[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Leben der Schwedischen süssen Empfindungen nur desto mächtigergeworden waren, weil sie an der stren- gen Lebensart und an den Regeln einer hohen Keuschheit einen beständigen Wi- derstand gefunden hatten: so wird man die innbrünstige und schmachtende Liebe dieser jungen Frau einigermaaßen denken können. Jch war so wohl mit unsers Carlsons Wahl zufrieden, als mein Mann, und wir vergnügten uns an der Zufriedenheit dieses Paars so sehr, daß wir nicht wieder von ihm kommen konn- ten. Wir ließen Geld aus Amsterdam kommen, und blieben ein ganzes Jahr, und länger bey diesen zärtlichen Eheleu- ten. Nichts fehlte uns, als Carlsons redliche Mutter. Wir hatten Briefe von ihr, daß es sich mit ihrer Gesundheit ge- bessert hätte, und daß sie im Stande wäre, bald zu uns zu kommen. Wir schickten auch den Reitknecht, der mir ehemals die Post von meines Gemahls Tode gebracht hatte, fort, daß er sie ab- holen
Leben der Schwediſchen ſüſſen Empfindungen nur deſto mächtigergeworden waren, weil ſie an der ſtren- gen Lebensart und an den Regeln einer hohen Keuſchheit einen beſtändigen Wi- derſtand gefunden hatten: ſo wird man die innbrünſtige und ſchmachtende Liebe dieſer jungen Frau einigermaaßen denken können. Jch war ſo wohl mit unſers Carlſons Wahl zufrieden, als mein Mann, und wir vergnügten uns an der Zufriedenheit dieſes Paars ſo ſehr, daß wir nicht wieder von ihm kommen konn- ten. Wir ließen Geld aus Amſterdam kommen, und blieben ein ganzes Jahr, und länger bey dieſen zärtlichen Eheleu- ten. Nichts fehlte uns, als Carlſons redliche Mutter. Wir hatten Briefe von ihr, daß es ſich mit ihrer Geſundheit ge- beſſert hätte, und daß ſie im Stande wäre, bald zu uns zu kommen. Wir ſchickten auch den Reitknecht, der mir ehemals die Poſt von meines Gemahls Tode gebracht hatte, fort, daß er ſie ab- holen
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Leben der Schwediſchen
ſüſſen Empfindungen nur deſto mächtiger
geworden waren, weil ſie an der ſtren-
gen Lebensart und an den Regeln einer
hohen Keuſchheit einen beſtändigen Wi-
derſtand gefunden hatten: ſo wird man
die innbrünſtige und ſchmachtende Liebe
dieſer jungen Frau einigermaaßen denken
können. Jch war ſo wohl mit unſers
Carlſons Wahl zufrieden, als mein
Mann, und wir vergnügten uns an der
Zufriedenheit dieſes Paars ſo ſehr, daß
wir nicht wieder von ihm kommen konn-
ten. Wir ließen Geld aus Amſterdam
kommen, und blieben ein ganzes Jahr,
und länger bey dieſen zärtlichen Eheleu-
ten. Nichts fehlte uns, als Carlſons
redliche Mutter. Wir hatten Briefe von
ihr, daß es ſich mit ihrer Geſundheit ge-
beſſert hätte, und daß ſie im Stande
wäre, bald zu uns zu kommen. Wir
ſchickten auch den Reitknecht, der mir
ehemals die Poſt von meines Gemahls
Tode gebracht hatte, fort, daß er ſie ab-
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Zitationshilfe: | [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/84>, abgerufen am 18.06.2024. |