Es war | mal ein Kais | er der Kais | er war kur | rig
pbo_084.002 Der Creticus (Amphimacer) Winterzeit stellt für uns pbo_084.003 einen unvollständigen (katalektischen) Doppeltrochäus dar; der pbo_084.004 Choriambus, eine Vereinigung von Trochäus und Jambus, pbo_084.005 z. B. Frühlingsgesang bedeutet einen unvollständigen pbo_084.006 Doppeldaktylus. Cretici, in einer Zeile fortgeschrieben, wie pbo_084.007 dies Rückert versucht, aber auch nicht durchgeführt hat:
pbo_084.008
Weil im Feld | Frühlingsthau | perlt am jungen Grase pbo_084.009 Soll ich nicht | Freudenquell | lassen taun vom Glase?
pbo_084.010 werden Auge und Ohr stetig stutzen lassen, zumal das Ganze pbo_084.011 deutscher Eurhythmie zuliebe doch am Schlusse auf Trochäen pbo_084.012 hinausläuft. Angemessener verfuhr z. B. Matthisson, der Cretici pbo_084.013 als gereimte Verszeilen verwendet:
pbo_084.014
Gold'ner Scheinpbo_084.015 Deckt den Hain --
pbo_084.016 Was die Choriamben anlangt, so scheint der relativ pbo_084.017 häufigste Vers aus ihnen der sogenannte kleinere Asclepiadeus pbo_084.018 (zwei Choriamben, eingerahmt von einem Trochäus vorn und pbo_084.019 einem Jambus hinten) nur deshalb sich leichter bei uns eingeführt pbo_084.020 zu haben, weil er für das deutsche Ohr sich mit dem pbo_084.021 bald zu besprechenden Pentameter deckt. So verwendet ihn pbo_084.022 Klopstock mit dem Glykoneus als zweitem Vers in der dafür pbo_084.023 schon herbeigezogenen Ode Der Lehrling der Griechen*)
pbo_084.024
Wen des | Genius Blick | als er gebor | ren ward
pbo_084.025 Der Pentameter nämlich ist ein an zwei Stellen, pbo_084.026 nach der Hauptcaesur (Penthemimeres) und am Schluß abgebrochener
*)pbo_084.027 Vergl. Sammlung Göschen Nr. 1. S. 1.
pbo_084.001
Es wár | mal ein Káis | er der Káis | er war kúr | rig
pbo_084.002 Der Creticus (Amphimacer) Wínterzeít stellt für uns pbo_084.003 einen unvollständigen (katalektischen) Doppeltrochäus dar; der pbo_084.004 Choriambus, eine Vereinigung von Trochäus und Jambus, pbo_084.005 z. B. Frǘhlingsgesáng bedeutet einen unvollständigen pbo_084.006 Doppeldaktylus. Cretici, in einer Zeile fortgeschrieben, wie pbo_084.007 dies Rückert versucht, aber auch nicht durchgeführt hat:
pbo_084.008
Wéil im Féld | Frǘhlingstháu | pérlt am júngen Gráse pbo_084.009 Sóll ich nícht | Fréudenquéll | lássen taún vom Gláse?
pbo_084.010 werden Auge und Ohr stetig stutzen lassen, zumal das Ganze pbo_084.011 deutscher Eurhythmie zuliebe doch am Schlusse auf Trochäen pbo_084.012 hinausläuft. Angemessener verfuhr z. B. Matthisson, der Cretici pbo_084.013 als gereimte Verszeilen verwendet:
pbo_084.014
Góld'ner Schéinpbo_084.015 Déckt den Háin —
pbo_084.016 Was die Choriamben anlangt, so scheint der relativ pbo_084.017 häufigste Vers aus ihnen der sogenannte kleinere Asclepiadeus pbo_084.018 (zwei Choriamben, eingerahmt von einem Trochäus vorn und pbo_084.019 einem Jambus hinten) nur deshalb sich leichter bei uns eingeführt pbo_084.020 zu haben, weil er für das deutsche Ohr sich mit dem pbo_084.021 bald zu besprechenden Pentameter deckt. So verwendet ihn pbo_084.022 Klopstock mit dem Glykoneus als zweitem Vers in der dafür pbo_084.023 schon herbeigezogenen Ode Der Lehrling der Griechen*)
pbo_084.024
Wén des | Génius Blíck | áls er gebór | ren wárd
pbo_084.025 Der Pentameter nämlich ist ein an zwei Stellen, pbo_084.026 nach der Hauptcaesur (Penthemimeres) und am Schluß abgebrochener
*)pbo_084.027 Vergl. Sammlung Göschen Nr. 1. S. 1.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0088"n="84"/><lbn="pbo_084.001"/><lg><l>Es wár | mal ein Káis | er der Káis | er war kúr | rig</l></lg><p><lbn="pbo_084.002"/>
Der Creticus (Amphimacer) <hirendition="#g">Wínterzeít</hi> stellt für uns <lbn="pbo_084.003"/>
einen unvollständigen (katalektischen) Doppeltrochäus dar; der <lbn="pbo_084.004"/>
Choriambus, eine Vereinigung von Trochäus und Jambus, <lbn="pbo_084.005"/>
z. B. <hirendition="#g">Frǘhlingsgesáng</hi> bedeutet einen unvollständigen <lbn="pbo_084.006"/>
