Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.war früher so entschieden gegen eine Verbindung mit Stein. So lange nur, erwiederte Emilie, als sie fürchtete, seine Leidenschaft könne mich unnatürlich entzünden, und, wie sie sagt, unversehens in eine Welt zaubern, in der ich höchst unbehaglich zu mir selbst kommen würde. Jetzt aber, da ich ihn mit ruhigem Gemüth allein aus Vernunft heiraten will, sieht sie weiter keine Gefahr für mich, und ist sehr gewiß, daß ich immer die Verschiedenheit unsrer Wege anerkennen, und durch Nothwendigkeit gehalten, den meinen recht still fortgehn werde. Luise ward lebhaft von der Herabwürdigung der allerheiligsten Verbindung ergriffen, die man hier, wie so oft im Leben, augenblicklichen Zwecken unterordnete, und rief daher, ganz rücksichtslos auf die Baronin: liebe Emilie, man täuscht Sie! man täuscht Sie absichtlich! Sie wissen nicht, was es beißt, eine verfehlte Wahl; Sie ahnden den Kampf gutgearteter Naturen nicht, die vielleicht ein langes Leben hindurch mit Theilnahme und Mitleid und den eignen qualvollen Wünschen ringen müssen. Noch viel weniger fühlen Sie, was dadurch in Ihnen verloren geht. Das Unschuldigste wird Ihnen unter den Händen zur Schuld; Frevel und Sünde treten Ihnen unversehens immer näher und näher, und fassen und halten Sie, bis die Ruhe und das Glück Ihres Lebens auf ewig vergiftet war früher so entschieden gegen eine Verbindung mit Stein. So lange nur, erwiederte Emilie, als sie fürchtete, seine Leidenschaft könne mich unnatürlich entzünden, und, wie sie sagt, unversehens in eine Welt zaubern, in der ich höchst unbehaglich zu mir selbst kommen würde. Jetzt aber, da ich ihn mit ruhigem Gemüth allein aus Vernunft heiraten will, sieht sie weiter keine Gefahr für mich, und ist sehr gewiß, daß ich immer die Verschiedenheit unsrer Wege anerkennen, und durch Nothwendigkeit gehalten, den meinen recht still fortgehn werde. Luise ward lebhaft von der Herabwürdigung der allerheiligsten Verbindung ergriffen, die man hier, wie so oft im Leben, augenblicklichen Zwecken unterordnete, und rief daher, ganz rücksichtslos auf die Baronin: liebe Emilie, man täuscht Sie! man täuscht Sie absichtlich! Sie wissen nicht, was es beißt, eine verfehlte Wahl; Sie ahnden den Kampf gutgearteter Naturen nicht, die vielleicht ein langes Leben hindurch mit Theilnahme und Mitleid und den eignen qualvollen Wünschen ringen müssen. Noch viel weniger fühlen Sie, was dadurch in Ihnen verloren geht. Das Unschuldigste wird Ihnen unter den Händen zur Schuld; Frevel und Sünde treten Ihnen unversehens immer näher und näher, und fassen und halten Sie, bis die Ruhe und das Glück Ihres Lebens auf ewig vergiftet <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080" n="78"/> war früher so entschieden gegen eine Verbindung mit Stein. So lange nur, erwiederte Emilie, als sie fürchtete, seine Leidenschaft könne mich unnatürlich entzünden, und, wie sie sagt, unversehens in eine Welt zaubern, in der ich höchst unbehaglich zu mir selbst kommen würde. Jetzt aber, da ich ihn mit ruhigem Gemüth allein aus Vernunft heiraten will, sieht sie weiter keine Gefahr für mich, und ist sehr gewiß, daß ich immer die Verschiedenheit unsrer Wege anerkennen, und durch Nothwendigkeit gehalten, den meinen recht still fortgehn werde. Luise ward lebhaft von der Herabwürdigung der allerheiligsten Verbindung ergriffen, die man hier, wie so oft im Leben, augenblicklichen Zwecken unterordnete, und rief daher, ganz rücksichtslos auf die Baronin: liebe Emilie, man täuscht Sie! man täuscht Sie absichtlich! Sie wissen nicht, was es beißt, eine verfehlte Wahl; Sie ahnden den Kampf gutgearteter Naturen nicht, die vielleicht ein langes Leben hindurch mit Theilnahme und Mitleid und den eignen qualvollen Wünschen ringen müssen. Noch viel weniger fühlen Sie, was dadurch in Ihnen verloren geht. Das Unschuldigste wird Ihnen unter den Händen zur Schuld; Frevel und Sünde treten Ihnen unversehens immer näher und näher, und fassen und halten Sie, bis die Ruhe und das Glück Ihres Lebens auf ewig vergiftet </p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0080]
war früher so entschieden gegen eine Verbindung mit Stein. So lange nur, erwiederte Emilie, als sie fürchtete, seine Leidenschaft könne mich unnatürlich entzünden, und, wie sie sagt, unversehens in eine Welt zaubern, in der ich höchst unbehaglich zu mir selbst kommen würde. Jetzt aber, da ich ihn mit ruhigem Gemüth allein aus Vernunft heiraten will, sieht sie weiter keine Gefahr für mich, und ist sehr gewiß, daß ich immer die Verschiedenheit unsrer Wege anerkennen, und durch Nothwendigkeit gehalten, den meinen recht still fortgehn werde. Luise ward lebhaft von der Herabwürdigung der allerheiligsten Verbindung ergriffen, die man hier, wie so oft im Leben, augenblicklichen Zwecken unterordnete, und rief daher, ganz rücksichtslos auf die Baronin: liebe Emilie, man täuscht Sie! man täuscht Sie absichtlich! Sie wissen nicht, was es beißt, eine verfehlte Wahl; Sie ahnden den Kampf gutgearteter Naturen nicht, die vielleicht ein langes Leben hindurch mit Theilnahme und Mitleid und den eignen qualvollen Wünschen ringen müssen. Noch viel weniger fühlen Sie, was dadurch in Ihnen verloren geht. Das Unschuldigste wird Ihnen unter den Händen zur Schuld; Frevel und Sünde treten Ihnen unversehens immer näher und näher, und fassen und halten Sie, bis die Ruhe und das Glück Ihres Lebens auf ewig vergiftet
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/80>, abgerufen am 18.06.2024. |