Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 291. Köln, 6. Mai 1849. Beilage.

Bild:
erste Seite
Beilage zu Nr. 291 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag, 6. Mai 1849.
[Französische Republik]

wird auf unsere Protestaktionen antworten: ich schreite in Siebenbürgen, an der Donau und an der Oder mit demselben Rechte ein, mit welchem ihr in Rom einschreitet....

- Die Vorbereitungen zu dem morgigen Revolutionsfeste wurden gestern Nachmittag durch einen fürchterlichen Hagelregen unterbrochen. Dieser Hagel hat der Landschaft unsäglich geschadet; man hält die halbe Ernte verloren und den Landmann ruinirt. In Paris ist das Elend nicht minder im Steigen. Die Frauen in den Faubourgs und engen Querstraßen der Rue St. Denis und St. Martin gewinnen kaum fünf Sous per Tag, womit man in Paris nicht leben kann. Eine gränzenlose Immoralität reißt unter ihnen ein und man kann die Folgen dieses Elends errathen. Das Faubourg St. Marcel lebt durch und durch vom Bettel und Almosen. Wie wird dasselbe bei der morgigen Illumination aufjauchzen?

- Die "Völkertribüne", deren Nachrichten aus der Fremde sich nur selten bestätigen, gibt als Gerücht: daß die Engländer Ancona besetzt hätten.

- Der Polizist Del Carreto hat Montpellier, das er bisher bewohnte, verlassen und ist plötzlich nach Neapel zurückgekehrt, offenbar um seine Polizeigeschäfte wieder aufzunehmen und zugleich auch auf Sizilien auszudehnen.

- Die Nationalversammlung verwarf gestern die Amnestirung der Juni-Transportirten mit 339 gegen 288 Stimmen. Von 627 anwesenden Deputirten haben sich also doch 288 für Amnestie auszusprechen gewagt. Das ist für die Bedeutung der Junitage eine hohe wichtige Ziffer.

- Aus Rom und Civita Vecchia besitzen wir Posten über Genua vom 24. und 25. April. An jenen Tagen stieg die Aufregung in Rom sehr hoch. Man schätzte die dem Franzosencorps entgegengestellte Macht auf 20,000 Mann.

Aus Turin kamen heute nach Paris keine Journale. Mehrere hiesige Blätter sprechen vom Barrikadenbau in Rom.

- Der Mordanfall gegen Ledru-Rollin und zwei andere Deputirte bei Gelegenheit eines Bankets in Moulins, dessen wir gestern erwähnten, macht großes Aufsehen. Wir geben hier ausführlich, was Ledru-Rollin darüber in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung sagte. Ledru-Rollin: "..... Nach einem Banket, womit mich die Stadt Chateauroux im Namen des Indredepartements beehrte, lud man mich zu einem Banket, das zu Moulins im Allierdepartement für Dienstag den 1. Mai Nachmittags 2 Uhr anberaumt war. Als ich Montags Abend (30. April) daselbst eintraf, hatten sich 8 bis 10,000 Personen an den Eingängen der Stadt gesammelt, die mich bis zum Hause meines Freundes, Deputirten Mathe, im Triumpf führten. Am andern Tage (1. Mai) strömten die Arbeiter Moulins so wie die Bauern der Umgegend zu dem Garten, in welchem das Banket stattfand. Der Garten faßte etwa 5000 Gäste. Die übrigen Theilnehmer und Neugierigen stellten sich auf eine alte Schanze, welche hinter dem Gartenzaune liegt und eine Erhöhung bildet, die den Garten beherrscht. Es mochten sich wohl 10,000 Personen darauf eingefunden haben. Von dieser Schanze sah man zwar Alles, was im Garten vorging, aber man konnte die Reden nicht verstehen... Das Banket begann und befolgte die angeschlagene Festordnung. Während mehrere Redner sprachen, erhob sich aus der Menschenmasse auf der Schanze von Zeit zu Zeit dumpfes Geschrei, das uns nachgerade bewies, man habe es auf systematische Ruhestörung des Bankets abgesehen. Außerdem sahen wir vom Garten her wohlgekleidete Herren Geld unter die Masse vertheilen, und zu neuen Unterbrechungen locken; Sie wissen, daß Moulins eine starke Adelsaristokratie zählt, die für legitimistische Zwecke arbeitet. Doch ihre Versuche mißlangen und das Banket ging ruhig und ernst vorüber. Man wird die Namen der Geldaustheiler angeben. Ihre Versuche umsonst sehend, drängten sie sich an die Gartenthüren, aus welchen die Gäste strömten. Sie begreifen, daß 5000 Menschen sich nicht vertheilen, wie eine kleine Gesellschaft. Es war daher möglich, Gedränge zu verursachen, welches die Legitimisten benutzten, um den Bauern, die bis auf 10 Stunden Entfernung hergekommen waren, ihre Fahnen zu entreißen, die sie an der Spitze ihrer Züge trugen..... Diese Collisionen, welche beigelegt wurden und durchaus keinen gefährlichen Charakter hatten, veranlaßten aber den Präfekten, Generalmarsch schlagen zu lassen und die Bürgerwehr unter die Waffen zu rufen. Bald aber kehrten Präfekt und Obergeneral der Bürgerwehr wieder heim, denn sie überzeugten sich, daß die Ruhe nicht gestört war. Von 4 Uhr bis 7 1/2 Uhr blieb ich in der Familie meines Freundes Mathe; für 8 Uhr weniger 15 Minuten hatte ich den Wagen bestellt, welchen ich mit fünf meiner Freunde, darunter die Deputirten Mathe und Fargin Fayolle, bestieg. Durch mehrere Straßen der Stadt fahrend, riefen uns unbedeutende Arbeitergruppen zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Montagne! Es lebe Ledru-Rollin! Wir dankten ihnen und winkten ihnen mit der Hand, daß sie ruhig nach Hause kehren sollten; die Demonstration sei vorüber u. s. w. Kaum aber auf dem Platz vor dem Stadt-Hause angekommen, wo 150 bis 200 Nationalgarden, Pompiers, Artilleristen und sonstige Uniformen in Schlachtordnung standen, stürzten sich mehrere (etwa zwanzig) dieser Uniformirten gegen unseren Wagen, drehten die Deichsel seitwärts, um die Pferde an dem Weiterfahren zu hindern, und schrieen mit fanatischer Gebärde: Tod diesen Räubern (Brigands)! Tod allen Rothen! Reißt sie aus dem Wagen, damit wir sie auf der Stelle erschießen! u. s. w. Die Rasenden ließen es nicht bei den bloßen Drohungen, sondern legten ihre Gewehre wirklich gegen uns an und Andere schwangen die Säbel, um uns erstechen. Offenbar hatten sie es auf meine Person abgesehen. Mathe und Fargin, so wie die Bürger Baronnet, Mathis und Martin, die mit im Wagen saßen, deckten mich mit ihren Körpern. Einer der Fanatisirten wollte mir den Kopf spalten, es gelang mir aber, den Hieb mit dem Arm und meinen Mantel zu pariren, der Hieb prallte ab und zertheilte nur das Wagenleder. Ein anderer dieser Meuchelmörder, sehend, daß ich von vorn geschützt sei, begab sich hinter den Wagen und stach mit dem Bajonett nach meinem Rucken. Der Wagenkasten ist gespalten..... Nur wie durch ein Wunder entgingen wir dem sichern Tode. Inmitten dieses Gemetzels erhielt eines der Pferde einen Bajonettstich; das Thier schäumte voll Wuth und riß die andern zum raschen Fluge mit sich..... Hierdurch wurden wir gerettet..... Ich entsteige so eben der Eisenbahn, um von der Nationalversammlung strenge Untersuchung dieser groben Thatsachen zu fordern....."

Justizminister Odilon Barrot, der kurz vorher in der Amnestiedebatte die Hoffnung ausgesprochen hatte, daß der Wahlkampf ohne Blutvergießen vorübergehen werde, erklärte, daß er diese Vorfälle in Moulins noch nicht kenne und er es sich, trotz der politischen Meinungsverschiedenheit des Betroffenen, zur heiligsten Pflicht anrechne, diese Vorfälle streng zu bestrafen.

- National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai. Anfang 1 1/2 Uhr. Grevy präsidirt. An der Tagesordnung sind die Justiz- und Kriegsbudgets, deren Debatte nicht das geringste Interesse bis Postschluß bietet.

Artikel 1 des Kriegsbudgets wird einiger Ausstellungen halber zu nochmaliger Prüfung dem Ausschusse überwiesen. Also reservirt.

Artikel 2 wird angenommen.

Artikel 3 desgleichen.

Im Artikel 4 wird die Debatte abgebrochen.

Grevy empfiehlt den Gliedern, sich zur morgigen Feier möglichst pünktlich (1/4 vor 10 Uhr) hier einzufinden, um in pleno auf den Concordiaplatz hinüberzuziehen.

Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.

Italien.

* Die östreichische Garnison in Alessandria besteht bis jetzt aus 1009 Ungarn vom Rocawina, 1991 Kroaten, 90 Artilleristen mit einer halben Batterie und 100 Uhlanen, im Ganzen 3190 Mann und 337 Pferde. Nach der "Democrazia Italiana" sollen die Oestreicher bald ausschließlich die ganze Garnison bilden, und einige Tausend ihre Kantonements bis nach Turin erstrecken.

* Mailand, 28. April.

Unsere Lage wird mit jedem Tage schauerlicher. Erschießungen und Güterconfiskationen dauern fort. Täglich wird das Eigenthum von Familien versteigert, die aus Mißtrauen gegen die Versprechungen des Siegers den fernern Aufenthalt in der Fremde der geforderten Rückkehr vorgezogen haben. Der Palast und die Landhäuser der Grafen Borromei sind dieser Tage verauktionirt worden. Wie sehr das Mißtrauen der Fernbleibenden gerechtfertigt ist, geht daraus hervor, daß Personen, die vertrauensvoll zurückkehrten, sofort festgenommen und im Schlosse eingekerkert wurden, wo täglich mehrere Exekutionen stattfinden. Man hört von außen die Schüsse, durch welche innerhalb des Schlosses die Opfer der östreichischen "Milde" hingestreckt werden. Bei dem Knall jener Schüsse erzittert das Herz jedes Mailänders, denn die Namen der Opfer sind unbekannt und fast Jeder von uns hat einen Sohn, Bruder oder Freund unter den Eingekerkerten.

Also: Einziehung des Vermögens für die Nichtzurückkehrenden, Tod oder Gefängniß für die, welche nach Hause kommen! Das sind die Ergebnisse der östreichischen "Milde" und Verheißungen!

