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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.

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Von dem Zustande der Poesie
in welchen er Lobwassers Uebersetzung, die ihm zu
wässerig und zu hart vorgekommen, zu übertreffen
gesucht, aber nach Opitzens Urtheil desselben Feh-
ler nicht vermeiden können. Man kan von seinem
poetischen Vermögen aus folgenden Liedern ur-
theilen, die ihn zum Verfasser haben.

MOrgens eh s'Tages Schein anbricht
Mit Purpurfarbem hellem Licht,
So gläntzt herfür deins Mundes Röth,
Wie vor der Sonn die Morgenröth
Mit rosinfarben Wangen
Hübsch, lustig, klar, aufgangen.
Ein schön karfuncklet hübsch Gestirn
Dein' Aeuglein sind an deiner Stirn;
Dein güldnes Haupt ist wohl formirt,
Wie s'Himmels Runde schön geziert.
Von deiner Aeuglein glitzen
Feurflammen rausher spritzen.
Recht wie die Straln und schnelle Pfeil
Dieselben schiessen her in Eil,
Han mir versehrt mein junges Hertz,
Doch lindert sich der brünstig Schmertz',
Wann ich dein Antlitz schaue,
Holdseligste Jungfraue.
Grünest und blühest aller Ding,
Gleichwie ein Lorbaum im Frühling,
Wie eine Tanne wächßt gerad
Dein werther Leib in gleicher Wad:
Dein' Arme beyd sind eben
Wie zwo neuer Weinreben.
Ach daß, was anrührn deine Händ,
Jn rothe Röslein sey gewendt,
Und

Von dem Zuſtande der Poeſie
in welchen er Lobwaſſers Ueberſetzung, die ihm zu
waͤſſerig und zu hart vorgekommen, zu uͤbertreffen
geſucht, aber nach Opitzens Urtheil deſſelben Feh-
ler nicht vermeiden koͤnnen. Man kan von ſeinem
poetiſchen Vermoͤgen aus folgenden Liedern ur-
theilen, die ihn zum Verfaſſer haben.

MOrgens eh s’Tages Schein anbricht
Mit Purpurfarbem hellem Licht,
So glaͤntzt herfuͤr deins Mundes Roͤth,
Wie vor der Sonn die Morgenroͤth
Mit roſinfarben Wangen
Huͤbſch, luſtig, klar, aufgangen.
Ein ſchoͤn karfuncklet huͤbſch Geſtirn
Dein’ Aeuglein ſind an deiner Stirn;
Dein guͤldnes Haupt iſt wohl formirt,
Wie s’Himmels Runde ſchoͤn geziert.
Von deiner Aeuglein glitzen
Feurflammen rausher ſpritzen.
Recht wie die Straln und ſchnelle Pfeil
Dieſelben ſchieſſen her in Eil,
Han mir verſehrt mein junges Hertz,
Doch lindert ſich der bruͤnſtig Schmertz’,
Wann ich dein Antlitz ſchaue,
Holdſeligſte Jungfraue.
Gruͤneſt und bluͤheſt aller Ding,
Gleichwie ein Lorbaum im Fruͤhling,
Wie eine Tanne waͤchßt gerad
Dein werther Leib in gleicher Wad:
Dein’ Arme beyd ſind eben
Wie zwo neuer Weinreben.
Ach daß, was anruͤhrn deine Haͤnd,
Jn rothe Roͤslein ſey gewendt,
Und
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[4/0004] Von dem Zuſtande der Poeſie in welchen er Lobwaſſers Ueberſetzung, die ihm zu waͤſſerig und zu hart vorgekommen, zu uͤbertreffen geſucht, aber nach Opitzens Urtheil deſſelben Feh- ler nicht vermeiden koͤnnen. Man kan von ſeinem poetiſchen Vermoͤgen aus folgenden Liedern ur- theilen, die ihn zum Verfaſſer haben. MOrgens eh s’Tages Schein anbricht Mit Purpurfarbem hellem Licht, So glaͤntzt herfuͤr deins Mundes Roͤth, Wie vor der Sonn die Morgenroͤth Mit roſinfarben Wangen Huͤbſch, luſtig, klar, aufgangen. Ein ſchoͤn karfuncklet huͤbſch Geſtirn Dein’ Aeuglein ſind an deiner Stirn; Dein guͤldnes Haupt iſt wohl formirt, Wie s’Himmels Runde ſchoͤn geziert. Von deiner Aeuglein glitzen Feurflammen rausher ſpritzen. Recht wie die Straln und ſchnelle Pfeil Dieſelben ſchieſſen her in Eil, Han mir verſehrt mein junges Hertz, Doch lindert ſich der bruͤnſtig Schmertz’, Wann ich dein Antlitz ſchaue, Holdſeligſte Jungfraue. Gruͤneſt und bluͤheſt aller Ding, Gleichwie ein Lorbaum im Fruͤhling, Wie eine Tanne waͤchßt gerad Dein werther Leib in gleicher Wad: Dein’ Arme beyd ſind eben Wie zwo neuer Weinreben. Ach daß, was anruͤhrn deine Haͤnd, Jn rothe Roͤslein ſey gewendt, Und

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/4>, abgerufen am 31.10.2024.