Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.Jn solcher Zeit erzehlte mir der Schloß-Herr Als ich nun widerumb allerdings gesundt wor- ein
Jn ſolcher Zeit erzehlte mir der Schloß-Herꝛ Als ich nun widerumb allerdings geſundt wor- ein
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0104"/> <p>Jn ſolcher Zeit erzehlte mir der Schloß-Herꝛ<lb/> gantz offenhertzig/ das (als er noch ein junger Knab<lb/> geweſen) ſich ein freffler Landſtoͤrtzer bey ſeinem<lb/> Herꝛn Vattern angemeldet/ und verſprochen den<lb/> Geiſt zufragen/ und dardurch das Hauß von ſol-<lb/> chem Ungeheuer zuentledigen/ wie er ſich dann auch<lb/> zu ſolchem Ende in das Zimmer/ darin ich uͤber<lb/> Nacht liegen muͤſſen/ einſperꝛen laſſen; da ſeyen aber<lb/> eben die jenige Geiſter in ſolcher Geſtalt wie ich ſie<lb/> beſchrieben haͤtte/ uͤber ihn hergewiſcht; haͤtten<lb/> ihn auß dem Bethe gezogen/ auff ein-Seſſel geſetzt/<lb/> ihme feines Bedunckens gezwagt/ geſchoren und<lb/> bey etlichen Stunden dergeſtalt <hi rendition="#aq">tribuliert</hi> und ge-<lb/> aͤngſtigt/ daß man ihn am morgen halb todt dort<lb/> liegend gefunden; es ſeye ihm auch Bart und Haar<lb/> dieſelbe Nacht gantz gran worden/ wiewol er den<lb/> Abend als ein dreiſſig jaͤhriger Mann mit ſchwar-<lb/> tzen Haarn zu Bethe gangen ſeye; geſtunde mir<lb/> auch darneben/ daß er mich/ keiner andern Urſa-<lb/> chen halber in ſolches Zimmer gelegt/ als ſeinen<lb/> Bruder an mir zu <hi rendition="#aq">revangi</hi>ren/ und mich glauben<lb/> zumachen/ was er vor etlichen Jahren von dieſen<lb/> Geiſtern erzehlet/ und ich nicht glauben wollen;<lb/> hatte mich mithin zugleich umb Verzeihung und<lb/><hi rendition="#aq">obligir</hi>te ſich die Tag ſeines Lebens mein getreuer<lb/> Freund und Diener zuſeyn.</p><lb/> <p>Als ich nun widerumb allerdings geſundt wor-<lb/> den/ und meinen Weg ferner nehmen wolte/ <hi rendition="#aq">offe-<lb/> rir</hi>te er mir die Pferd/ Klaydung und ein ſtuͤck Geld<lb/> zur Zehrung; weil ich aber alles Rund abſchlug/<lb/> wolte er mich auch nicht hinweg laſſen; mit Bitt/<lb/> ich wolte ihn doch nicht zum aller undanckbarſten<lb/> Menſchen in der Welt machen; ſonder auffs wenigſt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0104]
Jn ſolcher Zeit erzehlte mir der Schloß-Herꝛ
gantz offenhertzig/ das (als er noch ein junger Knab
geweſen) ſich ein freffler Landſtoͤrtzer bey ſeinem
Herꝛn Vattern angemeldet/ und verſprochen den
Geiſt zufragen/ und dardurch das Hauß von ſol-
chem Ungeheuer zuentledigen/ wie er ſich dann auch
zu ſolchem Ende in das Zimmer/ darin ich uͤber
Nacht liegen muͤſſen/ einſperꝛen laſſen; da ſeyen aber
eben die jenige Geiſter in ſolcher Geſtalt wie ich ſie
beſchrieben haͤtte/ uͤber ihn hergewiſcht; haͤtten
ihn auß dem Bethe gezogen/ auff ein-Seſſel geſetzt/
ihme feines Bedunckens gezwagt/ geſchoren und
bey etlichen Stunden dergeſtalt tribuliert und ge-
aͤngſtigt/ daß man ihn am morgen halb todt dort
liegend gefunden; es ſeye ihm auch Bart und Haar
dieſelbe Nacht gantz gran worden/ wiewol er den
Abend als ein dreiſſig jaͤhriger Mann mit ſchwar-
tzen Haarn zu Bethe gangen ſeye; geſtunde mir
auch darneben/ daß er mich/ keiner andern Urſa-
chen halber in ſolches Zimmer gelegt/ als ſeinen
Bruder an mir zu revangiren/ und mich glauben
zumachen/ was er vor etlichen Jahren von dieſen
Geiſtern erzehlet/ und ich nicht glauben wollen;
hatte mich mithin zugleich umb Verzeihung und
obligirte ſich die Tag ſeines Lebens mein getreuer
Freund und Diener zuſeyn.
Als ich nun widerumb allerdings geſundt wor-
den/ und meinen Weg ferner nehmen wolte/ offe-
rirte er mir die Pferd/ Klaydung und ein ſtuͤck Geld
zur Zehrung; weil ich aber alles Rund abſchlug/
wolte er mich auch nicht hinweg laſſen; mit Bitt/
ich wolte ihn doch nicht zum aller undanckbarſten
Menſchen in der Welt machen; ſonder auffs wenigſt
ein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |