Hierunter stecket etwas anders verborgen; Mich deucht immer, es wird hinter dem Fuch- se Meister, kan alles stecken, und diese Schein- heilige Desperation macht mir bey manchen die Gedancken, weil der Todt bitter zu seyn pfleget, bevoraus bey einem der nicht am be- sten gelebet hat, und dannenhero gerne länger Inducias und Auffschub von GOtt sich zu be- kehren, oder das Seinige in bessere Richtig- keit zu bringen verlanget. Dieser wann er siehet, GOtt entziehet denen natürlichen Mit- teln, die ihm ein verständiger Medicus ordnet die Wirckung und Krafft. Er lässet noch mehr zu holen, es will auch nicht verfangen, so resolvirt er sich endlich das Flectere zu brau- chen/ und ob er wohl nicht in die verwegene Worte: Will GOtt nicht helffen, so helffe der Teuffel, heraus bricht, so entschuldiget er sich doch gegen die Ermahnende mit folgenden Reden: ehe man verdirbt muß man Hülffe su- chen, die Doctores künsteln zu sehr, ein sol- cher Mann bleibet bey gemeinen Sachen, die verrichten offters das Jhrige besser, als die kostbahrsten Artzeneyen. Diese verlassen GOtt ihren Trost, ändern seine Ordnun- gen, und so sie in dergleichen Cur sterben, zweiffelt man nicht unbillich an ihrer Seelig- keit. Jch will zwar nicht von gemeldeten me-
dici-
Hierunter ſtecket etwas anders verborgen; Mich deucht immer, es wird hinter dem Fuch- ſe Meiſter, kan alles ſtecken, und dieſe Schein- heilige Deſperation macht mir bey manchen die Gedancken, weil der Todt bitter zu ſeyn pfleget, bevoraus bey einem der nicht am be- ſten gelebet hat, und dannenhero gerne laͤnger Inducias und Auffſchub von GOtt ſich zu be- kehren, oder das Seinige in beſſere Richtig- keit zu bringen verlanget. Dieſer wann er ſiehet, GOtt entziehet denen natuͤrlichen Mit- teln, die ihm ein verſtaͤndiger Medicus ordnet die Wirckung und Krafft. Er laͤſſet noch mehr zu holen, es will auch nicht verfangen, ſo reſolvirt er ſich endlich das Flectere zu brau- chen/ und ob er wohl nicht in die verwegene Worte: Will GOtt nicht helffen, ſo helffe der Teuffel, heraus bricht, ſo entſchuldiget er ſich doch gegen die Ermahnende mit folgenden Reden: ehe man verdirbt muß man Huͤlffe ſu- chen, die Doctores kuͤnſteln zu ſehr, ein ſol- cher Mann bleibet bey gemeinen Sachen, die verrichten offters das Jhrige beſſer, als die koſtbahrſten Artzeneyen. Dieſe verlaſſen GOtt ihren Troſt, aͤndern ſeine Ordnun- gen, und ſo ſie in dergleichen Cur ſterben, zweiffelt man nicht unbillich an ihrer Seelig- keit. Jch will zwar nicht von gemeldeten me-
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Hierunter ſtecket etwas anders verborgen;
Mich deucht immer, es wird hinter dem Fuch-
ſe Meiſter, kan alles ſtecken, und dieſe Schein-
heilige Deſperation macht mir bey manchen
die Gedancken, weil der Todt bitter zu ſeyn
pfleget, bevoraus bey einem der nicht am be-
ſten gelebet hat, und dannenhero gerne laͤnger
Inducias und Auffſchub von GOtt ſich zu be-
kehren, oder das Seinige in beſſere Richtig-
keit zu bringen verlanget. Dieſer wann er
ſiehet, GOtt entziehet denen natuͤrlichen Mit-
teln, die ihm ein verſtaͤndiger Medicus ordnet
die Wirckung und Krafft. Er laͤſſet noch
mehr zu holen, es will auch nicht verfangen, ſo
reſolvirt er ſich endlich das Flectere zu brau-
chen/ und ob er wohl nicht in die verwegene
Worte: Will GOtt nicht helffen, ſo helffe
der Teuffel, heraus bricht, ſo entſchuldiget er
ſich doch gegen die Ermahnende mit folgenden
Reden: ehe man verdirbt muß man Huͤlffe ſu-
chen, die Doctores kuͤnſteln zu ſehr, ein ſol-
cher Mann bleibet bey gemeinen Sachen, die
verrichten offters das Jhrige beſſer, als die
koſtbahrſten Artzeneyen. Dieſe verlaſſen
GOtt ihren Troſt, aͤndern ſeine Ordnun-
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/194>, abgerufen am 31.10.2024.
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