Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835. Danton. Was denn? Camille. Ich lag so zwischen Traum und Wachen. Da schwand die Decke und der Mond sank herein, ganz nahe, ganz dicht, mein Arm erfaßt' ihn. Die Himmelsdecke mit ihren Lichtern hatte sich gesenkt, ich stieß daran, ich betastete die Sterne, ich tau- melte wie ein Ertrinkender unter der Eisdecke. Das war entsetzlich, Danton. Danton. Die Lampe wirft einen runden Schein an die Decke, das sahst du. Camille. Meinetwegen, es braucht gerade nicht viel, um Einem das bischen Verstand verlieren zu machen. Der Wahnsinn faßte mich bei den Haaren. (Er er- hebt sich.) Ich mag nicht mehr schlafen, ich mag nicht verrückt werden. (Er greift nach einem Buch.) Danton. Was nimmst du? Camille. Die Nachtgedanken. Danton. Was denn? Camille. Ich lag ſo zwiſchen Traum und Wachen. Da ſchwand die Decke und der Mond ſank herein, ganz nahe, ganz dicht, mein Arm erfaßt’ ihn. Die Himmelsdecke mit ihren Lichtern hatte ſich geſenkt, ich ſtieß daran, ich betaſtete die Sterne, ich tau- melte wie ein Ertrinkender unter der Eisdecke. Das war entſetzlich, Danton. Danton. Die Lampe wirft einen runden Schein an die Decke, das ſahſt du. Camille. Meinetwegen, es braucht gerade nicht viel, um Einem das bischen Verſtand verlieren zu machen. Der Wahnſinn faßte mich bei den Haaren. (Er er- hebt ſich.) Ich mag nicht mehr ſchlafen, ich mag nicht verrückt werden. (Er greift nach einem Buch.) Danton. Was nimmſt du? Camille. Die Nachtgedanken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0139" n="135"/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#g">Danton.</hi> </speaker><lb/> <p>Was denn?</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#g">Camille.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich lag ſo zwiſchen Traum und Wachen. Da<lb/> ſchwand die Decke und der Mond ſank herein, ganz<lb/> nahe, ganz dicht, mein Arm erfaßt’ ihn. Die<lb/> Himmelsdecke mit ihren Lichtern hatte ſich geſenkt,<lb/> ich ſtieß daran, ich betaſtete die Sterne, ich tau-<lb/> melte wie ein Ertrinkender unter der Eisdecke. Das<lb/> war entſetzlich, Danton.</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#g">Danton.</hi> </speaker><lb/> <p>Die Lampe wirft einen runden Schein an die<lb/> Decke, das ſahſt du.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#g">Camille.</hi> </speaker><lb/> <p>Meinetwegen, es braucht gerade nicht viel, um<lb/> Einem das bischen Verſtand verlieren zu machen.<lb/> Der Wahnſinn faßte mich bei den Haaren. <stage>(Er er-<lb/> hebt ſich.)</stage> Ich mag nicht mehr ſchlafen, ich mag<lb/> nicht verrückt werden.</p> <stage>(Er greift nach einem Buch.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#g">Danton.</hi> </speaker><lb/> <p>Was nimmſt du?</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#g">Camille.</hi> </speaker><lb/> <p>Die Nachtgedanken.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0139]
Danton.
Was denn?
Camille.
Ich lag ſo zwiſchen Traum und Wachen. Da
ſchwand die Decke und der Mond ſank herein, ganz
nahe, ganz dicht, mein Arm erfaßt’ ihn. Die
Himmelsdecke mit ihren Lichtern hatte ſich geſenkt,
ich ſtieß daran, ich betaſtete die Sterne, ich tau-
melte wie ein Ertrinkender unter der Eisdecke. Das
war entſetzlich, Danton.
Danton.
Die Lampe wirft einen runden Schein an die
Decke, das ſahſt du.
Camille.
Meinetwegen, es braucht gerade nicht viel, um
Einem das bischen Verſtand verlieren zu machen.
Der Wahnſinn faßte mich bei den Haaren. (Er er-
hebt ſich.) Ich mag nicht mehr ſchlafen, ich mag
nicht verrückt werden.(Er greift nach einem Buch.)
Danton.
Was nimmſt du?
Camille.
Die Nachtgedanken.
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Zitationshilfe: | Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/139>, abgerufen am 16.06.2024. |