Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Lange, lange voller Wehmuth,
Aber doch gefaßt und friedlich In die süßen Kinderaugen, Und er spricht: "So hat's der Himmel Ueber uns verfügt. Ohn' Grollen, Liebe Freundin, laß uns scheiden, Dir und mir zum Heil, Gott will es." -- Glanzlos blickt die Maid, es rollen Thränen über ihre Wangen, Tonlos flüstert sie: "So sei es, -- Lebe wohl -- leb' wohl für immer." Bebend hält er ihre Rechte, Hülflos ringt er in dem Kampfe, Und da sie sich von ihm wendet, Wie verletzt von seinem schnellen Rath, zu gehen und zu scheiden, Wie ihr Blick so herzzerreißend Unglücklich durch Thränen leuchtet, Da ist seine kaum erkämpfte Und verzweiflungsvolle Stärke Jäh gebrochen, -- Zittern faßt ihn -- "Gudula!" -- ein Aufschrei, qualvoll Außer sich, klingt von den Lippen, Und er preßt die Hand in seiner, Und er flüstert: "Glaub' nicht, Mädchen, Daß ich leicht Dich gehen heiße, Gott allein weiß, was mich's kostet! Doch es muß sein, muß, lieb Mägdlein, Denn gehst Du nicht -- muß ich gehen, Soll ich meine Seele retten, Soll ich nicht im bittern Ringen Lange, lange voller Wehmuth,
Aber doch gefaßt und friedlich In die ſüßen Kinderaugen, Und er ſpricht: „So hat's der Himmel Ueber uns verfügt. Ohn' Grollen, Liebe Freundin, laß uns ſcheiden, Dir und mir zum Heil, Gott will es.“ — Glanzlos blickt die Maid, es rollen Thränen über ihre Wangen, Tonlos flüſtert ſie: „So ſei es, — Lebe wohl — leb' wohl für immer.“ Bebend hält er ihre Rechte, Hülflos ringt er in dem Kampfe, Und da ſie ſich von ihm wendet, Wie verletzt von ſeinem ſchnellen Rath, zu gehen und zu ſcheiden, Wie ihr Blick ſo herzzerreißend Unglücklich durch Thränen leuchtet, Da iſt ſeine kaum erkämpfte Und verzweiflungsvolle Stärke Jäh gebrochen, — Zittern faßt ihn — „Gudula!“ — ein Aufſchrei, qualvoll Außer ſich, klingt von den Lippen, Und er preßt die Hand in ſeiner, Und er flüſtert: „Glaub' nicht, Mädchen, Daß ich leicht Dich gehen heiße, Gott allein weiß, was mich's koſtet! Doch es muß ſein, muß, lieb Mägdlein, Denn gehſt Du nicht — muß ich gehen, Soll ich meine Seele retten, Soll ich nicht im bittern Ringen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0163" n="149"/> <lg n="7"> <l>Lange, lange voller Wehmuth,</l><lb/> <l>Aber doch gefaßt und friedlich</l><lb/> <l>In die ſüßen Kinderaugen,</l><lb/> <l>Und er ſpricht: „So hat's der Himmel</l><lb/> <l>Ueber uns verfügt. Ohn' Grollen,</l><lb/> <l>Liebe Freundin, laß uns ſcheiden,</l><lb/> <l>Dir und mir zum Heil, Gott will es.“ —</l><lb/> <l>Glanzlos blickt die Maid, es rollen</l><lb/> <l>Thränen über ihre Wangen,</l><lb/> <l>Tonlos flüſtert ſie: „So ſei es, —</l><lb/> <l>Lebe wohl — leb' wohl für immer.“</l><lb/> <l>Bebend hält er ihre Rechte,</l><lb/> <l>Hülflos ringt er in dem Kampfe,</l><lb/> <l>Und da ſie ſich von ihm wendet,</l><lb/> <l>Wie verletzt von ſeinem ſchnellen</l><lb/> <l>Rath, zu gehen und zu ſcheiden,</l><lb/> <l>Wie ihr Blick ſo herzzerreißend</l><lb/> <l>Unglücklich durch Thränen leuchtet,</l><lb/> <l>Da iſt ſeine kaum erkämpfte</l><lb/> <l>Und verzweiflungsvolle Stärke</l><lb/> <l>Jäh gebrochen, — Zittern faßt ihn —</l><lb/> <l>„Gudula!“ — ein Aufſchrei, qualvoll</l><lb/> <l>Außer ſich, klingt von den Lippen,</l><lb/> <l>Und er preßt die Hand in ſeiner,</l><lb/> <l>Und er flüſtert: „Glaub' nicht, Mädchen,</l><lb/> <l>Daß ich leicht Dich gehen heiße,</l><lb/> <l>Gott allein weiß, was mich's koſtet!</l><lb/> <l>Doch es muß ſein, <hi rendition="#g">muß</hi>, lieb Mägdlein,</l><lb/> <l>Denn gehſt <hi rendition="#g">Du</hi> nicht — muß <hi rendition="#g">ich</hi> gehen,</l><lb/> <l>Soll ich meine Seele retten,</l><lb/> <l>Soll ich nicht im bittern Ringen</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [149/0163]
Lange, lange voller Wehmuth,
Aber doch gefaßt und friedlich
In die ſüßen Kinderaugen,
Und er ſpricht: „So hat's der Himmel
Ueber uns verfügt. Ohn' Grollen,
Liebe Freundin, laß uns ſcheiden,
Dir und mir zum Heil, Gott will es.“ —
Glanzlos blickt die Maid, es rollen
Thränen über ihre Wangen,
Tonlos flüſtert ſie: „So ſei es, —
Lebe wohl — leb' wohl für immer.“
Bebend hält er ihre Rechte,
Hülflos ringt er in dem Kampfe,
Und da ſie ſich von ihm wendet,
Wie verletzt von ſeinem ſchnellen
Rath, zu gehen und zu ſcheiden,
Wie ihr Blick ſo herzzerreißend
Unglücklich durch Thränen leuchtet,
Da iſt ſeine kaum erkämpfte
Und verzweiflungsvolle Stärke
Jäh gebrochen, — Zittern faßt ihn —
„Gudula!“ — ein Aufſchrei, qualvoll
Außer ſich, klingt von den Lippen,
Und er preßt die Hand in ſeiner,
Und er flüſtert: „Glaub' nicht, Mädchen,
Daß ich leicht Dich gehen heiße,
Gott allein weiß, was mich's koſtet!
Doch es muß ſein, muß, lieb Mägdlein,
Denn gehſt Du nicht — muß ich gehen,
Soll ich meine Seele retten,
Soll ich nicht im bittern Ringen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/163 |
Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/163>, abgerufen am 18.06.2024. |