Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Rückblick.
Ich wollt' im Walde dichten
Ein Heldenlied voll Pracht,
Verwickelte Geschichten
Recht sinnreich ausgedacht.
Da rauschten Bäume, sprangen
Vom Fels die Bäche drein,
Und tausend Stimmen klangen
Verwirrend aus und ein.
Und manches Jauchzen schallen
Ließ ich aus frischer Brust,
Doch aus den Helden allen
Ward nichts vor tiefer Lust.
Kehr ich zur Stadt erst wieder
Aus Feld und Wäldern kühl,
Da kommen all' die Lieder
Von fern durchs Weltgewühl,
Es hallen Lust und Schmerzen
Noch einmal leise nach,
Und bildend wird im Herzen
Die alte Wehmuth wach,
Der Winter auch derweile
Im Feld die Blumen bricht --
Dann giebt's vor Langerweile
Ein überlang Gedicht!

Ruͤckblick.
Ich wollt' im Walde dichten
Ein Heldenlied voll Pracht,
Verwickelte Geſchichten
Recht ſinnreich ausgedacht.
Da rauſchten Baͤume, ſprangen
Vom Fels die Baͤche drein,
Und tauſend Stimmen klangen
Verwirrend aus und ein.
Und manches Jauchzen ſchallen
Ließ ich aus friſcher Bruſt,
Doch aus den Helden allen
Ward nichts vor tiefer Luſt.
Kehr ich zur Stadt erſt wieder
Aus Feld und Waͤldern kuͤhl,
Da kommen all' die Lieder
Von fern durchs Weltgewuͤhl,
Es hallen Luſt und Schmerzen
Noch einmal leiſe nach,
Und bildend wird im Herzen
Die alte Wehmuth wach,
Der Winter auch derweile
Im Feld die Blumen bricht —
Dann giebt's vor Langerweile
Ein uͤberlang Gedicht!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0128" n="110"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Ru&#x0364;ckblick.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch wollt' im Walde dichten</l><lb/>
              <l>Ein Heldenlied voll Pracht,</l><lb/>
              <l>Verwickelte Ge&#x017F;chichten</l><lb/>
              <l>Recht &#x017F;innreich ausgedacht.</l><lb/>
              <l>Da rau&#x017F;chten Ba&#x0364;ume, &#x017F;prangen</l><lb/>
              <l>Vom Fels die Ba&#x0364;che drein,</l><lb/>
              <l>Und tau&#x017F;end Stimmen klangen</l><lb/>
              <l>Verwirrend aus und ein.</l><lb/>
              <l>Und manches Jauchzen &#x017F;challen</l><lb/>
              <l>Ließ ich aus fri&#x017F;cher Bru&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Doch aus den Helden allen</l><lb/>
              <l>Ward nichts vor tiefer Lu&#x017F;t.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Kehr ich zur Stadt er&#x017F;t wieder</l><lb/>
              <l>Aus Feld und Wa&#x0364;ldern ku&#x0364;hl,</l><lb/>
              <l>Da kommen all' die Lieder</l><lb/>
              <l>Von fern durchs Weltgewu&#x0364;hl,</l><lb/>
              <l>Es hallen Lu&#x017F;t und Schmerzen</l><lb/>
              <l>Noch einmal lei&#x017F;e nach,</l><lb/>
              <l>Und bildend wird im Herzen</l><lb/>
              <l>Die alte Wehmuth wach,</l><lb/>
              <l>Der Winter auch derweile</l><lb/>
              <l>Im Feld die Blumen bricht &#x2014;</l><lb/>
              <l>Dann giebt's vor Langerweile</l><lb/>
              <l>Ein u&#x0364;berlang Gedicht!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0128] Ruͤckblick. Ich wollt' im Walde dichten Ein Heldenlied voll Pracht, Verwickelte Geſchichten Recht ſinnreich ausgedacht. Da rauſchten Baͤume, ſprangen Vom Fels die Baͤche drein, Und tauſend Stimmen klangen Verwirrend aus und ein. Und manches Jauchzen ſchallen Ließ ich aus friſcher Bruſt, Doch aus den Helden allen Ward nichts vor tiefer Luſt. Kehr ich zur Stadt erſt wieder Aus Feld und Waͤldern kuͤhl, Da kommen all' die Lieder Von fern durchs Weltgewuͤhl, Es hallen Luſt und Schmerzen Noch einmal leiſe nach, Und bildend wird im Herzen Die alte Wehmuth wach, Der Winter auch derweile Im Feld die Blumen bricht — Dann giebt's vor Langerweile Ein uͤberlang Gedicht!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/128
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/128>, abgerufen am 31.10.2024.