unterschieden desselben Eies sehr verschieden aussieht. Im Allgemeinen wandert sie von dem Dottersacke nach der äussern Eihaut, mit der sie verwächst, aber wann und wo sie dort anlangt, hängt vorzüglich von andern Theilen ab, die sie drängen *).
Das flüssige Eiweiss liegt offenbar zuvörderst ausserhalb der serösen Hülle, aber allmählig dringt es durch diese durch und sammelt sich in ihrem Innern, weshalb bald die seröse Hülle an die äussere Eihaut angedrängt wird und mit die- ser verwächst, was durch die Schicht von festem Eiweiss unterstützt wird, doch lässt sie sich so lange erkennen, bis ein anderer blutreicher Sack (die seröse Hülle ist wie im Vogel ohne alles Blut) sich auch an die äussere Haut drängt und mit ihr und der zwischenliegenden Hülle verwächst. Es tritt nämlich aus der Kloake des Embryo auch ein gefässreicher Harnsack hervor, der zwischen dem animali- schen und vegetativen Blatte sich herausdrängt und rasch im Innern der serösen Hülle sich vergrössert.
In allen Säugethier-Embryonen wächst dieser Harnsack hervor, so lange ders. Harnsack und Allan- tois. Leib noch zum grössten Theile offen ist, und weil er eine Ausstülpung der Kloake ist, so besteht er aus zwei Hautschichten, einer innern, die eine Verlängerung der Schleimhautschieht und einer äussern, die eine Verlängerung der Gefässschicht ist. In allen Säugethieren nimmt er in dieser äussern Schicht zwei Aeste der Aorta und die Enden zweier im untern Rande der Bauchplatten verlaufenden Venen mit sich. Die ersteren werden die Nabelarterien, die letzteren die Nabelvenen. Es sind nämlich bei allen Säugethieren wie beim Vogel (§. 7. gg.) zuerst zwei Nabel- venen, die anfänglich erst in der Nähe des Herzens sich vereinigen, dann aber, während die Bauchplatten mit einander verwachsen, ein längeres Stämmchen er- halten, hinter dem Nabel aber entweder getrennt bleiben, wie in den Wieder- käuern, oder, was gewöhnlicher ist, durch eine Anastomose sich vereinen, so dass bald die linke Vene die rechte als Ast aufnimmt und nun als einzige Nabelvene von der linken Seite in den Nabel tritt. Diese Gefässe werden durch den Harnsack immer bis an die äussere Eihaut gehoben und wuchern hier zur Bildung des Cho- rions und Fruchtkuchens, wie wir sogleich hören werden, auf mannigfache Weise.
Eben so wie im Vogel bleibt der Harnsack mit der Kloake, oder, da diese in Säugethieren in Mastdarm und Blase sich theilt, mit der letztern in offener Com- munication. Der verbindende Gang wird in Säugethieren länger als im Vogel. Die Verbindung wird in denjenigen Säugethier-Formen früher aufgehoben, deren
*) Man sieht diese Haut nicht nur in den Abbildungen der Tafel IV. sondern auch der Taf. V. mit h bezeichnet, und wird wohl thun, die Erklärung der letztgenannten Tafel einzusehen.
II. B b
unterschieden desselben Eies sehr verschieden aussieht. Im Allgemeinen wandert sie von dem Dottersacke nach der äuſsern Eihaut, mit der sie verwächst, aber wann und wo sie dort anlangt, hängt vorzüglich von andern Theilen ab, die sie drängen *).
Das flüssige Eiweiſs liegt offenbar zuvörderst auſserhalb der serösen Hülle, aber allmählig dringt es durch diese durch und sammelt sich in ihrem Innern, weshalb bald die seröse Hülle an die äuſsere Eihaut angedrängt wird und mit die- ser verwächst, was durch die Schicht von festem Eiweiſs unterstützt wird, doch läſst sie sich so lange erkennen, bis ein anderer blutreicher Sack (die seröse Hülle ist wie im Vogel ohne alles Blut) sich auch an die äuſsere Haut drängt und mit ihr und der zwischenliegenden Hülle verwächst. Es tritt nämlich aus der Kloake des Embryo auch ein gefäſsreicher Harnsack hervor, der zwischen dem animali- schen und vegetativen Blatte sich herausdrängt und rasch im Innern der serösen Hülle sich vergröſsert.
