Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Baya. Blutschnabelweber.
derholter Untersuchung verschiedener Nester zur Zeit, zu welcher der Lehm eingebracht wird und
nach der Lage, welche er im Jnnern des Nestes erhält, glaube ich, daß er nur dazu dienen kann,
dasselbe im Gleichgewicht zu halten und die Wirkung des Windes zu brechen. Jn einem Neste,
welches ich untersuchte, fand ich ungefähr drei Unzen Lehm auf sechs verschiedenen Stellen. Man
nimmt gewöhnlich an, daß die unvollendeten Nester vom Männchen zu seinem besondern Gebrauch
erbaut würden, und daß der Lehm mehr in solchen unvollendeten als in fertigen Nestern gefunden
werde: ich habe Dies durch meine in jeder Hinsicht begünstigte Untersuchung nicht bestätigt ge-
funden und glaube eher, daß die unvollendeten Nester wegen ihrer schlechten Bauart oder aus son-
stigen Ursachen verlassen werden."

"Jch habe erfahren, daß der Baya gewöhnlich nur zwei längliche, reinweiße Eier legt, während
Andere eine größere Anzahl beobachteten. Sundewall fand drei, Layard zwei bis vier, Bur-
geß
sechs bis acht, Tikell sechs bis zehn Eier in einem Neste, Blyth glaubt, daß vier oder fünf die
gewöhnliche Zahl seien. Jch meinestheils aber habe nur gelegentlich drei gefunden und halte zwei für
die regelmäßige Zahl. Das Vorhandensein von sechs und mehr Eiern in einem Neste erkläre ich mir,
indem ich annahm, daß mehr als ein Weibchen in dasselbe Nest gelegt haben."

"Junge Bayas werden oft gefangen, gezähmt und zu Kunftstücken abgerichtet, ganz wie unsere
Kanarienvögel, denen sie an Gelehrigkeit ungefähr gleichkommen. Viel unterhaltender aber sind sie
in einem großen Vogelhaus oder Gesellschaftskäfig, weil sie hier wie die übrigen Weber ihre Kunstfer-
tigkeit im Bauen bethätigen."



Am häufigsten unter allen Webervögeln gelangt der Blutschnabelweber oder Dioch zu uns.
Er fehlt gegenwärtig keinem Thiergarten und ist ein regelmäßiger Standvogel jedes Händlers. Die
Kennzeichen der Sippe (Quelea), welche er mit wenigen Verwandten bildet, sind: ein starker Schnabel,
dessen Höhe und Breite zwei Drittel der Länge beträgt, und welcher auf der Firste sanft gebogen, an
den Schneiden eingezogen ist, mittellange Flügel, welche die Schwanzmitte erreichen, ein kurzer,
wenig ausgeschnittener, seitlich abgerundeter Schwanz und ein sperlingsfarbiges Kleid, dessen
Unterseite in der Jugend gefleckt ist, während es im Alter eine fahl oder rosa überlaufene Hauptfär-
bung zeigt.

Der Blutschnabelweber (Quelea sanguinirostris) erreicht nach meinen eigenen Messungen
eine Länge von 4 Zoll 10 Linien und eine Breite von 7 Zoll 10 Linien. Der Fittig mißt 2 Zoll
5 Linien, der Schwanz 1 Zoll 5 Linien. Die Jris ist braun, der Schnabel braunroth, der Fuß
blaßröthlich. Je nach Geschlecht und Jahreszeit verändert sich das Gefieder dieses Vogels. Jm
Hochzeitskleide ist ein angenehmes Fahlroth die Hauptfärbung. Das Gesicht, die Stirn, Wangen
und die Kehle sind schwarz; der Mantel erscheint grünlich schwarzbraun, weil alle Federn schwarze
Schaftflecken, aber röthlichgelbe Säume haben. Die Schwung- und Steuerfedern sind schwarz, die
Außenfahnen der Schwingen citronengelb gesäumt. Den Jungen und den Weibchen mangelt das
schwarze Gesicht. Bald nach der Brut mausert unser Vogel und erhält dann sein Winterkleid.
Jn diesem sind Kehle und Bauch schmuzig weiß, die Brust und die Seiten des Unterkörpers schmuzig
gelb, alle Federn mit verwaschenen, kaum sichtbaren Schaftstrichen. Die ganze Oberseite dagegen ist
grünlich dunkelgrau, die Federn des Nackens und Mantels mit breitem isabellgelben Saume; der
Schwanz ist braungrau; die dritte, vierte und fünfte Schwinge und die fünf äußeren Schwanzfedern
sind goldgelb, die übrigen Schwung- und Steuerfedern isabellgelb gesäumt. Die Männchen unter-
scheiden sich im Winterkleide nur durch lebhaftere Farben; das schwarze Gesicht fehlt gänzlich.

