ich eine Biene, wurde aber sogleich ge- wahr, daß zwey Bären sie angefallen hatten, und ihres Honigs wegen in Stücke zerreißen wollten. Da ich nun nichts anderes waffenähnliches in Hän- den hatte, als die silberne Axt, welche das Kennzeichen der Gärtner und Land- arbeiter des Sultans ist, so warf ich diese nach den beiden Räubern, bloß in der Absicht, sie damit wegzuscheu- chen. Die arme Biene setzte ich auch wirklich dadurch in Freyheit; allein durch einen unglücklichen allzu starken Schwung meines Armes flog die Axt in die Höhe, und hörte nicht auf zu fliegen, bis sie im Monde nieder fiel. Wie sollte ich sie nun wieder kriegen? Mit welcher Lei- ter auf Erden sie herunterholen? Da fiel mir ein, daß die türkischen Bohnen sehr geschwind und zu einer ganz erstaun- lichen Höhe empor wüchsen. Augenblick- lich pflanzte ich also eine solche Bohne, welche wirklich empor wuchs, und sich an eines von des Mondes Hörnern von
selbst
ich eine Biene, wurde aber ſogleich ge- wahr, daß zwey Baͤren ſie angefallen hatten, und ihres Honigs wegen in Stuͤcke zerreißen wollten. Da ich nun nichts anderes waffenaͤhnliches in Haͤn- den hatte, als die ſilberne Axt, welche das Kennzeichen der Gaͤrtner und Land- arbeiter des Sultans iſt, ſo warf ich dieſe nach den beiden Raͤubern, bloß in der Abſicht, ſie damit wegzuſcheu- chen. Die arme Biene ſetzte ich auch wirklich dadurch in Freyheit; allein durch einen ungluͤcklichen allzu ſtarken Schwung meines Armes flog die Axt in die Hoͤhe, und hoͤrte nicht auf zu fliegen, bis ſie im Monde nieder fiel. Wie ſollte ich ſie nun wieder kriegen? Mit welcher Lei- ter auf Erden ſie herunterholen? Da fiel mir ein, daß die tuͤrkiſchen Bohnen ſehr geſchwind und zu einer ganz erſtaun- lichen Hoͤhe empor wuͤchſen. Augenblick- lich pflanzte ich alſo eine ſolche Bohne, welche wirklich empor wuchs, und ſich an eines von des Mondes Hoͤrnern von
ſelbſt
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ich eine Biene, wurde aber ſogleich ge-
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hatten, und ihres Honigs wegen in
Stuͤcke zerreißen wollten. Da ich nun
nichts anderes waffenaͤhnliches in Haͤn-
den hatte, als die ſilberne Axt, welche
das Kennzeichen der Gaͤrtner und Land-
arbeiter des Sultans iſt, ſo warf ich
dieſe nach den beiden Raͤubern, bloß
in der Abſicht, ſie damit wegzuſcheu-
chen. Die arme Biene ſetzte ich auch
wirklich dadurch in Freyheit; allein durch
einen ungluͤcklichen allzu ſtarken Schwung
meines Armes flog die Axt in die Hoͤhe,
und hoͤrte nicht auf zu fliegen, bis ſie
im Monde nieder fiel. Wie ſollte ich
ſie nun wieder kriegen? Mit welcher Lei-
ter auf Erden ſie herunterholen? Da
fiel mir ein, daß die tuͤrkiſchen Bohnen
ſehr geſchwind und zu einer ganz erſtaun-
lichen Hoͤhe empor wuͤchſen. Augenblick-
lich pflanzte ich alſo eine ſolche Bohne,
welche wirklich empor wuchs, und ſich an
eines von des Mondes Hoͤrnern von
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[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/71>, abgerufen am 15.06.2024.
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