Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

die Katholischen Kirchenangelegenheiten in den Weg
stellten, Trotz geboten? Hat nicht, um nur das
System zu Stande zu bringen, Würtemberg seinen
Landesbischof einem Badischen Erzbischof unterge¬
ordnet, Darmstadt der Metropolitanwürde, welche
Mainz so lange zierte, entsagt, Kurhessen dem
Großherzogthum Hessen den Vorrang eingeräumt?
Hat man nicht selbst die kleinen Staaten Norddeutsch¬
lands in den süddeutschen Verein zu locken gewußt?
Warum wird auf einmal jede Finanz-Rücksicht und
jedes Provinzial-Interesse für nichts geachtet, um
nur den süddeutschen Handelsbund, an welchem in
Deutschland so eifrig gearbeitet wird, zu Stande zu
bringen? -- Die öffentliche Meinung soll da¬
mit gewonnen werden
, die Völklein sollen
an die Möglichkeit glauben
, daß sie ein Volk
werden könnten
; sie sollen in solchen Ver¬
einen ihr Wohl gegründet finden
, sie sollen
Parthei nehmen gegen die
, welche, weil sie
andere Interessen haben
, den gleichen Weg
nicht nehmen können
, und in dieser neuen
Liebelei mit den Völkern und der öffentli¬
chen Meinung
, wollen jene Liberalen dem
Einflusse ein Ziel stecken
, den, zu ihrem
großen Verdrusse
, die großen Mächte noch
immer auf die innern Angelegenheiten der
einzelnen deutschen Staaten ausüben und aus¬
zuübenberufen sind
. Diese Menschen die oft weniger

die Katholiſchen Kirchenangelegenheiten in den Weg
ſtellten, Trotz geboten? Hat nicht, um nur das
Syſtem zu Stande zu bringen, Würtemberg ſeinen
Landesbiſchof einem Badiſchen Erzbiſchof unterge¬
ordnet, Darmſtadt der Metropolitanwürde, welche
Mainz ſo lange zierte, entſagt, Kurheſſen dem
Großherzogthum Heſſen den Vorrang eingeräumt?
Hat man nicht ſelbſt die kleinen Staaten Norddeutſch¬
lands in den ſüddeutſchen Verein zu locken gewußt?
Warum wird auf einmal jede Finanz-Rückſicht und
jedes Provinzial-Intereſſe für nichts geachtet, um
nur den ſüddeutſchen Handelsbund, an welchem in
Deutſchland ſo eifrig gearbeitet wird, zu Stande zu
bringen? — Die öffentliche Meinung ſoll da¬
mit gewonnen werden
, die Völklein ſollen
an die Möglichkeit glauben
, daß ſie ein Volk
werden könnten
; ſie ſollen in ſolchen Ver¬
einen ihr Wohl gegründet finden
, ſie ſollen
Parthei nehmen gegen die
, welche, weil ſie
andere Intereſſen haben
, den gleichen Weg
nicht nehmen können
, und in dieſer neuen
Liebelei mit den Völkern und der öffentli¬
chen Meinung
, wollen jene Liberalen dem
Einfluſſe ein Ziel ſtecken
, den, zu ihrem
großen Verdruſſe
, die großen Mächte noch
immer auf die innern Angelegenheiten der
einzelnen deutſchen Staaten ausüben und aus¬
zuübenberufen ſind
. Dieſe Menſchen die oft weniger

