regen, Zuckererbsenhagel, da wird der Spaß be- zahlt und der Schlaf belohnt, da gibts Bratwürst- zäune, Honiggyps und Fladendächer." Eben so hat man im altfranzös. Fabliaux von dem pays de Co- cagne (Meon. 4. 176.) -- Auf der andern Seite schlägt das Märchen in die vielen Sagen von den un- möglichen Dingen (Nr. 68.) und die gleichfalls alte Geschichte vom Finkenritter ein, dessen Fischart mehrmals gedenkt und woran er vielleicht selbst mit- gearbeitet hat (über das Volksbuch vgl. Kochs Grund- riß 2.) Im Bienenkorb St. 4. Cap. 4. heißt es un- ter andern: "zur Zeit, da die Häuser flogen, die Thiere redten, die Bäche brannten und man mit Stroh löschte, die Bauern bollen und die Hunde mit Spie- ßen herausliefen, zur Zeit des strengen Finkenrit- ters." Manches in der Zusammenstellung dieser un- möglichen Dinge deutet auf geheime, verloren gegan- gene Berührungen derselben dennoch hin und es ist hier, wie in den Traumdeutungen, die Reihe solcher ahnungsvollen Verwandtschaften (da ja uranfänglich alle Gegensätze verfließen) von den rohen und groben Lügen zu unterscheiden. Ein holländisches Volkslied "de droomende Reyziger" wiewohl modernisirt hat aber noch viele alte Strophen und Uebereinstimmung mit dem Altdeutschen Gedicht, vgl. die Samml. To- verlantarn. S. 91 -- 92. Vgl. das Dietmarsische Lied von den unmögl Dingen, Walafrieds Strabo similitudo impossibilium (Canis. II. p. 2. p. 241.) und Stellen bei Tanhäuser 2. 66. Marner 2. 172. und Boppo 2. 236. Das Lügenmärchen, das unter der Ueberschrift von den Wachteln sich in Hand- schrift (Nr. 119.) zu Wien befindet, hat auch eine mit unserm merkwürdig übereinstimmende Stelle.
Die hunt sint mit muz behut, da sind kirchtür gut, gemauert aus putern gotwaiz und schaint die sunn als haiz, daz schat im umb ain har. ain aichen-phaff, daz ist war ain puchain messe singet, der antlaz im geben wirt, daz im der ruck swirt, den segen man mit kolben gab
regen, Zuckererbſenhagel, da wird der Spaß be- zahlt und der Schlaf belohnt, da gibts Bratwuͤrſt- zaͤune, Honiggyps und Fladendaͤcher.“ Eben ſo hat man im altfranzoͤſ. Fabliaux von dem pays de Co- cagne (Méon. 4. 176.) — Auf der andern Seite ſchlaͤgt das Maͤrchen in die vielen Sagen von den un- moͤglichen Dingen (Nr. 68.) und die gleichfalls alte Geſchichte vom Finkenritter ein, deſſen Fiſchart mehrmals gedenkt und woran er vielleicht ſelbſt mit- gearbeitet hat (uͤber das Volksbuch vgl. Kochs Grund- riß 2.) Im Bienenkorb St. 4. Cap. 4. heißt es un- ter andern: „zur Zeit, da die Haͤuſer flogen, die Thiere redten, die Baͤche brannten und man mit Stroh loͤſchte, die Bauern bollen und die Hunde mit Spie- ßen herausliefen, zur Zeit des ſtrengen Finkenrit- ters.“ Manches in der Zuſammenſtellung dieſer un- moͤglichen Dinge deutet auf geheime, verloren gegan- gene Beruͤhrungen derſelben dennoch hin und es iſt hier, wie in den Traumdeutungen, die Reihe ſolcher ahnungsvollen Verwandtſchaften (da ja uranfaͤnglich alle Gegenſaͤtze verfließen) von den rohen und groben Luͤgen zu unterſcheiden. Ein hollaͤndiſches Volkslied „de droomende Reyziger“ wiewohl moderniſirt hat aber noch viele alte Strophen und Uebereinſtimmung mit dem Altdeutſchen Gedicht, vgl. die Samml. To- verlantarn. S. 91 — 92. Vgl. das Dietmarſiſche Lied von den unmoͤgl Dingen, Walafrieds Strabo ſimilitudo impoſſibilium (Canis. II. p. 2. p. 241.) und Stellen bei Tanhaͤuſer 2. 66. Marner 2. 172. und Boppo 2. 236. Das Luͤgenmaͤrchen, das unter der Ueberſchrift von den Wachteln ſich in Hand- ſchrift (Nr. 119.) zu Wien befindet, hat auch eine mit unſerm merkwuͤrdig uͤbereinſtimmende Stelle.
