch-Grätz und die Juden. - Die Wiener Flüchtlinge). Prag. (Weigerung der Rekruten. - Studenten. - Preßprozeß).

Polen. Von der russischen Gränze. (Truppenmärsche aus Polen). Warschau. (Steinkeller).

Ungarn. (23. Bülletin. - Vom Kriegsschauplatze). Von der siebenbürgischen Gränze. (Die Lage des Landes).

Schweiz. Bern. (Sizilianische Anträge. - Neuwall).

Franz. Republik. Paris. (Spione in der "Reforme." - Die "N. Rh. Ztg." - Die Assemblee National. - Die Bonapartes. - Vermischtes. - National-Versammlung).

Italien. (Der katholische Kongreß. - Circularnote Muzarellis. - Galetti an die Toskaner. - Dekret der toskanischen Regierung. - Entlassung des toskanischen Kriegsministers - Vereidigung der Truppen. - Rom. (Tedeum in der Paulskiche. - Die heilige Allianz). Turin. (Vorbereitung zur Intervention in Rom).

Großbritannien. London. (Parlament).

Deutschland.
X Berlin, 21. Februar.

Nachstehend abermals ein Beitrag zur Kenntniß der Stimmung im hiesigen Gewerbestande. Am 18. hielten etwa 1500 Schneider, sowohl Patent- als Innungsmeister, eine Zusammenkunft in Villa Colonna, um das neue Gewerbegesetz zu besprechen. Es gab sich im Ganzen eine große Unzufriedenheit mit demselben kund, die jedoch durchaus nicht auf prinzipiellen Ursachen beruhete, sondern nur auf dem allgemein gefühlten aber unklaren Bedürfniß einer Besserung der materiellen Noth. Denn es wurden in dieser Versammlung Anträge der entgegengesetztesten Art angenommen. Einerseits nämlich ward die Ernennung einer Kommission beschlossen, welche in Verbindung mit den übrigen Gewerben, Anträge ganz reaktionärer Natur an das Ministerium formuliren soll. Namentlich wurde der Kommission aufgegeben zu fordern: 1. daß die Bewilligung zur Anlegung von Magazinen fertiger Gegenstände fortan nur von den Innungen, nicht von den Gewerberäthen gegeben werden soll; 2. auf Antrag der Damenschneider, daß den Nätherinnen das Handwerk ganz gelegt werde. Andererseits dagegen ward ein Antrag auf Ordnung der gewerblichen Verhältnisse nach socialistischen Prinzipien und eine in diesem Sinne abgefaßte Petition an die Kammern, welche die Anlegung von Nationalwerkstätten und Nationalmagazinen im ganzen Lande fordert, fast einstimmig angenommen.

Berlin.

Wir freuen uns, anerkennen zu dürfen, daß die National-Zeitung heute endlich einmal einen Artikel enthält, welcher vollständig mit ihrem ausgegebenen Programm übereinstimmt. Leider ist es aber wiederum nicht eigenes Erzeugniß, sondern Abdruck aus der Ostseezeitung: "Petition der vereinigten Waschfrauen an den Handelsminister v. d. Heydt"

(N. Pr. Z.)
Posen, 17. Febr.

Der "Gazeta polska" wird aus Palermo vom 1. Februar geschrieben: Vor zwei Monaten traf hier Ludwig Mieroslawski ein, an welchen von der Sicilianischen Regierung das Ansuchen ergangen war, die Landarme zu reorganisiren. Nach einem §. der Verfassung ist der Regierungs-Präsident zugleich Oberbefehlshaber der Armee, deshalb erhielt Miroslawski die Würde eines Generalstabs-Chefs der Armee, in der That ist er aber wirklicher Heeranführer.

61 Wien, 18. Febr.

Die Erfindungen der Welden'schen Banditenphantasie haben Früchte getragen. Man hat auf den Glacis nach beliebigen Menschen, meist wehrlosen, erschreckten Frauen, geschossen, und streut im Publikum aus, sie hätten Attentate gegen die heilige Mörderschaar des gekrönten Olmützer Kannibalensprößlings in der Schürze getragen. Die Luft ist erstickend, blutheiß, die Henkerbestialität scheint auf den Kulminationspunkt gekommen zu sein, ein höheres Stadium kann sie wenigstens kaum erreichen. - Die Bourgeoisie beeilte sich Welden's, nach Menschenmord lechzende Raketenerklärung mit einer Ergebenheits-Adresse zu beantworten, wie keine ähnliche in den Eingeweiden eines räudigen Hundes entstanden ist. - Die Bourgeois, welche zu Welden kamen, wollen beitragen, fernere Attentate unmöglich zu machen, sie wollen Ruhe, Ordnung und Sicherheit mit herstellen helfen. Wie sehr dieser Mordfanatiker diese Bourgeoiskanaille verachtet, hat er schon mehrmals bewiesen, so auch jetzt. Er antwortete unter anderm: "Die radikalen Blätter (wo sind sie?) haben zwar den geringen Werth aller Ergebenheits- und Beifalls-Adressen deduzirt (er nimmt also Notiz von Ihnen), weil man sogar wisse, wie derlei nur auf Geheiß und durch einige Wohldiener zu Stande gebracht würden. - Wenigstens dürfte hier eine Ausnahme gemacht worden sein, denn, was mir eine Versammlung wohldenkender Bürger übergibt, war von mir nicht provozirt (wie etwa die Granate und Rakete), und ist wohl eher, um dem Unsinn und der Böswilligkeit entgegen zu treten, entstanden, mit welchen in letzter Zeit die humansten Verfügungen Seitens des verblendeten Theils der Einwohner und selbst von Mitgliedern der Behörden mißdeutet und verdreht wurden."

Der Ton der ersten Armeebülletins war so, daß man hätte meinen sollen, es würde kaum ein zweites zu erscheinen brauchen. Gleichwohl sind wir heute schon am 23sten angelangt, an dem inhaltlosesten, lügenhaftesten von allen bisherigen. Eperies, Kaschau, Miskolcz, mein naiver Herr Welden, sind also, der magyarischen Feigheit zum Trotz, wieder in der Gewalt der Magyaren! Sonderbarer Widerspruch mit Ihrem genialen Schweigen und lügenhaften Behaupten! Görgey, sagen Sie, hat eine starke Macht, aber die Herren Schlick, Götz, Schulzig werden ihn bei Miskolcz zusammenhauen. Görgey, Dembinski und Bem, ja, sie werden euch vor Miskolcz, Szolnok und in Siebenbürgen Stoff zu neuen Bülletins liefern, wartet nur!

Die heutige Wiener Zeitung bringt die Nachricht, die Festung Essegg, nach Bathyani's Entweichen zuletzt von Földvary kommandirt, habe sich ohne Schwertstreich, mithin durch Verrath, übergeben. Dieser Verrath scheint von der niederträchtigsten Art gewesen zu sein, da Bathyani's Entweichen, die Uebernahme des Kommando's durch Földvary und die Uebergabe an die kaiserliche Mörderbande in ein Nu zusammenfällt.

Diese Wiener Zeitung überrascht uns auch wieder mit einem Finanzabschluß für den Monat Dezember, in welchem unter anderm prangen, für die Armee (die sich selbsternährende italienische und ungarische Räuberhorde abgerechnet) 6,463,886 Fl. Das macht für's Jahr mehr als 77 1/2 Millionen, nota bene ohne Italien und Ungarn, die über die Hälfte des Reichs bilden. Siegreiche Aussichten! - Für die Finanzwache 376,000 Fl. oder jährlich über 4 Millionen; für Zinsen 4,205,480, für den Dalai-Lamadienst in specie 418,061; für die Sicherheit (?) 58,000 (jede Gemeinde muß nota bene die Staatsspione und Polizeibüttel selber erhalten). Das ganze Ministerium des Unterrichts kostet nur ebensoviel, wie die hohen Staatsspione, nämlich 58,000 Fl. Die Einnahme beträgt 7,665,986, die Ausgabe 15,000,000 angeblich. Seit dem 1. November bis zum Schluß Dezembers beträgt die Einnahme 13,995,882, die Ausgabe 30,289,359 Fl.

Ueber die Note vom 4ten sagt die "Ostdeutsche Post": "Was seit den ersten Jahren dieses Jahrhunderts aus der Geschichte Europa's verschwunden war, ein ernstlich drohender Zwiespalt zwischen Oestreich und Preußen, steht leibhaftig (ich erschrecke) vor uns." - Das ist der nie vertilgbare, urgermanische liebe Bierblödsinn, der den Flitter für baare Münze nimmt. Aber so reden alle unsere Teutonen-Blätter. Das Ostdeutsche Pöstchen krümmt sich, aber es hütet sich wohlweislich, über die Note entrüstet zu sein; zarte Schmerzensseufzer sind sein Ultraradikalismus, sein Muth richtet sich nach dem Zauber des Standrechts.

Die Sache des von den in Gratz garnisonirten Chevauxlegers-Banditen Windischgrätz fast ermordeten Redakteurs Gretschnipp ist in eine neue Phase getreten. Nicht diese Banditen werden bestraft, nein Gretschnipp soll noch obendrein kriminaliter behandelt werden, weil er es gewagt, sich mit einem Messer wider Mörder zu vertheidigen. Was ich erzähle, ist kein Spaß. Die Gratzer Zeitung mußte in einem langen Aufsatze die Bluthenker Tamerlan's als vorzüglich-gut konduitisirte Leute darstellen, die sich einer solchen That rühmen dürfen. Sie mußte erzählen, daß noch 15 andere Banditen sich gestellt, um das Loos ihrer verleumdeten Mordgesellen zu theilen; sie mußte erzählen, daß der von den Oestreichern verübte Diebstahl ein Irrthum sein müsse, indem die gestohlenen Effekten bei einem Civilisten gefunden worden. Daß die Soldatenmeute dieselben an den Civilisten verschachert, ist Nebensache.

