Die westphälischen Deputirten, und unter ihnen der Deputirte unseres Kreises, Pastor Huchzermeyer, haben „eine offene Erklärung an ihre Wähler“ gesandt, worin sie aussprechen, „daß das Wahlgesetz vom 8. April c.der Rechtsboden sei, auf dem sie ständen, daß sie die sogenannte Berliner Revolution mit ihren gefährlichen Konsequenzen der Volkssouveränität und Infragestellung aller Rechtszustände verwerfen müßte, daß sie dem Programm des Ministeriums Auerswald, in dem eine Anerkennung der März-Revolution in unbestimmten Ausdrücken ausgesprochen, nicht beitreten könnten.“ Sie berufen sich auf die „zahlreichen Deputationen“ aus Rheinland-Westphalen, welche ihren Grundsätzen zugestimmt hätten, um daraus die Folgerung zu ziehen, daß die Mehrzahl ihrer Machtgeber ihre Gesinnungen theilten.
Wir erklären hiermit, daß wir die Gesinnungen des Deputirten unseres Kreises, des Pastor Huchzermeyer, in keinem Punkte theilen, daß für uns die volle, durch die März-Revolution errungene Volkssouveränetät der einzige Rechtsboden ist, auf dem wir stehen. Wir bestreiten es, daß einzelne reaktionaire Deputationen aus Westphalen den Geist der Provinz ausdrücken, wir bestreiten sogar, daß die Wahl des Pastor Huchzermeyer, die ein Resultat bureaukratischer und pietistischer Einflüsse auf die Landleute unseres Kreises war, im Sinne der Mehrheit unseres Kreises geschehen ist.
Wir mißbilligen das Verhalten des Deputirten unseres Kreises, der die Revolution verleugnet, ohne zu bedenken, daß er ohne sie keinen Sitz in der preußischen National-Versammlung einnehmen würde.
Bielefeld, den 25. Juli 1848.
Der Vorstand des demokratischen Vereins im Namen von 353 Mitgliedern.
Beschlüsse des am 16. Juli in Breslau abgehaltenen ersten Kongresses der schlesischen Demokraten. I. Ueber das Prinzip.
In der am 16. Juli 1848 abgehaltenen Versammlung der Deputirten von 24 demokratischen Vereinen der Provinz Schlesien, verstärkt durch eine Anzahl gleichgesinnter Männer aus Orten, wo Vereine noch nicht konstituirt sind, wurde zunächst beschlossen:
1.Es soll ein Prinzip zur Vereinigung aufgestellt werden.
In Anbetracht dessen, daß die freie Ausübung der Volkssouveränetät die Grundlage einer jeden wahren demokratischen Verfassung sein müsse, daß aber kein Verein, der sich dem Kongreß anschließen wolle, in seiner Ansicht darin beschränkt werden dürfe, in welcher Staatsform er die Geltendmachung dieses Prinzips für möglich halte, beschloß der Kongreß:
2. Eine bestimmte Staatsform soll bei Aufstellung eines Prinzips nicht ausgesprochen werden.
3. „Die reine und ungetheilte Souveränetät des Volkes ist die einzig gültige Basis eines staatlichen Gebäudes.“
II. Ueber den Provinzialausschuß.
1. Es soll vom Kongresse ein Provinzialausschuß erwählt werden.
2. Derselbe hat seinen Sitz in Breslau.
3. Er ist zusammengesetzt aus 9 Mitgliedern, gewählt aus den demokratischen Vereinen Breslau's.
4. Die Mitglieder werden bis zum Schlusse des nächsten Kongresses gewählt.
5. Dem Provinzialausschuß steht das Recht zu, sich selbst zu ergänzen, wenn für die Geschäfte die Mitgliederzahl von 9 nicht ausreichend erscheint.
6. Der Ausschuß soll eine regelmäßige Verbindung mit den Lokalvereinen unterhalten.
7. Er soll regelmäßige Berichte von den Lokalvereinen über ihre Thätigkeit einfordern.
8. Er soll über wichtige allgemeine Angelegenheiten den Lokalvereinen Bericht erstatten.
9. Der Ausschuß hat die Pflicht, den Kongreß alle Vierteljahre und das Recht, denselben in außerordentlichen Fällen einzuberufen.
