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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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gründet ist, um den sogenannten Pfaffen zu
schaden, niemals genug herabsetzen können
und mir dadurch manche unangenehme Em¬
pfindung erregt. Da ich nun aber gar ver¬
nahm, daß er, um die Ueberlieferung einer
Sündfluth zu entkräften, alle versteinte Mu¬
scheln leugnete, und solche nur für Natur¬
spiele gelten ließ, so verlor er gänzlich mein
Vertrauen: denn der Augenschein hatte mir
auf dem Baschberge deutlich genug gezeigt,
daß ich mich auf altem abgetrockneten Mee¬
resgrund, unter den Exuvien seiner Urein¬
wohner befinde. Ja! diese Berge waren einst¬
mals von Wellen bedeckt; ob vor oder wäh¬
rend der Sündfluth, das konnte mich nicht
rühren, genug, das Rheinthal war ein un¬
geheuerer See, eine unübersehliche Bucht ge¬
wesen; das konnte man mir nicht ausreden.
Ich gedachte vielmehr in Kenntniß der Län¬
der und Gebirge vorzuschreiten, es möchte
sich daraus ergeben was da wollte.

gruͤndet iſt, um den ſogenannten Pfaffen zu
ſchaden, niemals genug herabſetzen koͤnnen
und mir dadurch manche unangenehme Em¬
pfindung erregt. Da ich nun aber gar ver¬
nahm, daß er, um die Ueberlieferung einer
Suͤndfluth zu entkraͤften, alle verſteinte Mu¬
ſcheln leugnete, und ſolche nur fuͤr Natur¬
ſpiele gelten ließ, ſo verlor er gaͤnzlich mein
Vertrauen: denn der Augenſchein hatte mir
auf dem Baſchberge deutlich genug gezeigt,
daß ich mich auf altem abgetrockneten Mee¬
resgrund, unter den Exuvien ſeiner Urein¬
wohner befinde. Ja! dieſe Berge waren einſt¬
mals von Wellen bedeckt; ob vor oder waͤh¬
rend der Suͤndfluth, das konnte mich nicht
ruͤhren, genug, das Rheinthal war ein un¬
geheuerer See, eine unuͤberſehliche Bucht ge¬
weſen; das konnte man mir nicht ausreden.
Ich gedachte vielmehr in Kenntniß der Laͤn¬
der und Gebirge vorzuſchreiten, es moͤchte
ſich daraus ergeben was da wollte.

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[92/0100] gruͤndet iſt, um den ſogenannten Pfaffen zu ſchaden, niemals genug herabſetzen koͤnnen und mir dadurch manche unangenehme Em¬ pfindung erregt. Da ich nun aber gar ver¬ nahm, daß er, um die Ueberlieferung einer Suͤndfluth zu entkraͤften, alle verſteinte Mu¬ ſcheln leugnete, und ſolche nur fuͤr Natur¬ ſpiele gelten ließ, ſo verlor er gaͤnzlich mein Vertrauen: denn der Augenſchein hatte mir auf dem Baſchberge deutlich genug gezeigt, daß ich mich auf altem abgetrockneten Mee¬ resgrund, unter den Exuvien ſeiner Urein¬ wohner befinde. Ja! dieſe Berge waren einſt¬ mals von Wellen bedeckt; ob vor oder waͤh¬ rend der Suͤndfluth, das konnte mich nicht ruͤhren, genug, das Rheinthal war ein un¬ geheuerer See, eine unuͤberſehliche Bucht ge¬ weſen; das konnte man mir nicht ausreden. Ich gedachte vielmehr in Kenntniß der Laͤn¬ der und Gebirge vorzuſchreiten, es moͤchte ſich daraus ergeben was da wollte.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/100>, abgerufen am 31.10.2024.