Verbindung. Es scheint, daß es Absicht des Baumeisters war, hier Raum für ein Campo Santo, für eine marmorne Gedächtnißhalle zu schaffen, eine Vermuthung, die dadurch be- stätigt wird, daß sich die bereits beschriebene Gruft gerad' unter diesem Theile der Kirche befindet. Den Intentionen des Bau- meisters ist aber nur einmal entsprochen worden. Ein einziges, allerdings sehr reiches und prächtiges Grabmonument erhebt sich an dieser Stelle: das von Glume herrührende Marmordenkmal des Ministers von Viereck. Zieht man den Geschmack jener Zeit in Erwägung, der in dem Hange nach geistreicher Symbolik vielleicht etwas zu weit ging, so muß man zugestehen, daß es eine ganz vortreffliche Arbeit ist. Die Gestalten, aus denen sich das Ganze zusammensetzt, sind folgende: der Tod mit der Sichel und ein Engel mit dem Palmzweig, wozu sich dann, von der andern Seite her, eine weibliche Figur mit einer weit geöff- neten Leuchte gesellt, unzweifelhaft um das "Licht der Aufklärung" anzudeuten, das wenigstens zu der Zeit, als das Denkmal ange- fertigt ward -- etwa ein Jahrzehnt nach dem Tode v. Vierecks -- als unerläßliches Requisit eines preußischen Cultusministers angesehen wurde. Die Büste des Ministers krönt das Ganze; darunter sein und seiner beiden Frauen Wappen, und unter diesen wiederum eine lateinische Inschrift in Goldbuchstaben, die, wie sich denken läßt, nur bei den Verdiensten des illustren Mannes ver- weilt und keinen Nachklang enthält von jener Reprimande König Friedrich Wilhelms I., die da lautete: "Geheimer Rath von Viereck soll sich meritiret machen, nicht zu viel a l'Hombre spielen, diligent und prompt in seiner Arbeit sein, nicht so langsam und faul, wie er bisher gewesen."
Der Unterschied zwischen preußischen Cabinetsordres und Grabschriften war immer groß.
Noch eine Stelle bleibt, an die wir heran zu treteu haben. Unter der Kuppel, inmitten der Kirche, bemerken wir eine Ver- tiefung, als seien hier die Ziegel, womit der Fußboden gepflastert ist, zu einem bestimmten Zweck herausgenommen und später wieder eingemauert worden. Es wirkt, als habe die Absicht bestanden, einen Grabstein in diese Vertiefung einzulegen. Und in der That,
Verbindung. Es ſcheint, daß es Abſicht des Baumeiſters war, hier Raum für ein Campo Santo, für eine marmorne Gedächtnißhalle zu ſchaffen, eine Vermuthung, die dadurch be- ſtätigt wird, daß ſich die bereits beſchriebene Gruft gerad’ unter dieſem Theile der Kirche befindet. Den Intentionen des Bau- meiſters iſt aber nur einmal entſprochen worden. Ein einziges, allerdings ſehr reiches und prächtiges Grabmonument erhebt ſich an dieſer Stelle: das von Glume herrührende Marmordenkmal des Miniſters von Viereck. Zieht man den Geſchmack jener Zeit in Erwägung, der in dem Hange nach geiſtreicher Symbolik vielleicht etwas zu weit ging, ſo muß man zugeſtehen, daß es eine ganz vortreffliche Arbeit iſt. Die Geſtalten, aus denen ſich das Ganze zuſammenſetzt, ſind folgende: der Tod mit der Sichel und ein Engel mit dem Palmzweig, wozu ſich dann, von der andern Seite her, eine weibliche Figur mit einer weit geöff- neten Leuchte geſellt, unzweifelhaft um das „Licht der Aufklärung“ anzudeuten, das wenigſtens zu der Zeit, als das Denkmal ange- fertigt ward — etwa ein Jahrzehnt nach dem Tode v. Vierecks — als unerläßliches Requiſit eines preußiſchen Cultusminiſters angeſehen wurde. Die Büſte des Miniſters krönt das Ganze; darunter ſein und ſeiner beiden Frauen Wappen, und unter dieſen wiederum eine lateiniſche Inſchrift in Goldbuchſtaben, die, wie ſich denken läßt, nur bei den Verdienſten des illuſtren Mannes ver- weilt und keinen Nachklang enthält von jener Reprimande König Friedrich Wilhelms I., die da lautete: „Geheimer Rath von Viereck ſoll ſich meritiret machen, nicht zu viel à l’Hombre ſpielen, diligent und prompt in ſeiner Arbeit ſein, nicht ſo langſam und faul, wie er bisher geweſen.“
Der Unterſchied zwiſchen preußiſchen Cabinetsordres und Grabſchriften war immer groß.
