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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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Vom reichen Kaufmann hab' ich euch erzählt,
Der seine dürst'gen Schuldner so gequält,
Und kam mit sieben Säcken von Bagneres,
Vier von Juwelen, drei von Golde schwer;
Wie er aus Geiz den schlimmen Führer nahm,
Und ihm das Unthier auf den Nacken kam.
Am Halse sah man noch der Kralle Spuren,
Die sieben Säcke hat es weggezuckt,
Und seine Börse auch, und seine Uhren,
Die hat es all' zerbissen und verschluckt.
Schließt die Thür, es brummt im Wald!
Als die Sonne sich heut verkrochen,
Lag das Wetter am Riff geballt,
Und nun hört man's sieden und kochen.
Ruhig, ruhig, du kleines Ding!
Hörst du? -- drunten im Stalle -- bu!
Hörst du's? Hörst du's? kling, klang, kling,
Schüttelt die Kette der Loup Garou.
Doch von dem Trunkenbolde wißt ihr nicht,
Dem in der kalten Weihnacht am Gesicht
Das Thier gefressen, daß am heil'gen Tag
Er wund und scheußlich über'm Schneee lag.
Vom reichen Kaufmann hab’ ich euch erzählt,
Der ſeine dürſt’gen Schuldner ſo gequält,
Und kam mit ſieben Säcken von Bagneres,
Vier von Juwelen, drei von Golde ſchwer;
Wie er aus Geiz den ſchlimmen Führer nahm,
Und ihm das Unthier auf den Nacken kam.
Am Halſe ſah man noch der Kralle Spuren,
Die ſieben Säcke hat es weggezuckt,
Und ſeine Börſe auch, und ſeine Uhren,
Die hat es all’ zerbiſſen und verſchluckt.
Schließt die Thür, es brummt im Wald!
Als die Sonne ſich heut verkrochen,
Lag das Wetter am Riff geballt,
Und nun hört man’s ſieden und kochen.
Ruhig, ruhig, du kleines Ding!
Hörſt du? — drunten im Stalle — bu!
Hörſt du’s? Hörſt du’s? kling, klang, kling,
Schüttelt die Kette der Loup Garou.
Doch von dem Trunkenbolde wißt ihr nicht,
Dem in der kalten Weihnacht am Geſicht
Das Thier gefreſſen, daß am heil’gen Tag
Er wund und ſcheußlich über’m Schneee lag.
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[90/0106] Vom reichen Kaufmann hab’ ich euch erzählt, Der ſeine dürſt’gen Schuldner ſo gequält, Und kam mit ſieben Säcken von Bagneres, Vier von Juwelen, drei von Golde ſchwer; Wie er aus Geiz den ſchlimmen Führer nahm, Und ihm das Unthier auf den Nacken kam. Am Halſe ſah man noch der Kralle Spuren, Die ſieben Säcke hat es weggezuckt, Und ſeine Börſe auch, und ſeine Uhren, Die hat es all’ zerbiſſen und verſchluckt. Schließt die Thür, es brummt im Wald! Als die Sonne ſich heut verkrochen, Lag das Wetter am Riff geballt, Und nun hört man’s ſieden und kochen. Ruhig, ruhig, du kleines Ding! Hörſt du? — drunten im Stalle — bu! Hörſt du’s? Hörſt du’s? kling, klang, kling, Schüttelt die Kette der Loup Garou. Doch von dem Trunkenbolde wißt ihr nicht, Dem in der kalten Weihnacht am Geſicht Das Thier gefreſſen, daß am heil’gen Tag Er wund und ſcheußlich über’m Schneee lag.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/106>, abgerufen am 20.05.2024.