Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Faust. Ihr seyd wohl viel allein? Margarete. Ja, unsre Wirthschaft ist nur klein, Und doch will sie versehen seyn. Wir haben keine Magd; muß kochen, fegen, stricken Und nähn, und laufen früh und spat; Und meine Mutter ist in allen Stücken So accurat! Nicht daß sie just so sehr sich einzuschränken hat; Wir könnten uns weit eh'r als andre regen: Mein Vater hinterließ ein hübsch Vermögen, Ein Häuschen und ein Gärtchen vor der Stadt. Doch hab' ich jetzt so ziemlich stille Tage; Mein Bruder ist Soldat, Mein Schwesterchen ist todt. Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Noth; Doch übernähm' ich gern noch einmal alle Plage, So lieb war mir das Kind. Faust. Ein Engel, wenn dir's glich. Fauſt. Ihr ſeyd wohl viel allein? Margarete. Ja, unſre Wirthſchaft iſt nur klein, Und doch will ſie verſehen ſeyn. Wir haben keine Magd; muß kochen, fegen, ſtricken Und naͤhn, und laufen fruͤh und ſpat; Und meine Mutter iſt in allen Stuͤcken So accurat! Nicht daß ſie juſt ſo ſehr ſich einzuſchraͤnken hat; Wir koͤnnten uns weit eh’r als andre regen: Mein Vater hinterließ ein huͤbſch Vermoͤgen, Ein Haͤuschen und ein Gaͤrtchen vor der Stadt. Doch hab’ ich jetzt ſo ziemlich ſtille Tage; Mein Bruder iſt Soldat, Mein Schweſterchen iſt todt. Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Noth; Doch uͤbernaͤhm’ ich gern noch einmal alle Plage, So lieb war mir das Kind. Fauſt. Ein Engel, wenn dir’s glich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0209" n="203"/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p>Ihr ſeyd wohl viel allein?</p> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker><hi rendition="#g">Margarete</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, unſre Wirthſchaft iſt nur klein,<lb/> Und doch will ſie verſehen ſeyn.<lb/> Wir haben keine Magd; muß kochen, fegen, ſtricken<lb/> Und naͤhn, und laufen fruͤh und ſpat;<lb/> Und meine Mutter iſt in allen Stuͤcken<lb/> So accurat!<lb/> Nicht daß ſie juſt ſo ſehr ſich einzuſchraͤnken hat;<lb/> Wir koͤnnten uns weit eh’r als andre regen:<lb/> Mein Vater hinterließ ein huͤbſch Vermoͤgen,<lb/> Ein Haͤuschen und ein Gaͤrtchen vor der Stadt.<lb/> Doch hab’ ich jetzt ſo ziemlich ſtille Tage;<lb/> Mein Bruder iſt Soldat,<lb/> Mein Schweſterchen iſt todt.<lb/> Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Noth;<lb/> Doch uͤbernaͤhm’ ich gern noch einmal alle Plage,<lb/> So lieb war mir das Kind.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAU"> <speaker><hi rendition="#g">Fauſt</hi>.</speaker><lb/> <p> <hi rendition="#c">Ein Engel, wenn dir’s glich.</hi> </p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0209]
Fauſt.
Ihr ſeyd wohl viel allein?
Margarete.
Ja, unſre Wirthſchaft iſt nur klein,
Und doch will ſie verſehen ſeyn.
Wir haben keine Magd; muß kochen, fegen, ſtricken
Und naͤhn, und laufen fruͤh und ſpat;
Und meine Mutter iſt in allen Stuͤcken
So accurat!
Nicht daß ſie juſt ſo ſehr ſich einzuſchraͤnken hat;
Wir koͤnnten uns weit eh’r als andre regen:
Mein Vater hinterließ ein huͤbſch Vermoͤgen,
Ein Haͤuschen und ein Gaͤrtchen vor der Stadt.
Doch hab’ ich jetzt ſo ziemlich ſtille Tage;
Mein Bruder iſt Soldat,
Mein Schweſterchen iſt todt.
Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Noth;
Doch uͤbernaͤhm’ ich gern noch einmal alle Plage,
So lieb war mir das Kind.
Fauſt.
Ein Engel, wenn dir’s glich.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/209>, abgerufen am 17.06.2024. |