Von der italienischen Gränze, 27. April.

Nach den aus dem Festland bei Venedig eingetroffenen Nachrichten haben die Truppen der Republik die Schleußen des Forts Malghera geöffnet, und hiedurch die Umgegend mit Einschluß von Mestre unter Wasser gesetzt. Es ist begreiflich, daß diese Vorkehrung den Operationen des Belagerungskorps namhafte Schwierigkeiten bereitet.

(A. Z.)
* Bologna, 24. April.

Hier ist nun das Regiment Pianciani, aus 1200 Mann bestehend, und außerdem die zuvor in Pistoja gewesene Kolonne von 200 lombardischen und polnischen Freiwilligen hier eingetroffen.

Florenz, 24. April.

Die Verhaftungen der Freisinnigen dauern fort; so wurde letzter Tage u. A. auch Mazzoni, Mitglied der prov. Regierung eingesteckt. Guerrazzi wird in der Festung Belvedere im strengsten Verwahrsam gehalten. Toskana soll zuerst von den Vaterland und Freiheit liebenden Männern gesäubert werden, ehe der Großherzog Leopold von Oestreich das Land wieder mit seiner Anwesenheit beglückt.

* Rom, 25. April.

Gestern Abend 11 Uhr lief hier die Nachricht von der Ankunft des französischen Geschwaders in Civita ein. Dieses Ereigniß, das man zwei Stunden früher noch für unmöglich hielt, rief große Aufregung hervor. Die Projekte der französischen Regierung sind bis jetzt noch Geheimniß. Triumvirn und Constituante haben sich permanent erklärt. Das römische Volk scheint sich wie Ein Mann erheben zu wollen. Zwanzigtausend Mann Linie und Bürgerwehr sollen heute den Franzosen entgegenrücken. An den Präfekten von Civita Vecchia, das sich in Ermangelung genügender Festungswerke unmöglich vertheidigen konnte, ist dennoch der Befehl abgegangen, sich der Ausschiffung und Okkuppation zu widersetzen.

Avezzana mustert so eben die Truppen und ordnet die Vertheidigungsmaßregeln an. Er und Mazzini sind entschlossen, es auf's Aeußerste ankommen zu lassen.

* Civita-Vecchia, 25. April, Abends.

General Oudinot hat das Hauptquartier der hiesigen Bürgerwehr besucht. Er wurde mit Vivats empfangen. Ehe das Geschwader landete, hatte er nämlich einen seiner Adjutanten an den Präfekten von Civita-Vecchia mit der Anfrage gesandt, ob sich der Platz vertheidigen wolle? Der Präfekt wollte, der Instruktion aus Rom gemäß, den Platz vertheidigen. Allein der Gemeinderath entschied nach einer stürmischen Sitzung, welche die ganze Nacht vom 24. zum 25. dauerte, daß sich der Platz in Rücksicht der Ermangelung alles nöthigen Kriegsmaterials nicht widersetzen würde, und erließ folgende Proklamation an Oudinot:

General!

Tage des Glücks und der Hoffnung tauchten in Italien auf; seine Völker, durch lange Knechtschaft unterdrückt, wurden ihrer Souveränetät wieder bewußt, erhoben sich und kämpften für ihre Selbstständigkeit. Das Blut, das bisher dem Eisen der Tyrannei erlag, besiegelte das heiße Gelübde unter uns, als frei und selbstständig auf dem Boden unseres Vaterlandes zu leben. Diese Tage des Glücks sind erloschen. Betrug und Verrath thaten Alles auf der Welt, um Italien in neue Knechtschaft und Schande hinabzuschleudern. Pius IX., den wir als den Engel der Regeneration Italiens verehrten, wird jetzt, nach em er die Volkssache verlassen und sich der weltlichen Herrschsucht seiner Vorfahren wieder zugewandt hat, die Quelle unseres Unglücks. Vaterland, Ehre, Leben, Interessen, Zukunft, Große, Alles wird uns durch ihn entrissen, da er sich jetzt zum blinden Werkzeug der Kunstgriffe der facerdotalen Kaste und eifrigen Alliirten unserer Verfolger gebrauchen läßt. Französische Bürger, General und Soldaten der franzosischen Republik, hört es, Ihr, die Ihr uns auf dem Freiheitsaltare erwürgt, habt Ihr nicht denselben Grundsätzen gehuldigt, für die Ihr uns erwürgt, werdet Ihr unsere Reihen lichten und unsere Brust durchbohren, deren Wunden nach jahrhundert langer Tyrannei kaum zugeheilt sind? Verlassen von dem Souverain, der die Sache unserer Nationalität im Stich ließ, frei in unserem Recht, wählten wir durch allgemeine Wahl, gleich Euch, die Vertreter des Volkes, welche zu einer Constituante in Rom zusammentreten und nach freier Berathung die vernunftgemäßeste und nützlichste Regierungsform, nämlich die Republik, proklamirten.

General und Soldaten! Ihr werdet eine Nation nicht mit Füßen treten, in der fast allein heute noch das Feuer der Freiheit glüht, das auf ihren übrigen Landestheilen durch rohe Waffenmacht der Croaten und Bourbonen erstickt wurde Soldaten, unsere Bruder, wir öffnen Euch unsere Arme, denn wir können nicht glauben, daß ein freies Volk einem Brudervolke, daß sich eben frei machte, neue Ketten schmieden will. In Euren Adern rollt kein brudermörderisches Blut, die Waffen, die Ihr schwingt, dienen dem Recht und der Gerechtigkeit, dem Schutze des Schwachen und Unterdrückten. Wir sind geknechtet worden vom Quirinal; das Papstthum, diese erste Quelle alles Unglücks, das auf Italien seit Jahrhunderten lastet, kann, so Gott will, durch Euch unmöglich hergestellt werden, wenn Ihr Euch Eurer glorreichen Vergangenheit, Euren Ueberlieferungen und des Glaubens Eurer Väter auch nur gering erinnert. Denkt daran, daß, dem Unterdrückten zu helfen, größere Pflicht als Tugend, und Schwache zu unterdrücken, größere Schande als Verrath ist. Die Stadtbehörden Civita-Vecchia's, als der ersten Stadt, vor welcher die französische Fahne in Italien weht, betheuern Euch hiermit dieses politische Glaubensbekenntniß. Die Ordnung herrscht unter uns und keine Anarchie. Hier achtet man das Gesetz. Unser Volk erhob sich im Freiheitsathem und es wird die Freiheit erreichen, es mußte denn durch ein Brüdervolk durch Gewalt in diesem Streben nach Freiheit gehemmt werden. Wir halten zur römischen Republik und werden sie in guten wie in schlimmen Tagen, die Gott verhüten wolle, zu vertheidigen wissen.

General! Dies ist der Ausdruck eines freien Volkes, das Sie und Ihre Armee segnen wird, wenn Sie als Brüder handeln, die uns in der Verlegenheit beistehen. Wir hegen das Vertrauen, daß sich der Tag nie heben möge, an dem Italien den französischen Namen dem Fluche der Nachwelt überliefern müßte u. s. w.

Civita-Vecchia, 25. April, 4 Uhr Nachmittags.

Der Gemeinderath von Civita-Vecchia.

(Folgen die Unterschriften).

In Folge dieser Proklamation scheint Oudinot die früher mitgetheilte Proklamation etwas geändert zu haben.

Ungarn
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Neueste Nachrichten.
Mannheim, 3. Mai.

Da uns (meldet das hiesige Journal) die Nachrichten über die am gestrigen Tage in Kaiserslautern stattgehabte Volksversammlung erst am Schlusse unseres Blattes zugehen, so können wir heute nur noch die wichtigsten Punkte daraus mittheilen. Es ist ein Landesvertheidigungsausschuß ernannt worden (derselbe besteht aus 10 Personen unter dem Präsidium des Hrn. Reichard); dieser hielt noch gestern Abend bis spät in die Nacht hinein eine Sitzung und dekretirte:

1) Steuerverweigerung (Staatssteuern); 2) Rückberufung der pfälzischen Soldaten; 3) Organisation der Volksbewaffnung von 18 bis 50 Jahren; - die von 30 bis 50 Jahren kommen unter die Landwehr; 4) Aufforderung an die Regierung und die Beamten zur Anerkennung der Reichsverfassung; 5) Aufforderung an die Gemeinden, um ihre Zustimmung zu erklären; 6) Beschlagnahme der pfälzischen Staatskassen; 7) Verbindung mit den angränzenden deutschen Volksstämmen.

Die Staatskassen sind schon mit Beschlag belegt, und die Organisation der Truppen ist ausgeschrieben. Die Erklärung der Regierung und Beamten muß in 3mal 24 Stunden erfolgen, widrigenfalls weitere entscheidende Maßregeln getroffen werden.

* Frankfurt, 4. Mai.

In der Nationalversammlung legt der 30ger Ausschuß sein Majoritäts- und mehrere Minoritäts-Erachten vor (von Vogt und 13 andern, von Venedey, von Simon von Trier). Die Majorität trägt auf Einberufung des ersten Reichstags auf den 15. August, und Ausschreibung der Wahlen zum Volkshaus auf den 15. Juli an. Bis Preußen beigetreten, soll der Fürst des größten beitretenden Staates Reichsstatthalter sein u. s. w.

Die Minoritätsanträge geben sich ein etwas resoluteres Ansehen als dieser schlaffe Antrag der Majorität.

Gagern läßt einen leisen Protest gegen die preuß. Octroyirungs-Note vom 28. April verlesen.

Die Debatte wird eröffnet. Es sprechen Welcker, M. Mohl, der fundirte Beseler, Vogt, Venedey. Die Sitzung wird um 2 1/2 Uhr ausgesetzt bis 4 Uhr.

Offenbach, 3. Mai.

Auch hier hat die Bürgerwehr den Beschluß gefaßt, den Eid auf die Reichsverfassung zu leisten. Heute ist eine Deputation von hier nach Darmstadt gegangen, um die Vereidigung auch der Linientruppen, der Beamten u. s. w. auf die Reichsverfassung bei dem Großherzoge zu befürworten.

