Da sie aber nichts als funfzehn oder zwanzig Realen finden, die der Raths-Diener zu sich nahm; so such- ten sie seinen Quersack durch, und hatten nicht viel Mühe, den Man- tel des Don Ferdinands zu fin- den. Da sagte der Raths-Diener: Jch wollte mir wohl die Ohren ab- schneiden lassen, wenn dieser Mensch nicht ein Strassen-Räuber ist: seine Gesichtsbildung und dieser Mantel, den er ohne Zweifel gestohlen, ma- chen mir dieses glaubhaft. Roderi- ge, der sich ein wenig wieder erho- let, antwortete ihm: Jch schwöre, daß man ausser dem Könige keinen ehrlichern Menschen, als mich, in ganz Spanien antreffen könnte. Weil er aber wenig gewohnt war, sich in dem, wessen man ihn beschuldigte, unschuldig zu finden: so wurde er so verwegen, daß er dem Raths-Die- ner so viel Schimpf-Worte oder Wahrheiten sagte, daß dieser, dem es verdroß, ohngeachtet der Wirth schrie, daß man ihn sollte gehen las- sen, daß er vor ihn Bürge seyn woll-
te,
Da ſie aber nichts als funfzehn oder zwanzig Realen finden, die der Raths-Diener zu ſich nahm; ſo ſuch- ten ſie ſeinen Querſack durch, und hatten nicht viel Muͤhe, den Man- tel des Don Ferdinands zu fin- den. Da ſagte der Raths-Diener: Jch wollte mir wohl die Ohren ab- ſchneiden laſſen, wenn dieſer Menſch nicht ein Straſſen-Raͤuber iſt: ſeine Geſichtsbildung und dieſer Mantel, den er ohne Zweifel geſtohlen, ma- chen mir dieſes glaubhaft. Roderi- ge, der ſich ein wenig wieder erho- let, antwortete ihm: Jch ſchwoͤre, daß man auſſer dem Koͤnige keinen ehrlichern Menſchen, als mich, in ganz Spanien antreffen koͤnnte. Weil er aber wenig gewohnt war, ſich in dem, weſſen man ihn beſchuldigte, unſchuldig zu finden: ſo wurde er ſo verwegen, daß er dem Raths-Die- ner ſo viel Schimpf-Worte oder Wahrheiten ſagte, daß dieſer, dem es verdroß, ohngeachtet der Wirth ſchrie, daß man ihn ſollte gehen laſ- ſen, daß er vor ihn Buͤrge ſeyn woll-
te,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0079"n="77"/>
Da ſie aber nichts als funfzehn oder<lb/>
zwanzig Realen finden, die der<lb/>
Raths-Diener zu ſich nahm; ſo ſuch-<lb/>
ten ſie ſeinen Querſack durch, und<lb/>
hatten nicht viel Muͤhe, den Man-<lb/>
tel des <hirendition="#fr"><hirendition="#g">Don Ferdinands</hi></hi> zu fin-<lb/>
den. Da ſagte der Raths-Diener:<lb/>
Jch wollte mir wohl die Ohren ab-<lb/>ſchneiden laſſen, wenn dieſer Menſch<lb/>
nicht ein Straſſen-Raͤuber iſt: ſeine<lb/>
Geſichtsbildung und dieſer Mantel,<lb/>
den er ohne Zweifel geſtohlen, ma-<lb/>
chen mir dieſes glaubhaft. <hirendition="#fr"><hirendition="#g">Roderi-<lb/>
ge</hi></hi>, der ſich ein wenig wieder erho-<lb/>
let, antwortete ihm: Jch ſchwoͤre,<lb/>
daß man auſſer dem Koͤnige keinen<lb/>
ehrlichern Menſchen, als mich, in<lb/>
ganz Spanien antreffen koͤnnte. Weil<lb/>
er aber wenig gewohnt war, ſich in<lb/>
dem, weſſen man ihn beſchuldigte,<lb/>
unſchuldig zu finden: ſo wurde er ſo<lb/>
verwegen, daß er dem Raths-Die-<lb/>
ner ſo viel Schimpf-Worte oder<lb/>
Wahrheiten ſagte, daß dieſer, dem<lb/>
es verdroß, ohngeachtet der Wirth<lb/>ſchrie, daß man ihn ſollte gehen laſ-<lb/>ſen, daß er vor ihn Buͤrge ſeyn woll-<lb/><fwtype="catch"place="bottom">te,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[77/0079]
Da ſie aber nichts als funfzehn oder
zwanzig Realen finden, die der
Raths-Diener zu ſich nahm; ſo ſuch-
ten ſie ſeinen Querſack durch, und
hatten nicht viel Muͤhe, den Man-
tel des Don Ferdinands zu fin-
den. Da ſagte der Raths-Diener:
Jch wollte mir wohl die Ohren ab-
ſchneiden laſſen, wenn dieſer Menſch
nicht ein Straſſen-Raͤuber iſt: ſeine
Geſichtsbildung und dieſer Mantel,
den er ohne Zweifel geſtohlen, ma-
chen mir dieſes glaubhaft. Roderi-
ge, der ſich ein wenig wieder erho-
let, antwortete ihm: Jch ſchwoͤre,
daß man auſſer dem Koͤnige keinen
ehrlichern Menſchen, als mich, in
ganz Spanien antreffen koͤnnte. Weil
er aber wenig gewohnt war, ſich in
dem, weſſen man ihn beſchuldigte,
unſchuldig zu finden: ſo wurde er ſo
verwegen, daß er dem Raths-Die-
ner ſo viel Schimpf-Worte oder
Wahrheiten ſagte, daß dieſer, dem
es verdroß, ohngeachtet der Wirth
ſchrie, daß man ihn ſollte gehen laſ-
ſen, daß er vor ihn Buͤrge ſeyn woll-
te,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/79>, abgerufen am 13.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.