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Freylinghausen, Johann Anastasius: Christliches Denckmaal, Welches Seinem Seligen Herrn Eydam, HERRN M. Georg Joh. Hencken. hrsg. v. Wiegleb, Johann Hieronymus. Halle, 1720.

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Leichen-Carmina.
Das dein Hirte an sich trug und mit sich ins
Grab geleget.

Dieses halte, dis verschliesse als ein theur ge-
schencktes Pfand.

Doch man hörtnoch andre Klagen deinem Aech-
zen zugesellt:

Die das stärckste Band vereint, hat anietzt der
Tod zerrissen;

Reiner Liebe tieffes Ach muß ihr bestes Kleinod
missen,

Das die schwartze Gruft der Todten mit in ih-
re Reihe stellt.

Wunden, die kein schneller Bogen so empfind-
lich schiessen kan!

Schmertzen, die von keinem Pfeil so durch
Hertz und Seele dringen!

Die der Thränen größte Fluth aus gepreßten
Augen zwingen!

Tausend Ach und tausend Seufzer steigen zu
den Wolcken an.

Doch wohin, gehäufte Klagen? tieffes Ach, wo
fliegst du hin?

Eilt ihr alle Himmel an? Wohl, ach wohl: da
könnt ihr sehen,

Dieser Riß, der euch betrübt, sey von GOttes
Hand geschehen.

Werft euch auf dis Meer der Liebe, aller
Schmertz versinckt darin.

GOtt bleibt doch ein treuer Vater, wenn er
gleich empfindlich schlägt

Und
F 5
Leichen-Carmina.
Das dein Hirte an ſich trug und mit ſich ins
Grab geleget.

Dieſes halte, dis verſchlieſſe als ein theur ge-
ſchencktes Pfand.

Doch man hoͤrtnoch andre Klagen deinem Aech-
zen zugeſellt:

Die das ſtaͤrckſte Band vereint, hat anietzt der
Tod zerriſſen;

Reiner Liebe tieffes Ach muß ihr beſtes Kleinod
miſſen,

Das die ſchwartze Gruft der Todten mit in ih-
re Reihe ſtellt.

Wunden, die kein ſchneller Bogen ſo empfind-
lich ſchieſſen kan!

Schmertzen, die von keinem Pfeil ſo durch
Hertz und Seele dringen!

Die der Thraͤnen groͤßte Fluth aus gepreßten
Augen zwingen!

Tauſend Ach und tauſend Seufzer ſteigen zu
den Wolcken an.

Doch wohin, gehaͤufte Klagen? tieffes Ach, wo
fliegſt du hin?

Eilt ihr alle Himmel an? Wohl, ach wohl: da
koͤnnt ihr ſehen,

Dieſer Riß, der euch betruͤbt, ſey von GOttes
Hand geſchehen.

Werft euch auf dis Meer der Liebe, aller
Schmertz verſinckt darin.

GOtt bleibt doch ein treuer Vater, wenn er
gleich empfindlich ſchlaͤgt

Und
F 5
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[89/0089] Leichen-Carmina. Das dein Hirte an ſich trug und mit ſich ins Grab geleget. Dieſes halte, dis verſchlieſſe als ein theur ge- ſchencktes Pfand. Doch man hoͤrtnoch andre Klagen deinem Aech- zen zugeſellt: Die das ſtaͤrckſte Band vereint, hat anietzt der Tod zerriſſen; Reiner Liebe tieffes Ach muß ihr beſtes Kleinod miſſen, Das die ſchwartze Gruft der Todten mit in ih- re Reihe ſtellt. Wunden, die kein ſchneller Bogen ſo empfind- lich ſchieſſen kan! Schmertzen, die von keinem Pfeil ſo durch Hertz und Seele dringen! Die der Thraͤnen groͤßte Fluth aus gepreßten Augen zwingen! Tauſend Ach und tauſend Seufzer ſteigen zu den Wolcken an. Doch wohin, gehaͤufte Klagen? tieffes Ach, wo fliegſt du hin? Eilt ihr alle Himmel an? Wohl, ach wohl: da koͤnnt ihr ſehen, Dieſer Riß, der euch betruͤbt, ſey von GOttes Hand geſchehen. Werft euch auf dis Meer der Liebe, aller Schmertz verſinckt darin. GOtt bleibt doch ein treuer Vater, wenn er gleich empfindlich ſchlaͤgt Und F 5

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Zitationshilfe: Freylinghausen, Johann Anastasius: Christliches Denckmaal, Welches Seinem Seligen Herrn Eydam, HERRN M. Georg Joh. Hencken. hrsg. v. Wiegleb, Johann Hieronymus. Halle, 1720, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/376914/89>, abgerufen am 19.05.2024.