Redakteur en chef Karl Marx.
Beilage zu Nr. 291 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag, 6. Mai 1849.
[Französische Republik]

wird auf unsere Protestaktionen antworten: ich schreite in Siebenbürgen, an der Donau und an der Oder mit demselben Rechte ein, mit welchem ihr in Rom einschreitet.…

‒ Die Vorbereitungen zu dem morgigen Revolutionsfeste wurden gestern Nachmittag durch einen fürchterlichen Hagelregen unterbrochen. Dieser Hagel hat der Landschaft unsäglich geschadet; man hält die halbe Ernte verloren und den Landmann ruinirt. In Paris ist das Elend nicht minder im Steigen. Die Frauen in den Faubourgs und engen Querstraßen der Rue St. Denis und St. Martin gewinnen kaum fünf Sous per Tag, womit man in Paris nicht leben kann. Eine gränzenlose Immoralität reißt unter ihnen ein und man kann die Folgen dieses Elends errathen. Das Faubourg St. Marcel lebt durch und durch vom Bettel und Almosen. Wie wird dasselbe bei der morgigen Illumination aufjauchzen?

‒ Die „Völkertribüne“, deren Nachrichten aus der Fremde sich nur selten bestätigen, gibt als Gerücht: daß die Engländer Ancona besetzt hätten.

‒ Der Polizist Del Carreto hat Montpellier, das er bisher bewohnte, verlassen und ist plötzlich nach Neapel zurückgekehrt, offenbar um seine Polizeigeschäfte wieder aufzunehmen und zugleich auch auf Sizilien auszudehnen.

‒ Die Nationalversammlung verwarf gestern die Amnestirung der Juni-Transportirten mit 339 gegen 288 Stimmen. Von 627 anwesenden Deputirten haben sich also doch 288 für Amnestie auszusprechen gewagt. Das ist für die Bedeutung der Junitage eine hohe wichtige Ziffer.

‒ Aus Rom und Civita Vecchia besitzen wir Posten über Genua vom 24. und 25. April. An jenen Tagen stieg die Aufregung in Rom sehr hoch. Man schätzte die dem Franzosencorps entgegengestellte Macht auf 20,000 Mann.

Aus Turin kamen heute nach Paris keine Journale. Mehrere hiesige Blätter sprechen vom Barrikadenbau in Rom.

‒ Der Mordanfall gegen Ledru-Rollin und zwei andere Deputirte bei Gelegenheit eines Bankets in Moulins, dessen wir gestern erwähnten, macht großes Aufsehen. Wir geben hier ausführlich, was Ledru-Rollin darüber in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung sagte. Ledru-Rollin: „…‥ Nach einem Banket, womit mich die Stadt Chateauroux im Namen des Indredepartements beehrte, lud man mich zu einem Banket, das zu Moulins im Allierdepartement für Dienstag den 1. Mai Nachmittags 2 Uhr anberaumt war. Als ich Montags Abend (30. April) daselbst eintraf, hatten sich 8 bis 10,000 Personen an den Eingängen der Stadt gesammelt, die mich bis zum Hause meines Freundes, Deputirten Mathé, im Triumpf führten. Am andern Tage (1. Mai) strömten die Arbeiter Moulins so wie die Bauern der Umgegend zu dem Garten, in welchem das Banket stattfand. Der Garten faßte etwa 5000 Gäste. Die übrigen Theilnehmer und Neugierigen stellten sich auf eine alte Schanze, welche hinter dem Gartenzaune liegt und eine Erhöhung bildet, die den Garten beherrscht. Es mochten sich wohl 10,000 Personen darauf eingefunden haben. Von dieser Schanze sah man zwar Alles, was im Garten vorging, aber man konnte die Reden nicht verstehen… Das Banket begann und befolgte die angeschlagene Festordnung. Während mehrere Redner sprachen, erhob sich aus der Menschenmasse auf der Schanze von Zeit zu Zeit dumpfes Geschrei, das uns nachgerade bewies, man habe es auf systematische Ruhestörung des Bankets abgesehen. Außerdem sahen wir vom Garten her wohlgekleidete Herren Geld unter die Masse vertheilen, und zu neuen Unterbrechungen locken; Sie wissen, daß Moulins eine starke Adelsaristokratie zählt, die für legitimistische Zwecke arbeitet. Doch ihre Versuche mißlangen und das Banket ging ruhig und ernst vorüber. Man wird die Namen der Geldaustheiler angeben. Ihre Versuche umsonst sehend, drängten sie sich an die Gartenthüren, aus welchen die Gäste strömten. Sie begreifen, daß 5000 Menschen sich nicht vertheilen, wie eine kleine Gesellschaft. Es war daher möglich, Gedränge zu verursachen, welches die Legitimisten benutzten, um den Bauern, die bis auf 10 Stunden Entfernung hergekommen waren, ihre Fahnen zu entreißen, die sie an der Spitze ihrer Züge trugen.‥‥ Diese Collisionen, welche beigelegt wurden und durchaus keinen gefährlichen Charakter hatten, veranlaßten aber den Präfekten, Generalmarsch schlagen zu lassen und die Bürgerwehr unter die Waffen zu rufen. Bald aber kehrten Präfekt und Obergeneral der Bürgerwehr wieder heim, denn sie überzeugten sich, daß die Ruhe nicht gestört war. Von 4 Uhr bis 7 1/2 Uhr blieb ich in der Familie meines Freundes Mathé; für 8 Uhr weniger 15 Minuten hatte ich den Wagen bestellt, welchen ich mit fünf meiner Freunde, darunter die Deputirten Mathé und Fargin Fayolle, bestieg. Durch mehrere Straßen der Stadt fahrend, riefen uns unbedeutende Arbeitergruppen zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Montagne! Es lebe Ledru-Rollin! Wir dankten ihnen und winkten ihnen mit der Hand, daß sie ruhig nach Hause kehren sollten; die Demonstration sei vorüber u. s. w. Kaum aber auf dem Platz vor dem Stadt-Hause angekommen, wo 150 bis 200 Nationalgarden, Pompiers, Artilleristen und sonstige Uniformen in Schlachtordnung standen, stürzten sich mehrere (etwa zwanzig) dieser Uniformirten gegen unseren Wagen, drehten die Deichsel seitwärts, um die Pferde an dem Weiterfahren zu hindern, und schrieen mit fanatischer Gebärde: Tod diesen Räubern (Brigands)! Tod allen Rothen! Reißt sie aus dem Wagen, damit wir sie auf der Stelle erschießen! u. s. w. Die Rasenden ließen es nicht bei den bloßen Drohungen, sondern legten ihre Gewehre wirklich gegen uns an und Andere schwangen die Säbel, um uns erstechen. Offenbar hatten sie es auf meine Person abgesehen. Mathé und Fargin, so wie die Bürger Baronnet, Mathis und Martin, die mit im Wagen saßen, deckten mich mit ihren Körpern. Einer der Fanatisirten wollte mir den Kopf spalten, es gelang mir aber, den Hieb mit dem Arm und meinen Mantel zu pariren, der Hieb prallte ab und zertheilte nur das Wagenleder. Ein anderer dieser Meuchelmörder, sehend, daß ich von vorn geschützt sei, begab sich hinter den Wagen und stach mit dem Bajonett nach meinem Rucken. Der Wagenkasten ist gespalten.‥‥ Nur wie durch ein Wunder entgingen wir dem sichern Tode. Inmitten dieses Gemetzels erhielt eines der Pferde einen Bajonettstich; das Thier schäumte voll Wuth und riß die andern zum raschen Fluge mit sich.‥‥ Hierdurch wurden wir gerettet.‥‥ Ich entsteige so eben der Eisenbahn, um von der Nationalversammlung strenge Untersuchung dieser groben Thatsachen zu fordern.‥‥“

Justizminister Odilon Barrot, der kurz vorher in der Amnestiedebatte die Hoffnung ausgesprochen hatte, daß der Wahlkampf ohne Blutvergießen vorübergehen werde, erklärte, daß er diese Vorfälle in Moulins noch nicht kenne und er es sich, trotz der politischen Meinungsverschiedenheit des Betroffenen, zur heiligsten Pflicht anrechne, diese Vorfälle streng zu bestrafen.

National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai. Anfang 1 1/2 Uhr. Grevy präsidirt. An der Tagesordnung sind die Justiz- und Kriegsbudgets, deren Debatte nicht das geringste Interesse bis Postschluß bietet.

Artikel 1 des Kriegsbudgets wird einiger Ausstellungen halber zu nochmaliger Prüfung dem Ausschusse überwiesen. Also reservirt.

Artikel 2 wird angenommen.

Artikel 3 desgleichen.

Im Artikel 4 wird die Debatte abgebrochen.

Grevy empfiehlt den Gliedern, sich zur morgigen Feier möglichst pünktlich (1/4 vor 10 Uhr) hier einzufinden, um in pleno auf den Concordiaplatz hinüberzuziehen.

Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.

Italien.

* Die östreichische Garnison in Alessandria besteht bis jetzt aus 1009 Ungarn vom Rocawina, 1991 Kroaten, 90 Artilleristen mit einer halben Batterie und 100 Uhlanen, im Ganzen 3190 Mann und 337 Pferde. Nach der „Democrazia Italiana“ sollen die Oestreicher bald ausschließlich die ganze Garnison bilden, und einige Tausend ihre Kantonements bis nach Turin erstrecken.

* Mailand, 28. April.

Unsere Lage wird mit jedem Tage schauerlicher. Erschießungen und Güterconfiskationen dauern fort. Täglich wird das Eigenthum von Familien versteigert, die aus Mißtrauen gegen die Versprechungen des Siegers den fernern Aufenthalt in der Fremde der geforderten Rückkehr vorgezogen haben. Der Palast und die Landhäuser der Grafen Borromei sind dieser Tage verauktionirt worden. Wie sehr das Mißtrauen der Fernbleibenden gerechtfertigt ist, geht daraus hervor, daß Personen, die vertrauensvoll zurückkehrten, sofort festgenommen und im Schlosse eingekerkert wurden, wo täglich mehrere Exekutionen stattfinden. Man hört von außen die Schüsse, durch welche innerhalb des Schlosses die Opfer der östreichischen „Milde“ hingestreckt werden. Bei dem Knall jener Schüsse erzittert das Herz jedes Mailänders, denn die Namen der Opfer sind unbekannt und fast Jeder von uns hat einen Sohn, Bruder oder Freund unter den Eingekerkerten.

Also: Einziehung des Vermögens für die Nichtzurückkehrenden, Tod oder Gefängniß für die, welche nach Hause kommen! Das sind die Ergebnisse der östreichischen „Milde“ und Verheißungen!

Von der italienischen Gränze, 27. April.

Nach den aus dem Festland bei Venedig eingetroffenen Nachrichten haben die Truppen der Republik die Schleußen des Forts Malghera geöffnet, und hiedurch die Umgegend mit Einschluß von Mestre unter Wasser gesetzt. Es ist begreiflich, daß diese Vorkehrung den Operationen des Belagerungskorps namhafte Schwierigkeiten bereitet.