Der Dioch scheint einer der häufigsten aller Webervögel zu sein. Man begegnet ihm im Sudahn
in ungeheuren Scharen. Heuglin erwähnt ihn als einen der gemeinsten Vögel Mittelafrikas, und

15 *

Baya. Blutſchnabelweber.
derholter Unterſuchung verſchiedener Neſter zur Zeit, zu welcher der Lehm eingebracht wird und
nach der Lage, welche er im Jnnern des Neſtes erhält, glaube ich, daß er nur dazu dienen kann,
daſſelbe im Gleichgewicht zu halten und die Wirkung des Windes zu brechen. Jn einem Neſte,
welches ich unterſuchte, fand ich ungefähr drei Unzen Lehm auf ſechs verſchiedenen Stellen. Man
nimmt gewöhnlich an, daß die unvollendeten Neſter vom Männchen zu ſeinem beſondern Gebrauch
erbaut würden, und daß der Lehm mehr in ſolchen unvollendeten als in fertigen Neſtern gefunden
werde: ich habe Dies durch meine in jeder Hinſicht begünſtigte Unterſuchung nicht beſtätigt ge-
funden und glaube eher, daß die unvollendeten Neſter wegen ihrer ſchlechten Bauart oder aus ſon-
ſtigen Urſachen verlaſſen werden.‟

„Jch habe erfahren, daß der Baya gewöhnlich nur zwei längliche, reinweiße Eier legt, während
Andere eine größere Anzahl beobachteten. Sundewall fand drei, Layard zwei bis vier, Bur-
geß
ſechs bis acht, Tikell ſechs bis zehn Eier in einem Neſte, Blyth glaubt, daß vier oder fünf die
gewöhnliche Zahl ſeien. Jch meinestheils aber habe nur gelegentlich drei gefunden und halte zwei für
die regelmäßige Zahl. Das Vorhandenſein von ſechs und mehr Eiern in einem Neſte erkläre ich mir,
indem ich annahm, daß mehr als ein Weibchen in daſſelbe Neſt gelegt haben.‟

„Junge Bayas werden oft gefangen, gezähmt und zu Kunftſtücken abgerichtet, ganz wie unſere
Kanarienvögel, denen ſie an Gelehrigkeit ungefähr gleichkommen. Viel unterhaltender aber ſind ſie
in einem großen Vogelhaus oder Geſellſchaftskäfig, weil ſie hier wie die übrigen Weber ihre Kunſtfer-
tigkeit im Bauen bethätigen.‟



Am häufigſten unter allen Webervögeln gelangt der Blutſchnabelweber oder Dioch zu uns.
Er fehlt gegenwärtig keinem Thiergarten und iſt ein regelmäßiger Standvogel jedes Händlers. Die
Kennzeichen der Sippe (Quelea), welche er mit wenigen Verwandten bildet, ſind: ein ſtarker Schnabel,
deſſen Höhe und Breite zwei Drittel der Länge beträgt, und welcher auf der Firſte ſanft gebogen, an
den Schneiden eingezogen iſt, mittellange Flügel, welche die Schwanzmitte erreichen, ein kurzer,
wenig ausgeſchnittener, ſeitlich abgerundeter Schwanz und ein ſperlingsfarbiges Kleid, deſſen
Unterſeite in der Jugend gefleckt iſt, während es im Alter eine fahl oder roſa überlaufene Hauptfär-
bung zeigt.

Der Blutſchnabelweber (Quelea sanguinirostris) erreicht nach meinen eigenen Meſſungen
eine Länge von 4 Zoll 10 Linien und eine Breite von 7 Zoll 10 Linien. Der Fittig mißt 2 Zoll
5 Linien, der Schwanz 1 Zoll 5 Linien. Die Jris iſt braun, der Schnabel braunroth, der Fuß
blaßröthlich. Je nach Geſchlecht und Jahreszeit verändert ſich das Gefieder dieſes Vogels. Jm
Hochzeitskleide iſt ein angenehmes Fahlroth die Hauptfärbung. Das Geſicht, die Stirn, Wangen
und die Kehle ſind ſchwarz; der Mantel erſcheint grünlich ſchwarzbraun, weil alle Federn ſchwarze
Schaftflecken, aber röthlichgelbe Säume haben. Die Schwung- und Steuerfedern ſind ſchwarz, die
Außenfahnen der Schwingen citronengelb geſäumt. Den Jungen und den Weibchen mangelt das
ſchwarze Geſicht. Bald nach der Brut mauſert unſer Vogel und erhält dann ſein Winterkleid.
Jn dieſem ſind Kehle und Bauch ſchmuzig weiß, die Bruſt und die Seiten des Unterkörpers ſchmuzig
gelb, alle Federn mit verwaſchenen, kaum ſichtbaren Schaftſtrichen. Die ganze Oberſeite dagegen iſt
grünlich dunkelgrau, die Federn des Nackens und Mantels mit breitem iſabellgelben Saume; der
Schwanz iſt braungrau; die dritte, vierte und fünfte Schwinge und die fünf äußeren Schwanzfedern
ſind goldgelb, die übrigen Schwung- und Steuerfedern iſabellgelb geſäumt. Die Männchen unter-
ſcheiden ſich im Winterkleide nur durch lebhaftere Farben; das ſchwarze Geſicht fehlt gänzlich.