Windischgrätz, der die Juden vor einiger Zeit noch ziemlich zart behandelte, ist, da sie sich nicht auf die 80 Mill. eingelassen haben, nunmehr ergrimmt wider dieselben. Er hat sie daher in Ungarn mit Kriegskontributionen besteuert und das Ministerium erhebt ganz munter die alte Toleranzsteuer mit 1,200,000 Fl. von ihnen. Wie gefallen Ihnen Angesichts solcher Thatsachen die "Seufzer", wie Kuranda sagt, des Kremsierer Hans Jörgel, der aber monatlich an 700,000 Fl. C. M. kostet? Dieser Kremsierer Hans Jörgel will namentlich nicht recht an die Judenemanzipation. Die Sache hängt nicht sowohl mit der Religion, als damit zusammen, daß man glaubt, die Judenemanzipation würde die Nichtjuden erst zu rechten Knechten machen, indem sie durch die Industrie der Juden neben dem Genuß der standrechtlichen Zustände obendrein noch Bettler, Proletarier würden. Man fühlt in Oestreich im ganzen Volke, daß das Judenvolk dort die nichtswürdigste Sorte von Bourgeoisie und den gemeinsten Schacher repräsentirt, und darin liegt die ganze Antipathie wider das Judengesindel.

Dalai-Lama will Venedig durchaus haben. Mit den Ballonbomben aber geht's nicht; Dalai-Lama will beim Pascha von Egypten Schiffe kaufen; er will so viel Schiffe haben, daß die französische Flotte vor seiner entlaufen soll.

Wenn nach einem Umschwung der Dinge unsere frühern Demokratenhelden die Zügel wieder in die Hand bekommen, dann werden wir probablement noch 10 Reaktionen durchmachen müssen. Mehrere derselben haben sich nun als wahre Hundsfötter gezeigt. Ich habe Ihnen dies Gelichter von Anfang an in der rechten Farbe denunzirt, und ihnen das Unglück Wiens großentheils zugeschrieben; ich muß ihnen heute namentlich den frühern Redakteur des "Grad' aus" denunziren. In den "Grenzboten", für welche derselbe jetzt im Tagelohn arbeitet, schreibt er unter anderm: "Das östreichische Volk muß bereit sein, den entfesselten Wahnsinn im Westen zu bändigen. Er nennt Windischgrätz ein blindes Werkzeug der Geschichte und europäischen Kultur; er gönnt ihm einen Platz in der Wal- [Fortsetzung]

Mein viermonatlicher Aufenthalt in Hoch-Californien unter den Goldwühlern.
(Fortsetzung).

Sonntag 25. Juni. Wir haben sammt und sonderlich Verzicht geleistet, auf Sonntag zu arbeiten. Es ist wahrlich genug, sechs volle Tage zu arbeiten, wie wir es thun. Unsere Arbeit in der vergangenen Woche war nicht sehr ergiebig: 19 Unzen Gold. Abends wägen wir das Gold ab und vertheilen es unter uns.

Jose, der eine hübsche Summe zusammengebracht hat, thut in seinen müssigen Stunden weiter nichts, als daß er nachsieht, ob auch sein Schatz gehörig in Sicherheit ist, und dann wägt er ihn zwei, dreimal, um zu sehen, ob ja kein Körnchen ihm abhanden gekommen ist, bei welcher Operation er alle Heiligen aus dem Kalender und alle indianische Genien aus dem Heidenthume anruft. Einem Gelübde zufolge, das er vor seiner Abreise aus Monterey gemacht, hat er den 4ten Theil seines Schatzes bei Seite gelegt für die dicke Frau, wie er die Jungfrau Maria nennt, wahrscheinlich, um sie dem "großen Geiste" würdiger Weise zur Seite zu stellen. Aber ich vermuthe, daß der der heiligen Jungfrau zugedachte Theil täglich kleiner wird, und daß Jose nicht ehrlich mit ihr verfährt. Wir haben heute beschlossen, uns etwas weiter nach oben zu ziehen, weil die Mormonen Gruben zu bevölkert werden und man uns einige unserer Arbeitsinstrumente gestohlen hat. Nur eins dabei thut mir leid, daß ich nämlich mich vom Fandango trennen muß, und von 2 oder 3 Senorita's, die ich so gewohnt war, dort jeden Abend anzutreffen.

Sonntag, 2. Juli. Gestern verließen wir unserm Beschlusse gemäß die Mormonen Gruben, und setzten unsern Weg am Amerikanerflusse hinauf fort. Donnerstag faßten wir den Entschluß und am andern Morgen besuchte ich in Gesellschaft Bradleys und Macphails die verschiedenen Lager, um dort unsere Cradles anzubringen. Es hielt nicht schwer. Von allen Seiten machte man uns Angebote.

An 6-8 Individuen waren insbesondere sehr aufdringlich und da sie mit uns durchaus Geschäfte machen wollten: so kamen wir auf den Einfall, unsere beiden Maschinen an den Meistbietenden zu versteigern. Ich selbst besaß nicht das nöthige Talent eines Auktionators. Drum übernahm Bradley das Amt und lud, von einer der Cradles herab, die Herren Geschäftsfreunde ein, ihre Gebote zu thun. Unsere Idee erwies sich als vortrefflich. Das höchste Gebot, das uns vorher für die größte der beiden Maschinen gemacht worden, bestand in 160 Doll. Bradleys Reden und Witze brachten es weit darüber hinaus. Nachdem seine unermüdliche Beredsamkeit der Waare alle möglichen Lobsprüche ertheilt hatte, rief er plötzlich aus: "Wissen Sie auch, Gentlemen, daß diese Cradle die nämliche ist, in welcher das 2 3/4 Unzen schwere Goldkorn, d. h. das prächtigste, das je in den Mormonen Gruben gefunden worden, eben durchpassiren wollte, als hier der Gentleman zu meiner Rechten es bemerkte und nach den bewunderungswürdigen Gesetzen dieser erstaunlichen Etablissements in legitimen Besitz nahm?" Alles lachte, und was uns besonders freute, Einer überbot den Andern, so daß die Maschine endlich für 195 Doll., zahlbar in Goldsand, nach dem Satz von 14 Doll. die Unze oder mit einem Diskonto von 10 pCt. bei Zahlung in Silbergeld, losgeschlagen wurde. Die andere Cradle wurde hierauf zu 180 Dollars versteigert. Wir gewannen also 375 Dollars (1,987 1/2 Fr.), die uns in Goldsand ausgezahlt wurden.

Unser Weg sollte uns vor der Mühle vorbeiführen, wo das erste Gold entdeckt worden. Wir nahmen uns vor, diesen höchst interessanten Punkt in Augenschein zu nehmen und schickten überallhin unsere Blicke, ihn auszuspüren, als in einem Augenblick, wo wir am wenigsten daran dachten, ein Flintenschuß loskrachte und wir zugleich aus dem Gebüsch einen Mann in weißleinenen Hosen, damhirschledernen spanischen Stiefeln, den großen Sombrero (Hut) der Mexikaner auf dem Kopf und eine Büchse auf der Schulter hervortreten sahen. Es war Hr. Marschal, Kapitän Suters Associe, in eigener Person. Er machte jagend die Inspektionsrunde, um die 50-60 für seine Rechnung arbeitenden Indianer zu beaufsichtigen, die er mit Waaren, namentlich mit Whisky, und "Pisco" (einheimischem Branntwein) bezahlte. Diese Unglücklichen konsumirten den Pisco in erstaunlichen Massen. Etwas weiter arbeiteten wieder circa 100 Indianer unter den nämlichen Bedingungen für Rechnung des Kapitäns.

3. Juli. Wir haben uns mitten in einer steilbegränzten Bergschlucht einen vielversprechenden Platz ausgesucht und unsere im Fort Suter gekauften indianischen Körbe hingeschafft. Wir füllen sie mit Erde; in die von uns selbst geflochtenen Handhaben stecken wir lange von nahen Bäumen abgeschnittene Stangen und tragen sie hierauf an den etwas entfernten Fluß und beginnen hier auf alte Weise, das Mineral herauszuwaschen. Heute waren wir sehr glücklich; die Ergebnisse sind entschieden besser, als wir in den Mormonen Gruben hätten erwarten können. Der Boden ist hier viel mehr mit Gold geschwängert, als weiter unten. Doch bringt das Tragen des Minerals nach dem Flusse einen großen Zeitaufwand und viele Anstrengung mit sich. Ich bin diesen Abend auch wirklich so ermüdet, daß ich mich kaum zur Oeffnung meines Tagebuchs und zur Eintragung dieser Note entschließen konnte.

4. Juli. Als wir heute früh mit unsern gefüllten Körben nach dem Flusse gehen wollten, frug uns Lacosse plötzlich: "Weshalb leben denn unsere Pferde wie Gentlemen, während die Gentlemen arbeiten, wie Pferde?" Wir mußten sämmtlich lachen und waren erstaunt, nicht eher diese Bemerkung gemacht zu haben. Wenige Augenblicke später empfingen die Pferde unsere Last und schafften sie nach dem Flusse. Nachmittags feierten die Meisten der hier anwesenden Goldgräber den Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit. Es wurde eine Art Fest improvisirt, dessen Hauptbestandtheil Toaste und patriotische Lieder waren. Bradley hielt eine gute Rede aus dem Stegreif.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 230. Köln, Samstag den 24. Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Berlin. (Der hiesige Gewerbestand. ‒ Programm der Nationalzeitung). Posen. (Miroslawski in Palermo). Wien. (Welden und die Wiener Bourgeoisie ‒ Das 23. Armeebülletin. ‒ Die Uebergabe der Festung Essegg. ‒ Finanzabschluß für den Monat Dezember. ‒ Die österreichische Note. ‒ Windisch-Grätz und die Juden. ‒ Die Wiener Flüchtlinge). Prag. (Weigerung der Rekruten. ‒ Studenten. ‒ Preßprozeß).

Polen. Von der russischen Gränze. (Truppenmärsche aus Polen). Warschau. (Steinkeller).

Ungarn. (23. Bülletin. ‒ Vom Kriegsschauplatze). Von der siebenbürgischen Gränze. (Die Lage des Landes).

Schweiz. Bern. (Sizilianische Anträge. ‒ Neuwall).

