Noch muß ich dich vor einem sehr gewöhn- lichen Fehler junger Leute warnen, der zwar die Sitten nicht unmittelbar betrift, aber doch nicht selten eben so traurige Folgen, als Bosheit und Laster, hat. Das ist die Verschwendung.
Ein Thor verschleudert ohne Ruhm und Vor- theil mehr, als ein Man von Verstande mit bei- dem ausgibt. Der lezte wendet sein Geld so an, wie seine Zeit; verthut nie einen Schilling von dem ersten, noch eine Minute von der andern, wenn es nicht für etwas ist, das entweder ihm oder andern nüzt, oder vernünftiger Weise ge- fallen kan.
Der Thor hingegen kauft, was er nicht braucht, und bezahlt das nicht, was er nöthig hat. Er kan nicht den Reizungen eines Pup- penkrams widerstehen. Tabaksdosen, Uhren, Stokknöpfe, u. s. w. bringen ihn an den Bettel- stab. Seine Bedienten und die Handwerkslente rotten sich mit seiner eignen Trägheit zusammen, um ihn zu betrügen. In kurzer Zeit findet er sich mit Erstaunen unter allen den lächerlichen, über-
flüßigen
Noch muß ich dich vor einem ſehr gewoͤhn- lichen Fehler junger Leute warnen, der zwar die Sitten nicht unmittelbar betrift, aber doch nicht ſelten eben ſo traurige Folgen, als Bosheit und Laſter, hat. Das iſt die Verſchwendung.
Ein Thor verſchleudert ohne Ruhm und Vor- theil mehr, als ein Man von Verſtande mit bei- dem ausgibt. Der lezte wendet ſein Geld ſo an, wie ſeine Zeit; verthut nie einen Schilling von dem erſten, noch eine Minute von der andern, wenn es nicht fuͤr etwas iſt, das entweder ihm oder andern nuͤzt, oder vernuͤnftiger Weiſe ge- fallen kan.
Der Thor hingegen kauft, was er nicht braucht, und bezahlt das nicht, was er noͤthig hat. Er kan nicht den Reizungen eines Pup- penkrams widerſtehen. Tabaksdoſen, Uhren, Stokknoͤpfe, u. ſ. w. bringen ihn an den Bettel- ſtab. Seine Bedienten und die Handwerkslente rotten ſich mit ſeiner eignen Traͤgheit zuſammen, um ihn zu betruͤgen. In kurzer Zeit findet er ſich mit Erſtaunen unter allen den laͤcherlichen, uͤber-
fluͤßigen
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Noch muß ich dich vor einem ſehr gewoͤhn-
lichen Fehler junger Leute warnen, der zwar die
Sitten nicht unmittelbar betrift, aber doch nicht
ſelten eben ſo traurige Folgen, als Bosheit und
Laſter, hat. Das iſt die Verſchwendung.
Ein Thor verſchleudert ohne Ruhm und Vor-
theil mehr, als ein Man von Verſtande mit bei-
dem ausgibt. Der lezte wendet ſein Geld ſo an,
wie ſeine Zeit; verthut nie einen Schilling von
dem erſten, noch eine Minute von der andern,
wenn es nicht fuͤr etwas iſt, das entweder ihm
oder andern nuͤzt, oder vernuͤnftiger Weiſe ge-
fallen kan.
Der Thor hingegen kauft, was er nicht
braucht, und bezahlt das nicht, was er noͤthig
hat. Er kan nicht den Reizungen eines Pup-
penkrams widerſtehen. Tabaksdoſen, Uhren,
Stokknoͤpfe, u. ſ. w. bringen ihn an den Bettel-
ſtab. Seine Bedienten und die Handwerkslente
rotten ſich mit ſeiner eignen Traͤgheit zuſammen,
um ihn zu betruͤgen. In kurzer Zeit findet er ſich
mit Erſtaunen unter allen den laͤcherlichen, uͤber-
fluͤßigen
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/163>, abgerufen am 15.06.2024.
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