Er. Damit droht dir der alte Narr? Leute, die bedroht werden, leben deswegen doch lange. Kehre dich niemahls an Drohungen!
Du. Ich kan nicht sagen, daß er mir in meinem Leben gedroht hätte. Mir deucht aber, ich thue am besten, wenn ich ihn nicht aufbringe.
Er. Haha! Sie würden einen erbosten Brief von dem alten Kerl erhalten; und damit wär' es alle.
Du. Sie kennen ihn gar nicht recht. Er thut allezeit mehr, als er sagt. Er ist, so viel ich mich entsinne, Zeit Lebens noch nicht gegen mich erbost gewesen. Solt' ich ihn aber aufbringen, so bin ich sicher, er würde mir niemahls vergeben. Er würde auf eine kaltblütige Art unbeweglich sein. Vergebens würde ich bitten und flehen, und mich todt schreiben.
Er. Nun, so ist er ein alter Schurke; das ist alles, was ich sagen kan. Aber folgen Sie nicht auch fein from Ihrer Kindermuhme -- wie heißt sie doch? -- Herrn Harte!
Du. Ich kan es nicht läugnen.
Er.
Er. Damit droht dir der alte Narr? Leute, die bedroht werden, leben deswegen doch lange. Kehre dich niemahls an Drohungen!
Du. Ich kan nicht ſagen, daß er mir in meinem Leben gedroht haͤtte. Mir deucht aber, ich thue am beſten, wenn ich ihn nicht aufbringe.
Er. Haha! Sie wuͤrden einen erbosten Brief von dem alten Kerl erhalten; und damit waͤr’ es alle.
Du. Sie kennen ihn gar nicht recht. Er thut allezeit mehr, als er ſagt. Er iſt, ſo viel ich mich entſinne, Zeit Lebens noch nicht gegen mich erbost geweſen. Solt’ ich ihn aber aufbringen, ſo bin ich ſicher, er wuͤrde mir niemahls vergeben. Er wuͤrde auf eine kaltbluͤtige Art unbeweglich ſein. Vergebens wuͤrde ich bitten und flehen, und mich todt ſchreiben.
Er. Nun, ſo iſt er ein alter Schurke; das iſt alles, was ich ſagen kan. Aber folgen Sie nicht auch fein from Ihrer Kindermuhme — wie heißt ſie doch? — Herrn Harte!
Du. Ich kan es nicht laͤugnen.
Er.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0170"n="164"/><p><hirendition="#fr">Er.</hi> Damit droht dir der alte Narr? Leute,<lb/>
die bedroht werden, leben deswegen doch lange.<lb/>
Kehre dich niemahls an Drohungen!</p><lb/><p><hirendition="#fr">Du.</hi> Ich kan nicht ſagen, daß er mir in<lb/>
meinem Leben gedroht haͤtte. Mir deucht aber,<lb/>
ich thue am beſten, wenn ich ihn nicht aufbringe.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Er.</hi> Haha! Sie wuͤrden einen erbosten<lb/>
Brief von dem alten Kerl erhalten; und damit<lb/>
waͤr’ es alle.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Du.</hi> Sie kennen ihn gar nicht recht. Er thut<lb/>
allezeit mehr, als er ſagt. Er iſt, ſo viel ich mich<lb/>
entſinne, Zeit Lebens noch nicht gegen mich erbost<lb/>
geweſen. Solt’ ich ihn aber aufbringen, ſo bin<lb/>
ich ſicher, er wuͤrde mir niemahls vergeben. Er<lb/>
wuͤrde auf eine kaltbluͤtige Art unbeweglich ſein.<lb/>
Vergebens wuͤrde ich bitten und flehen, und mich<lb/>
todt ſchreiben.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Er.</hi> Nun, ſo iſt er ein alter Schurke; das<lb/>
iſt alles, was ich ſagen kan. Aber folgen Sie<lb/>
nicht auch fein from Ihrer Kindermuhme — wie<lb/>
heißt ſie doch? — Herrn <hirendition="#fr">Harte</hi>!</p><lb/><p><hirendition="#fr">Du.</hi> Ich kan es nicht laͤugnen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Er.</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[164/0170]
Er. Damit droht dir der alte Narr? Leute,
die bedroht werden, leben deswegen doch lange.
Kehre dich niemahls an Drohungen!
Du. Ich kan nicht ſagen, daß er mir in
meinem Leben gedroht haͤtte. Mir deucht aber,
ich thue am beſten, wenn ich ihn nicht aufbringe.
Er. Haha! Sie wuͤrden einen erbosten
Brief von dem alten Kerl erhalten; und damit
waͤr’ es alle.
Du. Sie kennen ihn gar nicht recht. Er thut
allezeit mehr, als er ſagt. Er iſt, ſo viel ich mich
entſinne, Zeit Lebens noch nicht gegen mich erbost
geweſen. Solt’ ich ihn aber aufbringen, ſo bin
ich ſicher, er wuͤrde mir niemahls vergeben. Er
wuͤrde auf eine kaltbluͤtige Art unbeweglich ſein.
Vergebens wuͤrde ich bitten und flehen, und mich
todt ſchreiben.
Er. Nun, ſo iſt er ein alter Schurke; das
iſt alles, was ich ſagen kan. Aber folgen Sie
nicht auch fein from Ihrer Kindermuhme — wie
heißt ſie doch? — Herrn Harte!
Du. Ich kan es nicht laͤugnen.
Er.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/170>, abgerufen am 15.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.