Franz. Republik. Paris. (Spione in der „Reforme.“ ‒ Die „N. Rh. Ztg.“ ‒ Die Assemblee National. ‒ Die Bonapartes. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung).

Italien. (Der katholische Kongreß. ‒ Circularnote Muzarellis. ‒ Galetti an die Toskaner. ‒ Dekret der toskanischen Regierung. ‒ Entlassung des toskanischen Kriegsministers ‒ Vereidigung der Truppen. ‒ Rom. (Tedeum in der Paulskiche. ‒ Die heilige Allianz). Turin. (Vorbereitung zur Intervention in Rom).

Großbritannien. London. (Parlament).

Deutschland.
X Berlin, 21. Februar.

Nachstehend abermals ein Beitrag zur Kenntniß der Stimmung im hiesigen Gewerbestande. Am 18. hielten etwa 1500 Schneider, sowohl Patent- als Innungsmeister, eine Zusammenkunft in Villa Colonna, um das neue Gewerbegesetz zu besprechen. Es gab sich im Ganzen eine große Unzufriedenheit mit demselben kund, die jedoch durchaus nicht auf prinzipiellen Ursachen beruhete, sondern nur auf dem allgemein gefühlten aber unklaren Bedürfniß einer Besserung der materiellen Noth. Denn es wurden in dieser Versammlung Anträge der entgegengesetztesten Art angenommen. Einerseits nämlich ward die Ernennung einer Kommission beschlossen, welche in Verbindung mit den übrigen Gewerben, Anträge ganz reaktionärer Natur an das Ministerium formuliren soll. Namentlich wurde der Kommission aufgegeben zu fordern: 1. daß die Bewilligung zur Anlegung von Magazinen fertiger Gegenstände fortan nur von den Innungen, nicht von den Gewerberäthen gegeben werden soll; 2. auf Antrag der Damenschneider, daß den Nätherinnen das Handwerk ganz gelegt werde. Andererseits dagegen ward ein Antrag auf Ordnung der gewerblichen Verhältnisse nach socialistischen Prinzipien und eine in diesem Sinne abgefaßte Petition an die Kammern, welche die Anlegung von Nationalwerkstätten und Nationalmagazinen im ganzen Lande fordert, fast einstimmig angenommen.

Berlin.

Wir freuen uns, anerkennen zu dürfen, daß die National-Zeitung heute endlich einmal einen Artikel enthält, welcher vollständig mit ihrem ausgegebenen Programm übereinstimmt. Leider ist es aber wiederum nicht eigenes Erzeugniß, sondern Abdruck aus der Ostseezeitung: „Petition der vereinigten Waschfrauen an den Handelsminister v. d. Heydt“

(N. Pr. Z.)
Posen, 17. Febr.

Der „Gazeta polska“ wird aus Palermo vom 1. Februar geschrieben: Vor zwei Monaten traf hier Ludwig Mieroslawski ein, an welchen von der Sicilianischen Regierung das Ansuchen ergangen war, die Landarme zu reorganisiren. Nach einem §. der Verfassung ist der Regierungs-Präsident zugleich Oberbefehlshaber der Armee, deshalb erhielt Miroslawski die Würde eines Generalstabs-Chefs der Armee, in der That ist er aber wirklicher Heeranführer.

61 Wien, 18. Febr.

Die Erfindungen der Welden'schen Banditenphantasie haben Früchte getragen. Man hat auf den Glacis nach beliebigen Menschen, meist wehrlosen, erschreckten Frauen, geschossen, und streut im Publikum aus, sie hätten Attentate gegen die heilige Mörderschaar des gekrönten Olmützer Kannibalensprößlings in der Schürze getragen. Die Luft ist erstickend, blutheiß, die Henkerbestialität scheint auf den Kulminationspunkt gekommen zu sein, ein höheres Stadium kann sie wenigstens kaum erreichen. ‒ Die Bourgeoisie beeilte sich Welden's, nach Menschenmord lechzende Raketenerklärung mit einer Ergebenheits-Adresse zu beantworten, wie keine ähnliche in den Eingeweiden eines räudigen Hundes entstanden ist. ‒ Die Bourgeois, welche zu Welden kamen, wollen beitragen, fernere Attentate unmöglich zu machen, sie wollen Ruhe, Ordnung und Sicherheit mit herstellen helfen. Wie sehr dieser Mordfanatiker diese Bourgeoiskanaille verachtet, hat er schon mehrmals bewiesen, so auch jetzt. Er antwortete unter anderm: „Die radikalen Blätter (wo sind sie?) haben zwar den geringen Werth aller Ergebenheits- und Beifalls-Adressen deduzirt (er nimmt also Notiz von Ihnen), weil man sogar wisse, wie derlei nur auf Geheiß und durch einige Wohldiener zu Stande gebracht würden. ‒ Wenigstens dürfte hier eine Ausnahme gemacht worden sein, denn, was mir eine Versammlung wohldenkender Bürger übergibt, war von mir nicht provozirt (wie etwa die Granate und Rakete), und ist wohl eher, um dem Unsinn und der Böswilligkeit entgegen zu treten, entstanden, mit welchen in letzter Zeit die humansten Verfügungen Seitens des verblendeten Theils der Einwohner und selbst von Mitgliedern der Behörden mißdeutet und verdreht wurden.“

Der Ton der ersten Armeebülletins war so, daß man hätte meinen sollen, es würde kaum ein zweites zu erscheinen brauchen. Gleichwohl sind wir heute schon am 23sten angelangt, an dem inhaltlosesten, lügenhaftesten von allen bisherigen. Eperies, Kaschau, Miskolcz, mein naiver Herr Welden, sind also, der magyarischen Feigheit zum Trotz, wieder in der Gewalt der Magyaren! Sonderbarer Widerspruch mit Ihrem genialen Schweigen und lügenhaften Behaupten! Görgey, sagen Sie, hat eine starke Macht, aber die Herren Schlick, Götz, Schulzig werden ihn bei Miskolcz zusammenhauen. Görgey, Dembinski und Bem, ja, sie werden euch vor Miskolcz, Szolnok und in Siebenbürgen Stoff zu neuen Bülletins liefern, wartet nur!

Die heutige Wiener Zeitung bringt die Nachricht, die Festung Essegg, nach Bathyani's Entweichen zuletzt von Földvary kommandirt, habe sich ohne Schwertstreich, mithin durch Verrath, übergeben. Dieser Verrath scheint von der niederträchtigsten Art gewesen zu sein, da Bathyani's Entweichen, die Uebernahme des Kommando's durch Földvary und die Uebergabe an die kaiserliche Mörderbande in ein Nu zusammenfällt.

Diese Wiener Zeitung überrascht uns auch wieder mit einem Finanzabschluß für den Monat Dezember, in welchem unter anderm prangen, für die Armee (die sich selbsternährende italienische und ungarische Räuberhorde abgerechnet) 6,463,886 Fl. Das macht für's Jahr mehr als 77 1/2 Millionen, nota bene ohne Italien und Ungarn, die über die Hälfte des Reichs bilden. Siegreiche Aussichten! ‒ Für die Finanzwache 376,000 Fl. oder jährlich über 4 Millionen; für Zinsen 4,205,480, für den Dalai-Lamadienst in specie 418,061; für die Sicherheit (?) 58,000 (jede Gemeinde muß nota bene die Staatsspione und Polizeibüttel selber erhalten). Das ganze Ministerium des Unterrichts kostet nur ebensoviel, wie die hohen Staatsspione, nämlich 58,000 Fl. Die Einnahme beträgt 7,665,986, die Ausgabe 15,000,000 angeblich. Seit dem 1. November bis zum Schluß Dezembers beträgt die Einnahme 13,995,882, die Ausgabe 30,289,359 Fl.

Ueber die Note vom 4ten sagt die „Ostdeutsche Post“: „Was seit den ersten Jahren dieses Jahrhunderts aus der Geschichte Europa's verschwunden war, ein ernstlich drohender Zwiespalt zwischen Oestreich und Preußen, steht leibhaftig (ich erschrecke) vor uns.“ ‒ Das ist der nie vertilgbare, urgermanische liebe Bierblödsinn, der den Flitter für baare Münze nimmt. Aber so reden alle unsere Teutonen-Blätter. Das Ostdeutsche Pöstchen krümmt sich, aber es hütet sich wohlweislich, über die Note entrüstet zu sein; zarte Schmerzensseufzer sind sein Ultraradikalismus, sein Muth richtet sich nach dem Zauber des Standrechts.

Die Sache des von den in Gratz garnisonirten Chevauxlegers-Banditen Windischgrätz fast ermordeten Redakteurs Gretschnipp ist in eine neue Phase getreten. Nicht diese Banditen werden bestraft, nein Gretschnipp soll noch obendrein kriminaliter behandelt werden, weil er es gewagt, sich mit einem Messer wider Mörder zu vertheidigen. Was ich erzähle, ist kein Spaß. Die Gratzer Zeitung mußte in einem langen Aufsatze die Bluthenker Tamerlan's als vorzüglich-gut konduitisirte Leute darstellen, die sich einer solchen That rühmen dürfen. Sie mußte erzählen, daß noch 15 andere Banditen sich gestellt, um das Loos ihrer verleumdeten Mordgesellen zu theilen; sie mußte erzählen, daß der von den Oestreichern verübte Diebstahl ein Irrthum sein müsse, indem die gestohlenen Effekten bei einem Civilisten gefunden worden. Daß die Soldatenmeute dieselben an den Civilisten verschachert, ist Nebensache.

