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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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ben, bis alles verbraucht seyn wird. Besonders aber
ist ihnen unsere philosophische Idealität willkommen;
denn jedes Ideelle ist dienlich zu revolutionären Zwecken."

"Die Franzosen, fuhr Goethe fort, haben Verstand
und Geist, aber kein Fundament und keine Pietät.
Was ihnen im Augenblick dient, was ihrer Partey zu
Gute kommen kann, ist ihnen das Rechte. Sie loben
uns daher auch nie aus Anerkennung unserer Verdienste,
sondern nur wenn sie durch unsere Ansichten ihre Partey
verstärken können."

Wir sprachen darauf über unsere eigene Literatur
und was einigen unserer neuesten jungen Dichter hin¬
derlich.

"Der Mehrzahl unserer jungen Poeten, sagte Goethe,
fehlt weiter nichts, als daß ihre Subjectivität nicht be¬
deutend ist und daß sie im Objectiven den Stoff nicht
zu finden wissen. Im höchsten Falle finden sie einen
Stoff, der ihnen ähnlich ist, der ihrem Subjecte zusagt;
den Stoff aber um sein selbst willen, weil er ein poeti¬
scher ist, auch dann zu ergreifen, wenn er dem Subject
widerwärtig wäre, daran ist nicht zu denken."

"Aber, wie gesagt, wären es nur bedeutende Per¬
sonagen, die durch große Studien und Lebensverhältnisse
gebildet würden, so möchte es, wenigstens um unsere
jungen Dichter lyrischer Art, dennoch sehr gut stehen."


ben, bis alles verbraucht ſeyn wird. Beſonders aber
iſt ihnen unſere philoſophiſche Idealitaͤt willkommen;
denn jedes Ideelle iſt dienlich zu revolutionaͤren Zwecken.“

„Die Franzoſen, fuhr Goethe fort, haben Verſtand
und Geiſt, aber kein Fundament und keine Pietaͤt.
Was ihnen im Augenblick dient, was ihrer Partey zu
Gute kommen kann, iſt ihnen das Rechte. Sie loben
uns daher auch nie aus Anerkennung unſerer Verdienſte,
ſondern nur wenn ſie durch unſere Anſichten ihre Partey
verſtaͤrken koͤnnen.“

Wir ſprachen darauf uͤber unſere eigene Literatur
und was einigen unſerer neueſten jungen Dichter hin¬
derlich.

„Der Mehrzahl unſerer jungen Poeten, ſagte Goethe,
fehlt weiter nichts, als daß ihre Subjectivitaͤt nicht be¬
deutend iſt und daß ſie im Objectiven den Stoff nicht
zu finden wiſſen. Im hoͤchſten Falle finden ſie einen
Stoff, der ihnen aͤhnlich iſt, der ihrem Subjecte zuſagt;
den Stoff aber um ſein ſelbſt willen, weil er ein poeti¬
ſcher iſt, auch dann zu ergreifen, wenn er dem Subject
widerwaͤrtig waͤre, daran iſt nicht zu denken.“

„Aber, wie geſagt, waͤren es nur bedeutende Per¬
ſonagen, die durch große Studien und Lebensverhaͤltniſſe
gebildet wuͤrden, ſo moͤchte es, wenigſtens um unſere
jungen Dichter lyriſcher Art, dennoch ſehr gut ſtehen.“


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[169/0189] ben, bis alles verbraucht ſeyn wird. Beſonders aber iſt ihnen unſere philoſophiſche Idealitaͤt willkommen; denn jedes Ideelle iſt dienlich zu revolutionaͤren Zwecken.“ „Die Franzoſen, fuhr Goethe fort, haben Verſtand und Geiſt, aber kein Fundament und keine Pietaͤt. Was ihnen im Augenblick dient, was ihrer Partey zu Gute kommen kann, iſt ihnen das Rechte. Sie loben uns daher auch nie aus Anerkennung unſerer Verdienſte, ſondern nur wenn ſie durch unſere Anſichten ihre Partey verſtaͤrken koͤnnen.“ Wir ſprachen darauf uͤber unſere eigene Literatur und was einigen unſerer neueſten jungen Dichter hin¬ derlich. „Der Mehrzahl unſerer jungen Poeten, ſagte Goethe, fehlt weiter nichts, als daß ihre Subjectivitaͤt nicht be¬ deutend iſt und daß ſie im Objectiven den Stoff nicht zu finden wiſſen. Im hoͤchſten Falle finden ſie einen Stoff, der ihnen aͤhnlich iſt, der ihrem Subjecte zuſagt; den Stoff aber um ſein ſelbſt willen, weil er ein poeti¬ ſcher iſt, auch dann zu ergreifen, wenn er dem Subject widerwaͤrtig waͤre, daran iſt nicht zu denken.“ „Aber, wie geſagt, waͤren es nur bedeutende Per¬ ſonagen, die durch große Studien und Lebensverhaͤltniſſe gebildet wuͤrden, ſo moͤchte es, wenigſtens um unſere jungen Dichter lyriſcher Art, dennoch ſehr gut ſtehen.“

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/189>, abgerufen am 31.10.2024.