Der Dioch ſcheint einer der häufigſten aller Webervögel zu ſein. Man begegnet ihm im Sudahn
in ungeheuren Scharen. Heuglin erwähnt ihn als einen der gemeinſten Vögel Mittelafrikas, und

15 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0249" n="227"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Baya. Blut&#x017F;chnabelweber.</hi></fw><lb/>
derholter Unter&#x017F;uchung ver&#x017F;chiedener Ne&#x017F;ter zur Zeit, zu welcher der Lehm eingebracht wird und<lb/>
nach der Lage, welche er im Jnnern des Ne&#x017F;tes erhält, glaube ich, daß er nur dazu dienen kann,<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe im Gleichgewicht zu halten und die Wirkung des Windes zu brechen. Jn einem Ne&#x017F;te,<lb/>
welches ich unter&#x017F;uchte, fand ich ungefähr drei Unzen Lehm auf &#x017F;echs ver&#x017F;chiedenen Stellen. Man<lb/>
nimmt gewöhnlich an, daß die unvollendeten Ne&#x017F;ter vom Männchen zu &#x017F;einem be&#x017F;ondern Gebrauch<lb/>
erbaut würden, und daß der Lehm mehr in &#x017F;olchen unvollendeten als in fertigen Ne&#x017F;tern gefunden<lb/>
werde: ich habe Dies durch meine in jeder Hin&#x017F;icht begün&#x017F;tigte Unter&#x017F;uchung nicht be&#x017F;tätigt ge-<lb/>
funden und glaube eher, daß die unvollendeten Ne&#x017F;ter wegen ihrer &#x017F;chlechten Bauart oder aus &#x017F;on-<lb/>
&#x017F;tigen Ur&#x017F;achen verla&#x017F;&#x017F;en werden.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch habe erfahren, daß der Baya gewöhnlich nur zwei längliche, reinweiße Eier legt, während<lb/>
Andere eine größere Anzahl beobachteten. <hi rendition="#g">Sundewall</hi> fand drei, <hi rendition="#g">Layard</hi> zwei bis vier, <hi rendition="#g">Bur-<lb/>
geß</hi> &#x017F;echs bis acht, <hi rendition="#g">Tikell</hi> &#x017F;echs bis zehn Eier in einem Ne&#x017F;te, <hi rendition="#g">Blyth</hi> glaubt, daß vier oder fünf die<lb/>
gewöhnliche Zahl &#x017F;eien. Jch meinestheils aber habe <hi rendition="#g">nur</hi> gelegentlich drei gefunden und halte zwei für<lb/>
die regelmäßige Zahl. Das Vorhanden&#x017F;ein von &#x017F;echs und mehr Eiern in einem Ne&#x017F;te erkläre ich mir,<lb/>
indem ich annahm, daß mehr als ein Weibchen in da&#x017F;&#x017F;elbe Ne&#x017F;t gelegt haben.&#x201F;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Junge Bayas werden oft gefangen, gezähmt und zu Kunft&#x017F;tücken abgerichtet, ganz wie un&#x017F;ere<lb/>
Kanarienvögel, denen &#x017F;ie an Gelehrigkeit ungefähr gleichkommen. Viel unterhaltender aber &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
in einem großen Vogelhaus oder Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftskäfig, weil &#x017F;ie hier wie die übrigen Weber ihre Kun&#x017F;tfer-<lb/>
tigkeit im Bauen bethätigen.&#x201F;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Am häufig&#x017F;ten unter allen Webervögeln gelangt der <hi rendition="#g">Blut&#x017F;chnabelweber</hi> oder <hi rendition="#g">Dioch</hi> zu uns.<lb/>
Er fehlt gegenwärtig keinem Thiergarten und i&#x017F;t ein regelmäßiger Standvogel jedes Händlers. Die<lb/>
Kennzeichen der Sippe (<hi rendition="#aq">Quelea</hi>), welche er mit wenigen Verwandten bildet, &#x017F;ind: ein &#x017F;tarker Schnabel,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Höhe und Breite zwei Drittel der Länge beträgt, und welcher auf der Fir&#x017F;te &#x017F;anft gebogen, an<lb/>