Noch eine Stelle bleibt, an die wir heran zu treteu haben. Unter der Kuppel, inmitten der Kirche, bemerken wir eine Ver- tiefung, als ſeien hier die Ziegel, womit der Fußboden gepflaſtert iſt, zu einem beſtimmten Zweck herausgenommen und ſpäter wieder eingemauert worden. Es wirkt, als habe die Abſicht beſtanden, einen Grabſtein in dieſe Vertiefung einzulegen. Und in der That,
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Verbindung. Es ſcheint, daß es Abſicht des Baumeiſters
war, hier Raum für ein Campo Santo, für eine marmorne
Gedächtnißhalle zu ſchaffen, eine Vermuthung, die dadurch be-
ſtätigt wird, daß ſich die bereits beſchriebene Gruft gerad’ unter
dieſem Theile der Kirche befindet. Den Intentionen des Bau-
meiſters iſt aber nur einmal entſprochen worden. Ein einziges,
allerdings ſehr reiches und prächtiges Grabmonument erhebt ſich
an dieſer Stelle: das von Glume herrührende Marmordenkmal
des Miniſters von Viereck. Zieht man den Geſchmack jener
Zeit in Erwägung, der in dem Hange nach geiſtreicher Symbolik
vielleicht etwas zu weit ging, ſo muß man zugeſtehen, daß
es eine ganz vortreffliche Arbeit iſt. Die Geſtalten, aus denen
ſich das Ganze zuſammenſetzt, ſind folgende: der Tod mit der
Sichel und ein Engel mit dem Palmzweig, wozu ſich dann, von
der andern Seite her, eine weibliche Figur mit einer weit geöff-
neten Leuchte geſellt, unzweifelhaft um das „Licht der Aufklärung“
anzudeuten, das wenigſtens zu der Zeit, als das Denkmal ange-
fertigt ward — etwa ein Jahrzehnt nach dem Tode v. Vierecks
— als unerläßliches Requiſit eines preußiſchen Cultusminiſters
angeſehen wurde. Die Büſte des Miniſters krönt das Ganze;
darunter ſein und ſeiner beiden Frauen Wappen, und unter dieſen
wiederum eine lateiniſche Inſchrift in Goldbuchſtaben, die, wie ſich
denken läßt, nur bei den Verdienſten des illuſtren Mannes ver-
weilt und keinen Nachklang enthält von jener Reprimande König
Friedrich Wilhelms I., die da lautete: „Geheimer Rath von Viereck
ſoll ſich meritiret machen, nicht zu viel à l’Hombre ſpielen, diligent
und prompt in ſeiner Arbeit ſein, nicht ſo langſam und faul,
wie er bisher geweſen.“
Der Unterſchied zwiſchen preußiſchen Cabinetsordres und
Grabſchriften war immer groß.
Noch eine Stelle bleibt, an die wir heran zu treteu haben.
Unter der Kuppel, inmitten der Kirche, bemerken wir eine Ver-
tiefung, als ſeien hier die Ziegel, womit der Fußboden gepflaſtert
iſt, zu einem beſtimmten Zweck herausgenommen und ſpäter wieder
eingemauert worden. Es wirkt, als habe die Abſicht beſtanden,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/191>, abgerufen am 31.10.2024.
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