Doppeldaktylus. Cretici, in einer Zeile fortgeschrieben, wie <lbn="pbo_084.007"/>
dies Rückert versucht, aber auch nicht durchgeführt hat:</p><lbn="pbo_084.008"/><lg><l>Wéil im Féld | Frǘhlingstháu | pérlt am júngen Gráse </l><lbn="pbo_084.009"/><l>Sóll ich nícht | Fréudenquéll | lássen taún vom Gláse?</l></lg><p><lbn="pbo_084.010"/>
werden Auge und Ohr stetig stutzen lassen, zumal das Ganze <lbn="pbo_084.011"/>
deutscher Eurhythmie zuliebe doch am Schlusse auf Trochäen <lbn="pbo_084.012"/>
hinausläuft. Angemessener verfuhr z. B. Matthisson, der Cretici <lbn="pbo_084.013"/>
als gereimte Verszeilen verwendet:</p><lbn="pbo_084.014"/><lg><l>Góld'ner Schéin</l><lbn="pbo_084.015"/><l>Déckt den Háin —</l></lg><p><lbn="pbo_084.016"/>
Was die Choriamben anlangt, so scheint der relativ <lbn="pbo_084.017"/>
häufigste Vers aus ihnen der sogenannte kleinere Asclepiadeus <lbn="pbo_084.018"/>
(zwei Choriamben, eingerahmt von einem Trochäus vorn und <lbn="pbo_084.019"/>
einem Jambus hinten) nur deshalb sich leichter bei uns eingeführt <lbn="pbo_084.020"/>
zu haben, weil er für das deutsche Ohr sich mit dem <lbn="pbo_084.021"/>
bald zu besprechenden Pentameter deckt. So verwendet ihn <lbn="pbo_084.022"/>
Klopstock mit dem Glykoneus als zweitem Vers in der dafür <lbn="pbo_084.023"/>
schon herbeigezogenen Ode <hirendition="#g">Der Lehrling der Griechen</hi><notecorresp="PBO_084_*"place="foot"n="*)"><lbn="pbo_084.027"/>
Vergl. <hirendition="#g">Sammlung Göschen</hi> Nr. 1. S. 1.</note></p><lbn="pbo_084.024"/><lg><l>Wén des | Génius Blíck | áls er gebór | ren wárd</l></lg><p><lbn="pbo_084.025"/>
Der <hirendition="#g">Pentameter</hi> nämlich ist ein an zwei Stellen, <lbn="pbo_084.026"/>
nach der Hauptcaesur (Penthemimeres) und am Schluß abgebrochener
</p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[84/0088]
pbo_084.001
Es wár | mal ein Káis | er der Káis | er war kúr | rig
pbo_084.002
Der Creticus (Amphimacer) Wínterzeít stellt für uns pbo_084.003
einen unvollständigen (katalektischen) Doppeltrochäus dar; der pbo_084.004
Choriambus, eine Vereinigung von Trochäus und Jambus, pbo_084.005
z. B. Frǘhlingsgesáng bedeutet einen unvollständigen pbo_084.006
Doppeldaktylus. Cretici, in einer Zeile fortgeschrieben, wie pbo_084.007
dies Rückert versucht, aber auch nicht durchgeführt hat:
pbo_084.008
Wéil im Féld | Frǘhlingstháu | pérlt am júngen Gráse pbo_084.009
Sóll ich nícht | Fréudenquéll | lássen taún vom Gláse?
pbo_084.010
werden Auge und Ohr stetig stutzen lassen, zumal das Ganze pbo_084.011
deutscher Eurhythmie zuliebe doch am Schlusse auf Trochäen pbo_084.012
hinausläuft. Angemessener verfuhr z. B. Matthisson, der Cretici pbo_084.013
als gereimte Verszeilen verwendet:
pbo_084.014
Góld'ner Schéin pbo_084.015
Déckt den Háin —
pbo_084.016
Was die Choriamben anlangt, so scheint der relativ pbo_084.017
häufigste Vers aus ihnen der sogenannte kleinere Asclepiadeus pbo_084.018
(zwei Choriamben, eingerahmt von einem Trochäus vorn und pbo_084.019
einem Jambus hinten) nur deshalb sich leichter bei uns eingeführt pbo_084.020
zu haben, weil er für das deutsche Ohr sich mit dem pbo_084.021
bald zu besprechenden Pentameter deckt. So verwendet ihn pbo_084.022
Klopstock mit dem Glykoneus als zweitem Vers in der dafür pbo_084.023
schon herbeigezogenen Ode Der Lehrling der Griechen *)
pbo_084.024
Wén des | Génius Blíck | áls er gebór | ren wárd
pbo_084.025
Der Pentameter nämlich ist ein an zwei Stellen, pbo_084.026
nach der Hauptcaesur (Penthemimeres) und am Schluß abgebrochener
*) pbo_084.027
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 1. S. 1.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: manuell (doppelt erfasst).
Bogensignaturen: nicht übernommen;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: DTABf-getreu;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Hervorhebungen durch Wechsel von Fraktur zu Antiqua: nicht gekennzeichnet
Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/borinski_poetik_1895/88>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.