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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Erfindung des Blitzableiters.
Bernstein ein Funke überspringt. Der Finger ist auch ein unelektrischer
Körper, und er enthält als solcher auch beide Elektrizitäten ganz wie
der Leiter von vorhin. Nähert er sich dem Bernstein, so wird seine
positive Elektrizität von diesem angezogen, sich in der Fingerspitze
sammeln. Diese und die negative des Bernsteins suchen sich nun zu
vereinigen und wenn man ihnen keine Gelegenheit dazu durch Berührung
des Harzes giebt, so geht diese Vereinigung auch durch die Luft vor
sich. Der elektrische Ausgleich kann dabei eine solche Gewalt erreichen,
daß er die Luftteilchen dazwischen in Glut versetzt und sich in Gestalt
eines Funkens sichtbar macht. So ist dieser Funke nur ein Zeichen
des Ausgleichs zweier entgegengesetzter Elektrizitäten. Das dabei
hörbare Knistern kommt von einer heftigen Beiseiteschiebung der Luft-
teilchen, die gleich wieder ebenso heftig aufeinander prallen.

Dieser Funke aber sollte nach Wall auch ein Bild des Blitzes
sein. Dann muß auch dieser sich durch den Ausgleich entgegengesetzter
Elektrizitäten erklären. Nun zeigt sich der Blitz entweder als die
Verbindungslinie zweier Wolken oder er springt zwischen der Wolke
und dem Erdboden über. Es mußte also -- wenn man die elektrische
Natur des Blitzes zeigen wollte -- zum mindesten nachgewiesen werden,
daß die Gewitterwolken mit Elektrizität behaftet sind. Jede einzelne
Wolke, welche mit einer gewissen Elektrizität geladen ist, wird ja schon
durch die elektrische Verteilung die entgegengesetzte der Nachbarwolke
an sich zu ziehen und mit ihr sich auszugleichen suchen. Ebenso wird
in der Erde, die auch einen Leiter darstellt, die der Wolkenelektrizität
entgegengesetzte an die Oberfläche steigen. In beiden Fällen wird ein
Ausgleich eintreten und der Blitz, das Zeichen dieses Ausgleichs, wird
desto kräftigere Wirkungen zeitigen, je gewaltigere Elektrizitätsmassen
in der Gewitterwolke angesammelt waren. Der Donner wird die
furchtbare Lufterschütterung anmelden, welche ein solcher Ausgleich
hervorzubringen fähig ist. Es kommt also für den Nachweis der
Richtigkeit dieser Betrachtungen einzig und allein darauf an, das Vor-
handensein eines gewissen elektrischen Zustandes in der Gewitterwolke
nachzuweisen, und für die Verhinderung der schädlichen Wirkungen des
Blitzes nur darauf, daß man der Wolke ihre Elektrizität zu einem
guten Teile entzieht, oder auch dem Ausgleiche eine Bahn weist,
auf der er sich nicht schädlich machen kann. Alle diese Aufgaben hat
der eine Benjamin Franklin so vollkommen gelöst, als es überhaupt
verlangt werden konnte. Benjamin Franklin wurde als das 16. Kind
eines armen Seifensieders am 17. Januar 1706 zu Boston geboren.
Er war nach einander Buchdrucker, Schriftsteller, Buchhändler und
Generalpostmeister aller englisch-amerikanischen Kolonien. Energisch
verteidigte er die Freiheiten seines Landes gegenüber den Engländern
und hatte er den weitaus größten Anteil daran, daß die Vereinigten
Staaten sich schließlich von dem Mutterlande unabhängig machten.
Wichtige Verbesserungen an der Harmonika und an der Kupferdruck-

Die Erfindung des Blitzableiters.
Bernſtein ein Funke überſpringt. Der Finger iſt auch ein unelektriſcher
Körper, und er enthält als ſolcher auch beide Elektrizitäten ganz wie
der Leiter von vorhin. Nähert er ſich dem Bernſtein, ſo wird ſeine
poſitive Elektrizität von dieſem angezogen, ſich in der Fingerſpitze
ſammeln. Dieſe und die negative des Bernſteins ſuchen ſich nun zu
vereinigen und wenn man ihnen keine Gelegenheit dazu durch Berührung
des Harzes giebt, ſo geht dieſe Vereinigung auch durch die Luft vor
ſich. Der elektriſche Ausgleich kann dabei eine ſolche Gewalt erreichen,
daß er die Luftteilchen dazwiſchen in Glut verſetzt und ſich in Geſtalt
eines Funkens ſichtbar macht. So iſt dieſer Funke nur ein Zeichen
des Ausgleichs zweier entgegengeſetzter Elektrizitäten. Das dabei
hörbare Kniſtern kommt von einer heftigen Beiſeiteſchiebung der Luft-
teilchen, die gleich wieder ebenſo heftig aufeinander prallen.