(A. Z.)
* Bologna, 24. April.

Hier ist nun das Regiment Pianciani, aus 1200 Mann bestehend, und außerdem die zuvor in Pistoja gewesene Kolonne von 200 lombardischen und polnischen Freiwilligen hier eingetroffen.

Florenz, 24. April.

Die Verhaftungen der Freisinnigen dauern fort; so wurde letzter Tage u. A. auch Mazzoni, Mitglied der prov. Regierung eingesteckt. Guerrazzi wird in der Festung Belvedere im strengsten Verwahrsam gehalten. Toskana soll zuerst von den Vaterland und Freiheit liebenden Männern gesäubert werden, ehe der Großherzog Leopold von Oestreich das Land wieder mit seiner Anwesenheit beglückt.

* Rom, 25. April.

Gestern Abend 11 Uhr lief hier die Nachricht von der Ankunft des französischen Geschwaders in Civita ein. Dieses Ereigniß, das man zwei Stunden früher noch für unmöglich hielt, rief große Aufregung hervor. Die Projekte der französischen Regierung sind bis jetzt noch Geheimniß. Triumvirn und Constituante haben sich permanent erklärt. Das römische Volk scheint sich wie Ein Mann erheben zu wollen. Zwanzigtausend Mann Linie und Bürgerwehr sollen heute den Franzosen entgegenrücken. An den Präfekten von Civita Vecchia, das sich in Ermangelung genügender Festungswerke unmöglich vertheidigen konnte, ist dennoch der Befehl abgegangen, sich der Ausschiffung und Okkuppation zu widersetzen.

Avezzana mustert so eben die Truppen und ordnet die Vertheidigungsmaßregeln an. Er und Mazzini sind entschlossen, es auf's Aeußerste ankommen zu lassen.

* Civita-Vecchia, 25. April, Abends.

General Oudinot hat das Hauptquartier der hiesigen Bürgerwehr besucht. Er wurde mit Vivats empfangen. Ehe das Geschwader landete, hatte er nämlich einen seiner Adjutanten an den Präfekten von Civita-Vecchia mit der Anfrage gesandt, ob sich der Platz vertheidigen wolle? Der Präfekt wollte, der Instruktion aus Rom gemäß, den Platz vertheidigen. Allein der Gemeinderath entschied nach einer stürmischen Sitzung, welche die ganze Nacht vom 24. zum 25. dauerte, daß sich der Platz in Rücksicht der Ermangelung alles nöthigen Kriegsmaterials nicht widersetzen würde, und erließ folgende Proklamation an Oudinot:

General!

Tage des Glücks und der Hoffnung tauchten in Italien auf; seine Völker, durch lange Knechtschaft unterdrückt, wurden ihrer Souveränetät wieder bewußt, erhoben sich und kämpften für ihre Selbstständigkeit. Das Blut, das bisher dem Eisen der Tyrannei erlag, besiegelte das heiße Gelübde unter uns, als frei und selbstständig auf dem Boden unseres Vaterlandes zu leben. Diese Tage des Glücks sind erloschen. Betrug und Verrath thaten Alles auf der Welt, um Italien in neue Knechtschaft und Schande hinabzuschleudern. Pius IX., den wir als den Engel der Regeneration Italiens verehrten, wird jetzt, nach em er die Volkssache verlassen und sich der weltlichen Herrschsucht seiner Vorfahren wieder zugewandt hat, die Quelle unseres Unglücks. Vaterland, Ehre, Leben, Interessen, Zukunft, Große, Alles wird uns durch ihn entrissen, da er sich jetzt zum blinden Werkzeug der Kunstgriffe der facerdotalen Kaste und eifrigen Alliirten unserer Verfolger gebrauchen läßt. Französische Bürger, General und Soldaten der franzosischen Republik, hört es, Ihr, die Ihr uns auf dem Freiheitsaltare erwürgt, habt Ihr nicht denselben Grundsätzen gehuldigt, für die Ihr uns erwürgt, werdet Ihr unsere Reihen lichten und unsere Brust durchbohren, deren Wunden nach jahrhundert langer Tyrannei kaum zugeheilt sind? Verlassen von dem Souverain, der die Sache unserer Nationalität im Stich ließ, frei in unserem Recht, wählten wir durch allgemeine Wahl, gleich Euch, die Vertreter des Volkes, welche zu einer Constituante in Rom zusammentreten und nach freier Berathung die vernunftgemäßeste und nützlichste Regierungsform, nämlich die Republik, proklamirten.

General und Soldaten! Ihr werdet eine Nation nicht mit Füßen treten, in der fast allein heute noch das Feuer der Freiheit glüht, das auf ihren übrigen Landestheilen durch rohe Waffenmacht der Croaten und Bourbonen erstickt wurde Soldaten, unsere Bruder, wir öffnen Euch unsere Arme, denn wir können nicht glauben, daß ein freies Volk einem Brudervolke, daß sich eben frei machte, neue Ketten schmieden will. In Euren Adern rollt kein brudermörderisches Blut, die Waffen, die Ihr schwingt, dienen dem Recht und der Gerechtigkeit, dem Schutze des Schwachen und Unterdrückten. Wir sind geknechtet worden vom Quirinal; das Papstthum, diese erste Quelle alles Unglücks, das auf Italien seit Jahrhunderten lastet, kann, so Gott will, durch Euch unmöglich hergestellt werden, wenn Ihr Euch Eurer glorreichen Vergangenheit, Euren Ueberlieferungen und des Glaubens Eurer Väter auch nur gering erinnert. Denkt daran, daß, dem Unterdrückten zu helfen, größere Pflicht als Tugend, und Schwache zu unterdrücken, größere Schande als Verrath ist. Die Stadtbehörden Civita-Vecchia's, als der ersten Stadt, vor welcher die französische Fahne in Italien weht, betheuern Euch hiermit dieses politische Glaubensbekenntniß. Die Ordnung herrscht unter uns und keine Anarchie. Hier achtet man das Gesetz. Unser Volk erhob sich im Freiheitsathem und es wird die Freiheit erreichen, es mußte denn durch ein Brüdervolk durch Gewalt in diesem Streben nach Freiheit gehemmt werden. Wir halten zur römischen Republik und werden sie in guten wie in schlimmen Tagen, die Gott verhüten wolle, zu vertheidigen wissen.

General! Dies ist der Ausdruck eines freien Volkes, das Sie und Ihre Armee segnen wird, wenn Sie als Brüder handeln, die uns in der Verlegenheit beistehen. Wir hegen das Vertrauen, daß sich der Tag nie heben möge, an dem Italien den französischen Namen dem Fluche der Nachwelt überliefern müßte u. s. w.

Civita-Vecchia, 25. April, 4 Uhr Nachmittags.

Der Gemeinderath von Civita-Vecchia.

(Folgen die Unterschriften).

In Folge dieser Proklamation scheint Oudinot die früher mitgetheilte Proklamation etwas geändert zu haben.

Ungarn
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Neueste Nachrichten.
Mannheim, 3. Mai.

Da uns (meldet das hiesige Journal) die Nachrichten über die am gestrigen Tage in Kaiserslautern stattgehabte Volksversammlung erst am Schlusse unseres Blattes zugehen, so können wir heute nur noch die wichtigsten Punkte daraus mittheilen. Es ist ein Landesvertheidigungsausschuß ernannt worden (derselbe besteht aus 10 Personen unter dem Präsidium des Hrn. Reichard); dieser hielt noch gestern Abend bis spät in die Nacht hinein eine Sitzung und dekretirte:

1) Steuerverweigerung (Staatssteuern); 2) Rückberufung der pfälzischen Soldaten; 3) Organisation der Volksbewaffnung von 18 bis 50 Jahren; ‒ die von 30 bis 50 Jahren kommen unter die Landwehr; 4) Aufforderung an die Regierung und die Beamten zur Anerkennung der Reichsverfassung; 5) Aufforderung an die Gemeinden, um ihre Zustimmung zu erklären; 6) Beschlagnahme der pfälzischen Staatskassen; 7) Verbindung mit den angränzenden deutschen Volksstämmen.

Die Staatskassen sind schon mit Beschlag belegt, und die Organisation der Truppen ist ausgeschrieben. Die Erklärung der Regierung und Beamten muß in 3mal 24 Stunden erfolgen, widrigenfalls weitere entscheidende Maßregeln getroffen werden.

* Frankfurt, 4. Mai.

In der Nationalversammlung legt der 30ger Ausschuß sein Majoritäts- und mehrere Minoritäts-Erachten vor (von Vogt und 13 andern, von Venedey, von Simon von Trier). Die Majorität trägt auf Einberufung des ersten Reichstags auf den 15. August, und Ausschreibung der Wahlen zum Volkshaus auf den 15. Juli an. Bis Preußen beigetreten, soll der Fürst des größten beitretenden Staates Reichsstatthalter sein u. s. w.

Die Minoritätsanträge geben sich ein etwas resoluteres Ansehen als dieser schlaffe Antrag der Majorität.

Gagern läßt einen leisen Protest gegen die preuß. Octroyirungs-Note vom 28. April verlesen.

Die Debatte wird eröffnet. Es sprechen Welcker, M. Mohl, der fundirte Beseler, Vogt, Venedey. Die Sitzung wird um 2 1/2 Uhr ausgesetzt bis 4 Uhr.

Offenbach, 3. Mai.

Auch hier hat die Bürgerwehr den Beschluß gefaßt, den Eid auf die Reichsverfassung zu leisten. Heute ist eine Deputation von hier nach Darmstadt gegangen, um die Vereidigung auch der Linientruppen, der Beamten u. s. w. auf die Reichsverfassung bei dem Großherzoge zu befürworten.