In allen Säugethier-Embryonen wächst dieser Harnsack hervor, so lange ders. Harnsack und Allan- tois. Leib noch zum gröſsten Theile offen ist, und weil er eine Ausstülpung der Kloake ist, so besteht er aus zwei Hautschichten, einer innern, die eine Verlängerung der Schleimhautschieht und einer äuſsern, die eine Verlängerung der Gefäſsschicht ist. In allen Säugethieren nimmt er in dieser äuſsern Schicht zwei Aeste der Aorta und die Enden zweier im untern Rande der Bauchplatten verlaufenden Venen mit sich. Die ersteren werden die Nabelarterien, die letzteren die Nabelvenen. Es sind nämlich bei allen Säugethieren wie beim Vogel (§. 7. gg.) zuerst zwei Nabel- venen, die anfänglich erst in der Nähe des Herzens sich vereinigen, dann aber, während die Bauchplatten mit einander verwachsen, ein längeres Stämmchen er- halten, hinter dem Nabel aber entweder getrennt bleiben, wie in den Wieder- käuern, oder, was gewöhnlicher ist, durch eine Anastomose sich vereinen, so daſs bald die linke Vene die rechte als Ast aufnimmt und nun als einzige Nabelvene von der linken Seite in den Nabel tritt. Diese Gefäſse werden durch den Harnsack immer bis an die äuſsere Eihaut gehoben und wuchern hier zur Bildung des Cho- rions und Fruchtkuchens, wie wir sogleich hören werden, auf mannigfache Weise.
Eben so wie im Vogel bleibt der Harnsack mit der Kloake, oder, da diese in Säugethieren in Mastdarm und Blase sich theilt, mit der letztern in offener Com- munication. Der verbindende Gang wird in Säugethieren länger als im Vogel. Die Verbindung wird in denjenigen Säugethier-Formen früher aufgehoben, deren
*) Man sieht diese Haut nicht nur in den Abbildungen der Tafel IV. sondern auch der Taf. V. mit h bezeichnet, und wird wohl thun, die Erklärung der letztgenannten Tafel einzusehen.
II. B b
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[193/0203]
unterschieden desselben Eies sehr verschieden aussieht. Im Allgemeinen wandert
sie von dem Dottersacke nach der äuſsern Eihaut, mit der sie verwächst, aber wann
und wo sie dort anlangt, hängt vorzüglich von andern Theilen ab, die sie
drängen *).
Das flüssige Eiweiſs liegt offenbar zuvörderst auſserhalb der serösen Hülle,
aber allmählig dringt es durch diese durch und sammelt sich in ihrem Innern,
weshalb bald die seröse Hülle an die äuſsere Eihaut angedrängt wird und mit die-
ser verwächst, was durch die Schicht von festem Eiweiſs unterstützt wird, doch
läſst sie sich so lange erkennen, bis ein anderer blutreicher Sack (die seröse Hülle
ist wie im Vogel ohne alles Blut) sich auch an die äuſsere Haut drängt und mit
ihr und der zwischenliegenden Hülle verwächst. Es tritt nämlich aus der Kloake
des Embryo auch ein gefäſsreicher Harnsack hervor, der zwischen dem animali-
schen und vegetativen Blatte sich herausdrängt und rasch im Innern der serösen
Hülle sich vergröſsert.
In allen Säugethier-Embryonen wächst dieser Harnsack hervor, so lange der
Leib noch zum gröſsten Theile offen ist, und weil er eine Ausstülpung der Kloake
ist, so besteht er aus zwei Hautschichten, einer innern, die eine Verlängerung
der Schleimhautschieht und einer äuſsern, die eine Verlängerung der Gefäſsschicht
ist. In allen Säugethieren nimmt er in dieser äuſsern Schicht zwei Aeste der Aorta
und die Enden zweier im untern Rande der Bauchplatten verlaufenden Venen mit
sich. Die ersteren werden die Nabelarterien, die letzteren die Nabelvenen. Es
sind nämlich bei allen Säugethieren wie beim Vogel (§. 7. gg.) zuerst zwei Nabel-
venen, die anfänglich erst in der Nähe des Herzens sich vereinigen, dann aber,
während die Bauchplatten mit einander verwachsen, ein längeres Stämmchen er-
halten, hinter dem Nabel aber entweder getrennt bleiben, wie in den Wieder-
käuern, oder, was gewöhnlicher ist, durch eine Anastomose sich vereinen, so
daſs bald die linke Vene die rechte als Ast aufnimmt und nun als einzige Nabelvene
von der linken Seite in den Nabel tritt. Diese Gefäſse werden durch den Harnsack
immer bis an die äuſsere Eihaut gehoben und wuchern hier zur Bildung des Cho-
rions und Fruchtkuchens, wie wir sogleich hören werden, auf mannigfache Weise.
s. Harnsack
und Allan-
tois.
Eben so wie im Vogel bleibt der Harnsack mit der Kloake, oder, da diese in
Säugethieren in Mastdarm und Blase sich theilt, mit der letztern in offener Com-
munication. Der verbindende Gang wird in Säugethieren länger als im Vogel.
Die Verbindung wird in denjenigen Säugethier-Formen früher aufgehoben, deren
*) Man sieht diese Haut nicht nur in den Abbildungen der Tafel IV. sondern auch der Taf. V. mit h
bezeichnet, und wird wohl thun, die Erklärung der letztgenannten Tafel einzusehen.
II. B b
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/203>, abgerufen am 15.06.2024.
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