[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.Von der Schreibart gen der Wörter angewendet, und worinnen diefranzösische Sprache zu kurtz kömmt; welches ihm Anlaß giebt von Ronsard zu reden: "Ronsard, Jn dem Verfolge sagt er, eben die- Wenn zween Menschen sich vornehmen, einer- aus.
Von der Schreibart gen der Woͤrter angewendet, und worinnen diefranzoͤſiſche Sprache zu kurtz koͤmmt; welches ihm Anlaß giebt von Ronſard zu reden: „Ronſard, Jn dem Verfolge ſagt er, eben die- Wenn zween Menſchen ſich vornehmen, einer- aus.
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Von der Schreibart
gen der Woͤrter angewendet, und worinnen die
franzoͤſiſche Sprache zu kurtz koͤmmt; welches ihm
Anlaß giebt von Ronſard zu reden:
„Ronſard,
„ſagt er, hatte der Sache auf einmahl zu viel
„gethan. Er hatte unſrer Sprache durch allzu
„verwegene und dunkele Verſetzungen Gewalt
„angethan. Er machte eine rohe und ungeſtalte-
„te Sprache daraus. Er brachte allzu viel zu-
„ſammengeſetzte Woͤrter in dieſelbe, welche in
„dem gemeinen Umgange noch nicht eingefuͤhrt
„waren. Er redete franzoͤſiſch auf griechiſch,
„und dieſes ohne die Einwilligung der Franzo-
„ſen. Er hatte meines Beduͤnckens nicht un-
„recht, daß er das Eis brechen wollte, unſre
„Sprache zu bereichern, und unſre Poeſie kuͤh-
„ner zu machen. Aber in den Sprachen richtet
„man ohne die Beyſtimmung der Leute, fuͤr
„welche man redet oder ſchreibet, nichts aus.
„Man muß niemahls zween Schritte zugleich
„thun, man muß ſtille ſtehen, ſobald man ſie-
„het, daß die Leute uns nicht nachfolgen. Vor
„ſich allein ſtehen, iſt allemahl und in allen Din-
„gen mit Gefahr begleitet; und in Sachen,
„wo es bloß auf den Gebrauch ankoͤmmt, iſt
„man nicht zu entſchuldigen, wenn man allein
„bleibet.„ Jn dem Verfolge ſagt er, eben die-
ſes, daß Ronſard der Sache zu viel gethan ha-
be, ſey die Urſache geweſen, daß die Franzoſen
auf das Gegentheil gefallen, uud zu furchtſam
geworden ſeyn; dadurch ſey nun die franzoͤſiſche
Sprache duͤrftig und ſchwindſuͤchtig geworden.
Wenn zween Menſchen ſich vornehmen, einer-
ley zu thun, ſo bringen ſie doch nicht einerley her-
aus.
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