Windischgrätz, der die Juden vor einiger Zeit noch ziemlich zart behandelte, ist, da sie sich nicht auf die 80 Mill. eingelassen haben, nunmehr ergrimmt wider dieselben. Er hat sie daher in Ungarn mit Kriegskontributionen besteuert und das Ministerium erhebt ganz munter die alte Toleranzsteuer mit 1,200,000 Fl. von ihnen. Wie gefallen Ihnen Angesichts solcher Thatsachen die „Seufzer“, wie Kuranda sagt, des Kremsierer Hans Jörgel, der aber monatlich an 700,000 Fl. C. M. kostet? Dieser Kremsierer Hans Jörgel will namentlich nicht recht an die Judenemanzipation. Die Sache hängt nicht sowohl mit der Religion, als damit zusammen, daß man glaubt, die Judenemanzipation würde die Nichtjuden erst zu rechten Knechten machen, indem sie durch die Industrie der Juden neben dem Genuß der standrechtlichen Zustände obendrein noch Bettler, Proletarier würden. Man fühlt in Oestreich im ganzen Volke, daß das Judenvolk dort die nichtswürdigste Sorte von Bourgeoisie und den gemeinsten Schacher repräsentirt, und darin liegt die ganze Antipathie wider das Judengesindel.

Dalai-Lama will Venedig durchaus haben. Mit den Ballonbomben aber geht's nicht; Dalai-Lama will beim Pascha von Egypten Schiffe kaufen; er will so viel Schiffe haben, daß die französische Flotte vor seiner entlaufen soll.

Wenn nach einem Umschwung der Dinge unsere frühern Demokratenhelden die Zügel wieder in die Hand bekommen, dann werden wir probablement noch 10 Reaktionen durchmachen müssen. Mehrere derselben haben sich nun als wahre Hundsfötter gezeigt. Ich habe Ihnen dies Gelichter von Anfang an in der rechten Farbe denunzirt, und ihnen das Unglück Wiens großentheils zugeschrieben; ich muß ihnen heute namentlich den frühern Redakteur des „Grad' aus“ denunziren. In den „Grenzboten“, für welche derselbe jetzt im Tagelohn arbeitet, schreibt er unter anderm: „Das östreichische Volk muß bereit sein, den entfesselten Wahnsinn im Westen zu bändigen. Er nennt Windischgrätz ein blindes Werkzeug der Geschichte und europäischen Kultur; er gönnt ihm einen Platz in der Wal- [Fortsetzung]

Mein viermonatlicher Aufenthalt in Hoch-Californien unter den Goldwühlern.
(Fortsetzung).

Sonntag 25. Juni. Wir haben sammt und sonderlich Verzicht geleistet, auf Sonntag zu arbeiten. Es ist wahrlich genug, sechs volle Tage zu arbeiten, wie wir es thun. Unsere Arbeit in der vergangenen Woche war nicht sehr ergiebig: 19 Unzen Gold. Abends wägen wir das Gold ab und vertheilen es unter uns.

José, der eine hübsche Summe zusammengebracht hat, thut in seinen müssigen Stunden weiter nichts, als daß er nachsieht, ob auch sein Schatz gehörig in Sicherheit ist, und dann wägt er ihn zwei, dreimal, um zu sehen, ob ja kein Körnchen ihm abhanden gekommen ist, bei welcher Operation er alle Heiligen aus dem Kalender und alle indianische Genien aus dem Heidenthume anruft. Einem Gelübde zufolge, das er vor seiner Abreise aus Monterey gemacht, hat er den 4ten Theil seines Schatzes bei Seite gelegt für die dicke Frau, wie er die Jungfrau Maria nennt, wahrscheinlich, um sie dem „großen Geiste“ würdiger Weise zur Seite zu stellen. Aber ich vermuthe, daß der der heiligen Jungfrau zugedachte Theil täglich kleiner wird, und daß José nicht ehrlich mit ihr verfährt. Wir haben heute beschlossen, uns etwas weiter nach oben zu ziehen, weil die Mormonen Gruben zu bevölkert werden und man uns einige unserer Arbeitsinstrumente gestohlen hat. Nur eins dabei thut mir leid, daß ich nämlich mich vom Fandango trennen muß, und von 2 oder 3 Senorita's, die ich so gewohnt war, dort jeden Abend anzutreffen.

Sonntag, 2. Juli. Gestern verließen wir unserm Beschlusse gemäß die Mormonen Gruben, und setzten unsern Weg am Amerikanerflusse hinauf fort. Donnerstag faßten wir den Entschluß und am andern Morgen besuchte ich in Gesellschaft Bradleys und Macphails die verschiedenen Lager, um dort unsere Cradles anzubringen. Es hielt nicht schwer. Von allen Seiten machte man uns Angebote.

An 6-8 Individuen waren insbesondere sehr aufdringlich und da sie mit uns durchaus Geschäfte machen wollten: so kamen wir auf den Einfall, unsere beiden Maschinen an den Meistbietenden zu versteigern. Ich selbst besaß nicht das nöthige Talent eines Auktionators. Drum übernahm Bradley das Amt und lud, von einer der Cradles herab, die Herren Geschäftsfreunde ein, ihre Gebote zu thun. Unsere Idee erwies sich als vortrefflich. Das höchste Gebot, das uns vorher für die größte der beiden Maschinen gemacht worden, bestand in 160 Doll. Bradleys Reden und Witze brachten es weit darüber hinaus. Nachdem seine unermüdliche Beredsamkeit der Waare alle möglichen Lobsprüche ertheilt hatte, rief er plötzlich aus: „Wissen Sie auch, Gentlemen, daß diese Cradle die nämliche ist, in welcher das 2 3/4 Unzen schwere Goldkorn, d. h. das prächtigste, das je in den Mormonen Gruben gefunden worden, eben durchpassiren wollte, als hier der Gentleman zu meiner Rechten es bemerkte und nach den bewunderungswürdigen Gesetzen dieser erstaunlichen Etablissements in legitimen Besitz nahm?“ Alles lachte, und was uns besonders freute, Einer überbot den Andern, so daß die Maschine endlich für 195 Doll., zahlbar in Goldsand, nach dem Satz von 14 Doll. die Unze oder mit einem Diskonto von 10 pCt. bei Zahlung in Silbergeld, losgeschlagen wurde. Die andere Cradle wurde hierauf zu 180 Dollars versteigert. Wir gewannen also 375 Dollars (1,987 1/2 Fr.), die uns in Goldsand ausgezahlt wurden.

Unser Weg sollte uns vor der Mühle vorbeiführen, wo das erste Gold entdeckt worden. Wir nahmen uns vor, diesen höchst interessanten Punkt in Augenschein zu nehmen und schickten überallhin unsere Blicke, ihn auszuspüren, als in einem Augenblick, wo wir am wenigsten daran dachten, ein Flintenschuß loskrachte und wir zugleich aus dem Gebüsch einen Mann in weißleinenen Hosen, damhirschledernen spanischen Stiefeln, den großen Sombrero (Hut) der Mexikaner auf dem Kopf und eine Büchse auf der Schulter hervortreten sahen. Es war Hr. Marschal, Kapitän Suters Associe, in eigener Person. Er machte jagend die Inspektionsrunde, um die 50-60 für seine Rechnung arbeitenden Indianer zu beaufsichtigen, die er mit Waaren, namentlich mit Whisky, und „Pisco“ (einheimischem Branntwein) bezahlte. Diese Unglücklichen konsumirten den Pisco in erstaunlichen Massen. Etwas weiter arbeiteten wieder circa 100 Indianer unter den nämlichen Bedingungen für Rechnung des Kapitäns.

3. Juli. Wir haben uns mitten in einer steilbegränzten Bergschlucht einen vielversprechenden Platz ausgesucht und unsere im Fort Suter gekauften indianischen Körbe hingeschafft. Wir füllen sie mit Erde; in die von uns selbst geflochtenen Handhaben stecken wir lange von nahen Bäumen abgeschnittene Stangen und tragen sie hierauf an den etwas entfernten Fluß und beginnen hier auf alte Weise, das Mineral herauszuwaschen. Heute waren wir sehr glücklich; die Ergebnisse sind entschieden besser, als wir in den Mormonen Gruben hätten erwarten können. Der Boden ist hier viel mehr mit Gold geschwängert, als weiter unten. Doch bringt das Tragen des Minerals nach dem Flusse einen großen Zeitaufwand und viele Anstrengung mit sich. Ich bin diesen Abend auch wirklich so ermüdet, daß ich mich kaum zur Oeffnung meines Tagebuchs und zur Eintragung dieser Note entschließen konnte.

4. Juli. Als wir heute früh mit unsern gefüllten Körben nach dem Flusse gehen wollten, frug uns Lacosse plötzlich: „Weshalb leben denn unsere Pferde wie Gentlemen, während die Gentlemen arbeiten, wie Pferde?“ Wir mußten sämmtlich lachen und waren erstaunt, nicht eher diese Bemerkung gemacht zu haben. Wenige Augenblicke später empfingen die Pferde unsere Last und schafften sie nach dem Flusse. Nachmittags feierten die Meisten der hier anwesenden Goldgräber den Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit. Es wurde eine Art Fest improvisirt, dessen Hauptbestandtheil Toaste und patriotische Lieder waren. Bradley hielt eine gute Rede aus dem Stegreif.

