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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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M. W. Heffter in seiner trefflichen Geschichte Brandenburgs
stellt sogar die Hypothese auf, daß aus diesem alten heidnischen
Tempelbau, zunächst ohne wesentliche Umgestaltung, die später
so berühmt gewordene Marienkirche auf dem Harlunger-Berge
hervorgegangen sei. Wir halten dies für wahrscheinlicher als nicht,
finden indessen den Beweis dafür weniger in der eigenthümlichen,
in allem Wesentlichen aber doch immer noch byzantinischen For-
mengebung dieser Kirche, als in dem historisch nachgewiesenen
Umstande, daß sich unter den märkischen Wenden der Uebergang
aus dem Heidenthum ins Christenthum im Wesentlichen ruhig
vollzogen zu haben scheint, so ruhig etwa wie 400 Jahre später
der Uebergang aus dem Katholicismus in den Protestantismus.
Der Fürst (Pribislaw) wurde Christ; das Volk folgte, theilwei-
se widerwillig, aber doch vielfach auch willig und zwanglos.
Man hatte sich bereits mit und nebeneinander eingelebt, und
der bloße Umstand, daß das gestürzte Bild des Triglaff nicht
verbrannt oder zerstört, vielmehr, allen bekannt und allen zu-
gänglich, bis 1526 in einer Seitenkapelle der Marienkirche auf-
bewahrt wurde (in welchem Jahre Christian II. von Dänemark
es unter Zulassung Joachim's I. mit fortnehmen durfte), deu-
tet darauf hin, daß die innere Wandlung der Gemüther sich
friedfertig genug vollzogen und der Christengott den Wenden-
gott ruhig bei Seite gedrängt hatte. Diese Umwandlung des
Triglaff-Tempels in eine Marienkirche erfolgte zwischen 1136
und 41; sechshundert Jahre hat vom Harlunger-Berge aus die
berühmte Marienkirche in's Land gesehen. Ihre Entstehung
bezeichnete den endlichen Sieg des Christenthums über das Hei-
denthum im Lande zwischen Elbe und Oder. Auf der Stätte
des Triglaff-Tempels ging ein neues Leben auf, und der drei-
einige Gott sprach hinfort statt des dreiköpfigen Gottes zu sei-
nem Volke.

beschreiben hören. (Allerdings ist diese Angabe kein Beweis, daß
das "Templein" wirklich heidnisch gewesen sei. Das Kreuzgewölbe
spricht sehr dagegen. Als man hier Landes Kreuzgewölbe baute, war
es mit dem Wendenthum schon vorbei.)

M. W. Heffter in ſeiner trefflichen Geſchichte Brandenburgs
ſtellt ſogar die Hypotheſe auf, daß aus dieſem alten heidniſchen
Tempelbau, zunächſt ohne weſentliche Umgeſtaltung, die ſpäter
ſo berühmt gewordene Marienkirche auf dem Harlunger-Berge
hervorgegangen ſei. Wir halten dies für wahrſcheinlicher als nicht,
finden indeſſen den Beweis dafür weniger in der eigenthümlichen,
in allem Weſentlichen aber doch immer noch byzantiniſchen For-
mengebung dieſer Kirche, als in dem hiſtoriſch nachgewieſenen
Umſtande, daß ſich unter den märkiſchen Wenden der Uebergang
aus dem Heidenthum ins Chriſtenthum im Weſentlichen ruhig
vollzogen zu haben ſcheint, ſo ruhig etwa wie 400 Jahre ſpäter
der Uebergang aus dem Katholicismus in den Proteſtantismus.
Der Fürſt (Pribislaw) wurde Chriſt; das Volk folgte, theilwei-
ſe widerwillig, aber doch vielfach auch willig und zwanglos.
Man hatte ſich bereits mit und nebeneinander eingelebt, und
der bloße Umſtand, daß das geſtürzte Bild des Triglaff nicht
verbrannt oder zerſtört, vielmehr, allen bekannt und allen zu-
gänglich, bis 1526 in einer Seitenkapelle der Marienkirche auf-
bewahrt wurde (in welchem Jahre Chriſtian II. von Dänemark
es unter Zulaſſung Joachim’s I. mit fortnehmen durfte), deu-
tet darauf hin, daß die innere Wandlung der Gemüther ſich
friedfertig genug vollzogen und der Chriſtengott den Wenden-
gott ruhig bei Seite gedrängt hatte. Dieſe Umwandlung des
Triglaff-Tempels in eine Marienkirche erfolgte zwiſchen 1136
und 41; ſechshundert Jahre hat vom Harlunger-Berge aus die
berühmte Marienkirche in’s Land geſehen. Ihre Entſtehung
bezeichnete den endlichen Sieg des Chriſtenthums über das Hei-
denthum im Lande zwiſchen Elbe und Oder. Auf der Stätte
des Triglaff-Tempels ging ein neues Leben auf, und der drei-
einige Gott ſprach hinfort ſtatt des dreiköpfigen Gottes zu ſei-
nem Volke.

