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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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mit mir, ich will sehn, daß ich dich unterbringe." Nun ging der Junge mit dem Fuhrmann; Abends gelangten sie zu einem Wirthshaus, wo sie übernachten wollten, da sprach er beim Eintritt in die Stube wieder ganz laut: "wenn mirs nur gruselte! wenn mirs nur gruselte!" Der Wirth der das hörte, lachte und sprach: "wenn dich darnach lüstet, dazu sollte hier wohl Gelegenheit seyn." "Ach schweig stille, sprach die Wirthsfrau, so mancher vorwitzige hat schon sein Leben eingebüßt, es wäre Jammer und Schade um die schönen Augen, wenn die das Tageslicht nicht wieder sehen sollten." Der Junge aber sagte: "wenn es noch so schwer ist, ich wills einmal lernen, dazu bin ich ja ausgezogen." Er ließ dem Wirth auch keine Ruhe, bis dieser erzählte, nicht weit davon stände ein verwünschtes Schloß, worin einer wohl lernen könnte was gruseln wäre, wenn er drei Nächte darin wachen wollte. Der König hätte dem, ders wagen wollte, seine Tochter zur Frau versprochen und die wäre die schönste Jungfrau, welche die Sonne beschien; in dem Schloß steckten große Schätze von Geistern bewacht, die würden dann frei. Schon viele wären wohl hinein, aber noch keiner wieder heraus gekommen. Da ging der Junge am andern Morgen vor den König und sprach: "wenns erlaubt wäre, so wollte ich wohl drei Nächte in dem verwünschten Schloß wachen?" Der König sah ihn an und weil er ihm gefiel, sprach er: "du darfst dir noch dreierlei ausbitten, aber von leblosen Dingen, das du mit ins Schloß nimmst." Da antwortete er: "so bitt ich um ein Feuer, eine Drehbank und eine Schnitzbank mit dem Messer."


mit mir, ich will sehn, daß ich dich unterbringe.“ Nun ging der Junge mit dem Fuhrmann; Abends gelangten sie zu einem Wirthshaus, wo sie uͤbernachten wollten, da sprach er beim Eintritt in die Stube wieder ganz laut: „wenn mirs nur gruselte! wenn mirs nur gruselte!“ Der Wirth der das hoͤrte, lachte und sprach: „wenn dich darnach luͤstet, dazu sollte hier wohl Gelegenheit seyn.“ „Ach schweig stille, sprach die Wirthsfrau, so mancher vorwitzige hat schon sein Leben eingebuͤßt, es waͤre Jammer und Schade um die schoͤnen Augen, wenn die das Tageslicht nicht wieder sehen sollten.“ Der Junge aber sagte: „wenn es noch so schwer ist, ich wills einmal lernen, dazu bin ich ja ausgezogen.“ Er ließ dem Wirth auch keine Ruhe, bis dieser erzaͤhlte, nicht weit davon staͤnde ein verwuͤnschtes Schloß, worin einer wohl lernen koͤnnte was gruseln waͤre, wenn er drei Naͤchte darin wachen wollte. Der Koͤnig haͤtte dem, ders wagen wollte, seine Tochter zur Frau versprochen und die waͤre die schoͤnste Jungfrau, welche die Sonne beschien; in dem Schloß steckten große Schaͤtze von Geistern bewacht, die wuͤrden dann frei. Schon viele waͤren wohl hinein, aber noch keiner wieder heraus gekommen. Da ging der Junge am andern Morgen vor den Koͤnig und sprach: „wenns erlaubt waͤre, so wollte ich wohl drei Naͤchte in dem verwuͤnschten Schloß wachen?“ Der Koͤnig sah ihn an und weil er ihm gefiel, sprach er: „du darfst dir noch dreierlei ausbitten, aber von leblosen Dingen, das du mit ins Schloß nimmst.“ Da antwortete er: „so bitt ich um ein Feuer, eine Drehbank und eine Schnitzbank mit dem Messer.“


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[19/0083] mit mir, ich will sehn, daß ich dich unterbringe.“ Nun ging der Junge mit dem Fuhrmann; Abends gelangten sie zu einem Wirthshaus, wo sie uͤbernachten wollten, da sprach er beim Eintritt in die Stube wieder ganz laut: „wenn mirs nur gruselte! wenn mirs nur gruselte!“ Der Wirth der das hoͤrte, lachte und sprach: „wenn dich darnach luͤstet, dazu sollte hier wohl Gelegenheit seyn.“ „Ach schweig stille, sprach die Wirthsfrau, so mancher vorwitzige hat schon sein Leben eingebuͤßt, es waͤre Jammer und Schade um die schoͤnen Augen, wenn die das Tageslicht nicht wieder sehen sollten.“ Der Junge aber sagte: „wenn es noch so schwer ist, ich wills einmal lernen, dazu bin ich ja ausgezogen.“ Er ließ dem Wirth auch keine Ruhe, bis dieser erzaͤhlte, nicht weit davon staͤnde ein verwuͤnschtes Schloß, worin einer wohl lernen koͤnnte was gruseln waͤre, wenn er drei Naͤchte darin wachen wollte. Der Koͤnig haͤtte dem, ders wagen wollte, seine Tochter zur Frau versprochen und die waͤre die schoͤnste Jungfrau, welche die Sonne beschien; in dem Schloß steckten große Schaͤtze von Geistern bewacht, die wuͤrden dann frei. Schon viele waͤren wohl hinein, aber noch keiner wieder heraus gekommen. Da ging der Junge am andern Morgen vor den Koͤnig und sprach: „wenns erlaubt waͤre, so wollte ich wohl drei Naͤchte in dem verwuͤnschten Schloß wachen?“ Der Koͤnig sah ihn an und weil er ihm gefiel, sprach er: „du darfst dir noch dreierlei ausbitten, aber von leblosen Dingen, das du mit ins Schloß nimmst.“ Da antwortete er: „so bitt ich um ein Feuer, eine Drehbank und eine Schnitzbank mit dem Messer.“

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/83>, abgerufen am 02.06.2024.