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        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>No 230. Köln, Samstag den 24. Februar. 1849.</docDate>
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      <div type="jExpedition">
        <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. &#x2012; Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.</p>
        <p>Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.</p>
        <p>Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.</p>
        <p>Nur frankirte Briefe werden angenommen.</p>
        <p>Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.</p>
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        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Berlin. (Der hiesige Gewerbestand. &#x2012; Programm der Nationalzeitung). Posen. (Miroslawski in Palermo). Wien. (Welden und die Wiener Bourgeoisie &#x2012; Das 23. Armeebülletin. &#x2012; Die Uebergabe der Festung Essegg. &#x2012; Finanzabschluß für den Monat Dezember. &#x2012; Die österreichische Note. &#x2012; Windisch-Grätz und die Juden. &#x2012; Die Wiener Flüchtlinge). Prag. (Weigerung der Rekruten. &#x2012; Studenten. &#x2012; Preßprozeß).</p>
        <p><hi rendition="#g">Polen.</hi> Von der russischen Gränze. (Truppenmärsche aus Polen). Warschau. (Steinkeller).</p>
        <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> (23. Bülletin. &#x2012; Vom Kriegsschauplatze). Von der siebenbürgischen Gränze. (Die Lage des Landes).</p>
        <p><hi rendition="#g">Schweiz.</hi> Bern. (Sizilianische Anträge. &#x2012; Neuwall).</p>
        <p><hi rendition="#g">Franz. Republik.</hi> Paris. (Spione in der &#x201E;Reforme.&#x201C; &#x2012; Die &#x201E;N. Rh. Ztg.&#x201C; &#x2012; Die Assemblee National. &#x2012; Die Bonapartes. &#x2012; Vermischtes. &#x2012; National-Versammlung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> (Der katholische Kongreß. &#x2012; Circularnote Muzarellis. &#x2012; Galetti an die Toskaner. &#x2012; Dekret der toskanischen Regierung. &#x2012; Entlassung des toskanischen Kriegsministers &#x2012; Vereidigung der Truppen. &#x2012; Rom. (Tedeum in der Paulskiche. &#x2012; Die heilige Allianz). Turin. (Vorbereitung zur Intervention in Rom).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Parlament).</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar230_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 21. Februar.</head>
          <p>Nachstehend abermals ein Beitrag zur Kenntniß der Stimmung im hiesigen Gewerbestande. Am 18. hielten etwa 1500 Schneider, sowohl Patent- als Innungsmeister, eine Zusammenkunft in Villa Colonna, um das neue Gewerbegesetz zu besprechen. Es gab sich im Ganzen eine große Unzufriedenheit mit demselben kund, die jedoch durchaus nicht auf prinzipiellen Ursachen beruhete, sondern nur auf dem allgemein gefühlten aber unklaren Bedürfniß einer Besserung der materiellen Noth. Denn es wurden in dieser Versammlung Anträge der entgegengesetztesten Art angenommen. Einerseits nämlich ward die Ernennung einer Kommission beschlossen, welche in Verbindung mit den übrigen Gewerben, Anträge ganz reaktionärer Natur an das Ministerium formuliren soll. Namentlich wurde der Kommission aufgegeben zu fordern: 1. daß die Bewilligung zur Anlegung von Magazinen fertiger Gegenstände fortan nur von den Innungen, nicht von den Gewerberäthen gegeben werden soll; 2. auf Antrag der Damenschneider, daß den Nätherinnen das Handwerk ganz gelegt werde. Andererseits dagegen ward ein Antrag auf Ordnung der gewerblichen Verhältnisse nach socialistischen Prinzipien und eine in diesem Sinne abgefaßte Petition an die Kammern, welche die Anlegung von Nationalwerkstätten und Nationalmagazinen im ganzen Lande fordert, fast einstimmig angenommen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar230_002" type="jArticle">
          <head>Berlin.</head>
          <p>Wir freuen uns, anerkennen zu dürfen, daß die National-Zeitung heute endlich einmal einen Artikel enthält, welcher vollständig mit ihrem ausgegebenen Programm übereinstimmt. Leider ist es aber wiederum nicht eigenes Erzeugniß, sondern Abdruck aus der Ostseezeitung: &#x201E;Petition der vereinigten Waschfrauen an den Handelsminister v. d. Heydt&#x201C;</p>
          <bibl>(N. Pr. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar230_003" type="jArticle">
          <head>Posen, 17. Febr.</head>
          <p>Der &#x201E;Gazeta polska&#x201C; wird aus <hi rendition="#g">Palermo</hi> vom 1. Februar geschrieben: Vor zwei Monaten traf hier <hi rendition="#g">Ludwig Mieroslawski</hi> ein, an welchen von der Sicilianischen Regierung das Ansuchen ergangen war, die Landarme zu reorganisiren. Nach einem §. der Verfassung ist der Regierungs-Präsident zugleich Oberbefehlshaber der Armee, deshalb erhielt Miroslawski die Würde eines Generalstabs-Chefs der Armee, in der That ist er aber wirklicher Heeranführer.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar230_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 18. Febr.</head>
          <p>Die Erfindungen der Welden'schen Banditenphantasie haben Früchte getragen. Man hat auf den Glacis nach beliebigen Menschen, meist wehrlosen, erschreckten Frauen, geschossen, und streut im Publikum aus, sie hätten Attentate gegen die heilige Mörderschaar des gekrönten Olmützer Kannibalensprößlings in der Schürze getragen. Die Luft ist erstickend, blutheiß, die Henkerbestialität scheint auf den Kulminationspunkt gekommen zu sein, ein höheres Stadium kann sie wenigstens kaum erreichen. &#x2012; Die Bourgeoisie beeilte sich Welden's, nach Menschenmord lechzende Raketenerklärung mit einer <hi rendition="#g">Ergebenheits-Adresse</hi> zu beantworten, wie keine ähnliche in den Eingeweiden eines räudigen Hundes entstanden ist. &#x2012; Die Bourgeois, welche zu Welden kamen, wollen beitragen, fernere Attentate unmöglich zu machen, sie wollen Ruhe, Ordnung und Sicherheit mit herstellen helfen. Wie sehr dieser Mordfanatiker diese Bourgeoiskanaille verachtet, hat er schon mehrmals bewiesen, so auch jetzt. Er antwortete unter anderm: &#x201E;Die radikalen Blätter (wo sind sie?) haben zwar den geringen Werth aller Ergebenheits- und Beifalls-Adressen deduzirt (er nimmt also Notiz von Ihnen), weil man sogar wisse, wie derlei nur auf Geheiß und durch einige Wohldiener zu Stande gebracht würden. &#x2012; Wenigstens dürfte hier eine Ausnahme gemacht worden sein, denn, was mir eine Versammlung wohldenkender Bürger übergibt, war von mir nicht <hi rendition="#g">provozirt</hi> (wie etwa die Granate und Rakete), und ist wohl eher, um dem Unsinn und der Böswilligkeit entgegen zu treten, entstanden, mit welchen in letzter Zeit die <hi rendition="#g">humansten</hi> Verfügungen Seitens des verblendeten Theils der Einwohner und selbst von Mitgliedern der Behörden mißdeutet und verdreht wurden.&#x201C;</p>
          <p>Der Ton der ersten Armeebülletins war so, daß man hätte meinen sollen, es würde kaum ein zweites zu erscheinen brauchen. Gleichwohl sind wir heute schon am 23sten angelangt, an dem inhaltlosesten, lügenhaftesten von allen bisherigen. Eperies, Kaschau, Miskolcz, mein naiver Herr Welden, sind also, der magyarischen Feigheit zum Trotz, wieder in der Gewalt der Magyaren! Sonderbarer Widerspruch mit Ihrem genialen Schweigen und lügenhaften Behaupten! Görgey, sagen Sie, hat eine starke Macht, aber die Herren Schlick, Götz, Schulzig werden ihn bei Miskolcz zusammenhauen. Görgey, Dembinski und Bem, ja, sie werden euch vor Miskolcz, Szolnok und in Siebenbürgen Stoff zu neuen Bülletins liefern, wartet nur!</p>
          <p>Die heutige Wiener Zeitung bringt die Nachricht, die Festung <hi rendition="#g">Essegg,</hi> nach Bathyani's Entweichen zuletzt von Földvary kommandirt, habe sich ohne Schwertstreich, mithin durch Verrath, übergeben. Dieser Verrath scheint von der niederträchtigsten Art gewesen zu sein, da Bathyani's Entweichen, die Uebernahme des Kommando's durch Földvary und die Uebergabe an die kaiserliche Mörderbande in ein Nu zusammenfällt.</p>
          <p>Diese Wiener Zeitung überrascht uns auch wieder mit einem Finanzabschluß für den Monat Dezember, in welchem unter anderm prangen, für die Armee (die sich selbsternährende italienische und ungarische Räuberhorde abgerechnet) 6,463,886 Fl. Das macht für's Jahr mehr als 77 1/2 Millionen, nota bene ohne Italien und Ungarn, die über die Hälfte des Reichs bilden. Siegreiche Aussichten! &#x2012; Für die Finanzwache 376,000 Fl. oder jährlich über 4 Millionen; für Zinsen 4,205,480, für den Dalai-Lamadienst in specie 418,061; für die Sicherheit (?) 58,000 (jede Gemeinde muß nota bene die Staatsspione und Polizeibüttel selber erhalten). Das ganze Ministerium des Unterrichts kostet nur ebensoviel, wie die hohen Staatsspione, nämlich 58,000 Fl. Die Einnahme beträgt 7,665,986, die Ausgabe 15,000,000 angeblich. Seit dem 1. November bis zum Schluß Dezembers beträgt die Einnahme 13,995,882, die Ausgabe 30,289,359 Fl.</p>
