blicken mit Harnisch und Halskrause und mit ernst verwunderten Gesichtern zu dem Kachelofen hinüber, an dem sie mit Mühe den Namen Pitschner entziffern. Zum Glück verstehen sie nicht franzö- sisch, sie würden sonst noch ernsthafter dreinschauen.
Wir treten nun in die Kirche selbst. Sie ist vor Kurzem restaurirt worden und gewährt einen freundlichen Anblick. Die Hauptsehenswürdigkeit, die auch sogleich das Auge des Eintretenden auf sich zieht, ist das große Achim v. Bredow'sche Grabmonument (links neben dem Altar), desselben Achim v. Bredow, der im Jahr 1568 die Kirche erneute und erweiterte. Es ist ein Denkmal von ganz ungewöhnlichen Dimensionen, das bei wenigstens 10 Fuß Breite gewiß die doppelte Höhe hat. Es beginnt über der Holz- einfassung des Chorstuhls und reicht fast bis zur Decke der Kirche hinauf. Das Monument, das eben so sehr für den Reichthum und kirchlichen Sinn der Familie, wie für die Kunstfertigkeit des Stein- metzen spricht, der es hergestellt hat, besteht aus vier klar geglie- derten Theilen. Zuoberst das Bredow'sche Wappen, an beiden Seiten von allegorischen Figuren eingefaßt; darunter zwei Basreliefs: links die Auswerfung des Jonas aus dem Wallfischbauch, rechts die Auferstehung Christi; darunter in Lebensgröße die Bildnisse Achim von Bredow's und seiner Gemahlin, einer gebornen Anna von Arnim; und endlich viertens unter diesen beiden Bildnissen folgende Inschrift:
O frommer Christ, urtheile mild Der Du anschauest dieses Bild. Fragst Du, wer ich sei im Grab? Gewesen bin ich und Itzt ab; Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn' Zahl Die mir begegnet überall Ich ritterlich ubwunden hab' Und ruhe nun in meinem Grab. Auch mit Geduld der Welt Bosheit Hab' ich ertragen allezeit, Nach Gottes Willen, welcher ist Der allerbest zu jeder Frist -- Gelobt seyst Du, Herr Jesu Christ.
blicken mit Harniſch und Halskrauſe und mit ernſt verwunderten Geſichtern zu dem Kachelofen hinüber, an dem ſie mit Mühe den Namen Pitſchner entziffern. Zum Glück verſtehen ſie nicht franzö- ſiſch, ſie würden ſonſt noch ernſthafter dreinſchauen.
Wir treten nun in die Kirche ſelbſt. Sie iſt vor Kurzem reſtaurirt worden und gewährt einen freundlichen Anblick. Die Hauptſehenswürdigkeit, die auch ſogleich das Auge des Eintretenden auf ſich zieht, iſt das große Achim v. Bredow’ſche Grabmonument (links neben dem Altar), deſſelben Achim v. Bredow, der im Jahr 1568 die Kirche erneute und erweiterte. Es iſt ein Denkmal von ganz ungewöhnlichen Dimenſionen, das bei wenigſtens 10 Fuß Breite gewiß die doppelte Höhe hat. Es beginnt über der Holz- einfaſſung des Chorſtuhls und reicht faſt bis zur Decke der Kirche hinauf. Das Monument, das eben ſo ſehr für den Reichthum und kirchlichen Sinn der Familie, wie für die Kunſtfertigkeit des Stein- metzen ſpricht, der es hergeſtellt hat, beſteht aus vier klar geglie- derten Theilen. Zuoberſt das Bredow’ſche Wappen, an beiden Seiten von allegoriſchen Figuren eingefaßt; darunter zwei Basreliefs: links die Auswerfung des Jonas aus dem Wallfiſchbauch, rechts die Auferſtehung Chriſti; darunter in Lebensgröße die Bildniſſe Achim von Bredow’s und ſeiner Gemahlin, einer gebornen Anna von Arnim; und endlich viertens unter dieſen beiden Bildniſſen folgende Inſchrift:
O frommer Chriſt, urtheile mild Der Du anſchaueſt dieſes Bild. Fragſt Du, wer ich ſei im Grab? Geweſen bin ich und Itzt ab; Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn’ Zahl Die mir begegnet überall Ich ritterlich ubwunden hab’ Und ruhe nun in meinem Grab. Auch mit Geduld der Welt Bosheit Hab’ ich ertragen allezeit, Nach Gottes Willen, welcher iſt Der allerbeſt zu jeder Friſt — Gelobt ſeyſt Du, Herr Jeſu Chriſt.
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blicken mit Harniſch und Halskrauſe und mit ernſt verwunderten
Geſichtern zu dem Kachelofen hinüber, an dem ſie mit Mühe den
Namen Pitſchner entziffern. Zum Glück verſtehen ſie nicht franzö-
ſiſch, ſie würden ſonſt noch ernſthafter dreinſchauen.
Wir treten nun in die Kirche ſelbſt. Sie iſt vor Kurzem
reſtaurirt worden und gewährt einen freundlichen Anblick. Die
Hauptſehenswürdigkeit, die auch ſogleich das Auge des Eintretenden
auf ſich zieht, iſt das große Achim v. Bredow’ſche Grabmonument
(links neben dem Altar), deſſelben Achim v. Bredow, der im
Jahr 1568 die Kirche erneute und erweiterte. Es iſt ein Denkmal
von ganz ungewöhnlichen Dimenſionen, das bei wenigſtens 10 Fuß
Breite gewiß die doppelte Höhe hat. Es beginnt über der Holz-
einfaſſung des Chorſtuhls und reicht faſt bis zur Decke der Kirche
hinauf. Das Monument, das eben ſo ſehr für den Reichthum und
kirchlichen Sinn der Familie, wie für die Kunſtfertigkeit des Stein-
metzen ſpricht, der es hergeſtellt hat, beſteht aus vier klar geglie-
derten Theilen. Zuoberſt das Bredow’ſche Wappen, an beiden
Seiten von allegoriſchen Figuren eingefaßt; darunter zwei Basreliefs:
links die Auswerfung des Jonas aus dem Wallfiſchbauch, rechts
die Auferſtehung Chriſti; darunter in Lebensgröße die Bildniſſe
Achim von Bredow’s und ſeiner Gemahlin, einer gebornen Anna
von Arnim; und endlich viertens unter dieſen beiden Bildniſſen
folgende Inſchrift:
O frommer Chriſt, urtheile mild
Der Du anſchaueſt dieſes Bild.
Fragſt Du, wer ich ſei im Grab?
Geweſen bin ich und Itzt ab;
Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn’ Zahl
Die mir begegnet überall
Ich ritterlich ubwunden hab’
Und ruhe nun in meinem Grab.
Auch mit Geduld der Welt Bosheit
Hab’ ich ertragen allezeit,
Nach Gottes Willen, welcher iſt
Der allerbeſt zu jeder Friſt —
Gelobt ſeyſt Du, Herr Jeſu Chriſt.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/103>, abgerufen am 14.06.2024.
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