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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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immer von ihrem Eingebrachten 10 % Nadelgelder haben will. Miß Eliza ist ein himmlisches Geschöpf; aber sie hat eine Mutter, eine Tante, eine Großtante, eine Schwägerin ihres verstorbenen Bruders, der wieder von Seiten seiner verstorbenen Frau eine Nichte mütterlicher Seits in die Familie gebracht hat, kurz, was sie nicht weiß, wissen diese: und - es geht nicht, ich kann nicht, ich darf nicht, ich habe mich übrigens auch mit meiner eignen Kasse verrechnet. Er zuckt die Achsel und schleicht davon.

Lord Bubbleton ist ein ewiger Bräutigam. Wen er sieht, den will er heirathen. Er hat seine Emissäre, seine weiblichen Spione, alte Kuppler jagen ihn des Morgens aus dem Bette und erregen seine Phantasie, die nie ermüdet. Mit dem Pupillencollegium gibt es fortwährende Relationen: in den Magistratsbüchern auf Manshion-House wird nachgeschlagen, wie viel diese oder jene Partie besitzt, in den Kirchenbüchern, wie alt sie ist. Er ist in allen Winkeln zu sehen, wo sich mehr Damen als Herren befinden und dem Gespräche das Uebergewicht auf die weibliche Seite hingeben, indem die Unterhaltung dann die Damen zu Registern der Stadtchronik macht, aus denen er sich notirt, was er wissen will. Bei kleinen verabredeten Cafe's erscheint er oft als zufälliger und unverhoffter Besuch; aber alle, die sich hier treffen, treffen sich mit Voraussetzung. Es gilt eine Bekanntschaft, eine wechselseitige Musterung, es wird viel Zartes und Empfindsames

immer von ihrem Eingebrachten 10 % Nadelgelder haben will. Miß Eliza ist ein himmlisches Geschöpf; aber sie hat eine Mutter, eine Tante, eine Großtante, eine Schwägerin ihres verstorbenen Bruders, der wieder von Seiten seiner verstorbenen Frau eine Nichte mütterlicher Seits in die Familie gebracht hat, kurz, was sie nicht weiß, wissen diese: und – es geht nicht, ich kann nicht, ich darf nicht, ich habe mich übrigens auch mit meiner eignen Kasse verrechnet. Er zuckt die Achsel und schleicht davon.

Lord Bubbleton ist ein ewiger Bräutigam. Wen er sieht, den will er heirathen. Er hat seine Emissäre, seine weiblichen Spione, alte Kuppler jagen ihn des Morgens aus dem Bette und erregen seine Phantasie, die nie ermüdet. Mit dem Pupillencollegium gibt es fortwährende Relationen: in den Magistratsbüchern auf Manshion-House wird nachgeschlagen, wie viel diese oder jene Partie besitzt, in den Kirchenbüchern, wie alt sie ist. Er ist in allen Winkeln zu sehen, wo sich mehr Damen als Herren befinden und dem Gespräche das Uebergewicht auf die weibliche Seite hingeben, indem die Unterhaltung dann die Damen zu Registern der Stadtchronik macht, aus denen er sich notirt, was er wissen will. Bei kleinen verabredeten Café’s erscheint er oft als zufälliger und unverhoffter Besuch; aber alle, die sich hier treffen, treffen sich mit Voraussetzung. Es gilt eine Bekanntschaft, eine wechselseitige Musterung, es wird viel Zartes und Empfindsames

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[39/0067] immer von ihrem Eingebrachten 10 % Nadelgelder haben will. Miß Eliza ist ein himmlisches Geschöpf; aber sie hat eine Mutter, eine Tante, eine Großtante, eine Schwägerin ihres verstorbenen Bruders, der wieder von Seiten seiner verstorbenen Frau eine Nichte mütterlicher Seits in die Familie gebracht hat, kurz, was sie nicht weiß, wissen diese: und – es geht nicht, ich kann nicht, ich darf nicht, ich habe mich übrigens auch mit meiner eignen Kasse verrechnet. Er zuckt die Achsel und schleicht davon. Lord Bubbleton ist ein ewiger Bräutigam. Wen er sieht, den will er heirathen. Er hat seine Emissäre, seine weiblichen Spione, alte Kuppler jagen ihn des Morgens aus dem Bette und erregen seine Phantasie, die nie ermüdet. Mit dem Pupillencollegium gibt es fortwährende Relationen: in den Magistratsbüchern auf Manshion-House wird nachgeschlagen, wie viel diese oder jene Partie besitzt, in den Kirchenbüchern, wie alt sie ist. Er ist in allen Winkeln zu sehen, wo sich mehr Damen als Herren befinden und dem Gespräche das Uebergewicht auf die weibliche Seite hingeben, indem die Unterhaltung dann die Damen zu Registern der Stadtchronik macht, aus denen er sich notirt, was er wissen will. Bei kleinen verabredeten Café’s erscheint er oft als zufälliger und unverhoffter Besuch; aber alle, die sich hier treffen, treffen sich mit Voraussetzung. Es gilt eine Bekanntschaft, eine wechselseitige Musterung, es wird viel Zartes und Empfindsames

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Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/67>, abgerufen am 13.05.2024.