          <p>Ueber die Note vom 4ten sagt die &#x201E;Ostdeutsche Post&#x201C;: &#x201E;Was seit den ersten Jahren dieses Jahrhunderts aus der Geschichte Europa's verschwunden war, ein ernstlich drohender Zwiespalt zwischen Oestreich und Preußen, steht leibhaftig (ich erschrecke) vor uns.&#x201C; &#x2012; Das ist der nie vertilgbare, urgermanische liebe Bierblödsinn, der den Flitter für baare Münze nimmt. Aber so reden alle unsere Teutonen-Blätter. Das Ostdeutsche Pöstchen krümmt sich, aber es hütet sich wohlweislich, über die Note entrüstet zu sein; zarte Schmerzensseufzer sind sein Ultraradikalismus, sein Muth richtet sich nach dem Zauber des Standrechts.</p>
          <p>Die Sache des von den in Gratz garnisonirten Chevauxlegers-Banditen Windischgrätz fast ermordeten Redakteurs Gretschnipp ist in eine neue Phase getreten. Nicht diese Banditen werden bestraft, nein Gretschnipp soll noch obendrein kriminaliter behandelt werden, weil er es gewagt, sich mit einem Messer wider Mörder zu vertheidigen. Was ich erzähle, ist kein Spaß. Die Gratzer Zeitung mußte in einem langen Aufsatze die Bluthenker Tamerlan's als vorzüglich-gut konduitisirte Leute darstellen, die sich einer solchen That rühmen dürfen. Sie mußte erzählen, daß noch 15 andere Banditen sich gestellt, um das Loos ihrer verleumdeten Mordgesellen zu theilen; sie mußte erzählen, daß der von den Oestreichern verübte Diebstahl ein Irrthum sein müsse, indem die gestohlenen Effekten bei einem Civilisten gefunden worden. Daß die Soldatenmeute dieselben an den Civilisten verschachert, ist Nebensache.</p>
          <p>Windischgrätz, der die Juden vor einiger Zeit noch ziemlich zart behandelte, ist, da sie sich nicht auf die 80 Mill. eingelassen haben, nunmehr ergrimmt wider dieselben. Er hat sie daher in Ungarn mit Kriegskontributionen besteuert und das Ministerium erhebt ganz munter die alte Toleranzsteuer mit 1,200,000 Fl. von ihnen. Wie gefallen Ihnen Angesichts solcher Thatsachen die &#x201E;Seufzer&#x201C;, wie Kuranda sagt, des Kremsierer Hans Jörgel, der aber monatlich an 700,000 Fl. C. M. kostet? Dieser Kremsierer Hans Jörgel will namentlich nicht recht an die Judenemanzipation. Die Sache hängt nicht sowohl mit der Religion, als damit zusammen, daß man glaubt, die Judenemanzipation würde die Nichtjuden erst zu rechten Knechten machen, indem sie durch die Industrie der Juden neben dem Genuß der standrechtlichen Zustände obendrein noch Bettler, Proletarier würden. Man fühlt in Oestreich im ganzen Volke, daß das Judenvolk dort die nichtswürdigste Sorte von Bourgeoisie und den gemeinsten Schacher repräsentirt, und darin liegt die ganze Antipathie wider das Judengesindel.</p>
          <p>Dalai-Lama will Venedig durchaus haben. Mit den Ballonbomben aber geht's nicht; Dalai-Lama will beim Pascha von Egypten Schiffe kaufen; er will so viel Schiffe haben, daß die französische Flotte vor seiner entlaufen soll.</p>
          <p>Wenn nach einem Umschwung der Dinge unsere frühern Demokratenhelden die Zügel wieder in die Hand bekommen, dann werden wir probablement noch 10 Reaktionen durchmachen müssen. Mehrere derselben haben sich nun als wahre Hundsfötter gezeigt. Ich habe Ihnen dies Gelichter von Anfang an in der rechten Farbe denunzirt, und ihnen das Unglück Wiens großentheils zugeschrieben; ich muß ihnen heute namentlich den frühern Redakteur des &#x201E;Grad' aus&#x201C; denunziren. In den &#x201E;Grenzboten&#x201C;, für welche derselbe jetzt im Tagelohn arbeitet, schreibt er unter anderm: &#x201E;Das östreichische Volk muß bereit sein, <hi rendition="#g">den entfesselten Wahnsinn im Westen</hi> zu bändigen. Er nennt Windischgrätz ein blindes Werkzeug der Geschichte und <hi rendition="#g">europäischen Kultur; er gönnt ihm einen Platz in der Wal-</hi> <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                 </p>
        </div>
      </div>
      <div type="jFeuilleton" n="1">
        <div xml:id="ar230_005" type="jArticle">
          <head>Mein viermonatlicher Aufenthalt in Hoch-Californien unter den Goldwühlern.<lb/><ref type="link">(Fortsetzung).</ref>                </head>
          <p>Sonntag 25. Juni. Wir haben sammt und sonderlich Verzicht geleistet, auf Sonntag zu arbeiten. Es ist wahrlich genug, sechs volle Tage zu arbeiten, wie wir es thun. Unsere Arbeit in der vergangenen Woche war nicht sehr ergiebig: 19 Unzen Gold. Abends wägen wir das Gold ab und vertheilen es unter uns.</p>
          <p>José, der eine hübsche Summe zusammengebracht hat, thut in seinen müssigen Stunden weiter nichts, als daß er nachsieht, ob auch sein Schatz gehörig in Sicherheit ist, und dann wägt er ihn zwei, dreimal, um zu sehen, ob ja kein Körnchen ihm abhanden gekommen ist, bei welcher Operation er alle Heiligen aus dem Kalender und alle indianische Genien aus dem Heidenthume anruft. Einem Gelübde zufolge, das er vor seiner Abreise aus Monterey gemacht, hat er den 4ten Theil seines Schatzes bei Seite gelegt für die dicke Frau, wie er die Jungfrau Maria nennt, wahrscheinlich, um sie dem &#x201E;großen Geiste&#x201C; würdiger Weise zur Seite zu stellen. Aber ich vermuthe, daß der der heiligen Jungfrau zugedachte Theil täglich kleiner wird, und daß José nicht ehrlich mit ihr verfährt. Wir haben heute beschlossen, uns etwas weiter nach oben zu ziehen, weil die Mormonen Gruben zu bevölkert werden und man uns einige unserer Arbeitsinstrumente gestohlen hat. Nur eins dabei thut mir leid, daß ich nämlich mich vom Fandango trennen muß, und von 2 oder 3 Senorita's, die ich so gewohnt war, dort jeden Abend anzutreffen.</p>
          <p>Sonntag, 2. Juli. Gestern verließen wir unserm Beschlusse gemäß die Mormonen Gruben, und setzten unsern Weg am Amerikanerflusse hinauf fort. Donnerstag faßten wir den Entschluß und am andern Morgen besuchte ich in Gesellschaft Bradleys und Macphails die verschiedenen Lager, um dort unsere Cradles anzubringen. Es hielt nicht schwer. Von allen Seiten machte man uns Angebote.</p>
          <p>An 6-8 Individuen waren insbesondere sehr aufdringlich und da sie mit uns durchaus Geschäfte machen wollten: so kamen wir auf den Einfall, unsere beiden Maschinen an den Meistbietenden zu versteigern. Ich selbst besaß nicht das nöthige Talent eines Auktionators. Drum übernahm Bradley das Amt und lud, von einer der Cradles herab, die Herren Geschäftsfreunde ein, ihre Gebote zu thun. Unsere Idee erwies sich als vortrefflich. Das höchste Gebot, das uns vorher für die größte der beiden Maschinen gemacht worden, bestand in 160 Doll. Bradleys Reden und Witze brachten es weit darüber hinaus. Nachdem seine unermüdliche Beredsamkeit der Waare alle möglichen Lobsprüche ertheilt hatte, rief er plötzlich aus: &#x201E;Wissen Sie auch, Gentlemen, daß diese Cradle die nämliche ist, in welcher das 2 3/4 Unzen schwere Goldkorn, d. h. das prächtigste, das je in den Mormonen Gruben gefunden worden, eben durchpassiren wollte, als hier der Gentleman zu meiner Rechten es bemerkte und nach den bewunderungswürdigen Gesetzen dieser erstaunlichen Etablissements in legitimen Besitz nahm?&#x201C; Alles lachte, und was uns besonders freute, Einer überbot den Andern, so daß die Maschine endlich für 195 Doll., zahlbar in Goldsand, nach dem Satz von 14 Doll. die Unze oder mit einem Diskonto von 10 pCt. bei Zahlung in Silbergeld, losgeschlagen wurde. Die andere Cradle wurde hierauf zu 180 Dollars versteigert. Wir gewannen also 375 Dollars (1,987 1/2 Fr.), die uns in Goldsand ausgezahlt wurden.</p>
          <p>Unser Weg sollte uns vor der Mühle vorbeiführen, wo das erste Gold entdeckt worden. Wir nahmen uns vor, diesen höchst interessanten Punkt in Augenschein zu nehmen und schickten überallhin unsere Blicke, ihn auszuspüren, als in einem Augenblick, wo wir am wenigsten daran dachten, ein Flintenschuß loskrachte und wir zugleich aus dem Gebüsch einen Mann in weißleinenen Hosen, damhirschledernen spanischen Stiefeln, den großen Sombrero (Hut) der Mexikaner auf dem Kopf und eine Büchse auf der Schulter hervortreten sahen. Es war Hr. Marschal, Kapitän Suters Associe, in eigener Person. Er machte jagend die Inspektionsrunde, um die 50-60 für seine Rechnung arbeitenden Indianer zu beaufsichtigen, die er mit Waaren, namentlich mit Whisky, und &#x201E;Pisco&#x201C; (einheimischem Branntwein) bezahlte. Diese Unglücklichen konsumirten den Pisco in erstaunlichen Massen. Etwas weiter arbeiteten wieder circa 100 Indianer unter den nämlichen Bedingungen für Rechnung des Kapitäns.</p>
          <p>3. Juli. Wir haben uns mitten in einer steilbegränzten Bergschlucht einen vielversprechenden Platz ausgesucht und unsere im Fort Suter gekauften indianischen Körbe hingeschafft. Wir füllen sie mit Erde; in die von uns selbst geflochtenen Handhaben stecken wir lange von nahen Bäumen abgeschnittene Stangen und tragen sie hierauf an den etwas entfernten Fluß und beginnen hier auf alte Weise, das Mineral herauszuwaschen. Heute waren wir sehr glücklich; die Ergebnisse sind entschieden besser, als wir in den Mormonen Gruben hätten erwarten können. Der Boden ist hier viel mehr mit Gold geschwängert, als weiter unten. Doch bringt das Tragen des Minerals nach dem Flusse einen großen Zeitaufwand und viele Anstrengung mit sich. Ich bin diesen Abend auch wirklich so ermüdet, daß ich mich kaum zur Oeffnung meines Tagebuchs und zur Eintragung dieser Note entschließen konnte.</p>
