Von Heulen, Pfeiffen, Schnauben, Sausen Der Winde, füllet Luft und Ohr; ein fürchterliches Brül- len, Brausen, Der wilden Fluht, betäubt uns fast. Es ward, in dun- keln Finsternissen, Das Schiff bey Schulau, Wittenbergen und Blankenes' vorbey gerissen, So schnell, als wie ein Pfeil vom Bogen. Doch, nun ging die Gefahr erst an. Bey Neuenmühlen, Altona und Hamburg lagen viele Schiffe, Durch welche wir paßiren mußten. Es überdachte Je- dermann, Wie schwer dieß würd', im Dunkeln, halten. Denn, wenn wir eines nur berührt, würd' unser Schiff so gleich zerspalten, Zertrümmern und zerscheitern müssen. Allein, es war kein andrer Rath, Vor Anker konnten wir nicht reiten; wir wären plötzlich voll geschlagen. Das eine Boot war abgerissen, und von den Wellen weggetragen; Das andre war bereits gesunken. Der Ever, der noch bey uns war, Stund selbst in äusserster Gefahr, Er konnte sich und uns nicht helfen. Weil Noth nun kein Gesetze hat; So wagten wirs in Gottes Namen. Da hätte man nun ein Geschrey von Backbort, Stürbort, von Louv-an, Und andern lärmen hören sollen, bis daß uns endlich der Orcan
Durch
Erinnerung einiger Umſtaͤnde
Von Heulen, Pfeiffen, Schnauben, Sauſen Der Winde, fuͤllet Luft und Ohr; ein fuͤrchterliches Bruͤl- len, Brauſen, Der wilden Fluht, betaͤubt uns faſt. Es ward, in dun- keln Finſterniſſen, Das Schiff bey Schulau, Wittenbergen und Blankeneſ’ vorbey geriſſen, So ſchnell, als wie ein Pfeil vom Bogen. Doch, nun ging die Gefahr erſt an. Bey Neuenmuͤhlen, Altona und Hamburg lagen viele Schiffe, Durch welche wir paßiren mußten. Es uͤberdachte Je- dermann, Wie ſchwer dieß wuͤrd’, im Dunkeln, halten. Denn, wenn wir eines nur beruͤhrt, wuͤrd’ unſer Schiff ſo gleich zerſpalten, Zertruͤmmern und zerſcheitern muͤſſen. Allein, es war kein andrer Rath, Vor Anker konnten wir nicht reiten; wir waͤren ploͤtzlich voll geſchlagen. Das eine Boot war abgeriſſen, und von den Wellen weggetragen; Das andre war bereits geſunken. Der Ever, der noch bey uns war, Stund ſelbſt in aͤuſſerſter Gefahr, Er konnte ſich und uns nicht helfen. Weil Noth nun kein Geſetze hat; So wagten wirs in Gottes Namen. Da haͤtte man nun ein Geſchrey von Backbort, Stuͤrbort, von Louv-an, Und andern laͤrmen hoͤren ſollen, bis daß uns endlich der Orcan
Durch
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Erinnerung einiger Umſtaͤnde
Von Heulen, Pfeiffen, Schnauben, Sauſen
Der Winde, fuͤllet Luft und Ohr; ein fuͤrchterliches Bruͤl-
len, Brauſen,
Der wilden Fluht, betaͤubt uns faſt. Es ward, in dun-
keln Finſterniſſen,
Das Schiff bey Schulau, Wittenbergen und Blankeneſ’
vorbey geriſſen,
So ſchnell, als wie ein Pfeil vom Bogen. Doch, nun
ging die Gefahr erſt an.
Bey Neuenmuͤhlen, Altona und Hamburg lagen viele
Schiffe,
Durch welche wir paßiren mußten. Es uͤberdachte Je-
dermann,
Wie ſchwer dieß wuͤrd’, im Dunkeln, halten.
Denn, wenn wir eines nur beruͤhrt, wuͤrd’ unſer Schiff
ſo gleich zerſpalten,
Zertruͤmmern und zerſcheitern muͤſſen. Allein, es war
kein andrer Rath,
Vor Anker konnten wir nicht reiten; wir waͤren ploͤtzlich
voll geſchlagen.
Das eine Boot war abgeriſſen, und von den Wellen
weggetragen;
Das andre war bereits geſunken. Der Ever, der noch
bey uns war,
Stund ſelbſt in aͤuſſerſter Gefahr,
Er konnte ſich und uns nicht helfen. Weil Noth nun
kein Geſetze hat;
So wagten wirs in Gottes Namen.
Da haͤtte man nun ein Geſchrey von Backbort,
Stuͤrbort, von Louv-an,
Und andern laͤrmen hoͤren ſollen, bis daß uns endlich
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/204>, abgerufen am 17.06.2024.
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