fung der Welt oder um 3000 vor Christi Geburt. Aber Thubalkain ist eine ebenso mythische Gestalt wie Prometheus. Sein Name bedeutet Thubal der Schmied.
Nach der parischen Marmorchronik hätten die phrygischen Dac- tylen das Eisen im Jahre 1432 v. Chr. entdeckt. Nach den chinesischen Annalen soll das Eisen in China im Jahre 2940 v. Chr. erfunden wor- den sein 1).
Alle diese Angaben sind sagenhaft und unsicher. Dagegen wissen wir aus den erhaltenen Inschriften und Skulpturen der Ägypter, dass bei ihnen bereits zur Zeit der ersten Könige der vierten Dynastie Eisen im Gebrauch war und diese historische Zeit geht selbst noch über die Thubalkains und die der ersten chinesischen Kaiser hinaus. Den Nachweis hierfür werden wir in dem Abschnitte über Ägypten erbringen.
Wenden wir uns nun zu der zweiten Frage, die wir in der Ein- leitung behandeln wollen, zu der Frage über die Stellung des Eisens zu den übrigen Metallen, insbesondere zu der Bronze im Altertume.
Die Erfindung und Darstellung der Metalle aus ihren Erzen war einer der grössten Fortschritte in der Kulturentwickelung des Men- schengeschlechts. Durch sie wurde er in den Stand gesetzt, seine Werkzeuge zu verbessern. Der Mensch unterscheidet sich von dem Tiere hauptsächlich durch die Anwendung von Werkzeugen, durch diese herrscht er. Vor der Entdeckung der Metalle verwendet er Holz, Knochen und Stein zu diesem Zwecke. Das sogenannte Steinzeitalter ging dem Metallzeitalter voraus und umfasst einen ungeheuren, bis jetzt nur geahnten Zeitraum. Trotz ihrer langen Dauer wissen wir über die Steinzeit, ausser dass sie überall nachweisbar ist, wenig Sicheres. Der Kampf um das Dasein war bei der Unvollkommenheit der Werkzeuge noch so erschwert, dass er alle Kräfte des Individuums in Anspruch nahm, wodurch eine Entfaltung seiner höheren Geistes- kräfte sehr behindert war. Durch die Anwendung von Metallwerk- zeugen wurde die Überlegenheit der Menschen, ihre Herrschaft auf Erden gesichert. Die grössere Freiheit und Unabhängigkeit erweckten ein höheres Selbstgefühl, das sich allmählich zum politischen Bewusstsein steigerte, und Veranlassung gab, durch Denkmale und Aufzeichnungen seine Erlebnisse zu verewigen, also zu den Anfängen der Geschichts- schreibung. Eine Geschichte beginnt für uns erst nach der Entdeckung der Metalle. Daraus folgt, dass eine Untersuchung über das Alter der Metalle in vorgeschichtliche Zeiten zurückgreifen und infolgedessen
1) Annales de la Chine traduits par le P. de Meilla, p. 226.
Einleitung.
fung der Welt oder um 3000 vor Christi Geburt. Aber Thubalkain ist eine ebenso mythische Gestalt wie Prometheus. Sein Name bedeutet Thubal der Schmied.
Nach der parischen Marmorchronik hätten die phrygischen Dac- tylen das Eisen im Jahre 1432 v. Chr. entdeckt. Nach den chinesischen Annalen soll das Eisen in China im Jahre 2940 v. Chr. erfunden wor- den sein 1).
Alle diese Angaben sind sagenhaft und unsicher. Dagegen wissen wir aus den erhaltenen Inschriften und Skulpturen der Ägypter, daſs bei ihnen bereits zur Zeit der ersten Könige der vierten Dynastie Eisen im Gebrauch war und diese historische Zeit geht selbst noch über die Thubalkains und die der ersten chinesischen Kaiser hinaus. Den Nachweis hierfür werden wir in dem Abschnitte über Ägypten erbringen.
Wenden wir uns nun zu der zweiten Frage, die wir in der Ein- leitung behandeln wollen, zu der Frage über die Stellung des Eisens zu den übrigen Metallen, insbesondere zu der Bronze im Altertume.