          <p>4. Juli. Als wir heute früh mit unsern gefüllten Körben nach dem Flusse gehen wollten, frug uns Lacosse plötzlich: &#x201E;Weshalb leben denn unsere Pferde wie Gentlemen, während die Gentlemen arbeiten, wie Pferde?&#x201C; Wir mußten sämmtlich lachen und waren erstaunt, nicht eher diese Bemerkung gemacht zu haben. Wenige Augenblicke später empfingen die Pferde unsere Last und schafften sie nach dem Flusse. Nachmittags feierten die Meisten der hier anwesenden Goldgräber den Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit. Es wurde eine Art Fest improvisirt, dessen Hauptbestandtheil Toaste und patriotische Lieder waren. Bradley hielt eine gute Rede aus dem Stegreif.</p>
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[1263/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 230. Köln, Samstag den 24. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Uebersicht. Deutschland. Berlin. (Der hiesige Gewerbestand. ‒ Programm der Nationalzeitung). Posen. (Miroslawski in Palermo). Wien. (Welden und die Wiener Bourgeoisie ‒ Das 23. Armeebülletin. ‒ Die Uebergabe der Festung Essegg. ‒ Finanzabschluß für den Monat Dezember. ‒ Die österreichische Note. ‒ Windisch-Grätz und die Juden. ‒ Die Wiener Flüchtlinge). Prag. (Weigerung der Rekruten. ‒ Studenten. ‒ Preßprozeß). Polen. Von der russischen Gränze. (Truppenmärsche aus Polen). Warschau. (Steinkeller). Ungarn. (23. Bülletin. ‒ Vom Kriegsschauplatze). Von der siebenbürgischen Gränze. (Die Lage des Landes). Schweiz. Bern. (Sizilianische Anträge. ‒ Neuwall). Franz. Republik. Paris. (Spione in der „Reforme.“ ‒ Die „N. Rh. Ztg.“ ‒ Die Assemblee National. ‒ Die Bonapartes. ‒ Vermischtes. ‒ National-Versammlung). Italien. (Der katholische Kongreß. ‒ Circularnote Muzarellis. ‒ Galetti an die Toskaner. ‒ Dekret der toskanischen Regierung. ‒ Entlassung des toskanischen Kriegsministers ‒ Vereidigung der Truppen. ‒ Rom. (Tedeum in der Paulskiche. ‒ Die heilige Allianz). Turin. (Vorbereitung zur Intervention in Rom). Großbritannien. London. (Parlament). Deutschland. X Berlin, 21. Februar. Nachstehend abermals ein Beitrag zur Kenntniß der Stimmung im hiesigen Gewerbestande. Am 18. hielten etwa 1500 Schneider, sowohl Patent- als Innungsmeister, eine Zusammenkunft in Villa Colonna, um das neue Gewerbegesetz zu besprechen. Es gab sich im Ganzen eine große Unzufriedenheit mit demselben kund, die jedoch durchaus nicht auf prinzipiellen Ursachen beruhete, sondern nur auf dem allgemein gefühlten aber unklaren Bedürfniß einer Besserung der materiellen Noth. Denn es wurden in dieser Versammlung Anträge der entgegengesetztesten Art angenommen. Einerseits nämlich ward die Ernennung einer Kommission beschlossen, welche in Verbindung mit den übrigen Gewerben, Anträge ganz reaktionärer Natur an das Ministerium formuliren soll. Namentlich wurde der Kommission aufgegeben zu fordern: 1. daß die Bewilligung zur Anlegung von Magazinen fertiger Gegenstände fortan nur von den Innungen, nicht von den Gewerberäthen gegeben werden soll; 2. auf Antrag der Damenschneider, daß den Nätherinnen das Handwerk ganz gelegt werde. Andererseits dagegen ward ein Antrag auf Ordnung der gewerblichen Verhältnisse nach socialistischen Prinzipien und eine in diesem Sinne abgefaßte Petition an die Kammern, welche die Anlegung von Nationalwerkstätten und Nationalmagazinen im ganzen Lande fordert, fast einstimmig angenommen. Berlin. Wir freuen uns, anerkennen zu dürfen, daß die National-Zeitung heute endlich einmal einen Artikel enthält, welcher vollständig mit ihrem ausgegebenen Programm übereinstimmt. Leider ist es aber wiederum nicht eigenes Erzeugniß, sondern Abdruck aus der Ostseezeitung: „Petition der vereinigten Waschfrauen an den Handelsminister v. d. Heydt“ (N. Pr. Z.) Posen, 17. Febr. Der „Gazeta polska“ wird aus Palermo vom 1. Februar geschrieben: Vor zwei Monaten traf hier Ludwig Mieroslawski ein, an welchen von der Sicilianischen Regierung das Ansuchen ergangen war, die Landarme zu reorganisiren. Nach einem §. der Verfassung ist der Regierungs-Präsident zugleich Oberbefehlshaber der Armee, deshalb erhielt Miroslawski die Würde eines Generalstabs-Chefs der Armee, in der That ist er aber wirklicher Heeranführer. 61 Wien, 18. Febr. Die Erfindungen der Welden'schen Banditenphantasie haben Früchte getragen. Man hat auf den Glacis nach beliebigen Menschen, meist wehrlosen, erschreckten Frauen, geschossen, und streut im Publikum aus, sie hätten Attentate gegen die heilige Mörderschaar des gekrönten Olmützer Kannibalensprößlings in der Schürze getragen. Die Luft ist erstickend, blutheiß, die Henkerbestialität scheint auf den Kulminationspunkt gekommen zu sein, ein höheres Stadium kann sie wenigstens kaum erreichen. ‒ Die Bourgeoisie beeilte sich Welden's, nach Menschenmord lechzende Raketenerklärung mit einer Ergebenheits-Adresse zu beantworten, wie keine ähnliche in den Eingeweiden eines räudigen Hundes entstanden ist. ‒ Die Bourgeois, welche zu Welden kamen, wollen beitragen, fernere Attentate unmöglich zu machen, sie wollen Ruhe, Ordnung und Sicherheit mit herstellen helfen. Wie sehr dieser Mordfanatiker diese Bourgeoiskanaille verachtet, hat er schon mehrmals bewiesen, so auch jetzt. Er antwortete unter anderm: „Die radikalen Blätter (wo sind sie?) haben zwar den geringen Werth aller Ergebenheits- und Beifalls-Adressen deduzirt (er nimmt also Notiz von Ihnen), weil man sogar wisse, wie derlei nur auf Geheiß und durch einige Wohldiener zu Stande gebracht würden. ‒ Wenigstens dürfte hier eine Ausnahme gemacht worden sein, denn, was mir eine Versammlung wohldenkender Bürger übergibt, war von mir nicht provozirt (wie etwa die Granate und Rakete), und ist wohl eher, um dem Unsinn und der Böswilligkeit entgegen zu treten, entstanden, mit welchen in letzter Zeit die humansten Verfügungen Seitens des verblendeten Theils der Einwohner und selbst von Mitgliedern der Behörden mißdeutet und verdreht wurden.“ Der Ton der ersten Armeebülletins war so, daß man hätte meinen sollen, es würde kaum ein zweites zu erscheinen brauchen. Gleichwohl sind wir heute schon am 23sten angelangt, an dem inhaltlosesten, lügenhaftesten von allen bisherigen. Eperies, Kaschau, Miskolcz, mein naiver Herr Welden, sind also, der magyarischen Feigheit zum Trotz, wieder in der Gewalt der Magyaren! Sonderbarer Widerspruch mit Ihrem genialen Schweigen und lügenhaften Behaupten! Görgey, sagen Sie, hat eine starke Macht, aber die Herren Schlick, Götz, Schulzig werden ihn bei Miskolcz zusammenhauen. Görgey, Dembinski und Bem, ja, sie werden euch vor Miskolcz, Szolnok und in Siebenbürgen Stoff zu neuen Bülletins liefern, wartet nur! Die heutige Wiener Zeitung bringt die Nachricht, die Festung Essegg, nach Bathyani's Entweichen zuletzt von Földvary kommandirt, habe sich ohne Schwertstreich, mithin durch Verrath, übergeben. Dieser Verrath scheint von der niederträchtigsten Art gewesen zu sein, da Bathyani's Entweichen, die Uebernahme des Kommando's durch Földvary und die Uebergabe an die kaiserliche Mörderbande in ein Nu zusammenfällt. Diese Wiener Zeitung überrascht uns auch wieder mit einem Finanzabschluß für den Monat Dezember, in welchem unter anderm prangen, für die Armee (die sich selbsternährende italienische und ungarische Räuberhorde abgerechnet) 6,463,886 Fl. Das macht für's Jahr mehr als 77 1/2 Millionen, nota bene ohne Italien und Ungarn, die über die Hälfte des Reichs bilden. Siegreiche Aussichten! ‒ Für die Finanzwache 376,000 Fl. oder jährlich über 4 Millionen; für Zinsen 4,205,480, für den Dalai-Lamadienst in specie 418,061; für die Sicherheit (?) 58,000 (jede Gemeinde muß nota bene die Staatsspione und Polizeibüttel selber erhalten). Das ganze Ministerium des Unterrichts kostet nur ebensoviel, wie die hohen Staatsspione, nämlich 58,000 Fl. Die Einnahme beträgt 7,665,986, die Ausgabe 15,000,000 angeblich. Seit dem 1. November bis zum Schluß Dezembers beträgt die Einnahme 13,995,882, die Ausgabe 30,289,359 Fl. Ueber die Note vom 4ten sagt die „Ostdeutsche Post“: „Was seit den ersten Jahren dieses Jahrhunderts aus der Geschichte Europa's verschwunden war, ein ernstlich drohender Zwiespalt zwischen Oestreich und Preußen, steht leibhaftig (ich erschrecke) vor uns.