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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

Ein paar Tage wiederholte sich das. Meist
aber, wenn Roswitha bei dem Karussell und dem
Holzschuppen ankam, war niemand da, und wenn sie
dann zurückkam und in den Hausflur eintrat, kam
ihr Effi schon entgegen und sagte: "Wo Du nur
bleibst, Roswitha, ich bin schon lange wieder
hier."

In dieser Art ging es durch Wochen hin. Das
mit den Husaren hatte sich wegen der Schwierigkeiten,
die die Bürgerschaft machte, so gut wie zerschlagen;
aber da die Verhandlungen noch nicht geradezu ab¬
geschlossen waren und neuerdings durch eine andere
Behörde, das Generalkommando, gingen, so war
Crampas nach Stettin berufen worden, wo man
seine Meinung in dieser Angelegenheit hören wollte.
Von dort schrieb er den zweiten Tag an Innstetten:
"Pardon, Innstetten, daß ich mich auf französisch
empfohlen. Es kam alles so schnell. Ich werde
übrigens die Sache hinauszuspinnen suchen, denn
man ist froh, einmal draußen zu sein. Empfehlen
Sie mich der gnädigen Frau, meiner liebenswürdigen
Gönnerin."

Er las es Effi vor. Diese blieb ruhig. Endlich
sagte sie: "Es ist recht gut so."

"Wie meinst Du das?"

"Daß er fort ist. Er sagt eigentlich immer

Effi Brieſt

Ein paar Tage wiederholte ſich das. Meiſt
aber, wenn Roswitha bei dem Karuſſell und dem
Holzſchuppen ankam, war niemand da, und wenn ſie
dann zurückkam und in den Hausflur eintrat, kam
ihr Effi ſchon entgegen und ſagte: „Wo Du nur
bleibſt, Roswitha, ich bin ſchon lange wieder
hier.“

In dieſer Art ging es durch Wochen hin. Das
mit den Huſaren hatte ſich wegen der Schwierigkeiten,
die die Bürgerſchaft machte, ſo gut wie zerſchlagen;
aber da die Verhandlungen noch nicht geradezu ab¬
geſchloſſen waren und neuerdings durch eine andere
Behörde, das Generalkommando, gingen, ſo war
Crampas nach Stettin berufen worden, wo man
ſeine Meinung in dieſer Angelegenheit hören wollte.
Von dort ſchrieb er den zweiten Tag an Innſtetten:
„Pardon, Innſtetten, daß ich mich auf franzöſiſch
empfohlen. Es kam alles ſo ſchnell. Ich werde
übrigens die Sache hinauszuſpinnen ſuchen, denn
man iſt froh, einmal draußen zu ſein. Empfehlen
Sie mich der gnädigen Frau, meiner liebenswürdigen
Gönnerin.“

Er las es Effi vor. Dieſe blieb ruhig. Endlich
ſagte ſie: „Es iſt recht gut ſo.“

„Wie meinſt Du das?“

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[298/0307] Effi Brieſt Ein paar Tage wiederholte ſich das. Meiſt aber, wenn Roswitha bei dem Karuſſell und dem Holzſchuppen ankam, war niemand da, und wenn ſie dann zurückkam und in den Hausflur eintrat, kam ihr Effi ſchon entgegen und ſagte: „Wo Du nur bleibſt, Roswitha, ich bin ſchon lange wieder hier.“ In dieſer Art ging es durch Wochen hin. Das mit den Huſaren hatte ſich wegen der Schwierigkeiten, die die Bürgerſchaft machte, ſo gut wie zerſchlagen; aber da die Verhandlungen noch nicht geradezu ab¬ geſchloſſen waren und neuerdings durch eine andere Behörde, das Generalkommando, gingen, ſo war Crampas nach Stettin berufen worden, wo man ſeine Meinung in dieſer Angelegenheit hören wollte. Von dort ſchrieb er den zweiten Tag an Innſtetten: „Pardon, Innſtetten, daß ich mich auf franzöſiſch empfohlen. Es kam alles ſo ſchnell. Ich werde übrigens die Sache hinauszuſpinnen ſuchen, denn man iſt froh, einmal draußen zu ſein. Empfehlen Sie mich der gnädigen Frau, meiner liebenswürdigen Gönnerin.“ Er las es Effi vor. Dieſe blieb ruhig. Endlich ſagte ſie: „Es iſt recht gut ſo.“ „Wie meinſt Du das?“ „Daß er fort iſt. Er ſagt eigentlich immer

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/307>, abgerufen am 02.06.2024.