Wie elend ist Spinosens Blindheit nicht, Wenn er von dieser Sache spricht: Daß die Materie und GOTT nur einerley, Und daß der Cörper, der sich reget, Materialisch gantz, durch sich belebt, beweget, Das allgemeine Wesen sey. Sein' Ordnung soll zugleich allein Die Ursach und die Würckung seyn. Er sey zu aller Zeit Bewegend, und zugleich bewegt von Ewigkeit. Der Stoff zusammt der Krafft, die sie zusammen hängt, Die zeigen in dem Klumpen sich, Der unermäßlich ist, vermengt. Hier ist der Cörper Geist; der Geist ist cörperlich.
Sollt solch ein Jrthum nun wol wahr seyn, und zu leiden? Man muß ja das, was man beweget, unterscheiden Von dem, der es bewegt. Die Ordnung, Zierlichkeit, Erfordern einen allezeit. Der sie gemacht. Kein Werck wird jemals angefangen, Daß der, so es gewürckt, ihm nicht sey vorgegangen. Und wenn solch Werck erscheint, ist es nicht offenbahr, Daß es vom ersteren Befehl die Folge war? Dies grosse Werck besteht im Allerhöchsten Geist. Denselben muß man ja vom Werckzeug unterscheiden. Wir sehen, wie sich uns ein herrlich Schau-Werck weist. Auf! lasst uns was von Dem, der es verfertigt, wissen, Den wir, in selbigem mit vielen Freuden, Erkennen und bewundern müssen.
So
B 5
Vom Urſprunge der Welt.
Wie elend iſt Spinoſens Blindheit nicht, Wenn er von dieſer Sache ſpricht: Daß die Materie und GOTT nur einerley, Und daß der Coͤrper, der ſich reget, Materialiſch gantz, durch ſich belebt, beweget, Das allgemeine Weſen ſey. Sein’ Ordnung ſoll zugleich allein Die Urſach und die Wuͤrckung ſeyn. Er ſey zu aller Zeit Bewegend, und zugleich bewegt von Ewigkeit. Der Stoff zuſammt der Krafft, die ſie zuſammen haͤngt, Die zeigen in dem Klumpen ſich, Der unermaͤßlich iſt, vermengt. Hier iſt der Coͤrper Geiſt; der Geiſt iſt coͤrperlich.
Sollt ſolch ein Jrthum nun wol wahr ſeyn, und zu leiden? Man muß ja das, was man beweget, unterſcheiden Von dem, der es bewegt. Die Ordnung, Zierlichkeit, Erfordern einen allezeit. Der ſie gemacht. Kein Werck wird jemals angefangen, Daß der, ſo es gewuͤrckt, ihm nicht ſey vorgegangen. Und wenn ſolch Werck erſcheint, iſt es nicht offenbahr, Daß es vom erſteren Befehl die Folge war? Dies groſſe Werck beſteht im Allerhoͤchſten Geiſt. Denſelben muß man ja vom Werckzeug unterſcheiden. Wir ſehen, wie ſich uns ein herrlich Schau-Werck weiſt. Auf! laſſt uns was von Dem, der es verfertigt, wiſſen, Den wir, in ſelbigem mit vielen Freuden, Erkennen und bewundern muͤſſen.
So
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[25/0055]
Vom Urſprunge der Welt.
Wie elend iſt Spinoſens Blindheit nicht,
Wenn er von dieſer Sache ſpricht:
Daß die Materie und GOTT nur einerley,
Und daß der Coͤrper, der ſich reget,
Materialiſch gantz, durch ſich belebt, beweget,
Das allgemeine Weſen ſey.
Sein’ Ordnung ſoll zugleich allein
Die Urſach und die Wuͤrckung ſeyn.
Er ſey zu aller Zeit
Bewegend, und zugleich bewegt von Ewigkeit.
Der Stoff zuſammt der Krafft, die ſie zuſammen haͤngt,
Die zeigen in dem Klumpen ſich,
Der unermaͤßlich iſt, vermengt.
Hier iſt der Coͤrper Geiſt; der Geiſt iſt coͤrperlich.
Sollt ſolch ein Jrthum nun wol wahr ſeyn, und zu leiden?
Man muß ja das, was man beweget, unterſcheiden
Von dem, der es bewegt. Die Ordnung, Zierlichkeit,
Erfordern einen allezeit.
Der ſie gemacht. Kein Werck wird jemals angefangen,
Daß der, ſo es gewuͤrckt, ihm nicht ſey vorgegangen.
Und wenn ſolch Werck erſcheint, iſt es nicht offenbahr,
Daß es vom erſteren Befehl die Folge war?
Dies groſſe Werck beſteht im Allerhoͤchſten Geiſt.
Denſelben muß man ja vom Werckzeug unterſcheiden.
Wir ſehen, wie ſich uns ein herrlich Schau-Werck weiſt.
Auf! laſſt uns was von Dem, der es verfertigt, wiſſen,
Den wir, in ſelbigem mit vielen Freuden,
Erkennen und bewundern muͤſſen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/55>, abgerufen am 13.06.2024.
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