Die Erfindung und Darstellung der Metalle aus ihren Erzen war einer der gröſsten Fortschritte in der Kulturentwickelung des Men- schengeschlechts. Durch sie wurde er in den Stand gesetzt, seine Werkzeuge zu verbessern. Der Mensch unterscheidet sich von dem Tiere hauptsächlich durch die Anwendung von Werkzeugen, durch diese herrscht er. Vor der Entdeckung der Metalle verwendet er Holz, Knochen und Stein zu diesem Zwecke. Das sogenannte Steinzeitalter ging dem Metallzeitalter voraus und umfaſst einen ungeheuren, bis jetzt nur geahnten Zeitraum. Trotz ihrer langen Dauer wissen wir über die Steinzeit, auſser daſs sie überall nachweisbar ist, wenig Sicheres. Der Kampf um das Dasein war bei der Unvollkommenheit der Werkzeuge noch so erschwert, daſs er alle Kräfte des Individuums in Anspruch nahm, wodurch eine Entfaltung seiner höheren Geistes- kräfte sehr behindert war. Durch die Anwendung von Metallwerk- zeugen wurde die Überlegenheit der Menschen, ihre Herrschaft auf Erden gesichert. Die gröſsere Freiheit und Unabhängigkeit erweckten ein höheres Selbstgefühl, das sich allmählich zum politischen Bewuſstsein steigerte, und Veranlassung gab, durch Denkmale und Aufzeichnungen seine Erlebnisse zu verewigen, also zu den Anfängen der Geschichts- schreibung. Eine Geschichte beginnt für uns erst nach der Entdeckung der Metalle. Daraus folgt, daſs eine Untersuchung über das Alter der Metalle in vorgeschichtliche Zeiten zurückgreifen und infolgedessen
1) Annales de la Chine traduits par le P. de Meilla, p. 226.
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[34/0056]
Einleitung.
fung der Welt oder um 3000 vor Christi Geburt. Aber Thubalkain
ist eine ebenso mythische Gestalt wie Prometheus. Sein Name bedeutet
Thubal der Schmied.
Nach der parischen Marmorchronik hätten die phrygischen Dac-
tylen das Eisen im Jahre 1432 v. Chr. entdeckt. Nach den chinesischen
Annalen soll das Eisen in China im Jahre 2940 v. Chr. erfunden wor-
den sein 1).
Alle diese Angaben sind sagenhaft und unsicher. Dagegen wissen
wir aus den erhaltenen Inschriften und Skulpturen der Ägypter, daſs
bei ihnen bereits zur Zeit der ersten Könige der vierten Dynastie Eisen
im Gebrauch war und diese historische Zeit geht selbst noch über
die Thubalkains und die der ersten chinesischen Kaiser hinaus. Den
Nachweis hierfür werden wir in dem Abschnitte über Ägypten erbringen.
Wenden wir uns nun zu der zweiten Frage, die wir in der Ein-
leitung behandeln wollen, zu der Frage über die Stellung des Eisens
zu den übrigen Metallen, insbesondere zu der Bronze im Altertume.
Die Erfindung und Darstellung der Metalle aus ihren Erzen war
einer der gröſsten Fortschritte in der Kulturentwickelung des Men-
schengeschlechts. Durch sie wurde er in den Stand gesetzt, seine
Werkzeuge zu verbessern. Der Mensch unterscheidet sich von dem
Tiere hauptsächlich durch die Anwendung von Werkzeugen, durch
diese herrscht er. Vor der Entdeckung der Metalle verwendet er Holz,
Knochen und Stein zu diesem Zwecke. Das sogenannte Steinzeitalter
ging dem Metallzeitalter voraus und umfaſst einen ungeheuren, bis
jetzt nur geahnten Zeitraum. Trotz ihrer langen Dauer wissen wir
über die Steinzeit, auſser daſs sie überall nachweisbar ist, wenig
Sicheres. Der Kampf um das Dasein war bei der Unvollkommenheit
der Werkzeuge noch so erschwert, daſs er alle Kräfte des Individuums
in Anspruch nahm, wodurch eine Entfaltung seiner höheren Geistes-
kräfte sehr behindert war. Durch die Anwendung von Metallwerk-
zeugen wurde die Überlegenheit der Menschen, ihre Herrschaft auf
Erden gesichert. Die gröſsere Freiheit und Unabhängigkeit erweckten
ein höheres Selbstgefühl, das sich allmählich zum politischen Bewuſstsein
steigerte, und Veranlassung gab, durch Denkmale und Aufzeichnungen
seine Erlebnisse zu verewigen, also zu den Anfängen der Geschichts-
schreibung. Eine Geschichte beginnt für uns erst nach der Entdeckung
der Metalle. Daraus folgt, daſs eine Untersuchung über das Alter der
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1) Annales de la Chine traduits par le P. de Meilla, p. 226.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/56>, abgerufen am 01.11.2024.
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