sende wollten schon gestern französischen Truppenzü¬ gen begegnet sein, die sich auf dem rechten Ufer saal¬ abwärts bewegten; man sah die verbündete Stellung umgangen, sah in ihrem Rücken den Feind sich im Kurfürstenthum festsetzen; man glaubte sich keine Stunde mehr sicher, dachte an's Bergen seiner Habseligkeiten, an Verproviantirung, an Flucht.
Die Aufregung wuchs, als gegen Mittag die Sage von mehreren, für die Verbündeten unglücklichen Vorpostengefechten, die schon am neunten stattgefun¬ den und die Kavallerie hart mitgenommen haben soll¬ ten, verlautete; sie stieg zum Höchsten, als einige Stunden später -- wie? durch wen? ja, Gott weiß es! die unheilvolle Kunde von Mund zu Mund lief. Eine Schlacht -- so hieß es -- hatte stattgefunden, der Feind den Uebergang gegen den preußischen Prin¬ zen, und demnach auch gegen unser städtisches Regi¬ ment erzwungen. Die Verluste wurden ungeheuer ge¬ nannt, unter ihnen sogar der Name des heldenmüthi¬ gen Prinzen.
In dieser Spannung des Lauerns und Horchens neigte sich der Tag. Die Frankfurter Post traf ein, zwei Staffetten folgten sich rasch auf den Straßen nach Halle und Leipzig. Immer dichter wurden die
ſende wollten ſchon geſtern franzöſiſchen Truppenzü¬ gen begegnet ſein, die ſich auf dem rechten Ufer ſaal¬ abwärts bewegten; man ſah die verbündete Stellung umgangen, ſah in ihrem Rücken den Feind ſich im Kurfürſtenthum feſtſetzen; man glaubte ſich keine Stunde mehr ſicher, dachte an's Bergen ſeiner Habſeligkeiten, an Verproviantirung, an Flucht.
Die Aufregung wuchs, als gegen Mittag die Sage von mehreren, für die Verbündeten unglücklichen Vorpoſtengefechten, die ſchon am neunten ſtattgefun¬ den und die Kavallerie hart mitgenommen haben ſoll¬ ten, verlautete; ſie ſtieg zum Höchſten, als einige Stunden ſpäter — wie? durch wen? ja, Gott weiß es! die unheilvolle Kunde von Mund zu Mund lief. Eine Schlacht — ſo hieß es — hatte ſtattgefunden, der Feind den Uebergang gegen den preußiſchen Prin¬ zen, und demnach auch gegen unſer ſtädtiſches Regi¬ ment erzwungen. Die Verluſte wurden ungeheuer ge¬ nannt, unter ihnen ſogar der Name des heldenmüthi¬ gen Prinzen.
In dieſer Spannung des Lauerns und Horchens neigte ſich der Tag. Die Frankfurter Poſt traf ein, zwei Staffetten folgten ſich raſch auf den Straßen nach Halle und Leipzig. Immer dichter wurden die
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ſende wollten ſchon geſtern franzöſiſchen Truppenzü¬
gen begegnet ſein, die ſich auf dem rechten Ufer ſaal¬
abwärts bewegten; man ſah die verbündete Stellung
umgangen, ſah in ihrem Rücken den Feind ſich im
Kurfürſtenthum feſtſetzen; man glaubte ſich keine Stunde
mehr ſicher, dachte an's Bergen ſeiner Habſeligkeiten,
an Verproviantirung, an Flucht.
Die Aufregung wuchs, als gegen Mittag die
Sage von mehreren, für die Verbündeten unglücklichen
Vorpoſtengefechten, die ſchon am neunten ſtattgefun¬
den und die Kavallerie hart mitgenommen haben ſoll¬
ten, verlautete; ſie ſtieg zum Höchſten, als einige
Stunden ſpäter — wie? durch wen? ja, Gott weiß
es! die unheilvolle Kunde von Mund zu Mund lief.
Eine Schlacht — ſo hieß es — hatte ſtattgefunden,
der Feind den Uebergang gegen den preußiſchen Prin¬
zen, und demnach auch gegen unſer ſtädtiſches Regi¬
ment erzwungen. Die Verluſte wurden ungeheuer ge¬
nannt, unter ihnen ſogar der Name des heldenmüthi¬
gen Prinzen.
In dieſer Spannung des Lauerns und Horchens
neigte ſich der Tag. Die Frankfurter Poſt traf ein,
zwei Staffetten folgten ſich raſch auf den Straßen
nach Halle und Leipzig. Immer dichter wurden die
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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/124>, abgerufen am 16.06.2024.
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