Redakteur en chef Karl Marx.
<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="1649"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 291 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>Sonntag, 6. Mai 1849.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div n="1">
        <head>[Französische Republik]</head>
        <div xml:id="ar291b_001" type="jArticle">
          <p>wird auf unsere Protestaktionen antworten: ich schreite in Siebenbürgen, an der Donau und an der Oder mit demselben Rechte ein, mit welchem ihr in Rom einschreitet.&#x2026;</p>
          <p>&#x2012; Die Vorbereitungen zu dem morgigen Revolutionsfeste wurden gestern Nachmittag durch einen fürchterlichen Hagelregen unterbrochen. Dieser Hagel hat der Landschaft unsäglich geschadet; man hält die halbe Ernte verloren und den Landmann ruinirt. In Paris ist das Elend nicht minder im Steigen. Die Frauen in den Faubourgs und engen Querstraßen der Rue St. Denis und St. Martin gewinnen kaum fünf Sous per Tag, womit man in Paris nicht leben kann. Eine gränzenlose Immoralität reißt unter ihnen ein und man kann die Folgen dieses Elends errathen. Das Faubourg St. Marcel lebt durch und durch vom Bettel und Almosen. Wie wird dasselbe bei der morgigen Illumination aufjauchzen?</p>
          <p>&#x2012; Die &#x201E;Völkertribüne&#x201C;, deren Nachrichten aus der Fremde sich nur selten bestätigen, gibt als Gerücht: daß die Engländer Ancona besetzt hätten.</p>
          <p>&#x2012; Der Polizist Del Carreto hat Montpellier, das er bisher bewohnte, verlassen und ist plötzlich nach Neapel zurückgekehrt, offenbar um seine Polizeigeschäfte wieder aufzunehmen und zugleich auch auf Sizilien auszudehnen.</p>
          <p>&#x2012; Die Nationalversammlung verwarf gestern die Amnestirung der Juni-Transportirten mit 339 gegen 288 Stimmen. Von 627 anwesenden Deputirten haben sich also doch 288 für Amnestie auszusprechen gewagt. Das ist für die Bedeutung der Junitage eine hohe wichtige Ziffer.</p>
          <p>&#x2012; Aus Rom und Civita Vecchia besitzen wir Posten über Genua vom 24. und 25. April. An jenen Tagen stieg die Aufregung in Rom sehr hoch. Man schätzte die dem Franzosencorps entgegengestellte Macht auf 20,000 Mann.</p>
          <p>Aus Turin kamen heute nach Paris keine Journale. Mehrere hiesige Blätter sprechen vom Barrikadenbau in Rom.</p>
          <p>&#x2012; Der <hi rendition="#g">Mordanfall gegen Ledru-Rollin</hi> und zwei andere Deputirte bei Gelegenheit eines Bankets in Moulins, dessen wir gestern erwähnten, macht großes Aufsehen. Wir geben hier ausführlich, was Ledru-Rollin darüber in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung sagte. <hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> &#x201E;&#x2026;&#x2025; Nach einem Banket, womit mich die Stadt Chateauroux im Namen des Indredepartements beehrte, lud man mich zu einem Banket, das zu Moulins im Allierdepartement für Dienstag den 1. Mai Nachmittags 2 Uhr anberaumt war. Als ich Montags Abend (30. April) daselbst eintraf, hatten sich 8 bis 10,000 Personen an den Eingängen der Stadt gesammelt, die mich bis zum Hause meines Freundes, Deputirten Mathé, im Triumpf führten. Am andern Tage (1. Mai) strömten die Arbeiter Moulins so wie die Bauern der Umgegend zu dem Garten, in welchem das Banket stattfand. Der Garten faßte etwa 5000 Gäste. Die übrigen Theilnehmer und Neugierigen stellten sich auf eine alte Schanze, welche hinter dem Gartenzaune liegt und eine Erhöhung bildet, die den Garten beherrscht. Es mochten sich wohl 10,000 Personen darauf eingefunden haben. Von dieser Schanze sah man zwar Alles, was im Garten vorging, aber man konnte die Reden nicht verstehen&#x2026; Das Banket begann und befolgte die angeschlagene Festordnung. Während mehrere Redner sprachen, erhob sich aus der Menschenmasse auf der Schanze von Zeit zu Zeit dumpfes Geschrei, das uns nachgerade bewies, man habe es auf systematische Ruhestörung des Bankets abgesehen. Außerdem sahen wir vom Garten her wohlgekleidete Herren Geld unter die Masse vertheilen, und zu neuen Unterbrechungen locken; Sie wissen, daß Moulins eine starke Adelsaristokratie zählt, die für legitimistische Zwecke arbeitet. Doch ihre Versuche mißlangen und das Banket ging ruhig und ernst vorüber. Man wird die Namen der Geldaustheiler angeben. Ihre Versuche umsonst sehend, drängten sie sich an die Gartenthüren, aus welchen die Gäste strömten. Sie begreifen, daß 5000 Menschen sich nicht vertheilen, wie eine kleine Gesellschaft. Es war daher möglich, Gedränge zu verursachen, welches die Legitimisten benutzten, um den Bauern, die bis auf 10 Stunden Entfernung hergekommen waren, ihre Fahnen zu entreißen, die sie an der Spitze ihrer Züge trugen.&#x2025;&#x2025; Diese Collisionen, welche beigelegt wurden und durchaus keinen gefährlichen Charakter hatten, veranlaßten aber den Präfekten, Generalmarsch schlagen zu lassen und die Bürgerwehr unter die Waffen zu rufen. Bald aber kehrten Präfekt und Obergeneral der Bürgerwehr wieder heim, denn sie überzeugten sich, daß die Ruhe nicht gestört war. Von 4 Uhr bis 7 1/2 Uhr blieb ich in der Familie meines Freundes Mathé; für 8 Uhr weniger 15 Minuten hatte ich den Wagen bestellt, welchen ich mit fünf meiner Freunde, darunter die Deputirten Mathé und Fargin Fayolle, bestieg. Durch mehrere Straßen der Stadt fahrend, riefen uns unbedeutende Arbeitergruppen zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Montagne! Es lebe Ledru-Rollin! Wir dankten ihnen und winkten ihnen mit der Hand, daß sie ruhig nach Hause kehren sollten; die Demonstration sei vorüber u. s. w. Kaum aber auf dem Platz vor dem Stadt-Hause angekommen, wo 150 bis 200 Nationalgarden, Pompiers, Artilleristen und sonstige Uniformen in Schlachtordnung standen, stürzten sich mehrere (etwa zwanzig) dieser Uniformirten gegen unseren Wagen, drehten die Deichsel seitwärts, um die Pferde an dem Weiterfahren zu hindern, und schrieen mit fanatischer Gebärde: Tod diesen Räubern (Brigands)! Tod allen Rothen! Reißt sie aus dem Wagen, damit wir sie auf der Stelle erschießen! u. s. w. Die Rasenden ließen es nicht bei den bloßen Drohungen, sondern legten ihre Gewehre wirklich gegen uns an und Andere schwangen die Säbel, um uns erstechen. Offenbar hatten sie es auf <hi rendition="#g">meine</hi> Person abgesehen. Mathé und Fargin, so wie die Bürger Baronnet, Mathis und Martin, die mit im Wagen saßen, deckten mich mit ihren Körpern. Einer der Fanatisirten wollte mir den Kopf spalten, es gelang mir aber, den Hieb mit dem Arm und meinen Mantel zu pariren, der Hieb prallte ab und zertheilte nur das Wagenleder. Ein anderer dieser Meuchelmörder, sehend, daß ich von vorn geschützt sei, begab sich hinter den Wagen und stach mit dem Bajonett nach meinem Rucken. Der Wagenkasten ist gespalten.&#x2025;&#x2025; Nur wie durch ein Wunder entgingen wir dem sichern Tode. Inmitten dieses Gemetzels erhielt eines der Pferde einen Bajonettstich; das Thier schäumte voll Wuth und riß die andern zum raschen Fluge mit sich.&#x2025;&#x2025; Hierdurch wurden wir gerettet.&#x2025;&#x2025; Ich entsteige so eben der Eisenbahn, um von der Nationalversammlung strenge Untersuchung dieser groben Thatsachen zu fordern.&#x2025;&#x2025;&#x201C;</p>
          <p>Justizminister Odilon Barrot, der kurz vorher in der Amnestiedebatte die Hoffnung ausgesprochen hatte, daß der Wahlkampf ohne Blutvergießen vorübergehen werde, erklärte, daß er diese Vorfälle in Moulins noch nicht kenne und er es sich, trotz der politischen Meinungsverschiedenheit des Betroffenen, zur heiligsten Pflicht anrechne, diese Vorfälle streng zu bestrafen.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 3. Mai. Anfang 1 1/2 Uhr. Grevy präsidirt. An der Tagesordnung sind die Justiz- und Kriegsbudgets, deren Debatte nicht das geringste Interesse bis Postschluß bietet.</p>
          <p>Artikel 1 des Kriegsbudgets wird einiger Ausstellungen halber zu nochmaliger Prüfung dem Ausschusse überwiesen. Also reservirt.</p>
          <p>Artikel 2 wird angenommen.</p>
          <p>Artikel 3 desgleichen.</p>
          <p>Im Artikel 4 wird die Debatte abgebrochen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Grevy</hi> empfiehlt den Gliedern, sich zur morgigen Feier möglichst pünktlich (1/4 vor 10 Uhr) hier einzufinden, um in pleno auf den Concordiaplatz hinüberzuziehen.</p>
          <p>Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar291b_002" type="jArticle">
          <p><bibl><author>*</author></bibl> Die östreichische Garnison in Alessandria besteht bis jetzt aus 1009 Ungarn vom Rocawina, 1991 Kroaten, 90 Artilleristen mit einer halben Batterie und 100 Uhlanen, im Ganzen 3190 Mann und 337 Pferde. Nach der &#x201E;Democrazia Italiana&#x201C; sollen die Oestreicher bald ausschließlich die ganze Garnison bilden, und einige Tausend ihre Kantonements bis nach Turin erstrecken.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Mailand, 28. April.</head>
          <p>Unsere Lage wird mit jedem Tage schauerlicher. Erschießungen und Güterconfiskationen dauern fort. Täglich wird das Eigenthum von Familien versteigert, die aus Mißtrauen gegen die Versprechungen des Siegers den fernern Aufenthalt in der Fremde der geforderten Rückkehr vorgezogen haben. Der Palast und die Landhäuser der Grafen Borromei sind dieser Tage verauktionirt worden. Wie sehr das Mißtrauen der Fernbleibenden gerechtfertigt ist, geht daraus hervor, daß Personen, die vertrauensvoll zurückkehrten, sofort festgenommen und im Schlosse eingekerkert wurden, wo täglich mehrere Exekutionen stattfinden. Man hört von außen die Schüsse, durch welche innerhalb des Schlosses die Opfer der östreichischen &#x201E;Milde&#x201C; hingestreckt werden. Bei dem Knall jener Schüsse erzittert das Herz jedes Mailänders, denn die Namen der Opfer sind unbekannt und fast Jeder von uns hat einen Sohn, Bruder oder Freund unter den Eingekerkerten.</p>