“ ‒ Das ist der nie vertilgbare, urgermanische liebe Bierblödsinn, der den Flitter für baare Münze nimmt. Aber so reden alle unsere Teutonen-Blätter. Das Ostdeutsche Pöstchen krümmt sich, aber es hütet sich wohlweislich, über die Note entrüstet zu sein; zarte Schmerzensseufzer sind sein Ultraradikalismus, sein Muth richtet sich nach dem Zauber des Standrechts. Die Sache des von den in Gratz garnisonirten Chevauxlegers-Banditen Windischgrätz fast ermordeten Redakteurs Gretschnipp ist in eine neue Phase getreten. Nicht diese Banditen werden bestraft, nein Gretschnipp soll noch obendrein kriminaliter behandelt werden, weil er es gewagt, sich mit einem Messer wider Mörder zu vertheidigen. Was ich erzähle, ist kein Spaß. Die Gratzer Zeitung mußte in einem langen Aufsatze die Bluthenker Tamerlan's als vorzüglich-gut konduitisirte Leute darstellen, die sich einer solchen That rühmen dürfen. Sie mußte erzählen, daß noch 15 andere Banditen sich gestellt, um das Loos ihrer verleumdeten Mordgesellen zu theilen; sie mußte erzählen, daß der von den Oestreichern verübte Diebstahl ein Irrthum sein müsse, indem die gestohlenen Effekten bei einem Civilisten gefunden worden. Daß die Soldatenmeute dieselben an den Civilisten verschachert, ist Nebensache. Windischgrätz, der die Juden vor einiger Zeit noch ziemlich zart behandelte, ist, da sie sich nicht auf die 80 Mill. eingelassen haben, nunmehr ergrimmt wider dieselben. Er hat sie daher in Ungarn mit Kriegskontributionen besteuert und das Ministerium erhebt ganz munter die alte Toleranzsteuer mit 1,200,000 Fl. von ihnen. Wie gefallen Ihnen Angesichts solcher Thatsachen die „Seufzer“, wie Kuranda sagt, des Kremsierer Hans Jörgel, der aber monatlich an 700,000 Fl. C. M. kostet? Dieser Kremsierer Hans Jörgel will namentlich nicht recht an die Judenemanzipation. Die Sache hängt nicht sowohl mit der Religion, als damit zusammen, daß man glaubt, die Judenemanzipation würde die Nichtjuden erst zu rechten Knechten machen, indem sie durch die Industrie der Juden neben dem Genuß der standrechtlichen Zustände obendrein noch Bettler, Proletarier würden. Man fühlt in Oestreich im ganzen Volke, daß das Judenvolk dort die nichtswürdigste Sorte von Bourgeoisie und den gemeinsten Schacher repräsentirt, und darin liegt die ganze Antipathie wider das Judengesindel. Dalai-Lama will Venedig durchaus haben. Mit den Ballonbomben aber geht's nicht; Dalai-Lama will beim Pascha von Egypten Schiffe kaufen; er will so viel Schiffe haben, daß die französische Flotte vor seiner entlaufen soll. Wenn nach einem Umschwung der Dinge unsere frühern Demokratenhelden die Zügel wieder in die Hand bekommen, dann werden wir probablement noch 10 Reaktionen durchmachen müssen. Mehrere derselben haben sich nun als wahre Hundsfötter gezeigt. Ich habe Ihnen dies Gelichter von Anfang an in der rechten Farbe denunzirt, und ihnen das Unglück Wiens großentheils zugeschrieben; ich muß ihnen heute namentlich den frühern Redakteur des „Grad' aus“ denunziren. In den „Grenzboten“, für welche derselbe jetzt im Tagelohn arbeitet, schreibt er unter anderm: „Das östreichische Volk muß bereit sein, den entfesselten Wahnsinn im Westen zu bändigen. Er nennt Windischgrätz ein blindes Werkzeug der Geschichte und europäischen Kultur; er gönnt ihm einen Platz in der Wal- [Fortsetzung] Mein viermonatlicher Aufenthalt in Hoch-Californien unter den Goldwühlern. (Fortsetzung). Sonntag 25. Juni. Wir haben sammt und sonderlich Verzicht geleistet, auf Sonntag zu arbeiten. Es ist wahrlich genug, sechs volle Tage zu arbeiten, wie wir es thun. Unsere Arbeit in der vergangenen Woche war nicht sehr ergiebig: 19 Unzen Gold. Abends wägen wir das Gold ab und vertheilen es unter uns. José, der eine hübsche Summe zusammengebracht hat, thut in seinen müssigen Stunden weiter nichts, als daß er nachsieht, ob auch sein Schatz gehörig in Sicherheit ist, und dann wägt er ihn zwei, dreimal, um zu sehen, ob ja kein Körnchen ihm abhanden gekommen ist, bei welcher Operation er alle Heiligen aus dem Kalender und alle indianische Genien aus dem Heidenthume anruft. Einem Gelübde zufolge, das er vor seiner Abreise aus Monterey gemacht, hat er den 4ten Theil seines Schatzes bei Seite gelegt für die dicke Frau, wie er die Jungfrau Maria nennt, wahrscheinlich, um sie dem „großen Geiste“ würdiger Weise zur Seite zu stellen. Aber ich vermuthe, daß der der heiligen Jungfrau zugedachte Theil täglich kleiner wird, und daß José nicht ehrlich mit ihr verfährt. Wir haben heute beschlossen, uns etwas weiter nach oben zu ziehen, weil die Mormonen Gruben zu bevölkert werden und man uns einige unserer Arbeitsinstrumente gestohlen hat. Nur eins dabei thut mir leid, daß ich nämlich mich vom Fandango trennen muß, und von 2 oder 3 Senorita's, die ich so gewohnt war, dort jeden Abend anzutreffen. Sonntag, 2. Juli. Gestern verließen wir unserm Beschlusse gemäß die Mormonen Gruben, und setzten unsern Weg am Amerikanerflusse hinauf fort. Donnerstag faßten wir den Entschluß und am andern Morgen besuchte ich in Gesellschaft Bradleys und Macphails die verschiedenen Lager, um dort unsere Cradles anzubringen. Es hielt nicht schwer. Von allen Seiten machte man uns Angebote. An 6-8 Individuen waren insbesondere sehr aufdringlich und da sie mit uns durchaus Geschäfte machen wollten: so kamen wir auf den Einfall, unsere beiden Maschinen an den Meistbietenden zu versteigern. Ich selbst besaß nicht das nöthige Talent eines Auktionators. Drum übernahm Bradley das Amt und lud, von einer der Cradles herab, die Herren Geschäftsfreunde ein, ihre Gebote zu thun. Unsere Idee erwies sich als vortrefflich. Das höchste Gebot, das uns vorher für die größte der beiden Maschinen gemacht worden, bestand in 160 Doll. Bradleys Reden und Witze brachten es weit darüber hinaus. Nachdem seine unermüdliche Beredsamkeit der Waare alle möglichen Lobsprüche ertheilt hatte, rief er plötzlich aus: „Wissen Sie auch, Gentlemen, daß diese Cradle die nämliche ist, in welcher das 2 3/4 Unzen schwere Goldkorn, d. h. das prächtigste, das je in den Mormonen Gruben gefunden worden, eben durchpassiren wollte, als hier der Gentleman zu meiner Rechten es bemerkte und nach den bewunderungswürdigen Gesetzen dieser erstaunlichen Etablissements in legitimen Besitz nahm?“ Alles lachte, und was uns besonders freute, Einer überbot den Andern, so daß die Maschine endlich für 195 Doll., zahlbar in Goldsand, nach dem Satz von 14 Doll. die Unze oder mit einem Diskonto von 10 pCt. bei Zahlung in Silbergeld, losgeschlagen wurde. Die andere Cradle wurde hierauf zu 180 Dollars versteigert. Wir gewannen also 375 Dollars (1,987 1/2 Fr.), die uns in Goldsand ausgezahlt wurden. Unser Weg sollte uns vor der Mühle vorbeiführen, wo das erste Gold entdeckt worden. Wir nahmen uns vor, diesen höchst interessanten Punkt in Augenschein zu nehmen und schickten überallhin unsere Blicke, ihn auszuspüren, als in einem Augenblick, wo wir am wenigsten daran dachten, ein Flintenschuß loskrachte und wir zugleich aus dem Gebüsch einen Mann in weißleinenen Hosen, damhirschledernen spanischen Stiefeln, den großen Sombrero (Hut) der Mexikaner auf dem Kopf und eine Büchse auf der Schulter hervortreten sahen. Es war Hr. Marschal, Kapitän Suters Associe, in eigener Person. Er machte jagend die Inspektionsrunde, um die 50-60 für seine Rechnung arbeitenden Indianer zu beaufsichtigen, die er mit Waaren, namentlich mit Whisky, und „Pisco“ (einheimischem Branntwein) bezahlte. Diese Unglücklichen konsumirten den Pisco in erstaunlichen Massen. Etwas weiter arbeiteten wieder circa 100 Indianer unter den nämlichen Bedingungen für Rechnung des Kapitäns. 3. Juli. Wir haben uns mitten in einer steilbegränzten Bergschlucht einen vielversprechenden Platz ausgesucht und unsere im Fort Suter gekauften indianischen Körbe hingeschafft. Wir füllen sie mit Erde; in die von uns selbst geflochtenen Handhaben stecken wir lange von nahen Bäumen abgeschnittene Stangen und tragen sie hierauf an den etwas entfernten Fluß und beginnen hier auf alte Weise, das Mineral herauszuwaschen. Heute waren wir sehr glücklich; die Ergebnisse sind entschieden besser, als wir in den Mormonen Gruben hätten erwarten können. Der Boden ist hier viel mehr mit Gold geschwängert, als weiter unten. Doch bringt das Tragen des Minerals nach dem Flusse einen großen Zeitaufwand und viele Anstrengung mit sich. Ich bin diesen Abend auch wirklich so ermüdet, daß ich mich kaum zur Oeffnung meines Tagebuchs und zur Eintragung dieser Note entschließen konnte. 4. Juli. Als wir heute früh mit unsern gefüllten Körben nach dem Flusse gehen wollten, frug uns Lacosse plötzlich: „Weshalb leben denn unsere Pferde wie Gentlemen, während die Gentlemen arbeiten, wie Pferde?“ Wir mußten sämmtlich lachen und waren erstaunt, nicht eher diese Bemerkung gemacht zu haben. Wenige Augenblicke später empfingen die Pferde unsere Last und schafften sie nach dem Flusse. Nachmittags feierten die Meisten der hier anwesenden Goldgräber den Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit. Es wurde eine Art Fest improvisirt, dessen Hauptbestandtheil Toaste und patriotische Lieder waren. Bradley hielt eine gute Rede aus dem Stegreif.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 230. Köln, 24. Februar 1849, S. 1263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz230_1849/1>, abgerufen am 19.04.2024.