Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868.solchen auf ästhetischem Wege vergebens suchen würde? Wer der Doch ich verfolge diese Fragen nicht weiter, da sie über den solchen auf ästhetischem Wege vergebens suchen würde? Wer der Doch ich verfolge diese Fragen nicht weiter, da sie über den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="61"/> solchen auf ästhetischem Wege vergebens suchen würde? Wer der<lb/> geschichtlichen Welt den Fortschritt vindicirt, der mag bedauern, dass<lb/> nur ein Theil dieser eigenthümlichen Bewegung des Menschengeschlechts<lb/> unserem Blick erreichbar, er mag bedauern, dass nur die Richtung<lb/> dieser Bewegung, nicht ihr Ziel, nur die Thatsache dieser Bewegung,<lb/> nicht das Bewegende erkennbar ist; aber wird er sich dabei beruhigen,<lb/> wird er nach dem tiefsten Bedürfniss des Geistes, dem, sich als Totalität<lb/> zu empfinden und zu wissen, sich dabei beruhigen können, dass die eine<lb/> Form der Empirie ihm ein Räthsel zeigt, welches die andere ihm nicht<lb/> löst? wird er, nachdem er erkannt, dass da ein Problem, ein Räthsel<lb/> ist, es für nicht vorhanden erklären, weil er es nicht lösen kann?<lb/> nicht lösen kann, weil er es entweder als Charade oder als Logogriph,<lb/> entweder als Sylben- oder Buchstabenräthsel gelöst sehen will, während<lb/> es ein Sinnräthsel ist? Wird man, weil von dem einen Standpunkt<lb/> wissenschaftlicher Erkenntniss aus eine gewisse Seite des Allseins und<lb/> Alllebens gar nicht sichtbar wird — eben die metaphysische Seite, die<lb/> nach dem alten Spiel des Wortes hinter der physikalischen ist, — und<lb/> weil von dem Standpunkt der andern aus nur wie perspectivisch ein<lb/> wenig davon das Auge streift, wird man darum schliessen müssen,<lb/> dass sie nicht vorhanden ist, diese dritte Seite, ausser in unserem<lb/> Irrthum? wenn wir das Licht nicht mit den Händen greifen und mit<lb/> den Ohren hören können, ist es darum nicht? ist nicht vielmehr<lb/> darum „das Auge sonnenhaft“, damit es das Licht fassend uns das<lb/> wahrnehmbar mache, was wir mit den Händen nicht greifen und mit<lb/> den Ohren nicht hören können?</p><lb/> <p>Doch ich verfolge diese Fragen nicht weiter, da sie über den<lb/> Gedankenkreis hinaus liegen, in dem sich Buckle’s Versuch, eine Wissen-<lb/> schaftslehre der Geschichte zu begründen, bewegt. Die gegebenen An-<lb/> deutungen werden hinreichend sein zu zeigen, dass er die Aufgabe, die<lb/> er sich stellt, nicht so gefasst hat, wie nöthig war um sie weiter zu<lb/> führen, dass er weder ihren Umfang noch ihr Gewicht gewürdigt hat, —<lb/> eine Aufgabe, die, wie mir scheint, ausser der besonderen Bedeutung<lb/> für unsere Studien noch eine andere allgemeinere hat und eben darum<lb/> die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt zu beschäftigen beginnt.<lb/> Sie scheint dazu angethan, den Mittelpunkt der grossen Discussion zu<lb/> werden, welche in dem Gesammtleben der Wissenschaften die nächste<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0070]
solchen auf ästhetischem Wege vergebens suchen würde? Wer der
geschichtlichen Welt den Fortschritt vindicirt, der mag bedauern, dass
nur ein Theil dieser eigenthümlichen Bewegung des Menschengeschlechts
unserem Blick erreichbar, er mag bedauern, dass nur die Richtung
dieser Bewegung, nicht ihr Ziel, nur die Thatsache dieser Bewegung,
nicht das Bewegende erkennbar ist; aber wird er sich dabei beruhigen,
wird er nach dem tiefsten Bedürfniss des Geistes, dem, sich als Totalität
zu empfinden und zu wissen, sich dabei beruhigen können, dass die eine
Form der Empirie ihm ein Räthsel zeigt, welches die andere ihm nicht
löst? wird er, nachdem er erkannt, dass da ein Problem, ein Räthsel
ist, es für nicht vorhanden erklären, weil er es nicht lösen kann?
nicht lösen kann, weil er es entweder als Charade oder als Logogriph,
entweder als Sylben- oder Buchstabenräthsel gelöst sehen will, während
es ein Sinnräthsel ist? Wird man, weil von dem einen Standpunkt
wissenschaftlicher Erkenntniss aus eine gewisse Seite des Allseins und
Alllebens gar nicht sichtbar wird — eben die metaphysische Seite, die
nach dem alten Spiel des Wortes hinter der physikalischen ist, — und
weil von dem Standpunkt der andern aus nur wie perspectivisch ein
wenig davon das Auge streift, wird man darum schliessen müssen,
dass sie nicht vorhanden ist, diese dritte Seite, ausser in unserem
Irrthum? wenn wir das Licht nicht mit den Händen greifen und mit
den Ohren hören können, ist es darum nicht? ist nicht vielmehr
darum „das Auge sonnenhaft“, damit es das Licht fassend uns das
wahrnehmbar mache, was wir mit den Händen nicht greifen und mit
den Ohren nicht hören können?
Doch ich verfolge diese Fragen nicht weiter, da sie über den
Gedankenkreis hinaus liegen, in dem sich Buckle’s Versuch, eine Wissen-
schaftslehre der Geschichte zu begründen, bewegt. Die gegebenen An-
deutungen werden hinreichend sein zu zeigen, dass er die Aufgabe, die
er sich stellt, nicht so gefasst hat, wie nöthig war um sie weiter zu
führen, dass er weder ihren Umfang noch ihr Gewicht gewürdigt hat, —
eine Aufgabe, die, wie mir scheint, ausser der besonderen Bedeutung
für unsere Studien noch eine andere allgemeinere hat und eben darum
die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt zu beschäftigen beginnt.
Sie scheint dazu angethan, den Mittelpunkt der grossen Discussion zu
werden, welche in dem Gesammtleben der Wissenschaften die nächste
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