Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Sternschnuppen.

Zusatz zu diesem Artikel Th. IV. S. 204.

Herr D. Chladni (Ueber den Ursprung einiger Eisenmassen rc. Leipzig, 1794. gr. 4.) läßt die Feuerkugeln aus einer dichten und schweren Materie bestehen, welche aus dem allgemeinen Weltraume in den Wirkungskreis der Erdkugel herabkommen, in unserer Atmosphäre durch das Reiben bey ihrer schnellen Bewegung sich entzünden, durch entwickelte Gasarten zerplatzen, und auf die Erde niederfallen soll, s. den Zusatz des Art. Feuerkugel, oben S. 397 u. f. Die Sternschnuppen unterscheiden sich, wie er glaubt, nur dadurch, daß ihre eigenthümliche schnelle Bewegung sie in einer größern Entfernung bey der Erde vorbeyführt, so, daß sie von derselben nicht bis zum Niederfallen angezogen werden, und also beym Durchgehen durch die höchsten Regionen der Atmosphäre entweder nur eine schnell vorübergehende elektrische Erscheinung verursachen, oder wirklich auf einige Augenblicke in Brand gerathen, welches Brennen aber sogleich wieder aufhört, wenn sie sich wieder so weit von der Erde entfernen, daß die Luft zu Unterhaltung des Feuers zu dünn ist.

Man müßte nach dieser Theorie jede Sternschnuppe für einen eignen um Sonne oder Erde laufenden Körper halten, da ein der Erde entfliehender Körper in unserm Sonnensystem keinen andern Lauf, als eine Centralbewegung um Sonne oder Erde, annehmen kan. Das Unwahrscheinliche einer solchen Behauptung fällt um so mehr in die Augen, da die Erscheinung der Sternschnuppen offenbar von Ort, Jahrszeit und Witterung abhängt, indem sie in manchen Nächten ungemein häufig, oft aber auch lange Zeit gar nicht gesehen werden.

Im übrigen giebt Herr Chladni auch zu, daß unter diesen leuchtenden Meteoren, besonders denen, die niedriger gehen, einige von anderm Ursprunge, vielleicht elektrischer Natur, oder aus schleimigen durch die Fäulniß aufgelöseten vegetabilischen oder animalischen Theilen entstehen, und sich durch Ausdehnung vermittelst der Sumpfluft, wie kleine


Sternſchnuppen.

Zuſatz zu dieſem Artikel Th. IV. S. 204.

Herr D. Chladni (Ueber den Urſprung einiger Eiſenmaſſen rc. Leipzig, 1794. gr. 4.) laͤßt die Feuerkugeln aus einer dichten und ſchweren Materie beſtehen, welche aus dem allgemeinen Weltraume in den Wirkungskreis der Erdkugel herabkommen, in unſerer Atmoſphaͤre durch das Reiben bey ihrer ſchnellen Bewegung ſich entzuͤnden, durch entwickelte Gasarten zerplatzen, und auf die Erde niederfallen ſoll, ſ. den Zuſatz des Art. Feuerkugel, oben S. 397 u. f. Die Sternſchnuppen unterſcheiden ſich, wie er glaubt, nur dadurch, daß ihre eigenthuͤmliche ſchnelle Bewegung ſie in einer groͤßern Entfernung bey der Erde vorbeyfuͤhrt, ſo, daß ſie von derſelben nicht bis zum Niederfallen angezogen werden, und alſo beym Durchgehen durch die hoͤchſten Regionen der Atmoſphaͤre entweder nur eine ſchnell voruͤbergehende elektriſche Erſcheinung verurſachen, oder wirklich auf einige Augenblicke in Brand gerathen, welches Brennen aber ſogleich wieder aufhoͤrt, wenn ſie ſich wieder ſo weit von der Erde entfernen, daß die Luft zu Unterhaltung des Feuers zu duͤnn iſt.

Man muͤßte nach dieſer Theorie jede Sternſchnuppe fuͤr einen eignen um Sonne oder Erde laufenden Koͤrper halten, da ein der Erde entfliehender Koͤrper in unſerm Sonnenſyſtem keinen andern Lauf, als eine Centralbewegung um Sonne oder Erde, annehmen kan. Das Unwahrſcheinliche einer ſolchen Behauptung faͤllt um ſo mehr in die Augen, da die Erſcheinung der Sternſchnuppen offenbar von Ort, Jahrszeit und Witterung abhaͤngt, indem ſie in manchen Naͤchten ungemein haͤufig, oft aber auch lange Zeit gar nicht geſehen werden.

