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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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Wie ich nun auf diesem Wege viel meh¬
reres kennen als zurechte legen lernte, wo¬
durch sich ein immer wachsendes Misbehagen
in mir hervordrang, so hatte ich auch vom
Leben manche kleine Unannehmlichkeiten; wie
man denn, wenn man den Ort verändert
und in neue Verhältnisse tritt, immer Ein¬
stand geben muß. Das erste, was die Frau¬
en an mir tadelten, bezog sich auf die Klei¬
dung; denn ich war vom Hause freylich et¬
was wunderlich equipirt auf die Academie
gelangt.

Mein Vater, dem nichts so sehr verhaßt
war, als wenn etwas vergeblich geschah, wenn
Jemand seine Zeit nicht zu brauchen wußte,
oder sie zu benutzen keine Gelegenheit fand,
trieb seine Oeconomie mit Zeit und Kräften
so weit, daß ihm nichts mehr Vergnügen
machte, als zwey Fliegen mit Einer Klappe
zu schlagen. Er hatte deswegen niemals ei¬
nen Bedienten, der nicht im Hause zu noch

II. 6

Wie ich nun auf dieſem Wege viel meh¬
reres kennen als zurechte legen lernte, wo¬
durch ſich ein immer wachſendes Misbehagen
in mir hervordrang, ſo hatte ich auch vom
Leben manche kleine Unannehmlichkeiten; wie
man denn, wenn man den Ort veraͤndert
und in neue Verhaͤltniſſe tritt, immer Ein¬
ſtand geben muß. Das erſte, was die Frau¬
en an mir tadelten, bezog ſich auf die Klei¬
dung; denn ich war vom Hauſe freylich et¬
was wunderlich equipirt auf die Academie
gelangt.

Mein Vater, dem nichts ſo ſehr verhaßt
war, als wenn etwas vergeblich geſchah, wenn
Jemand ſeine Zeit nicht zu brauchen wußte,
oder ſie zu benutzen keine Gelegenheit fand,
trieb ſeine Oeconomie mit Zeit und Kraͤften
ſo weit, daß ihm nichts mehr Vergnuͤgen
machte, als zwey Fliegen mit Einer Klappe
zu ſchlagen. Er hatte deswegen niemals ei¬
nen Bedienten, der nicht im Hauſe zu noch

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[81/0089] Wie ich nun auf dieſem Wege viel meh¬ reres kennen als zurechte legen lernte, wo¬ durch ſich ein immer wachſendes Misbehagen in mir hervordrang, ſo hatte ich auch vom Leben manche kleine Unannehmlichkeiten; wie man denn, wenn man den Ort veraͤndert und in neue Verhaͤltniſſe tritt, immer Ein¬ ſtand geben muß. Das erſte, was die Frau¬ en an mir tadelten, bezog ſich auf die Klei¬ dung; denn ich war vom Hauſe freylich et¬ was wunderlich equipirt auf die Academie gelangt. Mein Vater, dem nichts ſo ſehr verhaßt war, als wenn etwas vergeblich geſchah, wenn Jemand ſeine Zeit nicht zu brauchen wußte, oder ſie zu benutzen keine Gelegenheit fand, trieb ſeine Oeconomie mit Zeit und Kraͤften ſo weit, daß ihm nichts mehr Vergnuͤgen machte, als zwey Fliegen mit Einer Klappe zu ſchlagen. Er hatte deswegen niemals ei¬ nen Bedienten, der nicht im Hauſe zu noch II. 6

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/89>, abgerufen am 10.11.2024.