Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Was gewinnen wir, fuhr sie nach einer Weile fort, wenn wir uns so viel und mancherlei überreden, und einen Wahn pflegen, den wir zuletzt mit aller Anstrengung nicht festhalten können; was bleibt uns anders, als ein wehmüthiger Blick auf ein verfehltes Streben? Ja wohl, ja wohl! sagte Stein erschüttert. Dennoch greifen die Elemente unsers Daseins oft so wunderbar in einer Brust zusammen, und mischen und gestalten sich so verschieden, daß ihr Wesen nicht immer sogleich zu verstehn ist. Deshalb tadle Niemand die stillen Kämpfe eines vielfach gestörten Gemüthes, ehe es durch sich selbst erfährt, was es kann und soll. Er reichte beiden die Hand, und verließ in großer Bewegung das Zimmer. Muß ich meinem Gefühle trauen, Luise, fragte der Obrist, habe ich sie verstanden? Niemand, erwiederte sie, kann weniger in Zweifel über mich sein, als Sie. Ja, Sie verstanden mich gewiß. Ach! Sie fühlen es auch, ich darf nicht glücklich sein wollen. Und ich? fragte er. - Sie werden es nicht bereuen, entgegnete sie, eine Freundin gesucht und gefunden zu haben. Glauben Sie mir, wir waren einander nie näher, als in diesem Augenblick, wo ich Ihnen aus voller Ueberzeugung sage, daß ich Was gewinnen wir, fuhr sie nach einer Weile fort, wenn wir uns so viel und mancherlei überreden, und einen Wahn pflegen, den wir zuletzt mit aller Anstrengung nicht festhalten können; was bleibt uns anders, als ein wehmüthiger Blick auf ein verfehltes Streben? Ja wohl, ja wohl! sagte Stein erschüttert. Dennoch greifen die Elemente unsers Daseins oft so wunderbar in einer Brust zusammen, und mischen und gestalten sich so verschieden, daß ihr Wesen nicht immer sogleich zu verstehn ist. Deshalb tadle Niemand die stillen Kämpfe eines vielfach gestörten Gemüthes, ehe es durch sich selbst erfährt, was es kann und soll. Er reichte beiden die Hand, und verließ in großer Bewegung das Zimmer. Muß ich meinem Gefühle trauen, Luise, fragte der Obrist, habe ich sie verstanden? Niemand, erwiederte sie, kann weniger in Zweifel über mich sein, als Sie. Ja, Sie verstanden mich gewiß. Ach! Sie fühlen es auch, ich darf nicht glücklich sein wollen. Und ich? fragte er. – Sie werden es nicht bereuen, entgegnete sie, eine Freundin gesucht und gefunden zu haben. Glauben Sie mir, wir waren einander nie näher, als in diesem Augenblick, wo ich Ihnen aus voller Ueberzeugung sage, daß ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0157" n="155"/> Was gewinnen wir, fuhr sie nach einer Weile fort, wenn wir uns so viel und mancherlei überreden, und einen Wahn pflegen, den wir zuletzt mit aller Anstrengung nicht festhalten können; was bleibt uns anders, als ein wehmüthiger Blick auf ein verfehltes Streben?</p> <p>Ja wohl, ja wohl! sagte Stein erschüttert. Dennoch greifen die Elemente unsers Daseins oft so wunderbar in einer Brust zusammen, und mischen und gestalten sich so verschieden, daß ihr Wesen nicht immer sogleich zu verstehn ist. Deshalb tadle Niemand die stillen Kämpfe eines vielfach gestörten Gemüthes, ehe es durch sich selbst erfährt, was es kann und soll.</p> <p>Er reichte beiden die Hand, und verließ in großer Bewegung das Zimmer.</p> <p>Muß ich meinem Gefühle trauen, Luise, fragte der Obrist, habe ich sie verstanden?</p> <p>Niemand, erwiederte sie, kann weniger in Zweifel über mich sein, als Sie. Ja, Sie verstanden mich gewiß. Ach! Sie fühlen es auch, ich darf nicht glücklich sein wollen.</p> <p>Und ich? fragte er. – Sie werden es nicht bereuen, entgegnete sie, eine Freundin gesucht und gefunden zu haben. Glauben Sie mir, wir waren einander nie näher, als in diesem Augenblick, wo ich Ihnen aus voller Ueberzeugung sage, daß ich </p> </div> </body> </text> </TEI> [155/0157]
Was gewinnen wir, fuhr sie nach einer Weile fort, wenn wir uns so viel und mancherlei überreden, und einen Wahn pflegen, den wir zuletzt mit aller Anstrengung nicht festhalten können; was bleibt uns anders, als ein wehmüthiger Blick auf ein verfehltes Streben?
Ja wohl, ja wohl! sagte Stein erschüttert. Dennoch greifen die Elemente unsers Daseins oft so wunderbar in einer Brust zusammen, und mischen und gestalten sich so verschieden, daß ihr Wesen nicht immer sogleich zu verstehn ist. Deshalb tadle Niemand die stillen Kämpfe eines vielfach gestörten Gemüthes, ehe es durch sich selbst erfährt, was es kann und soll.
Er reichte beiden die Hand, und verließ in großer Bewegung das Zimmer.
Muß ich meinem Gefühle trauen, Luise, fragte der Obrist, habe ich sie verstanden?
Niemand, erwiederte sie, kann weniger in Zweifel über mich sein, als Sie. Ja, Sie verstanden mich gewiß. Ach! Sie fühlen es auch, ich darf nicht glücklich sein wollen.
Und ich? fragte er. – Sie werden es nicht bereuen, entgegnete sie, eine Freundin gesucht und gefunden zu haben. Glauben Sie mir, wir waren einander nie näher, als in diesem Augenblick, wo ich Ihnen aus voller Ueberzeugung sage, daß ich
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/157>, abgerufen am 18.06.2024. |