Laßt uns, eh' wir weiter gehen, Noch die Bildung und das Fleisch Eines Apfels recht besehen, Welches der gelehrte Ruisch Uns anatomirt gezeiget. Dieses Wunder übersteiget Alles, alles welches man Von Gewächsen denken kann.
Tausend Adern, wie in Thieren, Sind in dieser Frucht zu sehn, Die, in vielerley Manieren, Zirkelnd durch einander gehn. Alle sind mit Fleisch umringet: Wenn der Saft nun durch sie dringet, Wird das Fleisch, drinn er sich senkt, Ausgedehnt, genährt, getränkt.
Ob die Säfte durchs Gedränge Jn die dünne Kleinigkeit Der fast unsichtbaren Gänge Des Geschmacks Beschaffenheit, Oder ob sie aus dem Samen Solch ein Wesen überkamen, Oder durch das Sonnenlicht: Faßt der Menschen Witz noch nicht.
Wer bewundert das Gehäuse Mitten in dem Apfel nicht, Das auf sonderbare Weise, Und recht künstlich, zugericht! Es scheint, dieß sey angeleget, Daß der Same drinn geheget Und genau gesichert sey. Welche Vorsorg herrscht hiebey!
Aus-
uͤber das Reich der Pflanzen.
Laßt uns, eh’ wir weiter gehen, Noch die Bildung und das Fleiſch Eines Apfels recht beſehen, Welches der gelehrte Ruiſch Uns anatomirt gezeiget. Dieſes Wunder uͤberſteiget Alles, alles welches man Von Gewaͤchſen denken kann.
Tauſend Adern, wie in Thieren, Sind in dieſer Frucht zu ſehn, Die, in vielerley Manieren, Zirkelnd durch einander gehn. Alle ſind mit Fleiſch umringet: Wenn der Saft nun durch ſie dringet, Wird das Fleiſch, drinn er ſich ſenkt, Ausgedehnt, genaͤhrt, getraͤnkt.
Ob die Saͤfte durchs Gedraͤnge Jn die duͤnne Kleinigkeit Der faſt unſichtbaren Gaͤnge Des Geſchmacks Beſchaffenheit, Oder ob ſie aus dem Samen Solch ein Weſen uͤberkamen, Oder durch das Sonnenlicht: Faßt der Menſchen Witz noch nicht.
Wer bewundert das Gehaͤuſe Mitten in dem Apfel nicht, Das auf ſonderbare Weiſe, Und recht kuͤnſtlich, zugericht! Es ſcheint, dieß ſey angeleget, Daß der Same drinn geheget Und genau geſichert ſey. Welche Vorſorg herrſcht hiebey!
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uͤber das Reich der Pflanzen.
Laßt uns, eh’ wir weiter gehen,
Noch die Bildung und das Fleiſch
Eines Apfels recht beſehen,
Welches der gelehrte Ruiſch
Uns anatomirt gezeiget.
Dieſes Wunder uͤberſteiget
Alles, alles welches man
Von Gewaͤchſen denken kann.
Tauſend Adern, wie in Thieren,
Sind in dieſer Frucht zu ſehn,
Die, in vielerley Manieren,
Zirkelnd durch einander gehn.
Alle ſind mit Fleiſch umringet:
Wenn der Saft nun durch ſie dringet,
Wird das Fleiſch, drinn er ſich ſenkt,
Ausgedehnt, genaͤhrt, getraͤnkt.
Ob die Saͤfte durchs Gedraͤnge
Jn die duͤnne Kleinigkeit
Der faſt unſichtbaren Gaͤnge
Des Geſchmacks Beſchaffenheit,
Oder ob ſie aus dem Samen
Solch ein Weſen uͤberkamen,
Oder durch das Sonnenlicht:
Faßt der Menſchen Witz noch nicht.
Wer bewundert das Gehaͤuſe
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Das auf ſonderbare Weiſe,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/179>, abgerufen am 01.06.2024.
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