Mittler mochte lieber einlenken als die Unterhaltung abbrechen, die er so leicht nicht wieder anknüpfen konnte. Auch Eduarden war es ganz gemäß, das Gespräch weiter fortzusetzen, das ohnehin zu seinem Ziele ab¬ zulaufen strebte.
Freylich, sagte Eduard, hilft das Hin- und Wiederdenken, das Hin- und Wieder¬ reden zu nichts; doch unter diesem Reden bin ich mich selbst erst gewahr worden, habe ich erst entschieden gefühlt, wozu ich mich entschließen sollte, wozu ich entschlossen bin. Ich sehe mein gegenwärtiges, mein zukünftiges Leben vor mir; nur zwischen Elend und Genuß habe ich zu wählen. Bewirken Sie, bester Mann, eine Scheidung die so nothwendig, die schon geschehen ist; schaffen Sie mir Charlottens Einwilligung. Ich will nicht weiter ausführen, warum ich glaube daß sie zu erlangen seyn wird. Gehen Sie
Mittler mochte lieber einlenken als die Unterhaltung abbrechen, die er ſo leicht nicht wieder anknuͤpfen konnte. Auch Eduarden war es ganz gemaͤß, das Geſpraͤch weiter fortzuſetzen, das ohnehin zu ſeinem Ziele ab¬ zulaufen ſtrebte.
Freylich, ſagte Eduard, hilft das Hin- und Wiederdenken, das Hin- und Wieder¬ reden zu nichts; doch unter dieſem Reden bin ich mich ſelbſt erſt gewahr worden, habe ich erſt entſchieden gefuͤhlt, wozu ich mich entſchließen ſollte, wozu ich entſchloſſen bin. Ich ſehe mein gegenwaͤrtiges, mein zukuͤnftiges Leben vor mir; nur zwiſchen Elend und Genuß habe ich zu waͤhlen. Bewirken Sie, beſter Mann, eine Scheidung die ſo nothwendig, die ſchon geſchehen iſt; ſchaffen Sie mir Charlottens Einwilligung. Ich will nicht weiter ausfuͤhren, warum ich glaube daß ſie zu erlangen ſeyn wird. Gehen Sie
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0303"n="298"/><p>Mittler mochte lieber einlenken als die<lb/>
Unterhaltung abbrechen, die er ſo leicht nicht<lb/>
wieder anknuͤpfen konnte. Auch Eduarden<lb/>
war es ganz gemaͤß, das Geſpraͤch weiter<lb/>
fortzuſetzen, das ohnehin zu ſeinem Ziele ab¬<lb/>
zulaufen ſtrebte.</p><lb/><p>Freylich, ſagte Eduard, hilft das Hin-<lb/>
und Wiederdenken, das Hin- und Wieder¬<lb/>
reden zu nichts; doch unter dieſem Reden<lb/>
bin ich mich ſelbſt erſt gewahr worden,<lb/>
habe ich erſt entſchieden gefuͤhlt, wozu ich<lb/>
mich entſchließen ſollte, wozu ich entſchloſſen<lb/>
bin. Ich ſehe mein gegenwaͤrtiges, mein<lb/>
zukuͤnftiges Leben vor mir; nur zwiſchen Elend<lb/>
und Genuß habe ich zu waͤhlen. Bewirken<lb/>
Sie, beſter Mann, eine Scheidung die ſo<lb/>
nothwendig, die ſchon geſchehen iſt; ſchaffen<lb/>
Sie mir Charlottens Einwilligung. Ich will<lb/>
nicht weiter ausfuͤhren, warum ich glaube<lb/>
daß ſie zu erlangen ſeyn wird. Gehen Sie<lb/></p></div></body></text></TEI>
[298/0303]
Mittler mochte lieber einlenken als die
Unterhaltung abbrechen, die er ſo leicht nicht
wieder anknuͤpfen konnte. Auch Eduarden
war es ganz gemaͤß, das Geſpraͤch weiter
fortzuſetzen, das ohnehin zu ſeinem Ziele ab¬
zulaufen ſtrebte.
Freylich, ſagte Eduard, hilft das Hin-
und Wiederdenken, das Hin- und Wieder¬
reden zu nichts; doch unter dieſem Reden
bin ich mich ſelbſt erſt gewahr worden,
habe ich erſt entſchieden gefuͤhlt, wozu ich
mich entſchließen ſollte, wozu ich entſchloſſen
bin. Ich ſehe mein gegenwaͤrtiges, mein
zukuͤnftiges Leben vor mir; nur zwiſchen Elend
und Genuß habe ich zu waͤhlen. Bewirken
Sie, beſter Mann, eine Scheidung die ſo
nothwendig, die ſchon geſchehen iſt; ſchaffen
Sie mir Charlottens Einwilligung. Ich will
nicht weiter ausfuͤhren, warum ich glaube
daß ſie zu erlangen ſeyn wird. Gehen Sie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/303>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.