10. Monatlich und bei außerordentlichen Fällen soll der Ausschuß über den Stand der Demokratie Schlesiens an den demokratischen Centralausschuß in Berlin Bericht erstatten, zur Vermittelung einer Verbindung der Demokratie ganz Deutschlands.
11. Der Ausschuß verwaltet die Provinzialkasse.
12. Zu Mitgliedern des ersten Provinzialausschusses werden gewählt:
Hoyoll, Stahlschmidt, Brehmer, Held, Rühl, Engelmann, Delbrück, Vogtherr, Rosenhain.
Zu Stellvertretern:
Pinoff, Miro, Seltzsam, Pulvermacher, Glatz.
III. Ueber die Provinzialkasse.
1. Es soll eine Provinzialkasse gegründet werden.
2. Die Beiträge zu derselben sollen durch Selbstbesteuerung der einzelnen Vereine festgesetzt, jedoch sollen binnen 8 Tagen die Erklärungen über den zu bewilligenden Beitrag eingeliefert werden.
3. Das etwaige Defizit der Kasse soll nach Verhälniß der Beiträge unter die einzelnen Vereine vertheilt werden.
4. Es sollen aus dieser Kasse bestritten werden:
a. Die Kosten für die Korrespondenzen.
b. Die Kosten für die Drucksachen, welche im Interesse der ganzen Provinz erscheinen.
c. Die für den berliner Centralausschuß gezeichneten 30 Thlr.
d. Die Kosten, welche aus der Wirksamkeit des Provinzial-Ausschusses und aus der Abhaltung der Kongresse erwachsen.
IV. Ueber Zeitschriften.
1. Jeder Lokalverein soll eine Anzahl Exemplare der ihm zu Gebote stehenden Blätter an den Provinzial-Ausschuß regelmäßig einsenden zur wechselseitigen Vertheilung an diejenigen Vereine, die für ihre Lokal-Organe von dem darin enthaltenen Material Gebrauch machen wollen.
2. Aufforderung, daß recht viele freiwillige literarische Beiträge an den Provinzial-Ausschuß eingesendet werden, um dieselben nach Bedürfniß an die einzelnen Provinzialblätter zu vertheilen.
3. Aufforderung, daß die allgemeine Oberzeitung als Organ für die Veröffentlichungen im Interesse der Demokratie angenommen und dieselbe möglichst kräftig unterstützt werde.
4. Es sollen vom Central-Ausschuß von Zeit zu Zeit Flugblätter unter gleichen Titel erlassen werden.
V. Ueber die sociale Frage.
1. Der Demokratische Kongreß erklärt durch einstimmige Akklamation, daß die Lösung der socialen Frage die erste und letzte Aufgabe der Demokratie sei.
2. Jeder Verein soll seine Ansichten über die sociale Frage, so wie einen Bericht über seine bisherige Wirksamkeit innerhalb derselben dem Provinzial-Ausschuß zur Abfassung einer Denkschrift an die Berliner und Frankfurter National-Versammlung sobald als möglich einsenden, da die Zeit des gegenwärtigen Kongresses für die Erschöpfung dieser Frage keineswegs ausreichend erscheint, die Lösung derselben aber als Hauptaufgabe der Demokratie anerkannt ist.
3. Wegen der Wichtigkeit der socialen Frage soll nach Eingang der Berichte und nach Abfassung der Denkschrift ein besonderer Kongreß zur Berathung dieser Frage einberufen werden.
VI.Ueber besondere Angelegenheiten.
1. Die Vereine sollen aufgefordert werden, die sofortige Bildung von Comites zu veranlassen, zur Linderung der Noth im Eulengebirge.
2. Jeder Verein soll veranlaßt werden, selbstständig eine Adresse an die National-Versammlung zu erlassen, worin die sofortige Unterstützung der Nothleidenden im Eulengebirge verlangt wird.
3. Es soll durch Plakate zu Beiträgen zur Linderung der Noth im Eulengebirge aufgefordert werden.
4. Die Mitglieder der Vereine der Provinz sollen sich vorläufig genaue Kenntniß von den Zuständen und der Zusammensetzung der Administrativ-Behörden verschaffen, damit bei der bevorstehenden Reorganisation der Verwaltung die geeigneten Schritte zur Entfernung mißliebiger und zur Anstellung tüchtiger Männer gethan werde können.