des Harnsackes an die Schaalenhaut befestigt sind, so nehmen die grössern Aeste, indem sie wachsen, eine sehr verschiedene Stellung an, wodurch die verbindende Haut auf verschiedene Weise gefaltet erscheint, verwächst und unkenntlich wird. Zuweilen hat es ganz das Ansehn, als ob dieses gewöhnlich sogenannte Chorion nur aus einem Blatte bestünde, indem die innere Hälfte nicht im Zusammenhange dargestellt werden kann. Man sieht aber aus der ganzen Entwickelungsweise, dass, wenn der Harnsack sich selbst in seinem Wachsthume erreicht hat, Amnion und Dottersack von zwei Lagen desselben umgeben sind, einer innern und äussern, von denen jede ursprünglich aus dem Schleimblatte und dem Gefässblatte bestan- den hat. Gewöhnlich sind beide Hälften auch noch vollständig zu entwickeln. In der Flüssigkeit zwischen beiden Lagen sieht man jetzt zarte, weisse, flockige Streifen und Klümpehen als Niederschlag aus dem Hirne. Die Stämme der Ve- nen und Arterien des Harnsackes unterscheiden sich durch die Farbe, jene ent- halten ein helleres, diese ein dunkleres Blut. Die Arterien sieht man bei jedem Pulsschlage in den Stämmen sich strecken, und in der Nähe der befestigten Stel- len sich krümmen.
c. Amnion.
Das Amnion erhält zarte aber deutliche Gefässe.
d. Gestalt und Lage des Embryo.
Die Bewegungen des Embryo sind selbstständiger, seine Lage wechselt im Einzelnen sehr und scheint von Nebenumständen der Umgebung abzuhängen. Doch ist er dem stumpfen Ende näher, als dem spitzen. Gewöhnlich liegt er hier in Form eines Ringes, der die Queerperipherie des Eies einnimmt. Er scheint be- haart, und diese Haare haben die Farbe des künftigen Huhnes. Untersucht man sie genauer, so findet man, dass sie keine wahren Haare, sondern die (am 13ten Tage bis auf vier Linien) verlängerten, schmalen und nicht geöffneten Federbälge sind, welche die künftigen Federn mit ihrer Färbung enthalten, mit äusserst zarten, noch nicht in gesonderte Strahlen aufgelösten Fahnen. Der Rumpf übertrifft den Kopf schon merklich an Masse.
Der Schnabel hat keinen Ausschnitt mehr, wird stumpfer und erhält sei- nen hornigen Ueberzug. Die Zehen bekommen Nägel. Die Oberhaut an den Fü- ssen theilt sich in Schilder und Schuppen, ist aber noch weich, die Hinterzehe stellt sich ganz nach hinten.
e. Nabel.
In den Nabel hängt jetzt eine, nicht mehr einfache, sondern gewundene Schlinge des sich stark verlängernden Darmes tief herab und bis aus dem Nabel heraus, so dass in der That ein Theil des Darmes ausserhalb des Leibes liegt, auch wenn man den Nabel zur Bauchhöhle rechnet, da die Höhlung des Nabels mit ihr in offener Communication steht. Der Stiel des Harnsackes ist dagegen mit dem Nabel verwachsen. Die Bauchplatten verlängern sich stark gegen den Nabel, er-
des Harnsackes an die Schaalenhaut befestigt sind, so nehmen die gröſsern Aeste, indem sie wachsen, eine sehr verschiedene Stellung an, wodurch die verbindende Haut auf verschiedene Weise gefaltet erscheint, verwächst und unkenntlich wird. Zuweilen hat es ganz das Ansehn, als ob dieses gewöhnlich sogenannte Chorion nur aus einem Blatte bestünde, indem die innere Hälfte nicht im Zusammenhange dargestellt werden kann. Man sieht aber aus der ganzen Entwickelungsweise, daſs, wenn der Harnsack sich selbst in seinem Wachsthume erreicht hat, Amnion und Dottersack von zwei Lagen desselben umgeben sind, einer innern und äuſsern, von denen jede ursprünglich aus dem Schleimblatte und dem Gefäſsblatte bestan- den hat. Gewöhnlich sind beide Hälften auch noch vollständig zu entwickeln. In der Flüssigkeit zwischen beiden Lagen sieht man jetzt zarte, weiſse, flockige Streifen und Klümpehen als Niederschlag aus dem Hirne. Die Stämme der Ve- nen und Arterien des Harnsackes unterscheiden sich durch die Farbe, jene ent- halten ein helleres, diese ein dunkleres Blut. Die Arterien sieht man bei jedem Pulsschlage in den Stämmen sich strecken, und in der Nähe der befestigten Stel- len sich krümmen.
c. Amnion.
Das Amnion erhält zarte aber deutliche Gefäſse.
d. Gestalt und Lage des Embryo.