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0266" n="252"/>
die Katholi&#x017F;chen Kirchenangelegenheiten in den Weg<lb/>
&#x017F;tellten, Trotz geboten? Hat nicht, um nur das<lb/>
Sy&#x017F;tem zu Stande zu bringen, Würtemberg &#x017F;einen<lb/>
Landesbi&#x017F;chof einem Badi&#x017F;chen Erzbi&#x017F;chof unterge¬<lb/>
ordnet, Darm&#x017F;tadt der Metropolitanwürde, welche<lb/>
Mainz &#x017F;o lange zierte, ent&#x017F;agt, Kurhe&#x017F;&#x017F;en dem<lb/>
Großherzogthum He&#x017F;&#x017F;en den Vorrang eingeräumt?<lb/>
Hat man nicht &#x017F;elb&#x017F;t die kleinen Staaten Norddeut&#x017F;ch¬<lb/>
lands in den &#x017F;üddeut&#x017F;chen Verein zu locken gewußt?<lb/>
Warum wird auf einmal jede Finanz-Rück&#x017F;icht und<lb/>
jedes Provinzial-Intere&#x017F;&#x017F;e für nichts geachtet, um<lb/>
nur den &#x017F;üddeut&#x017F;chen Handelsbund, an welchem in<lb/>
Deut&#x017F;chland &#x017F;o eifrig gearbeitet wird, zu Stande zu<lb/>
bringen? &#x2014; <hi rendition="#g">Die öffentliche Meinung &#x017F;oll da¬<lb/>
mit gewonnen werden</hi>, <hi rendition="#g">die Völklein &#x017F;ollen<lb/>
an die Möglichkeit glauben</hi>, <hi rendition="#g">daß &#x017F;ie ein Volk<lb/>
werden könnten</hi>; <hi rendition="#g">&#x017F;ie &#x017F;ollen in &#x017F;olchen Ver¬<lb/>
einen ihr Wohl gegründet finden</hi>, <hi rendition="#g">&#x017F;ie &#x017F;ollen<lb/>
Parthei nehmen gegen die</hi>, <hi rendition="#g">welche</hi>, <hi rendition="#g">weil &#x017F;ie<lb/>
andere Intere&#x017F;&#x017F;en haben</hi>, <hi rendition="#g">den gleichen Weg<lb/>
nicht nehmen können</hi>, <hi rendition="#g">und in die&#x017F;er neuen<lb/>
Liebelei mit den Völkern und der öffentli¬<lb/>
chen Meinung</hi>, <hi rendition="#g">wollen jene Liberalen dem<lb/>
Einflu&#x017F;&#x017F;e ein Ziel &#x017F;tecken</hi>, <hi rendition="#g">den</hi>, <hi rendition="#g">zu ihrem<lb/>
großen Verdru&#x017F;&#x017F;e</hi>, <hi rendition="#g">die großen Mächte noch<lb/>
immer auf die innern Angelegenheiten der<lb/>
einzelnen deut&#x017F;chen Staaten ausüben und aus¬<lb/>
zuübenberufen &#x017F;ind</hi>. Die&#x017F;e Men&#x017F;chen die oft weniger<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0266] die Katholiſchen Kirchenangelegenheiten in den Weg ſtellten, Trotz geboten? Hat nicht, um nur das Syſtem zu Stande zu bringen, Würtemberg ſeinen Landesbiſchof einem Badiſchen Erzbiſchof unterge¬ ordnet, Darmſtadt der Metropolitanwürde, welche Mainz ſo lange zierte, entſagt, Kurheſſen dem Großherzogthum Heſſen den Vorrang eingeräumt? Hat man nicht ſelbſt die kleinen Staaten Norddeutſch¬ lands in den ſüddeutſchen Verein zu locken gewußt? Warum wird auf einmal jede Finanz-Rückſicht und jedes Provinzial-Intereſſe für nichts geachtet, um nur den ſüddeutſchen Handelsbund, an welchem in Deutſchland ſo eifrig gearbeitet wird, zu Stande zu bringen? — Die öffentliche Meinung ſoll da¬ mit gewonnen werden, die Völklein ſollen an die Möglichkeit glauben, daß ſie ein Volk werden könnten; ſie ſollen in ſolchen Ver¬ einen ihr Wohl gegründet finden, ſie ſollen Parthei nehmen gegen die, welche, weil ſie andere Intereſſen haben, den gleichen Weg nicht nehmen können, und in dieſer neuen Liebelei mit den Völkern und der öffentli¬ chen Meinung, wollen jene Liberalen dem Einfluſſe ein Ziel ſtecken, den, zu ihrem großen Verdruſſe, die großen Mächte noch immer auf die innern Angelegenheiten der einzelnen deutſchen Staaten ausüben und aus¬ zuübenberufen ſind. Dieſe Menſchen die oft weniger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/266
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/266>, abgerufen am 19.05.2024.