Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

vorm Fenster hängen geblieben ist, während es anfing zu regnen. Nicht gleich, sondern ich mochte schon mit William eine Stunde gefahren seyn. Der Himmel überzog sich an allen Ecken und sah bald nur noch wie ein großer Scheuerlappen aus. Jndem es schon regnete, fällt mir Pipi ein, der draußen hängen geblieben und nun der Vogel, Jenny's gefühlloses Gelächter, Sie, mein Freund und Vetter, mit ihrem frommen Segen und das Gewitter - ach! ich hatte außer William keine Hülfe mehr, als meine Thränen. Das Thier muß den Tod davon gehabt haben; denn Jenny, da war ich verrathen genug, die ließ ihn hängen, und wird wohl an seinem Grabe auflachen, warum? weil sie nicht weinen will. Vetter, jagen Sie den Knochen aus meinem Hause! Jch wenigstens, so lange ich lebe, will ich von den neuen Moden nichts wissen. Wohl dem, dem sein Erlöser nah!

Schon zehn Meilen von Hause hab' ich den neuen Weltlauf kennen gelernt. Jn dem Gasthofe, wo ich nun noch den Schmerz hatte, mich von William zu trennen und die Landkutsche zu erwarten, auch keine Seele, die mich verstanden, oder, wenn sie mich verstanden, die mich nicht durch ihr gefühlloses Benehmen empfindlich gekränkt hätte. Glauben Sie denn wohl, daß ich bei irgend Jemanden für Pipi ein freundschaftliches Bedauern hätte erwecken können? Selbst der Wirth, der doch die Verpflichtung hat, seinen Gästen Alles, was sie wünschen und vermissen, an den Augen abzusehen,

vorm Fenster hängen geblieben ist, während es anfing zu regnen. Nicht gleich, sondern ich mochte schon mit William eine Stunde gefahren seyn. Der Himmel überzog sich an allen Ecken und sah bald nur noch wie ein großer Scheuerlappen aus. Jndem es schon regnete, fällt mir Pipi ein, der draußen hängen geblieben und nun der Vogel, Jenny’s gefühlloses Gelächter, Sie, mein Freund und Vetter, mit ihrem frommen Segen und das Gewitter – ach! ich hatte außer William keine Hülfe mehr, als meine Thränen. Das Thier muß den Tod davon gehabt haben; denn Jenny, da war ich verrathen genug, die ließ ihn hängen, und wird wohl an seinem Grabe auflachen, warum? weil sie nicht weinen will. Vetter, jagen Sie den Knochen aus meinem Hause! Jch wenigstens, so lange ich lebe, will ich von den neuen Moden nichts wissen. Wohl dem, dem sein Erlöser nah!

Schon zehn Meilen von Hause hab’ ich den neuen Weltlauf kennen gelernt. Jn dem Gasthofe, wo ich nun noch den Schmerz hatte, mich von William zu trennen und die Landkutsche zu erwarten, auch keine Seele, die mich verstanden, oder, wenn sie mich verstanden, die mich nicht durch ihr gefühlloses Benehmen empfindlich gekränkt hätte. Glauben Sie denn wohl, daß ich bei irgend Jemanden für Pipi ein freundschaftliches Bedauern hätte erwecken können? Selbst der Wirth, der doch die Verpflichtung hat, seinen Gästen Alles, was sie wünschen und vermissen, an den Augen abzusehen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0443" n="415"/>
vorm Fenster hängen geblieben ist, während es anfing zu regnen. Nicht gleich, sondern ich mochte schon mit William eine Stunde gefahren seyn. Der Himmel überzog sich an allen Ecken und sah bald nur noch wie ein großer Scheuerlappen aus. Jndem es schon regnete, fällt mir Pipi ein, der draußen hängen geblieben und nun der Vogel, Jenny&#x2019;s gefühlloses Gelächter, Sie, mein Freund und Vetter, mit ihrem frommen Segen und das Gewitter &#x2013; ach! ich hatte außer William keine Hülfe mehr, als meine Thränen. Das Thier muß den Tod davon gehabt haben; denn Jenny, da war ich verrathen genug, die ließ ihn hängen, und wird wohl an seinem Grabe auflachen, warum? weil sie nicht weinen will. Vetter, jagen Sie den Knochen aus meinem Hause! Jch wenigstens, so lange ich lebe, will ich von den neuen Moden nichts wissen. Wohl dem, dem sein Erlöser nah!</p>
        <p>Schon zehn Meilen von Hause hab&#x2019; ich den neuen Weltlauf kennen gelernt. Jn dem Gasthofe, wo ich nun noch den Schmerz hatte, mich von William zu trennen und die Landkutsche zu erwarten, auch keine Seele, die mich verstanden, oder, wenn sie mich verstanden, die mich nicht durch ihr gefühlloses Benehmen empfindlich gekränkt hätte. Glauben Sie denn wohl, daß ich bei irgend Jemanden für Pipi ein freundschaftliches Bedauern hätte erwecken können? Selbst der Wirth, der doch die Verpflichtung hat, seinen Gästen Alles, was sie wünschen und vermissen, an den Augen abzusehen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415/0443] vorm Fenster hängen geblieben ist, während es anfing zu regnen. Nicht gleich, sondern ich mochte schon mit William eine Stunde gefahren seyn. Der Himmel überzog sich an allen Ecken und sah bald nur noch wie ein großer Scheuerlappen aus. Jndem es schon regnete, fällt mir Pipi ein, der draußen hängen geblieben und nun der Vogel, Jenny’s gefühlloses Gelächter, Sie, mein Freund und Vetter, mit ihrem frommen Segen und das Gewitter – ach! ich hatte außer William keine Hülfe mehr, als meine Thränen. Das Thier muß den Tod davon gehabt haben; denn Jenny, da war ich verrathen genug, die ließ ihn hängen, und wird wohl an seinem Grabe auflachen, warum? weil sie nicht weinen will. Vetter, jagen Sie den Knochen aus meinem Hause! Jch wenigstens, so lange ich lebe, will ich von den neuen Moden nichts wissen. Wohl dem, dem sein Erlöser nah! Schon zehn Meilen von Hause hab’ ich den neuen Weltlauf kennen gelernt. Jn dem Gasthofe, wo ich nun noch den Schmerz hatte, mich von William zu trennen und die Landkutsche zu erwarten, auch keine Seele, die mich verstanden, oder, wenn sie mich verstanden, die mich nicht durch ihr gefühlloses Benehmen empfindlich gekränkt hätte. Glauben Sie denn wohl, daß ich bei irgend Jemanden für Pipi ein freundschaftliches Bedauern hätte erwecken können? Selbst der Wirth, der doch die Verpflichtung hat, seinen Gästen Alles, was sie wünschen und vermissen, an den Augen abzusehen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/443
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/443>, abgerufen am 07.06.2024.