Im uͤbrigen giebt Herr Chladni auch zu, daß unter dieſen leuchtenden Meteoren, beſonders denen, die niedriger gehen, einige von anderm Urſprunge, vielleicht elektriſcher Natur, oder aus ſchleimigen durch die Faͤulniß aufgeloͤſeten vegetabiliſchen oder animaliſchen Theilen entſtehen, und ſich durch Ausdehnung vermittelſt der Sumpfluft, wie kleine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p>
                <pb facs="#f0879" xml:id="P.5.867" n="867"/><lb/>
              </p>
            </div>
            <div n="2">
              <head>Stern&#x017F;chnuppen.</head><lb/>
              <p> <hi rendition="#c">Zu&#x017F;atz zu die&#x017F;em Artikel Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 204.</hi> </p>
              <p>Herr D. <hi rendition="#b">Chladni</hi> (Ueber den Ur&#x017F;prung einiger Ei&#x017F;enma&#x017F;&#x017F;en rc. Leipzig, 1794. gr. 4.) la&#x0364;ßt die Feuerkugeln aus einer dichten und &#x017F;chweren Materie be&#x017F;tehen, welche aus dem allgemeinen Weltraume in den Wirkungskreis der Erdkugel herabkommen, in un&#x017F;erer Atmo&#x017F;pha&#x0364;re durch das Reiben bey ihrer &#x017F;chnellen Bewegung &#x017F;ich entzu&#x0364;nden, durch entwickelte Gasarten zerplatzen, und auf die Erde niederfallen &#x017F;oll, &#x017F;. den Zu&#x017F;atz des Art. <hi rendition="#b">Feuerkugel,</hi> oben S. 397 u. f. Die Stern&#x017F;chnuppen unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich, wie er glaubt, nur dadurch, daß ihre eigenthu&#x0364;mliche &#x017F;chnelle Bewegung &#x017F;ie in einer gro&#x0364;ßern Entfernung bey der Erde vorbeyfu&#x0364;hrt, &#x017F;o, daß &#x017F;ie von der&#x017F;elben nicht bis zum Niederfallen angezogen werden, und al&#x017F;o beym Durchgehen durch die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Regionen der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re entweder nur eine &#x017F;chnell voru&#x0364;bergehende elektri&#x017F;che Er&#x017F;cheinung verur&#x017F;achen, oder wirklich auf einige Augenblicke in Brand gerathen, welches Brennen aber &#x017F;ogleich wieder aufho&#x0364;rt, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich wieder &#x017F;o weit von der Erde entfernen, daß die Luft zu Unterhaltung des Feuers zu du&#x0364;nn i&#x017F;t.</p>
              <p>Man mu&#x0364;ßte nach die&#x017F;er Theorie jede Stern&#x017F;chnuppe fu&#x0364;r einen eignen um Sonne oder Erde laufenden Ko&#x0364;rper halten, da ein der Erde entfliehender Ko&#x0364;rper in un&#x017F;erm Sonnen&#x017F;y&#x017F;tem keinen andern Lauf, als eine Centralbewegung um Sonne oder Erde, annehmen kan. Das Unwahr&#x017F;cheinliche einer &#x017F;olchen Behauptung fa&#x0364;llt um &#x017F;o mehr in die Augen, da die Er&#x017F;cheinung der Stern&#x017F;chnuppen offenbar von Ort, Jahrszeit und Witterung abha&#x0364;ngt, indem &#x017F;ie in manchen Na&#x0364;chten ungemein ha&#x0364;ufig, oft aber auch lange Zeit gar nicht ge&#x017F;ehen werden.</p>
              <p>Im u&#x0364;brigen giebt Herr <hi rendition="#b">Chladni</hi> auch zu, daß unter die&#x017F;en leuchtenden Meteoren, be&#x017F;onders denen, die niedriger gehen, einige von anderm Ur&#x017F;prunge, vielleicht elektri&#x017F;cher Natur, oder aus &#x017F;chleimigen durch die Fa&#x0364;ulniß aufgelo&#x0364;&#x017F;eten vegetabili&#x017F;chen oder animali&#x017F;chen Theilen ent&#x017F;tehen, und &#x017F;ich durch Ausdehnung vermittel&#x017F;t der Sumpfluft, wie kleine<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[867/0879] Sternſchnuppen. Zuſatz zu dieſem Artikel Th. IV. S. 204. Herr D. Chladni (Ueber den Urſprung einiger Eiſenmaſſen rc. Leipzig, 1794. gr. 4.) laͤßt die Feuerkugeln aus einer dichten und ſchweren Materie beſtehen, welche aus dem allgemeinen Weltraume in den Wirkungskreis der Erdkugel herabkommen, in unſerer Atmoſphaͤre durch das Reiben bey ihrer ſchnellen Bewegung ſich entzuͤnden, durch entwickelte Gasarten zerplatzen, und auf die Erde niederfallen ſoll, ſ. den Zuſatz des Art. Feuerkugel, oben S. 397 u. f. Die Sternſchnuppen unterſcheiden ſich, wie er glaubt, nur dadurch, daß ihre eigenthuͤmliche ſchnelle Bewegung ſie in einer groͤßern Entfernung bey der Erde vorbeyfuͤhrt, ſo, daß ſie von derſelben nicht bis zum Niederfallen angezogen werden, und alſo beym Durchgehen durch die hoͤchſten Regionen der Atmoſphaͤre entweder nur eine ſchnell voruͤbergehende elektriſche Erſcheinung verurſachen, oder wirklich auf einige Augenblicke in Brand gerathen, welches Brennen aber ſogleich wieder aufhoͤrt, wenn ſie ſich wieder ſo weit von der Erde entfernen, daß die Luft zu Unterhaltung des Feuers zu duͤnn iſt. Man muͤßte nach dieſer Theorie jede Sternſchnuppe fuͤr einen eignen um Sonne oder Erde laufenden Koͤrper halten, da ein der Erde entfliehender Koͤrper in unſerm Sonnenſyſtem keinen andern Lauf, als eine Centralbewegung um Sonne oder Erde, annehmen kan. Das Unwahrſcheinliche einer ſolchen Behauptung faͤllt um ſo mehr in die Augen, da die Erſcheinung der Sternſchnuppen offenbar von Ort, Jahrszeit und Witterung abhaͤngt, indem ſie in manchen Naͤchten ungemein haͤufig, oft aber auch lange Zeit gar nicht geſehen werden. Im uͤbrigen giebt Herr Chladni auch zu, daß unter dieſen leuchtenden Meteoren, beſonders denen, die niedriger gehen, einige von anderm Urſprunge, vielleicht elektriſcher Natur, oder aus ſchleimigen durch die Faͤulniß aufgeloͤſeten vegetabiliſchen oder animaliſchen Theilen entſtehen, und ſich durch Ausdehnung vermittelſt der Sumpfluft, wie kleine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/879
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/879>, abgerufen am 16.06.2024.