Die Bewegungen des Embryo sind selbstständiger, seine Lage wechselt im Einzelnen sehr und scheint von Nebenumständen der Umgebung abzuhängen. Doch ist er dem stumpfen Ende näher, als dem spitzen. Gewöhnlich liegt er hier in Form eines Ringes, der die Queerperipherie des Eies einnimmt. Er scheint be- haart, und diese Haare haben die Farbe des künftigen Huhnes. Untersucht man sie genauer, so findet man, daſs sie keine wahren Haare, sondern die (am 13ten Tage bis auf vier Linien) verlängerten, schmalen und nicht geöffneten Federbälge sind, welche die künftigen Federn mit ihrer Färbung enthalten, mit äuſserst zarten, noch nicht in gesonderte Strahlen aufgelösten Fahnen. Der Rumpf übertrifft den Kopf schon merklich an Masse.
Der Schnabel hat keinen Ausschnitt mehr, wird stumpfer und erhält sei- nen hornigen Ueberzug. Die Zehen bekommen Nägel. Die Oberhaut an den Fü- ſsen theilt sich in Schilder und Schuppen, ist aber noch weich, die Hinterzehe stellt sich ganz nach hinten.
e. Nabel.
In den Nabel hängt jetzt eine, nicht mehr einfache, sondern gewundene Schlinge des sich stark verlängernden Darmes tief herab und bis aus dem Nabel heraus, so daſs in der That ein Theil des Darmes auſserhalb des Leibes liegt, auch wenn man den Nabel zur Bauchhöhle rechnet, da die Höhlung des Nabels mit ihr in offener Communication steht. Der Stiel des Harnsackes ist dagegen mit dem Nabel verwachsen. Die Bauchplatten verlängern sich stark gegen den Nabel, er-
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[124/0154]
des Harnsackes an die Schaalenhaut befestigt sind, so nehmen die gröſsern Aeste,
indem sie wachsen, eine sehr verschiedene Stellung an, wodurch die verbindende
Haut auf verschiedene Weise gefaltet erscheint, verwächst und unkenntlich wird.
Zuweilen hat es ganz das Ansehn, als ob dieses gewöhnlich sogenannte Chorion
nur aus einem Blatte bestünde, indem die innere Hälfte nicht im Zusammenhange
dargestellt werden kann. Man sieht aber aus der ganzen Entwickelungsweise,
daſs, wenn der Harnsack sich selbst in seinem Wachsthume erreicht hat, Amnion
und Dottersack von zwei Lagen desselben umgeben sind, einer innern und äuſsern,
von denen jede ursprünglich aus dem Schleimblatte und dem Gefäſsblatte bestan-
den hat. Gewöhnlich sind beide Hälften auch noch vollständig zu entwickeln.
In der Flüssigkeit zwischen beiden Lagen sieht man jetzt zarte, weiſse, flockige
Streifen und Klümpehen als Niederschlag aus dem Hirne. Die Stämme der Ve-
nen und Arterien des Harnsackes unterscheiden sich durch die Farbe, jene ent-
halten ein helleres, diese ein dunkleres Blut. Die Arterien sieht man bei jedem
Pulsschlage in den Stämmen sich strecken, und in der Nähe der befestigten Stel-
len sich krümmen.
Das Amnion erhält zarte aber deutliche Gefäſse.
Die Bewegungen des Embryo sind selbstständiger, seine Lage wechselt im
Einzelnen sehr und scheint von Nebenumständen der Umgebung abzuhängen.
Doch ist er dem stumpfen Ende näher, als dem spitzen. Gewöhnlich liegt er hier
in Form eines Ringes, der die Queerperipherie des Eies einnimmt. Er scheint be-
haart, und diese Haare haben die Farbe des künftigen Huhnes. Untersucht man sie
genauer, so findet man, daſs sie keine wahren Haare, sondern die (am 13ten Tage
bis auf vier Linien) verlängerten, schmalen und nicht geöffneten Federbälge sind,
welche die künftigen Federn mit ihrer Färbung enthalten, mit äuſserst zarten,
noch nicht in gesonderte Strahlen aufgelösten Fahnen. Der Rumpf übertrifft den
Kopf schon merklich an Masse.
Der Schnabel hat keinen Ausschnitt mehr, wird stumpfer und erhält sei-
nen hornigen Ueberzug. Die Zehen bekommen Nägel. Die Oberhaut an den Fü-
ſsen theilt sich in Schilder und Schuppen, ist aber noch weich, die Hinterzehe
stellt sich ganz nach hinten.
In den Nabel hängt jetzt eine, nicht mehr einfache, sondern gewundene
Schlinge des sich stark verlängernden Darmes tief herab und bis aus dem Nabel
heraus, so daſs in der That ein Theil des Darmes auſserhalb des Leibes liegt, auch
wenn man den Nabel zur Bauchhöhle rechnet, da die Höhlung des Nabels mit ihr
in offener Communication steht. Der Stiel des Harnsackes ist dagegen mit dem
Nabel verwachsen. Die Bauchplatten verlängern sich stark gegen den Nabel, er-
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/154>, abgerufen am 16.06.2024.
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