den Schneiden eingezogen i&#x017F;t, mittellange Flügel, welche die Schwanzmitte erreichen, ein kurzer,<lb/>
wenig ausge&#x017F;chnittener, &#x017F;eitlich abgerundeter Schwanz und ein &#x017F;perlingsfarbiges Kleid, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Unter&#x017F;eite in der Jugend gefleckt i&#x017F;t, während es im Alter eine fahl oder ro&#x017F;a überlaufene Hauptfär-<lb/>
bung zeigt.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Blut&#x017F;chnabelweber</hi> (<hi rendition="#aq">Quelea sanguinirostris</hi>) erreicht nach meinen eigenen Me&#x017F;&#x017F;ungen<lb/>
eine Länge von 4 Zoll 10 Linien und eine Breite von 7 Zoll 10 Linien. Der Fittig mißt 2 Zoll<lb/>
5 Linien, der Schwanz 1 Zoll 5 Linien. Die Jris i&#x017F;t braun, der Schnabel braunroth, der Fuß<lb/>
blaßröthlich. Je nach Ge&#x017F;chlecht und Jahreszeit verändert &#x017F;ich das Gefieder die&#x017F;es Vogels. Jm<lb/>
Hochzeitskleide i&#x017F;t ein angenehmes Fahlroth die Hauptfärbung. Das Ge&#x017F;icht, die Stirn, Wangen<lb/>
und die Kehle &#x017F;ind &#x017F;chwarz; der Mantel er&#x017F;cheint grünlich &#x017F;chwarzbraun, weil alle Federn &#x017F;chwarze<lb/>
Schaftflecken, aber röthlichgelbe Säume haben. Die Schwung- und Steuerfedern &#x017F;ind &#x017F;chwarz, die<lb/>
Außenfahnen der Schwingen citronengelb ge&#x017F;äumt. Den Jungen und den Weibchen mangelt das<lb/>
&#x017F;chwarze Ge&#x017F;icht. Bald nach der Brut mau&#x017F;ert un&#x017F;er Vogel und erhält dann &#x017F;ein Winterkleid.<lb/>
Jn die&#x017F;em &#x017F;ind Kehle und Bauch &#x017F;chmuzig weiß, die Bru&#x017F;t und die Seiten des Unterkörpers &#x017F;chmuzig<lb/>
gelb, alle Federn mit verwa&#x017F;chenen, kaum &#x017F;ichtbaren Schaft&#x017F;trichen. Die ganze Ober&#x017F;eite dagegen i&#x017F;t<lb/>
grünlich dunkelgrau, die Federn des Nackens und Mantels mit breitem i&#x017F;abellgelben Saume; der<lb/>
Schwanz i&#x017F;t braungrau; die dritte, vierte und fünfte Schwinge und die fünf äußeren Schwanzfedern<lb/>
&#x017F;ind goldgelb, die übrigen Schwung- und Steuerfedern i&#x017F;abellgelb ge&#x017F;äumt. Die Männchen unter-<lb/>
&#x017F;cheiden &#x017F;ich im Winterkleide nur durch lebhaftere Farben; das &#x017F;chwarze Ge&#x017F;icht fehlt gänzlich.</p><lb/>
          <p>Der Dioch &#x017F;cheint einer der häufig&#x017F;ten aller Webervögel zu &#x017F;ein. Man begegnet ihm im Sudahn<lb/>
in ungeheuren Scharen. <hi rendition="#g">Heuglin</hi> erwähnt ihn als einen der gemein&#x017F;ten Vögel Mittelafrikas, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">15 *</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0249] Baya. Blutſchnabelweber. derholter Unterſuchung verſchiedener Neſter zur Zeit, zu welcher der Lehm eingebracht wird und nach der Lage, welche er im Jnnern des Neſtes erhält, glaube ich, daß er nur dazu dienen kann, daſſelbe im Gleichgewicht zu halten und die Wirkung des Windes zu brechen. Jn einem Neſte, welches ich unterſuchte, fand ich ungefähr drei Unzen Lehm auf ſechs verſchiedenen Stellen. Man nimmt gewöhnlich an, daß die unvollendeten Neſter vom Männchen zu ſeinem beſondern Gebrauch erbaut würden, und daß der Lehm mehr in ſolchen unvollendeten als in fertigen Neſtern gefunden werde: ich habe Dies durch meine in jeder Hinſicht begünſtigte Unterſuchung nicht beſtätigt ge- funden und glaube eher, daß die unvollendeten Neſter wegen ihrer ſchlechten Bauart oder aus ſon- ſtigen Urſachen verlaſſen werden.