          <p>Also: Einziehung des Vermögens für die Nichtzurückkehrenden, Tod oder Gefängniß für die, welche nach Hause kommen! Das sind die Ergebnisse der östreichischen &#x201E;Milde&#x201C; und Verheißungen!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_004" type="jArticle">
          <head>Von der italienischen Gränze, 27. April.</head>
          <p>Nach den aus dem Festland bei Venedig eingetroffenen Nachrichten haben die Truppen der Republik die Schleußen des Forts Malghera geöffnet, und hiedurch die Umgegend mit Einschluß von Mestre unter Wasser gesetzt. Es ist begreiflich, daß diese Vorkehrung den Operationen des Belagerungskorps namhafte Schwierigkeiten bereitet.</p>
          <bibl>(A. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bologna, 24. April.</head>
          <p>Hier ist nun das Regiment Pianciani, aus 1200 Mann bestehend, und außerdem die zuvor in Pistoja gewesene Kolonne von 200 lombardischen und polnischen Freiwilligen hier eingetroffen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_006" type="jArticle">
          <head>Florenz, 24. April.</head>
          <p>Die Verhaftungen der Freisinnigen dauern fort; so wurde letzter Tage u. A. auch Mazzoni, Mitglied der prov. Regierung eingesteckt. Guerrazzi wird in der Festung Belvedere im strengsten Verwahrsam gehalten. Toskana soll zuerst von den Vaterland und Freiheit liebenden Männern gesäubert werden, ehe der Großherzog Leopold von Oestreich das Land wieder mit seiner Anwesenheit beglückt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 25. April.</head>
          <p>Gestern Abend 11 Uhr lief hier die Nachricht von der Ankunft des französischen Geschwaders in Civita ein. Dieses Ereigniß, das man zwei Stunden früher noch für unmöglich hielt, rief große Aufregung hervor. Die Projekte der französischen Regierung sind bis jetzt noch Geheimniß. Triumvirn und Constituante haben sich permanent erklärt. Das römische Volk scheint sich wie Ein Mann erheben zu wollen. Zwanzigtausend Mann Linie und Bürgerwehr sollen heute den Franzosen entgegenrücken. An den Präfekten von Civita Vecchia, das sich in Ermangelung genügender Festungswerke unmöglich vertheidigen konnte, ist dennoch der Befehl abgegangen, sich der Ausschiffung und Okkuppation zu widersetzen.</p>
          <p>Avezzana mustert so eben die Truppen und ordnet die Vertheidigungsmaßregeln an. Er und Mazzini sind entschlossen, es auf's Aeußerste ankommen zu lassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Civita-Vecchia, 25. April, Abends.</head>
          <p>General Oudinot hat das Hauptquartier der hiesigen Bürgerwehr besucht. Er wurde mit Vivats empfangen. Ehe das Geschwader landete, hatte er nämlich einen seiner Adjutanten an den Präfekten von Civita-Vecchia mit der Anfrage gesandt, ob sich der Platz vertheidigen wolle? Der Präfekt wollte, der Instruktion aus Rom gemäß, den Platz vertheidigen. Allein der Gemeinderath entschied nach einer stürmischen Sitzung, welche die ganze Nacht vom 24. zum 25. dauerte, daß sich der Platz in Rücksicht der Ermangelung alles nöthigen Kriegsmaterials nicht widersetzen würde, und erließ folgende Proklamation an Oudinot:</p>
          <p>General!</p>
          <p>Tage des Glücks und der Hoffnung tauchten in Italien auf; seine Völker, durch lange Knechtschaft unterdrückt, wurden ihrer Souveränetät wieder bewußt, erhoben sich und kämpften für ihre Selbstständigkeit. Das Blut, das bisher dem Eisen der Tyrannei erlag, besiegelte das heiße Gelübde unter uns, als frei und selbstständig auf dem Boden unseres Vaterlandes zu leben. Diese Tage des Glücks sind erloschen. Betrug und Verrath thaten Alles auf der Welt, um Italien in neue Knechtschaft und Schande hinabzuschleudern. Pius IX., den wir als den Engel der Regeneration Italiens verehrten, wird jetzt, nach em er die Volkssache verlassen und sich der weltlichen Herrschsucht seiner Vorfahren wieder zugewandt hat, die Quelle unseres Unglücks. Vaterland, Ehre, Leben, Interessen, Zukunft, Große, Alles wird uns durch ihn entrissen, da er sich jetzt zum blinden Werkzeug der Kunstgriffe der facerdotalen Kaste und eifrigen Alliirten unserer Verfolger gebrauchen läßt. Französische Bürger, General und Soldaten der franzosischen Republik, hört es, Ihr, die Ihr uns auf dem Freiheitsaltare erwürgt, habt Ihr nicht denselben Grundsätzen gehuldigt, für die Ihr uns erwürgt, werdet Ihr unsere Reihen lichten und unsere Brust durchbohren, deren Wunden nach jahrhundert langer Tyrannei kaum zugeheilt sind? Verlassen von dem Souverain, der die Sache unserer Nationalität im Stich ließ, frei in unserem Recht, wählten wir durch allgemeine Wahl, gleich Euch, die Vertreter des Volkes, welche zu einer Constituante in Rom zusammentreten und nach freier Berathung die vernunftgemäßeste und nützlichste Regierungsform, nämlich die Republik, proklamirten.</p>
          <p>General und Soldaten! Ihr werdet eine Nation nicht mit Füßen treten, in der fast allein heute noch das Feuer der Freiheit glüht, das auf ihren übrigen Landestheilen durch rohe Waffenmacht der Croaten und Bourbonen erstickt wurde Soldaten, unsere Bruder, wir öffnen Euch unsere Arme, denn wir können nicht glauben, daß ein freies Volk einem Brudervolke, daß sich eben frei machte, neue Ketten schmieden will. In Euren Adern rollt kein brudermörderisches Blut, die Waffen, die Ihr schwingt, dienen dem Recht und der Gerechtigkeit, dem Schutze des Schwachen und Unterdrückten. Wir sind geknechtet worden vom Quirinal; das Papstthum, diese erste Quelle alles Unglücks, das auf Italien seit Jahrhunderten lastet, kann, so Gott will, durch Euch unmöglich hergestellt werden, wenn Ihr Euch Eurer glorreichen Vergangenheit, Euren Ueberlieferungen und des Glaubens Eurer Väter auch nur gering erinnert. Denkt daran, daß, dem Unterdrückten zu helfen, größere Pflicht als Tugend, und Schwache zu unterdrücken, größere Schande als Verrath ist. Die Stadtbehörden Civita-Vecchia's, als der ersten Stadt, vor welcher die französische Fahne in Italien weht, betheuern Euch hiermit dieses politische Glaubensbekenntniß. Die Ordnung herrscht unter uns und keine Anarchie. Hier achtet man das Gesetz. Unser Volk erhob sich im Freiheitsathem und es wird die Freiheit erreichen, es mußte denn durch ein Brüdervolk durch Gewalt in diesem Streben nach Freiheit gehemmt werden. Wir halten zur römischen Republik und werden sie in guten wie in schlimmen Tagen, die Gott verhüten wolle, zu vertheidigen wissen.</p>
          <p>General! Dies ist der Ausdruck eines freien Volkes, das Sie und Ihre Armee segnen wird, wenn Sie als Brüder handeln, die uns in der Verlegenheit beistehen. Wir hegen das Vertrauen, daß sich der Tag nie heben möge, an dem Italien den französischen Namen dem Fluche der Nachwelt überliefern müßte u. s. w.</p>
          <p>Civita-Vecchia, 25. April, 4 Uhr Nachmittags.</p>
          <p>Der Gemeinderath von Civita-Vecchia.</p>
          <p>(Folgen die Unterschriften).</p>
          <p>In Folge dieser Proklamation scheint Oudinot die früher mitgetheilte Proklamation etwas geändert zu haben.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn</head>
        <div xml:id="ar291b_009_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Die Lage in Ungarn, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Neueste Nachrichten.</head>
        <div xml:id="ar291b_010" type="jArticle">
          <head>Mannheim, 3. Mai.</head>
          <p>Da uns (meldet das hiesige Journal) die Nachrichten über die am gestrigen Tage in Kaiserslautern stattgehabte Volksversammlung erst am Schlusse unseres Blattes zugehen, so können wir heute nur noch die wichtigsten Punkte daraus mittheilen. Es ist ein Landesvertheidigungsausschuß ernannt worden (derselbe besteht aus 10 Personen unter dem Präsidium des Hrn. Reichard); dieser hielt noch gestern Abend bis spät in die Nacht hinein eine Sitzung und dekretirte:</p>
          <p>1) Steuerverweigerung (Staatssteuern); 2) Rückberufung der pfälzischen Soldaten; 3) Organisation der Volksbewaffnung von 18 bis 50 Jahren; &#x2012; die von 30 bis 50 Jahren kommen unter die Landwehr; 4) Aufforderung an die Regierung und die Beamten zur Anerkennung der Reichsverfassung; 5) Aufforderung an die Gemeinden, um ihre Zustimmung zu erklären; 6) Beschlagnahme der pfälzischen Staatskassen; 7) Verbindung mit den angränzenden deutschen Volksstämmen.</p>
          <p>Die Staatskassen sind schon mit Beschlag belegt, und die Organisation der Truppen ist ausgeschrieben. Die Erklärung der Regierung und Beamten muß in 3mal 24 Stunden erfolgen, widrigenfalls weitere entscheidende Maßregeln getroffen werden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 4. Mai.</head>
          <p>In der Nationalversammlung legt der 30ger Ausschuß sein Majoritäts- und mehrere Minoritäts-Erachten vor (von Vogt und 13 andern, von Venedey, von Simon von Trier). Die Majorität trägt auf Einberufung des ersten Reichstags auf den 15. August, und Ausschreibung der Wahlen zum Volkshaus auf den 15. Juli an. Bis Preußen beigetreten, soll der Fürst des größten beitretenden Staates Reichsstatthalter sein u. s. w.</p>