Die hunt ſint mit muz behut, da ſind kirchtuͤr gut, gemauert aus putern gotwaiz und ſchaint die ſunn als haiz, daz ſchat im umb ain har. ain aichen-phaff, daz iſt war ain puchain meſſe ſinget, der antlaz im geben wirt, daz im der ruck ſwirt, den ſegen man mit kolben gab
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regen, Zuckererbſenhagel, da wird der Spaß be-
zahlt und der Schlaf belohnt, da gibts Bratwuͤrſt-
zaͤune, Honiggyps und Fladendaͤcher.“ Eben ſo hat
man im altfranzoͤſ. Fabliaux von dem pays de Co-
cagne (Méon. 4. 176.) — Auf der andern Seite
ſchlaͤgt das Maͤrchen in die vielen Sagen von den un-
moͤglichen Dingen (Nr. 68.) und die gleichfalls alte
Geſchichte vom Finkenritter ein, deſſen Fiſchart
mehrmals gedenkt und woran er vielleicht ſelbſt mit-
gearbeitet hat (uͤber das Volksbuch vgl. Kochs Grund-
riß 2.) Im Bienenkorb St. 4. Cap. 4. heißt es un-
ter andern: „zur Zeit, da die Haͤuſer flogen, die
Thiere redten, die Baͤche brannten und man mit Stroh
loͤſchte, die Bauern bollen und die Hunde mit Spie-
ßen herausliefen, zur Zeit des ſtrengen Finkenrit-
ters.“ Manches in der Zuſammenſtellung dieſer un-
moͤglichen Dinge deutet auf geheime, verloren gegan-
gene Beruͤhrungen derſelben dennoch hin und es iſt
hier, wie in den Traumdeutungen, die Reihe ſolcher
ahnungsvollen Verwandtſchaften (da ja uranfaͤnglich
alle Gegenſaͤtze verfließen) von den rohen und groben
Luͤgen zu unterſcheiden. Ein hollaͤndiſches Volkslied
„de droomende Reyziger“ wiewohl moderniſirt hat
aber noch viele alte Strophen und Uebereinſtimmung
mit dem Altdeutſchen Gedicht, vgl. die Samml. To-
verlantarn. S. 91 — 92. Vgl. das Dietmarſiſche
Lied von den unmoͤgl Dingen, Walafrieds Strabo
ſimilitudo impoſſibilium (Canis. II. p. 2. p. 241.)
und Stellen bei Tanhaͤuſer 2. 66. Marner 2. 172.
und Boppo 2. 236. Das Luͤgenmaͤrchen, das unter
der Ueberſchrift von den Wachteln ſich in Hand-
ſchrift (Nr. 119.) zu Wien befindet, hat auch eine
mit unſerm merkwuͤrdig uͤbereinſtimmende Stelle.
Die hunt ſint mit muz behut,
da ſind kirchtuͤr gut,
gemauert aus putern gotwaiz
und ſchaint die ſunn als haiz,
daz ſchat im umb ain har.
ain aichen-phaff, daz iſt war
ain puchain meſſe ſinget,
der antlaz im geben wirt,
daz im der ruck ſwirt,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. L. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/369>, abgerufen am 14.06.2024.
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