Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

wieder im Sonnenschein glänzte, ehe es noch
abtrocknen konnte. Der doppelte Regenbogen,
zweyfarbige Säume eines dunkelgrauen, bey¬
nah schwarzen himmlischen Bandstreifens wa¬
ren herrlicher, farbiger, entschiedener, aber
auch flüchtiger als ich sie irgend beobachtet.

Unter diesen Umgebungen trat unversehens
die Lust zu dichten, die ich lange nicht ge¬
fühlt hatte, wieder hervor. Ich legte für
Friedriken manche Lieder bekannten Melo¬
dieen unter. Sie hätten ein artiges Bänd¬
chen gegeben, wenige davon sind übrig ge¬
blieben, man wird sie leicht aus meinen übri¬
gen herausfinden.

Da ich meiner wunderlichen Studien und
übrigen Verhältnisse wegen doch öfters nach
der Stadt, zurückzukehren, genöthigt war, so
entsprang dadurch für unsere Neigung ein
neues Leben, das uns vor allem Unangeneh¬
men bewahrte, was an solche kleine Liebeshän¬

wieder im Sonnenſchein glaͤnzte, ehe es noch
abtrocknen konnte. Der doppelte Regenbogen,
zweyfarbige Saͤume eines dunkelgrauen, bey¬
nah ſchwarzen himmliſchen Bandſtreifens wa¬
ren herrlicher, farbiger, entſchiedener, aber
auch fluͤchtiger als ich ſie irgend beobachtet.

Unter dieſen Umgebungen trat unverſehens
die Luſt zu dichten, die ich lange nicht ge¬
fuͤhlt hatte, wieder hervor. Ich legte fuͤr
Friedriken manche Lieder bekannten Melo¬
dieen unter. Sie haͤtten ein artiges Baͤnd¬
chen gegeben, wenige davon ſind uͤbrig ge¬
blieben, man wird ſie leicht aus meinen uͤbri¬
gen herausfinden.

Da ich meiner wunderlichen Studien und
uͤbrigen Verhaͤltniſſe wegen doch oͤfters nach
der Stadt, zuruͤckzukehren, genoͤthigt war, ſo
entſprang dadurch fuͤr unſere Neigung ein
neues Leben, das uns vor allem Unangeneh¬
men bewahrte, was an ſolche kleine Liebeshaͤn¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0053" n="45"/>
wieder im Sonnen&#x017F;chein gla&#x0364;nzte, ehe es noch<lb/>
abtrocknen konnte. Der doppelte Regenbogen,<lb/>
zweyfarbige Sa&#x0364;ume eines dunkelgrauen, bey¬<lb/>
nah &#x017F;chwarzen himmli&#x017F;chen Band&#x017F;treifens wa¬<lb/>
ren herrlicher, farbiger, ent&#x017F;chiedener, aber<lb/>
auch flu&#x0364;chtiger als ich &#x017F;ie irgend beobachtet.</p><lb/>
        <p>Unter die&#x017F;en Umgebungen trat unver&#x017F;ehens<lb/>
die Lu&#x017F;t zu dichten, die ich lange nicht ge¬<lb/>
fu&#x0364;hlt hatte, wieder hervor. Ich legte fu&#x0364;r<lb/>
Friedriken manche Lieder bekannten Melo¬<lb/>
dieen unter. Sie ha&#x0364;tten ein artiges Ba&#x0364;nd¬<lb/>
chen gegeben, wenige davon &#x017F;ind u&#x0364;brig ge¬<lb/>
blieben, man wird &#x017F;ie leicht aus meinen u&#x0364;bri¬<lb/>
gen herausfinden.</p><lb/>
        <p>Da ich meiner wunderlichen Studien und<lb/>
u&#x0364;brigen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e wegen doch o&#x0364;fters nach<lb/>
der Stadt, zuru&#x0364;ckzukehren, geno&#x0364;thigt war, &#x017F;o<lb/>
ent&#x017F;prang dadurch fu&#x0364;r un&#x017F;ere Neigung ein<lb/>
neues Leben, das uns vor allem Unangeneh¬<lb/>
men bewahrte, was an &#x017F;olche kleine Liebesha&#x0364;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0053] wieder im Sonnenſchein glaͤnzte, ehe es noch abtrocknen konnte. Der doppelte Regenbogen, zweyfarbige Saͤume eines dunkelgrauen, bey¬ nah ſchwarzen himmliſchen Bandſtreifens wa¬ ren herrlicher, farbiger, entſchiedener, aber auch fluͤchtiger als ich ſie irgend beobachtet. Unter dieſen Umgebungen trat unverſehens die Luſt zu dichten, die ich lange nicht ge¬ fuͤhlt hatte, wieder hervor. Ich legte fuͤr Friedriken manche Lieder bekannten Melo¬ dieen unter. Sie haͤtten ein artiges Baͤnd¬ chen gegeben, wenige davon ſind uͤbrig ge¬ blieben, man wird ſie leicht aus meinen uͤbri¬ gen herausfinden. Da ich meiner wunderlichen Studien und uͤbrigen Verhaͤltniſſe wegen doch oͤfters nach der Stadt, zuruͤckzukehren, genoͤthigt war, ſo entſprang dadurch fuͤr unſere Neigung ein neues Leben, das uns vor allem Unangeneh¬ men bewahrte, was an ſolche kleine Liebeshaͤn¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/53
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/53>, abgerufen am 31.10.2024.