[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.
Man
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<TEI> <text> <body> <div n="1"> <cit> <quote><pb facs="#f0084" n="82"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Schreibart</hi></fw><lb/> „ſard. Das iſt gewiß, daß die Herren Richard-<lb/> „ſonen unſern Poeten damit loben wollen, und<lb/> „ihn in der That loben, wenn ſie ſagen, daß<lb/> „man in einem gewiſſen Dinge, das man nicht<lb/> „recht nennen koͤnne, das ſeine Schreibart ſo nach-<lb/> „druͤcklich und ſo eigen mache, was fremdes und al-<lb/> „tes erkenne, welches viel von dem Roͤmiſchen und<lb/> „Griechiſchen an ſich habe, aber naturaliſirt<lb/> „Engliſches ſey. Da Milton viele alte und neue<lb/> „Sprachen verſtuhnd, nahm er aus jeglicher,<lb/> „was ſich vor die Natur der Engliſchen ſchickete.<lb/> „Jndem das Feuer, deſſen er voll war, alle<lb/> „Theile dieſer Vermiſchung durchdrang, ſah<lb/> „man ein neues Gemiſche daraus entſtehen, wel-<lb/> „ches nach dem Urtheile der Kenner in den Spra-<lb/> „chen eben das iſt, was das Corinthiſche Ertzt eh-<lb/> „mahls unter den Metallen war. ‒ ‒ Ueber-<lb/> „haupt zu reden, hat Miltons Schreibart zu ih-<lb/> „rem Eigenthume, daß ſie reich und uͤberflieſſend<lb/> „iſt, ohne Gewaſche. Der Ueberfluß iſt viel-<lb/> „mehr in den Begriffen als in den Worten. Sie<lb/> „iſt allemahl nachdruͤcklich, klar und genau. Die<lb/> „Genauigkeit iſt ſo groß, daß Hr. Richardſon<lb/> „ſagt, ſie verurſache bisweilen etwas, das den<lb/> „Schein einer Dunckelheit habe, aber doch nicht<lb/> „dunckel ſey, oder wenn es dunckel ſey, ſo ſey die<lb/> „Schuld nicht der Schreibart ſondern des acht-<lb/> „loſen und im Denken ungeuͤbten Leſers, und<lb/> „ſolcher Leute, welche in Miltons Ausdruͤcken aus<lb/> „derſelben Urſache keinen Verſtand finden, als<lb/> „wir bey hellem Mittage in der Sonnenſcheibe<lb/> „nichts ſehen, dieweil ihr eigner Glantz ſie vor<lb/> „uns verbirgt.„</quote> </cit><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [82/0084]
Von der Schreibart
„ſard. Das iſt gewiß, daß die Herren Richard-
„ſonen unſern Poeten damit loben wollen, und
„ihn in der That loben, wenn ſie ſagen, daß
„man in einem gewiſſen Dinge, das man nicht
„recht nennen koͤnne, das ſeine Schreibart ſo nach-
„druͤcklich und ſo eigen mache, was fremdes und al-
„tes erkenne, welches viel von dem Roͤmiſchen und
„Griechiſchen an ſich habe, aber naturaliſirt
„Engliſches ſey. Da Milton viele alte und neue
„Sprachen verſtuhnd, nahm er aus jeglicher,
„was ſich vor die Natur der Engliſchen ſchickete.
„Jndem das Feuer, deſſen er voll war, alle
„Theile dieſer Vermiſchung durchdrang, ſah
„man ein neues Gemiſche daraus entſtehen, wel-
„ches nach dem Urtheile der Kenner in den Spra-
„chen eben das iſt, was das Corinthiſche Ertzt eh-
„mahls unter den Metallen war. ‒ ‒ Ueber-
„haupt zu reden, hat Miltons Schreibart zu ih-
„rem Eigenthume, daß ſie reich und uͤberflieſſend
„iſt, ohne Gewaſche. Der Ueberfluß iſt viel-
„mehr in den Begriffen als in den Worten. Sie
„iſt allemahl nachdruͤcklich, klar und genau. Die
„Genauigkeit iſt ſo groß, daß Hr. Richardſon
„ſagt, ſie verurſache bisweilen etwas, das den
„Schein einer Dunckelheit habe, aber doch nicht
„dunckel ſey, oder wenn es dunckel ſey, ſo ſey die
„Schuld nicht der Schreibart ſondern des acht-
„loſen und im Denken ungeuͤbten Leſers, und
„ſolcher Leute, welche in Miltons Ausdruͤcken aus
„derſelben Urſache keinen Verſtand finden, als
„wir bey hellem Mittage in der Sonnenſcheibe
„nichts ſehen, dieweil ihr eigner Glantz ſie vor
„uns verbirgt.„
Man
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