beſchreiben hören. (Allerdings iſt dieſe Angabe kein Beweis, daß
das „Templein“ wirklich heidniſch geweſen ſei. Das Kreuzgewölbe
ſpricht ſehr dagegen. Als man hier Landes Kreuzgewölbe baute, war
es mit dem Wendenthum ſchon vorbei.)
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[30/0048] M. W. Heffter in ſeiner trefflichen Geſchichte Brandenburgs ſtellt ſogar die Hypotheſe auf, daß aus dieſem alten heidniſchen Tempelbau, zunächſt ohne weſentliche Umgeſtaltung, die ſpäter ſo berühmt gewordene Marienkirche auf dem Harlunger-Berge hervorgegangen ſei. Wir halten dies für wahrſcheinlicher als nicht, finden indeſſen den Beweis dafür weniger in der eigenthümlichen, in allem Weſentlichen aber doch immer noch byzantiniſchen For- mengebung dieſer Kirche, als in dem hiſtoriſch nachgewieſenen Umſtande, daß ſich unter den märkiſchen Wenden der Uebergang aus dem Heidenthum ins Chriſtenthum im Weſentlichen ruhig vollzogen zu haben ſcheint, ſo ruhig etwa wie 400 Jahre ſpäter der Uebergang aus dem Katholicismus in den Proteſtantismus. Der Fürſt (Pribislaw) wurde Chriſt; das Volk folgte, theilwei- ſe widerwillig, aber doch vielfach auch willig und zwanglos. Man hatte ſich bereits mit und nebeneinander eingelebt, und der bloße Umſtand, daß das geſtürzte Bild des Triglaff nicht verbrannt oder zerſtört, vielmehr, allen bekannt und allen zu- gänglich, bis 1526 in einer Seitenkapelle der Marienkirche auf- bewahrt wurde (in welchem Jahre Chriſtian II. von Dänemark es unter Zulaſſung Joachim’s I. mit fortnehmen durfte), deu- tet darauf hin, daß die innere Wandlung der Gemüther ſich friedfertig genug vollzogen und der Chriſtengott den Wenden- gott ruhig bei Seite gedrängt hatte. Dieſe Umwandlung des Triglaff-Tempels in eine Marienkirche erfolgte zwiſchen 1136 und 41; ſechshundert Jahre hat vom Harlunger-Berge aus die berühmte Marienkirche in’s Land geſehen. Ihre Entſtehung bezeichnete den endlichen Sieg des Chriſtenthums über das Hei- denthum im Lande zwiſchen Elbe und Oder. Auf der Stätte des Triglaff-Tempels ging ein neues Leben auf, und der drei- einige Gott ſprach hinfort ſtatt des dreiköpfigen Gottes zu ſei- nem Volke. *) *) beſchreiben hören. (Allerdings iſt dieſe Angabe kein Beweis, daß das „Templein“ wirklich heidniſch geweſen ſei. Das Kreuzgewölbe ſpricht ſehr dagegen. Als man hier Landes Kreuzgewölbe baute, war es mit dem Wendenthum ſchon vorbei.)

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/48>, abgerufen am 10.11.2024.