Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.hat die schlimmsten Folgen gehabt, schlimme Folgen für Sie, hat die ſchlimmſten Folgen gehabt, ſchlimme Folgen für Sie, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0071" n="59"/> hat die ſchlimmſten Folgen gehabt, ſchlimme Folgen für Sie,<lb/> ſchlimme Folgen für das ganze Volk ........ Sie ſelbſt<lb/> merken es nicht, oder wollen es nicht merken, wie es in der<lb/> öffentlichen Meinung mit Jhnen ſteht, wollen ſich Jhr eigenes<lb/> Elend vielleicht nicht ſelber eingeſtehen; Sie ſchmeicheln ſich<lb/> noch mit einem Wirkungskreiſe, den Sie längſt verloren<lb/> haben ........ Warum haben Sie ſelber den Schleier<lb/> weggezogen, der Jhre Blöße notdürftig verhüllte? Aber auch<lb/> für ihre übrigen Mitmenſchen iſt dieſe Jhre fortgeſetzte Un-<lb/> wahrheit von den ſchlimmſten Folgen geweſen. Das Beiſpiel<lb/> der Geiſtlichen hat ſeine Früchte getragen. Wenn mit dem<lb/> Heiligſten, was der Menſch beſitzt, ſo offen ein lügenhaftes<lb/> Spiel getrieben wird, ſollte das nicht einwirken zuletzt auf<lb/> den ganzen Volkscharakter? Wer mit unwahrer Phraſen-<lb/> macherei aufgenommen wird in die Gemeinde der Chriſten,<lb/> wie das durch Sie geſchieht am Tage der Konfirmation: wer<lb/> ein Glaubensbekenntnis nachſprechen muß, von dem er längſt<lb/> gemerkt hat, daß der Vorſprecher es ſelber nicht glaubt,<lb/> meinen Sie denn, daß er es ſpäter genau nehmen wird mit<lb/> ſeinen eigenen Worten und Überzeugungen? Ja, unſer<lb/> Volk iſt unwahr geworden, unwahr durch und durch. Hohle,<lb/> pomphafte Phraſen, von denen das Herz nichts weiß, gehen<lb/> geläufig von Mund zu Mund, falſch Zeugnis wird geredet<lb/> auf allen Gebieten des Lebens, und Sie ſind es, welche das<lb/> Volk dieſe Kunſt gelehrt haben. Fragen Sie unſere Juriſten<lb/> wie viele falſche Eide wohl jährlich geſchworen werden mögen.<lb/> O, was haben Sie aus uns Deutſchen, was haben Sie aus<lb/> der Kirche Chriſti gemacht ..................<lb/> Wohl, ziehen wir für immer einen Schleier über die Ver-<lb/> gangenheit, nehmen wir an, daß die Feuertaufe der Wahrheit<lb/> plötzlich über Jhre Gemüter ausgeſtrömt ſei und dieſelben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0071]
hat die ſchlimmſten Folgen gehabt, ſchlimme Folgen für Sie,
ſchlimme Folgen für das ganze Volk ........ Sie ſelbſt
merken es nicht, oder wollen es nicht merken, wie es in der
öffentlichen Meinung mit Jhnen ſteht, wollen ſich Jhr eigenes
Elend vielleicht nicht ſelber eingeſtehen; Sie ſchmeicheln ſich
noch mit einem Wirkungskreiſe, den Sie längſt verloren
haben ........ Warum haben Sie ſelber den Schleier
weggezogen, der Jhre Blöße notdürftig verhüllte? Aber auch
für ihre übrigen Mitmenſchen iſt dieſe Jhre fortgeſetzte Un-
wahrheit von den ſchlimmſten Folgen geweſen. Das Beiſpiel
der Geiſtlichen hat ſeine Früchte getragen. Wenn mit dem
Heiligſten, was der Menſch beſitzt, ſo offen ein lügenhaftes
Spiel getrieben wird, ſollte das nicht einwirken zuletzt auf
den ganzen Volkscharakter? Wer mit unwahrer Phraſen-
macherei aufgenommen wird in die Gemeinde der Chriſten,
wie das durch Sie geſchieht am Tage der Konfirmation: wer
ein Glaubensbekenntnis nachſprechen muß, von dem er längſt
gemerkt hat, daß der Vorſprecher es ſelber nicht glaubt,
meinen Sie denn, daß er es ſpäter genau nehmen wird mit
ſeinen eigenen Worten und Überzeugungen? Ja, unſer
Volk iſt unwahr geworden, unwahr durch und durch. Hohle,
pomphafte Phraſen, von denen das Herz nichts weiß, gehen
geläufig von Mund zu Mund, falſch Zeugnis wird geredet
auf allen Gebieten des Lebens, und Sie ſind es, welche das
Volk dieſe Kunſt gelehrt haben. Fragen Sie unſere Juriſten
wie viele falſche Eide wohl jährlich geſchworen werden mögen.
O, was haben Sie aus uns Deutſchen, was haben Sie aus
der Kirche Chriſti gemacht ..................
Wohl, ziehen wir für immer einen Schleier über die Ver-
gangenheit, nehmen wir an, daß die Feuertaufe der Wahrheit
plötzlich über Jhre Gemüter ausgeſtrömt ſei und dieſelben
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Zitationshilfe: | Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diefenbach_reformation_1897/71>, abgerufen am 13.06.2024. |