          <p>Die Minoritätsanträge geben sich ein etwas resoluteres Ansehen als dieser schlaffe Antrag der Majorität.</p>
          <p>Gagern läßt einen leisen Protest gegen die preuß. Octroyirungs-Note vom 28. April verlesen.</p>
          <p>Die Debatte wird eröffnet. Es sprechen Welcker, M. Mohl, der fundirte Beseler, Vogt, Venedey. Die Sitzung wird um 2 1/2 Uhr ausgesetzt bis 4 Uhr.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar291b_012" type="jArticle">
          <head>Offenbach, 3. Mai.</head>
          <p>Auch hier hat die Bürgerwehr den Beschluß gefaßt, den Eid auf die Reichsverfassung zu leisten. Heute ist eine Deputation von hier nach Darmstadt gegangen, um die Vereidigung auch der Linientruppen, der Beamten u. s. w. auf die Reichsverfassung bei dem Großherzoge zu befürworten.</p>
        </div>
      </div>
      <div>
        <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1649/0001] Beilage zu Nr. 291 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag, 6. Mai 1849. [Französische Republik] wird auf unsere Protestaktionen antworten: ich schreite in Siebenbürgen, an der Donau und an der Oder mit demselben Rechte ein, mit welchem ihr in Rom einschreitet.… ‒ Die Vorbereitungen zu dem morgigen Revolutionsfeste wurden gestern Nachmittag durch einen fürchterlichen Hagelregen unterbrochen. Dieser Hagel hat der Landschaft unsäglich geschadet; man hält die halbe Ernte verloren und den Landmann ruinirt. In Paris ist das Elend nicht minder im Steigen. Die Frauen in den Faubourgs und engen Querstraßen der Rue St. Denis und St. Martin gewinnen kaum fünf Sous per Tag, womit man in Paris nicht leben kann. Eine gränzenlose Immoralität reißt unter ihnen ein und man kann die Folgen dieses Elends errathen. Das Faubourg St. Marcel lebt durch und durch vom Bettel und Almosen. Wie wird dasselbe bei der morgigen Illumination aufjauchzen? ‒ Die „Völkertribüne“, deren Nachrichten aus der Fremde sich nur selten bestätigen, gibt als Gerücht: daß die Engländer Ancona besetzt hätten. ‒ Der Polizist Del Carreto hat Montpellier, das er bisher bewohnte, verlassen und ist plötzlich nach Neapel zurückgekehrt, offenbar um seine Polizeigeschäfte wieder aufzunehmen und zugleich auch auf Sizilien auszudehnen. ‒ Die Nationalversammlung verwarf gestern die Amnestirung der Juni-Transportirten mit 339 gegen 288 Stimmen. Von 627 anwesenden Deputirten haben sich also doch 288 für Amnestie auszusprechen gewagt. Das ist für die Bedeutung der Junitage eine hohe wichtige Ziffer. ‒ Aus Rom und Civita Vecchia besitzen wir Posten über Genua vom 24. und 25. April. An jenen Tagen stieg die Aufregung in Rom sehr hoch. Man schätzte die dem Franzosencorps entgegengestellte Macht auf 20,000 Mann. Aus Turin kamen heute nach Paris keine Journale. Mehrere hiesige Blätter sprechen vom Barrikadenbau in Rom. ‒ Der Mordanfall gegen Ledru-Rollin und zwei andere Deputirte bei Gelegenheit eines Bankets in Moulins, dessen wir gestern erwähnten, macht großes Aufsehen. Wir geben hier ausführlich, was Ledru-Rollin darüber in der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung sagte. Ledru-Rollin: „…‥ Nach einem Banket, womit mich die Stadt Chateauroux im Namen des Indredepartements beehrte, lud man mich zu einem Banket, das zu Moulins im Allierdepartement für Dienstag den 1. Mai Nachmittags 2 Uhr anberaumt war. Als ich Montags Abend (30. April) daselbst eintraf, hatten sich 8 bis 10,000 Personen an den Eingängen der Stadt gesammelt, die mich bis zum Hause meines Freundes, Deputirten Mathé, im Triumpf führten. Am andern Tage (1. Mai) strömten die Arbeiter Moulins so wie die Bauern der Umgegend zu dem Garten, in welchem das Banket stattfand. Der Garten faßte etwa 5000 Gäste. Die übrigen Theilnehmer und Neugierigen stellten sich auf eine alte Schanze, welche hinter dem Gartenzaune liegt und eine Erhöhung bildet, die den Garten beherrscht. Es mochten sich wohl 10,000 Personen darauf eingefunden haben. Von dieser Schanze sah man zwar Alles, was im Garten vorging, aber man konnte die Reden nicht verstehen… Das Banket begann und befolgte die angeschlagene Festordnung. Während mehrere Redner sprachen, erhob sich aus der Menschenmasse auf der Schanze von Zeit zu Zeit dumpfes Geschrei, das uns nachgerade bewies, man habe es auf systematische Ruhestörung des Bankets abgesehen. Außerdem sahen wir vom Garten her wohlgekleidete Herren Geld unter die Masse vertheilen, und zu neuen Unterbrechungen locken; Sie wissen, daß Moulins eine starke Adelsaristokratie zählt, die für legitimistische Zwecke arbeitet. Doch ihre Versuche mißlangen und das Banket ging ruhig und ernst vorüber. Man wird die Namen der Geldaustheiler angeben. Ihre Versuche umsonst sehend, drängten sie sich an die Gartenthüren, aus welchen die Gäste strömten. Sie begreifen, daß 5000 Menschen sich nicht vertheilen, wie eine kleine Gesellschaft. Es war daher möglich, Gedränge zu verursachen, welches die Legitimisten benutzten, um den Bauern, die bis auf 10 Stunden Entfernung hergekommen waren, ihre Fahnen zu entreißen, die sie an der Spitze ihrer Züge trugen.‥‥ Diese Collisionen, welche beigelegt wurden und durchaus keinen gefährlichen Charakter hatten, veranlaßten aber den Präfekten, Generalmarsch schlagen zu lassen und die Bürgerwehr unter die Waffen zu rufen. Bald aber kehrten Präfekt und Obergeneral der Bürgerwehr wieder heim, denn sie überzeugten sich, daß die Ruhe nicht gestört war. Von 4 Uhr bis 7 1/2 Uhr blieb ich in der Familie meines Freundes Mathé; für 8 Uhr weniger 15 Minuten hatte ich den Wagen bestellt, welchen ich mit fünf meiner Freunde, darunter die Deputirten Mathé und Fargin Fayolle, bestieg. Durch mehrere Straßen der Stadt fahrend, riefen uns unbedeutende Arbeitergruppen zu: Es lebe die Republik! Es lebe die Montagne! Es lebe Ledru-Rollin! Wir dankten ihnen und winkten ihnen mit der Hand, daß sie ruhig nach Hause kehren sollten; die Demonstration sei vorüber u. s. w. Kaum aber auf dem Platz vor dem Stadt-Hause angekommen, wo 150 bis 200 Nationalgarden, Pompiers, Artilleristen und sonstige Uniformen in Schlachtordnung standen, stürzten sich mehrere (etwa zwanzig) dieser Uniformirten gegen unseren Wagen, drehten die Deichsel seitwärts, um die Pferde an dem Weiterfahren zu hindern, und schrieen mit fanatischer Gebärde: Tod diesen Räubern (Brigands)! Tod allen Rothen! Reißt sie aus dem Wagen, damit wir sie auf der Stelle erschießen! u. s. w. Die Rasenden ließen es nicht bei den bloßen Drohungen, sondern legten ihre Gewehre wirklich gegen uns an und Andere schwangen die Säbel, um uns erstechen. Offenbar hatten sie es auf meine Person abgesehen. Mathé und Fargin, so wie die Bürger Baronnet, Mathis und Martin, die mit im Wagen saßen, deckten mich mit ihren Körpern. Einer der Fanatisirten wollte mir den Kopf spalten, es gelang mir aber, den Hieb mit dem Arm und meinen Mantel zu pariren, der Hieb prallte ab und zertheilte nur das Wagenleder. Ein anderer dieser Meuchelmörder, sehend, daß ich von vorn geschützt sei, begab sich hinter den Wagen und stach mit dem Bajonett nach meinem Rucken. Der Wagenkasten ist gespalten.‥‥ Nur wie durch ein Wunder entgingen wir dem sichern Tode. Inmitten dieses Gemetzels erhielt eines der Pferde einen Bajonettstich; das Thier schäumte voll Wuth und riß die andern zum raschen Fluge mit sich.‥‥ Hierdurch wurden wir gerettet.‥‥ Ich entsteige so eben der Eisenbahn, um von der Nationalversammlung strenge Untersuchung dieser groben Thatsachen zu fordern.‥‥“ Justizminister Odilon Barrot, der kurz vorher in der Amnestiedebatte die Hoffnung ausgesprochen hatte, daß der Wahlkampf ohne Blutvergießen vorübergehen werde, erklärte, daß er diese Vorfälle in Moulins noch nicht kenne und er es sich, trotz der politischen Meinungsverschiedenheit des Betroffenen, zur heiligsten Pflicht anrechne, diese Vorfälle streng zu bestrafen. ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 3. Mai. Anfang 1 1/2 Uhr. Grevy präsidirt. An der Tagesordnung sind die Justiz- und Kriegsbudgets, deren Debatte nicht das geringste Interesse bis Postschluß bietet. Artikel 1 des Kriegsbudgets wird einiger Ausstellungen halber zu nochmaliger Prüfung dem Ausschusse überwiesen. Also reservirt. Artikel 2 wird angenommen. Artikel 3 desgleichen. Im Artikel 4 wird die Debatte abgebrochen. Grevy empfiehlt den Gliedern, sich zur morgigen Feier möglichst pünktlich (1/4 vor 10 Uhr) hier einzufinden, um in pleno auf den Concordiaplatz hinüberzuziehen. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Italien. * Die östreichische Garnison in Alessandria besteht bis jetzt aus 1009 Ungarn vom Rocawina, 1991 Kroaten, 90 Artilleristen mit einer halben Batterie und 100 Uhlanen, im Ganzen 3190 Mann und 337 Pferde. Nach der „Democrazia Italiana“ sollen die Oestreicher bald ausschließlich die ganze Garnison bilden, und einige Tausend ihre Kantonements bis nach Turin erstrecken. * Mailand, 28. April. Unsere Lage wird mit jedem Tage schauerlicher. Erschießungen und Güterconfiskationen dauern fort. Täglich wird das Eigenthum von Familien versteigert, die aus Mißtrauen gegen die Versprechungen des Siegers den fernern Aufenthalt in der Fremde der geforderten Rückkehr vorgezogen haben. Der Palast und die Landhäuser der Grafen Borromei sind dieser Tage verauktionirt worden. Wie sehr das Mißtrauen der Fernbleibenden gerechtfertigt ist, geht daraus hervor, daß Personen, die vertrauensvoll zurückkehrten, sofort festgenommen und im Schlosse eingekerkert wurden, wo täglich mehrere Exekutionen stattfinden. Man hört von außen die Schüsse, durch welche innerhalb des Schlosses die Opfer der östreichischen „Milde“ hingestreckt werden. Bei dem Knall jener Schüsse erzittert das Herz jedes Mailänders, denn die Namen der Opfer sind unbekannt und fast Jeder von uns hat einen Sohn, Bruder oder Freund unter den Eingekerkerten. Also: Einziehung des Vermögens für die Nichtzurückkehrenden, Tod oder Gefängniß für die, welche nach Hause kommen! Das sind die Ergebnisse der östreichischen „Milde“ und Verheißungen! Von der italienischen Gränze, 27. April. Nach den aus dem Festland bei Venedig eingetroffenen Nachrichten haben die Truppen der Republik die Schleußen des Forts Malghera geöffnet, und hiedurch die Umgegend mit Einschluß von Mestre unter Wasser gesetzt. Es ist begreiflich, daß diese Vorkehrung den Operationen des Belagerungskorps namhafte Schwierigkeiten bereitet. (A. Z.) * Bologna, 24. April. Hier ist nun das Regiment Pianciani, aus 1200 Mann bestehend, und außerdem die zuvor in Pistoja gewesene Kolonne von 200 lombardischen und polnischen Freiwilligen hier eingetroffen. Florenz, 24. April. Die Verhaftungen der Freisinnigen dauern fort; so wurde letzter Tage u. A. auch Mazzoni, Mitglied der prov. Regierung eingesteckt. Guerrazzi wird in der Festung Belvedere im strengsten Verwahrsam gehalten. Toskana soll zuerst von den Vaterland und Freiheit liebenden Männern gesäubert werden, ehe der Großherzog Leopold von Oestreich das Land wieder mit seiner Anwesenheit beglückt. * Rom, 25. April. Gestern Abend 11 Uhr lief hier die Nachricht von der Ankunft des französischen Geschwaders in Civita ein. Dieses Ereigniß, das man zwei Stunden früher noch für unmöglich hielt, rief große Aufregung hervor. Die Projekte der französischen Regierung sind bis jetzt noch Geheimniß. Triumvirn und Constituante haben sich permanent erklärt. Das römische Volk scheint sich wie Ein Mann erheben zu wollen. Zwanzigtausend Mann Linie und Bürgerwehr sollen heute den Franzosen entgegenrücken. An den Präfekten von Civita Vecchia, das sich in Ermangelung genügender Festungswerke unmöglich vertheidigen konnte, ist dennoch der Befehl abgegangen, sich der Ausschiffung und Okkuppation zu widersetzen. Avezzana mustert so eben die Truppen und ordnet die Vertheidigungsmaßregeln an. Er und Mazzini sind entschlossen, es auf's Aeußerste ankommen zu lassen. * Civita-Vecchia, 25. April, Abends. General Oudinot hat das Hauptquartier der hiesigen Bürgerwehr besucht. Er wurde mit Vivats empfangen. Ehe das Geschwader landete, hatte er nämlich einen seiner Adjutanten an den Präfekten von Civita-Vecchia mit der Anfrage gesandt, ob sich der Platz vertheidigen wolle? Der Präfekt wollte, der Instruktion aus Rom gemäß, den Platz vertheidigen. Allein der Gemeinderath entschied nach einer stürmischen Sitzung, welche die ganze Nacht vom 24. zum 25. dauerte, daß sich der Platz in Rücksicht der Ermangelung alles nöthigen Kriegsmaterials nicht widersetzen würde, und erließ folgende Proklamation an Oudinot: General! Tage des Glücks und der Hoffnung tauchten in Italien auf; seine Völker, durch lange Knechtschaft unterdrückt, wurden ihrer Souveränetät wieder bewußt, erhoben sich und kämpften für ihre Selbstständigkeit. Das Blut, das bisher dem Eisen der Tyrannei erlag, besiegelte das heiße Gelübde unter uns, als frei und selbstständig auf dem Boden unseres Vaterlandes zu leben. Diese Tage des Glücks sind erloschen. Betrug und Verrath thaten Alles auf der Welt, um Italien in neue Knechtschaft und Schande hinabzuschleudern. Pius IX., den wir als den Engel der Regeneration Italiens verehrten, wird jetzt, nach em er die Volkssache verlassen und sich der weltlichen Herrschsucht seiner Vorfahren wieder zugewandt hat, die Quelle unseres Unglücks. Vaterland, Ehre, Leben, Interessen, Zukunft, Große, Alles wird uns durch ihn entrissen, da er sich jetzt zum blinden Werkzeug der Kunstgriffe der facerdotalen Kaste und eifrigen Alliirten unserer Verfolger gebrauchen läßt. Französische Bürger, General und Soldaten der franzosischen Republik, hört es, Ihr, die Ihr uns auf dem Freiheitsaltare erwürgt, habt Ihr nicht denselben Grundsätzen gehuldigt, für die Ihr uns erwürgt, werdet Ihr unsere Reihen lichten und unsere Brust durchbohren, deren Wunden nach jahrhundert langer Tyrannei kaum zugeheilt sind? Verlassen von dem Souverain, der die Sache unserer Nationalität im Stich ließ, frei in unserem Recht, wählten wir durch allgemeine Wahl, gleich Euch, die Vertreter des Volkes, welche zu einer Constituante in Rom zusammentreten und nach freier Berathung die vernunftgemäßeste und nützlichste Regierungsform, nämlich die Republik, proklamirten. General und Soldaten! Ihr werdet eine Nation nicht mit Füßen treten, in der fast allein heute noch das Feuer der Freiheit glüht, das auf ihren übrigen Landestheilen durch rohe Waffenmacht der Croaten und Bourbonen erstickt wurde Soldaten, unsere Bruder, wir öffnen Euch unsere Arme, denn wir können nicht glauben, daß ein freies Volk einem Brudervolke, daß sich eben frei machte, neue Ketten schmieden will. In Euren Adern rollt kein brudermörderisches Blut, die Waffen, die Ihr schwingt, dienen dem Recht und der Gerechtigkeit, dem Schutze des Schwachen und Unterdrückten. Wir sind geknechtet worden vom Quirinal; das Papstthum, diese erste Quelle alles Unglücks, das auf Italien seit Jahrhunderten lastet, kann, so Gott will, durch Euch unmöglich hergestellt werden, wenn Ihr Euch Eurer glorreichen Vergangenheit, Euren Ueberlieferungen und des Glaubens Eurer Väter auch nur gering erinnert. Denkt daran, daß, dem Unterdrückten zu helfen, größere Pflicht als Tugend, und Schwache zu unterdrücken, größere Schande als Verrath ist. Die Stadtbehörden Civita-Vecchia's, als der ersten Stadt, vor welcher die französische Fahne in Italien weht, betheuern Euch hiermit dieses politische Glaubensbekenntniß. Die Ordnung herrscht unter uns und keine Anarchie. Hier achtet man das Gesetz. Unser Volk erhob sich im Freiheitsathem und es wird die Freiheit erreichen, es mußte denn durch ein Brüdervolk durch Gewalt in diesem Streben nach Freiheit gehemmt werden. Wir halten zur römischen Republik und werden sie in guten wie in schlimmen Tagen, die Gott verhüten wolle, zu vertheidigen wissen. General! Dies ist der Ausdruck eines freien Volkes, das Sie und Ihre Armee segnen wird, wenn Sie als Brüder handeln, die uns in der Verlegenheit beistehen. Wir hegen das Vertrauen, daß sich der Tag nie heben möge, an dem Italien den französischen Namen dem Fluche der Nachwelt überliefern müßte u. s. w. Civita-Vecchia, 25. April, 4 Uhr Nachmittags. Der Gemeinderath von Civita-Vecchia. (Folgen die Unterschriften). In Folge dieser Proklamation scheint Oudinot die früher mitgetheilte Proklamation etwas geändert zu haben. Ungarn _ Neueste Nachrichten. Mannheim, 3. Mai. Da uns (meldet das hiesige Journal) die Nachrichten über die am gestrigen Tage in Kaiserslautern stattgehabte Volksversammlung erst am Schlusse unseres Blattes zugehen, so können wir heute nur noch die wichtigsten Punkte daraus mittheilen. Es ist ein Landesvertheidigungsausschuß ernannt worden (derselbe besteht aus 10 Personen unter dem Präsidium des Hrn. Reichard); dieser hielt noch gestern Abend bis spät in die Nacht hinein eine Sitzung und dekretirte: 1) Steuerverweigerung (Staatssteuern); 2) Rückberufung der pfälzischen Soldaten; 3) Organisation der Volksbewaffnung von 18 bis 50 Jahren; ‒ die von 30 bis 50 Jahren kommen unter die Landwehr; 4) Aufforderung an die Regierung und die Beamten zur Anerkennung der Reichsverfassung; 5) Aufforderung an die Gemeinden, um ihre Zustimmung zu erklären; 6) Beschlagnahme der pfälzischen Staatskassen; 7) Verbindung mit den angränzenden deutschen Volksstämmen. Die Staatskassen sind schon mit Beschlag belegt, und die Organisation der Truppen ist ausgeschrieben. Die Erklärung der Regierung und Beamten muß in 3mal 24 Stunden erfolgen, widrigenfalls weitere entscheidende Maßregeln getroffen werden. * Frankfurt, 4. Mai. In der Nationalversammlung legt der 30ger Ausschuß sein Majoritäts- und mehrere Minoritäts-Erachten vor (von Vogt und 13 andern, von Venedey, von Simon von Trier). Die Majorität trägt auf Einberufung des ersten Reichstags auf den 15. August, und Ausschreibung der Wahlen zum Volkshaus auf den 15. Juli an. Bis Preußen beigetreten, soll der Fürst des größten beitretenden Staates Reichsstatthalter sein u. s. w. Die Minoritätsanträge geben sich ein etwas resoluteres Ansehen als dieser schlaffe Antrag der Majorität. Gagern läßt einen leisen Protest gegen die preuß. Octroyirungs-Note vom 28. April verlesen. Die Debatte wird eröffnet. Es sprechen Welcker, M. Mohl, der fundirte Beseler, Vogt, Venedey. Die Sitzung wird um 2 1/2 Uhr ausgesetzt bis 4 Uhr. Offenbach, 3. Mai. Auch hier hat die Bürgerwehr den Beschluß gefaßt, den Eid auf die Reichsverfassung zu leisten. Heute ist eine Deputation von hier nach Darmstadt gegangen, um die Vereidigung auch der Linientruppen, der Beamten u. s. w. auf die Reichsverfassung bei dem Großherzoge zu befürworten. Redakteur en chef Karl Marx.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz291b_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz291b_1849/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 291. Köln, 6. Mai 1849. Beilage, S. 1649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz291b_1849/1>, abgerufen am 29.03.2024.