‟ „Jch habe erfahren, daß der Baya gewöhnlich nur zwei längliche, reinweiße Eier legt, während Andere eine größere Anzahl beobachteten. Sundewall fand drei, Layard zwei bis vier, Bur- geß ſechs bis acht, Tikell ſechs bis zehn Eier in einem Neſte, Blyth glaubt, daß vier oder fünf die gewöhnliche Zahl ſeien. Jch meinestheils aber habe nur gelegentlich drei gefunden und halte zwei für die regelmäßige Zahl. Das Vorhandenſein von ſechs und mehr Eiern in einem Neſte erkläre ich mir, indem ich annahm, daß mehr als ein Weibchen in daſſelbe Neſt gelegt haben.‟ „Junge Bayas werden oft gefangen, gezähmt und zu Kunftſtücken abgerichtet, ganz wie unſere Kanarienvögel, denen ſie an Gelehrigkeit ungefähr gleichkommen. Viel unterhaltender aber ſind ſie in einem großen Vogelhaus oder Geſellſchaftskäfig, weil ſie hier wie die übrigen Weber ihre Kunſtfer- tigkeit im Bauen bethätigen.‟ Am häufigſten unter allen Webervögeln gelangt der Blutſchnabelweber oder Dioch zu uns. Er fehlt gegenwärtig keinem Thiergarten und iſt ein regelmäßiger Standvogel jedes Händlers. Die Kennzeichen der Sippe (Quelea), welche er mit wenigen Verwandten bildet, ſind: ein ſtarker Schnabel, deſſen Höhe und Breite zwei Drittel der Länge beträgt, und welcher auf der Firſte ſanft gebogen, an den Schneiden eingezogen iſt, mittellange Flügel, welche die Schwanzmitte erreichen, ein kurzer, wenig ausgeſchnittener, ſeitlich abgerundeter Schwanz und ein ſperlingsfarbiges Kleid, deſſen Unterſeite in der Jugend gefleckt iſt, während es im Alter eine fahl oder roſa überlaufene Hauptfär- bung zeigt. Der Blutſchnabelweber (Quelea sanguinirostris) erreicht nach meinen eigenen Meſſungen eine Länge von 4 Zoll 10 Linien und eine Breite von 7 Zoll 10 Linien. Der Fittig mißt 2 Zoll 5 Linien, der Schwanz 1 Zoll 5 Linien. Die Jris iſt braun, der Schnabel braunroth, der Fuß blaßröthlich. Je nach Geſchlecht und Jahreszeit verändert ſich das Gefieder dieſes Vogels. Jm Hochzeitskleide iſt ein angenehmes Fahlroth die Hauptfärbung. Das Geſicht, die Stirn, Wangen und die Kehle ſind ſchwarz; der Mantel erſcheint grünlich ſchwarzbraun, weil alle Federn ſchwarze Schaftflecken, aber röthlichgelbe Säume haben. Die Schwung- und Steuerfedern ſind ſchwarz, die Außenfahnen der Schwingen citronengelb geſäumt. Den Jungen und den Weibchen mangelt das ſchwarze Geſicht. Bald nach der Brut mauſert unſer Vogel und erhält dann ſein Winterkleid. Jn dieſem ſind Kehle und Bauch ſchmuzig weiß, die Bruſt und die Seiten des Unterkörpers ſchmuzig gelb, alle Federn mit verwaſchenen, kaum ſichtbaren Schaftſtrichen. Die ganze Oberſeite dagegen iſt grünlich dunkelgrau, die Federn des Nackens und Mantels mit breitem iſabellgelben Saume; der Schwanz iſt braungrau; die dritte, vierte und fünfte Schwinge und die fünf äußeren Schwanzfedern ſind goldgelb, die übrigen Schwung- und Steuerfedern iſabellgelb geſäumt. Die Männchen unter- ſcheiden ſich im Winterkleide nur durch lebhaftere Farben; das ſchwarze Geſicht fehlt gänzlich. Der Dioch ſcheint einer der häufigſten aller Webervögel zu ſein. Man begegnet ihm im Sudahn in ungeheuren Scharen. Heuglin erwähnt ihn als einen der gemeinſten Vögel Mittelafrikas, und 15 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/249
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/249>, abgerufen am 29.05.2024.