Dieſer Funke aber ſollte nach Wall auch ein Bild des Blitzes
ſein. Dann muß auch dieſer ſich durch den Ausgleich entgegengeſetzter
Elektrizitäten erklären. Nun zeigt ſich der Blitz entweder als die
Verbindungslinie zweier Wolken oder er ſpringt zwiſchen der Wolke
und dem Erdboden über. Es mußte alſo — wenn man die elektriſche
Natur des Blitzes zeigen wollte — zum mindeſten nachgewieſen werden,
daß die Gewitterwolken mit Elektrizität behaftet ſind. Jede einzelne
Wolke, welche mit einer gewiſſen Elektrizität geladen iſt, wird ja ſchon
durch die elektriſche Verteilung die entgegengeſetzte der Nachbarwolke
an ſich zu ziehen und mit ihr ſich auszugleichen ſuchen. Ebenſo wird
in der Erde, die auch einen Leiter darſtellt, die der Wolkenelektrizität
entgegengeſetzte an die Oberfläche ſteigen. In beiden Fällen wird ein
Ausgleich eintreten und der Blitz, das Zeichen dieſes Ausgleichs, wird
deſto kräftigere Wirkungen zeitigen, je gewaltigere Elektrizitätsmaſſen
in der Gewitterwolke angeſammelt waren. Der Donner wird die
furchtbare Lufterſchütterung anmelden, welche ein ſolcher Ausgleich
hervorzubringen fähig iſt. Es kommt alſo für den Nachweis der
Richtigkeit dieſer Betrachtungen einzig und allein darauf an, das Vor-
handenſein eines gewiſſen elektriſchen Zuſtandes in der Gewitterwolke
nachzuweiſen, und für die Verhinderung der ſchädlichen Wirkungen des
Blitzes nur darauf, daß man der Wolke ihre Elektrizität zu einem
guten Teile entzieht, oder auch dem Ausgleiche eine Bahn weiſt,
auf der er ſich nicht ſchädlich machen kann. Alle dieſe Aufgaben hat
der eine Benjamin Franklin ſo vollkommen gelöſt, als es überhaupt
verlangt werden konnte. Benjamin Franklin wurde als das 16. Kind
eines armen Seifenſieders am 17. Januar 1706 zu Boſton geboren.
Er war nach einander Buchdrucker, Schriftſteller, Buchhändler und
Generalpoſtmeiſter aller engliſch-amerikaniſchen Kolonien. Energiſch
verteidigte er die Freiheiten ſeines Landes gegenüber den Engländern
und hatte er den weitaus größten Anteil daran, daß die Vereinigten
Staaten ſich ſchließlich von dem Mutterlande unabhängig machten.
Wichtige Verbeſſerungen an der Harmonika und an der Kupferdruck-

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[127/0145] Die Erfindung des Blitzableiters. Bernſtein ein Funke überſpringt. Der Finger iſt auch ein unelektriſcher Körper, und er enthält als ſolcher auch beide Elektrizitäten ganz wie der Leiter von vorhin. Nähert er ſich dem Bernſtein, ſo wird ſeine poſitive Elektrizität von dieſem angezogen, ſich in der Fingerſpitze ſammeln. Dieſe und die negative des Bernſteins ſuchen ſich nun zu vereinigen und wenn man ihnen keine Gelegenheit dazu durch Berührung des Harzes giebt, ſo geht dieſe Vereinigung auch durch die Luft vor ſich. Der elektriſche Ausgleich kann dabei eine ſolche Gewalt erreichen, daß er die Luftteilchen dazwiſchen in Glut verſetzt und ſich in Geſtalt eines Funkens ſichtbar macht. So iſt dieſer Funke nur ein Zeichen des Ausgleichs zweier entgegengeſetzter Elektrizitäten. Das dabei hörbare Kniſtern kommt von einer heftigen Beiſeiteſchiebung der Luft- teilchen, die gleich wieder ebenſo heftig aufeinander prallen. Dieſer Funke aber ſollte nach Wall auch ein Bild des Blitzes ſein. Dann muß auch dieſer ſich durch den Ausgleich entgegengeſetzter Elektrizitäten erklären. Nun zeigt ſich der Blitz entweder als die Verbindungslinie zweier Wolken oder er ſpringt zwiſchen der Wolke und dem Erdboden über. Es mußte alſo — wenn man die elektriſche Natur des Blitzes zeigen wollte — zum mindeſten nachgewieſen werden, daß die Gewitterwolken mit Elektrizität behaftet ſind. Jede einzelne Wolke, welche mit einer gewiſſen Elektrizität geladen iſt, wird ja ſchon durch die elektriſche Verteilung die entgegengeſetzte der Nachbarwolke an ſich zu ziehen und mit ihr ſich auszugleichen ſuchen. Ebenſo wird in der Erde, die auch einen Leiter darſtellt, die der Wolkenelektrizität entgegengeſetzte an die Oberfläche ſteigen. In beiden Fällen wird ein Ausgleich eintreten und der Blitz, das Zeichen dieſes Ausgleichs, wird deſto kräftigere Wirkungen zeitigen, je gewaltigere Elektrizitätsmaſſen in der Gewitterwolke angeſammelt waren. Der Donner wird die furchtbare Lufterſchütterung anmelden, welche ein ſolcher Ausgleich hervorzubringen fähig iſt. Es kommt alſo für den Nachweis der Richtigkeit dieſer Betrachtungen einzig und allein darauf an, das Vor- handenſein eines gewiſſen elektriſchen Zuſtandes in der Gewitterwolke nachzuweiſen, und für die Verhinderung der ſchädlichen Wirkungen des Blitzes nur darauf, daß man der Wolke ihre Elektrizität zu einem guten Teile entzieht, oder auch dem Ausgleiche eine Bahn weiſt, auf der er ſich nicht ſchädlich machen kann. Alle dieſe Aufgaben hat der eine Benjamin Franklin ſo vollkommen gelöſt, als es überhaupt verlangt werden konnte. Benjamin Franklin wurde als das 16. Kind eines armen Seifenſieders am 17. Januar 1706 zu Boſton geboren. Er war nach einander Buchdrucker, Schriftſteller, Buchhändler und Generalpoſtmeiſter aller engliſch-amerikaniſchen Kolonien. Energiſch verteidigte er die Freiheiten ſeines Landes gegenüber den Engländern und hatte er den weitaus größten Anteil daran, daß die Vereinigten Staaten ſich ſchließlich von dem Mutterlande unabhängig machten. Wichtige Verbeſſerungen an der Harmonika und an der Kupferdruck-

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/145>, abgerufen am 25.04.2024.